Welche Matratze passt zu mir? Worauf es laut Schlafexperten wirklich ankommt
Bei der Wahl der Matratze kann man einiges falsch machen und dann lange unglücklich liegen. Mit diesen Tipps von Schlafexperten weißt du schon vor dem Kauf, worauf du achten musst.
Jeder Mensch braucht Schlaf und davon je nach Lebensphase und Typ unterschiedlich viel. Laut dem Nationalen Gesundheitsbericht der Schweiz aus dem Jahr 2020 scheint jedoch für den «Grossteil der erwachsenen Bevölkerung» täglich 7 bis 8 Stunden das richtige Maß zu sein, damit sich Körper und Geist ausreichend erholen können und keine Schlafprobleme oder Verspannungen auftreten. Allerdings garantiert die Anzahl der Stunden allein nicht zwangsläufig beste Erholung: Äußere Faktoren wie Umweltgeräusche, Raumtemperatur, Dunkelheit spielen ebenfalls eine Rolle in Bezug auf die Schlafqualität.
Eine der großen Stellschrauben außer Kopfkissen oder Bettdecke ist die Matratze. Und wer kennt ihn nicht, den göttlichen Schlaf in erstklassigen Hotelbetten? Auf Nachfrage an der Rezeption dann oftmals die nüchtern-lässige Antwort: Boxspringmatratzen. Aber sind sie wirklich das Nonplusultra? Und worauf kommt es bei der Matratzenwahl an? Die Schlafexperten Alexander Malzl und Dr. Dominik Heib vom Salzburger Schlafinstitut SchlafTEQ geben Antwort.
Angenommen, ich bin Bauchschläfer. Wie wichtig ist meine persönliche Schlafgewohnheit bei der Wahl einer neuen Matratze? Und sollte ich diese weiter kultivieren oder eher überdenken?
Alexander Malzl: Es ist wie beim Arbeiten am Schreibtisch. Auch da sollte man nicht mit krummem Rücken oder schräg zum Bildschirm sitzen, weil das die Wirbelsäule und damit die Haltung belastet. Dasselbe betrifft die Matratze oder den Schlaf an sich, weil ich ungefähr ein Drittel meines Lebens schlafend verbringe. Deshalb ist es nicht unerheblich, dass man auch dort richtig liegt. Bei jungen Menschen mag das noch keine allzu große Rolle spielen, je älter man jedoch wird, desto höher ist die Sensibilisierung. Auf dem Bauch zu liegen ist jedenfalls nicht gut für die Wirbelsäule, da diese dadurch stark überdehnt wird.
Dr. Dominik Heib: Die generelle Vorliebe beim Schlafen lässt sich sehr gut ändern. Als Beispiel kann ich hier die Schlafapnoe, die Atemaussetzer während des Schlafs, als Krankheit anführen. Sie macht eine Änderung der Gewohnheit sogar notwendig. Schlafapnoe betrifft vor allem Rückenschläfer. In einem frühen Stadium, also noch vor der Atemmaske, versucht man die Person umzutrainieren. Üblicherweise erfolgt das mit einem Schaumstoff oder Tennisball, den man auf den Rücken gelegt bekommt. Nach ein paar Wochen wird auf diese Weise auch der stärkste Rückenschläfer zum Seitenschläfer.
Wann ist es sinnvoll, vor dem Matratzenkauf Profis zu Rate zu ziehen, um erst einmal das Schlafverhalten überprüfen zu lassen?
Dr. Heib: Als erstes wird immer die Frage aufkommen, welche Schlafprobleme denn konkret bestehen, und woher diese rühren: Sind es orthopädische Probleme, wache ich mit Schmerzen auf, beispielsweise durch Druckpunkte? Oder sind es Probleme ganz anderer Natur, wie etwa psychologische oder medizinische Dinge wie die eben genannte Schlafapnoe?
Malzl: Mit der Matratze ist im Grunde eher die orthopädische Problematik zu bewerkstelligen. Gerade wenn es um Druckpunkte einer falsch eingestellten Matratze geht, kann man die Schlafunterlage genau analysieren und anpassen – und dann entscheidende Verbesserungen unternehmen. Übrigens ist eine Schlafanalyse, also der erste Schritt zur neuen Matratze, oftmals kostenlos.
Wann ist es denn Zeit, eine neue Matratze zu kaufen? Und was ist bei der Auswahl wichtig?
Malzl: Prinzipiell sollte man darauf achten, ob man liegebedingte Schlafprobleme hat. Liegebedingt heißt: Verursacht die Matratze Probleme, die ich vor dem Schlafgehen nicht hatte, etwa wenn ich morgens oder in der Nacht mit Rückenschmerzen aufwache, obwohl ich davor keine hatte? Oder wenn mir regelmäßig die Arme einschlafen, wovon Seitenschläfer betroffen sein können, etwa wenn die Matratze in der Schulterzone zu fest ist. Der zweite Punkt ist die Lebensdauer einer Matratze, die bei guten Modellen durchaus acht Jahre sein kann. Mit der Zeit können aber auch diese durchhängen. Nicht zu vergessen ist aber auch der Lattenrost ...
Matratze und Lattenrost bilden sozusagen eine untrennbare Einheit?
