High-Tech für Gym-Muffel: Ein Test im Aurum Fitnessstudio
Hintergrund

High-Tech für Gym-Muffel: Ein Test im Aurum Fitnessstudio

Mit wenig Zeitaufwand Kraft, Fitness und Gesundheit steigern – damit wirbt der Schweizer Fitnessanbieter Aurum. Kann das funktionieren? Mein erster Eindruck ist positiv, doch es gibt einen Haken.

Ein 6-Minuten-Training zum Abnehmen, für Muskelaufbau und Gesundheit? Klingt gut. Vielleicht zu gut, um wahr zu sein. Auf jeden Fall wecken Versprechungen wie diese meine Neugier. Deshalb melde ich mich für zwei kostenlose Probetrainings beim Fitnessanbieter Aurum an, der gerade in der Schweiz und in Deutschland eine Reihe neuer Studios eröffnet. Mein erster Eindruck macht Lust auf mehr. Aber der Reihe nach.

Manche Menschen lieben Krafttraining. Ich gehöre nicht dazu. Kontrollierte Bewegungen in mit Maschinen und Menschen gefüllten Räumen langweilen mich. Da gehe ich lieber draussen paddeln, laufen, biken, schwimmen (darüber werde ich hier übrigens in Zukunft regelmässig schreiben). Beim konventionellen Krafttraining an Maschinen ist mir der Zeitaufwand gefühlt zu hoch und das Resultat zu gering. Deshalb kann ich mich auch nur schwer motivieren und lasse es – trotz guter Absichten – immer wieder schleifen.

Und das, obwohl ich weiss, wie wichtig Krafttraining für Leistungsfähigkeit und Gesundheit ist. Das gilt nicht nur für Top-Athleten. Die Skelettmuskulatur kommuniziert über Botenstoffe mit vielen Organen und beeinflusst Gewicht, Stoffwechsel, Wohlbefinden und Gesundheit in hohem Masse.

Drücken mit voller Konzentration: Lange halte ich das nicht aus.
Drücken mit voller Konzentration: Lange halte ich das nicht aus.
Quelle: Christian Walker

Um im Alter fit zu bleiben, ist Krafttraining unerlässlich, wie Dr. Claudio Viecelli, Biologe an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich und Galaxus-Autor, in diesem Artikel zeigt. Die Sarkopenie, der Muskelschwund im Alter, der lange als unaufhaltsam galt, wird durch Krafttraining vermindert. Das gleiche gilt für Osteopenie, den Verlust von Knochenmasse.

Dagegen beschleunigt Kraftverlust das biologische Altern und wird auch als «das neue Rauchen» bezeichnet. Hier setzt das Training mit Gewichten an. Keine Frage: Die Muskeln durch gezielte Belastungen zu fordern, bringt viele Vorteile – und das für fast alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Fitness und Alter.

Sechs Minuten für starke Muckis

Das Trainingskonzept von Aurum beruht auf hochintensivem Training. In insgesamt sechs Minuten pro Woche sollen alle grossen Muskelgruppen trainiert werden. Das klingt verlockend. So viel Zeit kann ich über einen längeren Zeitraum hinweg sicher aufbringen. Denn auch bei hochintensivem Training kommen Erfolge nicht über Nacht.

Hochintensives Krafttraining steht schon seit einiger Zeit im Fokus der Forschung. So haben Wissenschaftler der ETH Zürich einen Prototypen entwickelt, der personalisiertes Krafttraining mit hohen Intensitäten ermöglicht. Mein Kollege Patrick Bardelli hat das Gerät bereits getestet.

Krafttraining ist sehr komplex und in vielen Aspekten steht die Forschung noch am Anfang. Dass Krafttraining mit hohen Belastungen zu Kraftzuwachs führt, ist inzwischen relativ gut belegt. Ob es dem Training mit weniger hohen Belastungen überlegen ist, ist derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Neugier, wie der Artikel Go heavy or go home? zeigt.

Auch die Frage, ob und unter welchen Bedingungen sich die Trainingsformen in Bezug auf Kraftzuwachs und Gewinn an Muskelmasse, also Hypertrophie, unterscheiden, ist noch nicht eindeutig geklärt. Eine Metastudie weist jedoch darauf hin, dass Training mit schweren Gewichten die Maximalkraft in höherem Masse steigert, während der Muskelzuwachs (Hypertrophie) bei Training mit schweren und leichteren Gewichten bis zum Muskelversagen ähnlich ist.

Grundsätzlich gilt: Damit Training effektiv ist, muss es eine bestimmte Intensitätsschwelle überschreiten und dadurch einen spezifischen Reiz setzen. Die Anpassung auf die Belastung erfolgt in der Erholung, so dass der Muskel beim nächsten Training in der Lage ist, einer höheren Belastung standzuhalten. Je intensiver das Training ist, desto geringer sollte der Umfang und die Frequenz sein. Sonst setzt statt Kräftigung und Muskelzuwachs Müdigkeit und Leistungsabfall durch Übertraining ein.