Malzl: Ja, in den meisten Fällen muss man diese beiden Dinge gemeinsam betrachten. Eine High-Tech-Matratze auf einen schlechten Lattenrost zu legen, ist wenig sinnvoll. Und dabei geht es nicht darum, dass der Lattenrost irgendwelche besonderen Fähigkeiten aufweisen muss. Sondern er sollte vielmehr die notwendige Stabilität und Durchlüftung bieten, sodass wiederum die Matratze all ihr Potenzial entfalten kann.
Was wäre denn eine High-Tech-Matratze? Sind es die eingangs erwähnten Boxspringbetten – oder sind es Matratzen mit Memory-Funktion?
Malzl: Memory heißt in diesem Kontext nur: Die Matratze verfügt über ein zeitverzögertes Aufstehen des Materials, d.h. man legt sich hin, der Körper sinkt in den Schaumstoff ein, bildet eine Form und wenn man sich aus dieser Form herausbewegen möchte, ist das etwas schwieriger. Man muss aber klar sagen: Diese Funktion ist nicht jedermanns Sache – manche empfinden diese Funktion auch als störend.
Dr. Heib: High-Tech ist so definiert, dass es sich um eine Vielzonenmatratze handelt, wobei das «viel» deutlich mehr sein soll als vier oder sieben unterschiedliche Festigkeiten eines Materials. Unsere Forschungsdaten aus den Liegesimulatoren zeigen: Matratzen mit drei, fünf oder sieben Zonen, also mit starren und weniger starren Bereichen, reichen nicht für jede Frau oder jeden Mann aus. Das liegt unter anderem auch daran, dass Männer und Frauen über unterschiedliche körperliche Beschaffenheiten verfügen, gerade in Bezug auf das Schulter-Hüfte-Verhältnis.
Wie individuell kann denn eine Matratze überhaupt sein?
Malzl: Zunächst könnte man zwischen Matratzen für Männer und solchen für Frauen unterscheiden, oder auch über die verschiedenen Härtegrade, die ebenfalls schon eine Art der Individualisierung darstellen. Oder man begibt sich in den Bereich voll flexibler oder voll individueller Matratzen. Das sind für uns dann die High-Tech-Versionen, bei denen der Schaumstoff über die gesamte Länge von zwei Metern auf jede Zone des Körpers individuell abgestimmt ist.
Und das Material ist dann immer Schaumstoff in unterschiedlichen Härtegraden? Oder werden auch andere Stoffe verwendet?
Malzl: Möglich sind natürlich sehr viele Materialien, wie etwa Luft, oder auch Wasser, wobei sich letzteres schwer in eine konkrete Form bringen lässt. Man kann aber auch Latex verwenden oder Federkerne. Kaltschaum ist derzeit allerdings die Regel, weil er sich am effizientes und individuellsten verarbeiten lässt. Auch in Bezug auf Nachhaltigkeit ist er beispielsweise Latex- oder Federkernmatratzen voraus, weil er in der Erzeugung weniger Energie bedarf und besser recycelt werden kann.
Wie steht es um die Hygiene einer Matratze? Was bringt ein Matratzenschoner und kann ich damit etwas falsch machen?
Malzl: Ein zu starker Schoner, der kaum Elastizität bietet, ist bei einer eher weicheren Matratze kontraproduktiv. Grundsätzlich sollte das System von oben her gedacht werden, genannt das «liege-orthopädische Prinzip». Die Oberfläche der Matratze sollte also möglichst weich gestaltet sein, um die Muskulatur zu entlasten.
Hochwertige Matratzen verfügen heute über gute Materialien, die Feuchtigkeit, Flüssigkeiten und Wärme gut aufnehmen und auch wieder schnell abgeben können. Inwiefern ein Schoner dann noch sinnvoll oder notwendig ist, hängt auch von den Vorlieben und Hygienewünschen der jeweiligen Person ab.
Was sollte mir eine gute Matratze Wert sein? Wie viel darf sie kosten?
Malzl: Je komplexer eine Matratze aufgebaut ist, desto teurer wird sie. Schnitttechnik und Materialien spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Günstige Matratzen, speziell auch im Online-Business, kommen oft mit billigeren Schaumstoffen auf den Markt und halten nicht sehr lange. Speziell vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit sollte man überlegen, wie sinnvoll solche Käufe sind.
Dr. Heibl: Vielleicht noch ein Punkt, der wichtig ist: Bei Massenprodukten sind die Schaumstoffschichten, die verwendet werden, zumeist fix miteinander verklebt. Das heißt, man bekommt die Matratze nach Hause geliefert und das ist dann die Matratze, mit der ich die nächsten Jahre leben muss, bis ich sie austausche. Bei den hochindividualisierbaren Matratzen ist eine Vollautomatisierung in der Produktion kaum möglich. Heißt: Sie werden von Hand gesteckt und nicht miteinander verklebt. Dadurch ergibt sich der große Vorteil, dass man Dinge tauschen kann, beispielsweise die durchgelegene Oberschicht, wenn der harte Kern noch gut ist. In der Anschaffung sind solche Matratzen zwar deutlich teurer, aber im Sinne der Langlebigkeit und Nachhaltigkeit überwiegen für mich die Argumente.
Notizbuch, Kamera, Laptop oder Smartphone. Leben heißt für mich festhalten – analog oder digital. Immer mit dabei: mein iPod Shuffle. Die Mischung macht’s eben. Das spiegelt sich auch in den Themen wider, über die ich schreibe.