Beim hochintensiven Krafttraining werden Gewichte zwischen 75 Prozent und 100 Prozent der willentlich erreichbaren Maximalkraft (1 RM – Repetitionsmaximum, also das Gewicht, das gerade noch einmal bewegt werden kann) gestemmt. Dadurch soll es effektiver sein als Training mit höheren Wiederholungszahlen und niedrigeren Gewichten. Durch das Training am Limit verbessert sich einigen Studien zufolge zudem das Zusammenspiel von Nerven und Muskelfasern.

Allerdings hat hochintensives Krafttraining an konventionellen Maschinen oder Freihanteln für Freizeitsportler seine Tücken. Schon allein das Testen der Maximalkraft ist eine Herausforderung, da die Tagesform variiert. Zudem kann beim Training mit dem schweren Gewicht die Verletzungsgefahr steigen. Die Ermüdung der Muskeln im Verlauf des Trainings ist ein weiterer Störfaktor, der wirkliches Maximalkrafttraining erschwert. Hier, zwischen konventionellen Maschinen und dem hochspezialisierten Gerät der ETH, setzt das Krafttraining an, das Aurum anbietet. Durch das softwaregesteuerte Gerät soll es den Kunden individuelles Maximalkrafttraining mit verringerter Verletzungsgefahr in kurzer Zeit anbieten.

Erste Eindrücke im Probetraining

Mein erster Termin bei Aurum ist statt auf sechs auf 40 Minuten angesetzt. Mit Gesundheitscheck, Einweisung und Einstellung der Maschine passt das. Als ich das Studio betrete, bin ich positiv überrascht. Was ich nicht wusste: Ich bin die einzige Kundin und habe das Fitness-Gerät und die Aufmerksamkeit der Trainerin Sara Silva für mich allein.

Fixiert auf den Kreis: Der Monitor zeigt mir an, wie stark ich ziehe.
Fixiert auf den Kreis: Der Monitor zeigt mir an, wie stark ich ziehe.
Quelle: Christian Walker

Sie erklärt mir das Trainingsgerät, das modern mit Holz und matt schwarz lackiertem Stahl im ansonsten fast leeren Raum steht. Das gefällt mir: Ich fühle mich weder beengt noch abgelenkt von vergleichenden Blicken oder vom Knallen der Hanteln auf den Boden, das sonst oft in Fitnessstudios zu hören ist.

Die Aurum-Maschine enthält sechs Trainingsstationen in einer: Beinpresse, Ruderzug, Bankdrücken, Torso Extension, Pulldown und Schulterpresse. «Bei jeder Übung wird der Widerstand, mit dem du dagegen drückst oder ziehst, so eingestellt, dass du immer mit maximaler Anstrengung trainierst,» erklärt Sara. «Bei anderen Maschinen spannst du die Muskeln an und lässt wieder locker», sagt sie. «Hier musst du die Spannung die ganze Zeit halten.» Paloma Colet, Franchise-Nehmerin des Studios ergänzt: «Das Training ist immer personalisiert und hochkonzentriert. Meine älteste Klientin mit 81 Jahren trainiert genauso mit ihrem persönlichen Maximum wie jüngere Menschen oder Athleten.»

Vor jeder Übung stellt Sara die Maschine auf meine Körpergrösse ein und passt sie so an, dass ich einen wirkungsvollen Bewegungsradius habe, ohne die Gelenke zu überstrecken. Dadurch wird das Verletzungsrisiko reduziert. Die Einstellungen werden in der Software gespeichert und sind beim nächsten Training abrufbar.

Das Prinzip bei Aurum: Ich führe jede Übung, zum Beispiel den Ruderzug oder die Beinpresse, eine Minute lang aus. Dabei trainiere ich jeweils in der konzentrischen Phase, grob vereinfacht gesagt beim Zusammenziehen des Muskels, in der exzentrischen Phase, also beim Strecken des Muskels, sowie in der isometrischen Phase, beim konstanten Gegenhalten, mit der jeweils für mich höchstmöglichen Intensität. Theoretisch trainiere ich also immer mit Maximalkraft. Durch einen grünen Kreis auf dem Monitor erkenne ich bei späteren Trainings, ob ich die Belastung der Vorwoche überbieten kann. «Weiter so», feuert mich Sara an. «Keep going.» Das ist nicht einfach: Ich gebe alles bis zum Muskelzittern und muss mich während der Übungen voll konzentrieren. Tja, von nichts kommt nichts.

Hier wird der Trainingsfortschritt sichtbar. Das motiviert.
Hier wird der Trainingsfortschritt sichtbar. Das motiviert.
Quelle: Christian Walker

Nach jeder Übung zeigt mir der Monitor meine Leistungskurve, die wie ein abstrakter Tannenbaum aussieht. Das macht Sinn, denn je weiter jede Trainingsminute fortschreitet, desto weniger Kraft kann ich aufbringen. Neben der Leistungskurve gibt es weitere Kennzahlen wie die Rechts-Links-Symmetrie und eine Punktzahl für mein Training, den ich beim nächsten mal möglichst überbieten soll. So gibt es gemessene Vergleichswerte, die meinen Fortschritt, wenn es ihn gibt, anzeigen.

Messwerte steigern die Motivation

Beim zweiten Probetraining geht es dann gleich weiter mit dem Messen: Der Bodyscanner zeigt, aus wie viel Muskelmasse, Körperfett und Wasser ich bestehe. Ob die Werte absolut gesehen stimmen oder nicht, sei dahingestellt. Zumindest sind sie ein guter Ausgangspunkt, um zu sehen, wie sich die Werte verschieben – gemessen wird wieder in drei Monaten, wenn ich dran bleibe.

Etwas vermessen: Nicht nur Gewicht, auch die Körperzusammensetzung wird ermittelt.
Etwas vermessen: Nicht nur Gewicht, auch die Körperzusammensetzung wird ermittelt.
Quelle: Christian Walker

Diesmal ist es ein Trainer, der mich durch die Übungen führt, meine Haltung korrigiert und mich vor allem motiviert. Tatsächlich habe ich mich bei jeder Übung gesteigert, was aber noch nichts mit Kraftzuwachs zu tun hat, sondern damit, dass ich den Ablauf und den Druckverlauf der Maschine jetzt besser kenne. Auf jeden Fall fühle ich mich nach dem Training erschöpft und zufrieden. Dass meine Gesamtpunktzahl um knapp 26 Prozent höher ist als beim ersten Mal, ist Motivation und Ego-Booster. Insgeheim hoffe ich auf Muskelkater, damit ich spüre, dass ich mich so richtig ausgepowert habe.

Geschafft: Nach dem «Arghh» kommt das Lächeln.
Geschafft: Nach dem «Arghh» kommt das Lächeln.
Quelle: Christian Walker

Und wo ist der Haken?

Und der Haken? Der Preis. Er variiert bei Aurum von Studio zu Studio, ist aber deutlich höher als bei einem typischen Fitness-Abo. Das hat seine Gründe: Du trainierst an einem technisch neuartigen Gerät, das sehr effizient ist, wenn es hält, was es verspricht. Zudem sparst du Zeit und bist allein im Studio, ohne Wartezeiten und Ablenkung. Die Software ist auf dich eingestellt und du wirst persönlich während jeder Übung betreut – wie mit einem Personal Trainer. Der Bodyscan, der alle drei Monate Veränderungen misst, ist inklusive. Eine Dusche, Handtücher, Duschgel, Shampoo und Conditioner sind auch vorhanden.

Klar, das hat alles seinen Preis und ist sicher auch Geld wert. Mir persönlich ist der Schritt zum Jahresabo zu gross, das im Aurum-Studio in Zürich mit 2749 Franken zu Buche schlägt. Dass es Krankenkassen anerkannt ist, bietet in meinem Fall nur einen schwachen Trost. Hier der Vergleich mit gewöhnlichen Fitnessstudios in der Umgebung: Bei GymOne, das konventionelles Training an Maschinen und Gruppenfitness anbietet, kostet das Jahresabo derzeit 890 Franken, beim Fitnesspark kostet das Jahresabo Fit mit Sauna- und Badewelt, wo vorhanden, 1250 Franken. Beim PureGym Zürich West kostet das Core Jahresabo 549 Franken plus 20 Franken Einschreibegebühr. Das sind nur grobe Vergleichswerte, die aktuell auf den Websites angeboten werden, und berücksichtigen Aspekte wie Zusatzleistungen, Gruppenfitness und Ähnliches nicht.

Doch das Konzept von Aurum fasziniert mich und bei meinen Versuchen in anderen Fitnessstudios habe ich nie lange durchgehalten. Jetzt möchte ich wissen, ob diese Art des Trainings den gewünschten Fortschritt bringt und mich bei der Stange hält. Deshalb entscheide ich mich zunächst für eine 10er Karte für 899 Franken. Mit einem Training pro Woche und den zwei Probetrainings komme ich auch auf insgesamt drei Monate. Dann schaue ich, ob die Körper- und Kraftanalyse entscheidende Fortschritte zeigt und ich weitermachen will. Wer weiss, vielleicht werde ich doch noch zum Krafttraining-Fan.

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Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.


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