iPhone 15 Pro im Test: sinnlos schön
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iPhone 15 Pro im Test: sinnlos schön

«Titan. So robust. So leicht. So Pro.» Apples Slogan zum iPhone 15 Pro stellt das Design ins Zentrum. Mir bringt es wenig, dafür freue ich mich über andere Dinge.

Neues Jahr, neues iPhone. Ist es gut? Klar – besser als je zuvor. Wenn du in Apples Ökosystem zuhause bist oder zuziehen willst, ist das iPhone 15 Pro das beste Smartphone, das du dir kaufen kannst. Das wusstest du schon, bevor du auf diesen Artikel geklickt hast.

Apple iPhone 15 Pro (128 GB, Blue Titanium, 6.10", SIM + eSIM, 48 Mpx, 5G)
Smartphone
EUR1089,–

Apple iPhone 15 Pro

128 GB, Blue Titanium, 6.10", SIM + eSIM, 48 Mpx, 5G

Apple iPhone 15 Pro Max (256 GB, Natural Titanium, 6.70", SIM + eSIM, 48 Mpx, 5G)
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EUR1299,–

Apple iPhone 15 Pro Max

256 GB, Natural Titanium, 6.70", SIM + eSIM, 48 Mpx, 5G

Die übliche Frage ist, wie viel besser das neue Flaggschiff im Vergleich zum letztjährigen Modell ist. Und in welchen Situationen sich ein Upgrade lohnt. Auch das erfährst du in diesem Testbericht. Noch mehr interessieren mich aber die folgenden drei Dinge:

  1. Kann ich das neue iPhone Pro ohne Hülle benutzen?
  2. Wie gut hat Apple den USB-C-Anschluss umgesetzt?
  3. Kann mich die Kamera noch überraschen?

Design: sehr hübsch, sehr egal

Seit mindestens zehn Jahren habe ich kein Smartphone mehr ohne Hülle benutzt. Normalerweise stecke ich meine iPhones sofort in Leder oder Silikon. Ich habe mich deshalb an eine gewisse Sorglosigkeit gewöhnt, obwohl die Geräte über 1000 Franken kosten: Mein iPhone fliegt gerne mal ein paar Meter weit aufs Sofa, auch wenn es ab und zu auf dem Boden landet. Ich drapiere es auf Felsen, wenn ich eine stabile Videoaufnahme machen will. In der Hosentasche teilt es sich manchmal den Platz mit einem Schlüssel.

Doch dieses Jahr hat Apple bei der Präsentation des iPhone 15 Pro einen Schwerpunkt auf das neue Design gelegt. Der Rahmen ist jetzt aus gebürstetem Titan. Er soll robuster sein als der alte aus Edelstahl. Und mit den stärker abgerundeten Kanten liege das Gerät angenehmer in der Hand. Würde ich das iPhone wie üblich in eine Hülle stecken, bekäme ich von all dem überhaupt nichts mit. Deshalb benutze ich es zur Abwechslung nackt, so wie Apple es geschaffen hat.

Das dunkelblaue iPhone ist schmutzanfällig. Auf dem helleren Farbton sieht man Fingerabdrücke viel weniger.
Das dunkelblaue iPhone ist schmutzanfällig. Auf dem helleren Farbton sieht man Fingerabdrücke viel weniger.
Quelle: Samuel Buchmann

Das hat erstens den Vorteil, dass ich die Farben nicht verdecke. Ich teste das iPhone 15 Pro in «Titan Blau» und das iPhone 15 Pro Max in «Titan Natur». Schön finde ich beide, aber auf dem dunkelblauen Gehäuse sieht man Fingerabdrücke zu gut. Das hellere Gerät ist viel unempfindlicher. Ähnlich wie ein silbernes Auto, auf dem man den Dreck kaum sieht. Da mir der Grauton generell gut gefällt, ist «Titan Natur» dieses Jahr klar meine Lieblingsfarbe.

Ohne Case fällt mir zudem die angenehme Haptik der Materialien auf. Ich berühre nur Glas oder Metall, egal wo ich hinfasse. Die matte Rückseite des iPhone 15 Pro ist etwas griffiger als beim 14 Pro. Das gleiche gilt für den Titanrahmen mit seiner gebürsteten Oberfläche. Dank ihm sind die neuen Flaggschiffe 19 Gramm leichter. Das klingt nach wenig, ist aber spürbar.

Der Titanrahmen sieht ähnlich aus wie gebürstetes Aluminium, soll aber robuster sein.
Der Titanrahmen sieht ähnlich aus wie gebürstetes Aluminium, soll aber robuster sein.
Quelle: Samuel Buchmann

Das iPhone 15 Pro ist ohne Hülle also eleganter als mit – aber gleichzeitig unpraktischer. Mir fehlt der Grip. Auch mattes Glas und gebürstetes Metall sind glitschiger als Leder, Silikon oder Stoff. So kann ich einige Male nur haarscharf verhindern, dass mir das Smartphone aus der Hand rutscht. Vielleicht bin ich einfach ungeschickt, aber es scheint mir nur eine Frage der Zeit, bis das Ding Bekanntschaft mit dem Boden macht. Ist dieser aus Stein, bedeutet das ohne Hülle eine Delle oder ein zersprungenes Glas. Erste Sturztests lassen den Titanrahmen gar schlechter aussehen als den bisherigen aus Edelstahl:

Es fühlt sich für mich schon falsch an, das iPhone ungeschützt auf harte Oberflächen zu legen – etwa eine Küchenablage aus Marmor oder eine Sitzbank aus Stein. Versuche ich das zu vermeiden, fühle ich mich eingeschränkt.

Das Problem ist nicht nur die Rückseite: Nach einem Restaurantbesuch bemerke ich einen tiefen Kratzer auf dem Display meines Pro Max – und habe keine Ahnung, woher genau. Vermutlich befand sich ein winziger Stein auf dem Tisch, auf den ich das Smartphone mit dem Display nach unten gelegt habe. Ohne Hülle mit Schutzlippe hat der Bildschirm so vollen Kontakt mit dem Untergrund. Einen so tiefen Kratzer finde ich dennoch erstaunlich. Er ist kein gutes Zeugnis für Apples Ceramic-Shield-Beschichtung.

Wahr gewordener Alptraum: ein tiefer Kratzer im Display von Apples teuerstem Smartphone.
Wahr gewordener Alptraum: ein tiefer Kratzer im Display von Apples teuerstem Smartphone.
Quelle: Samuel Buchmann

Unter dem Strich sind das Schadensrisiko und die potenzielle Schadenshöhe ohne Hülle viel zu hoch. Falls du meinen Versuch nachmachen willst, empfehle ich zumindest ein Schutzglas auf der Frontseite. Genau wie ein Case kannst du es für 30 Franken austauschen. Der Ersatz eines zerkratzten Displays – wie bei mir – kostet ein Vielfaches davon. Mein iPhone steckt nach einer Woche deshalb wieder in einer Hülle. Damit ist die tolle Haptik des Geräts für mich völlig irrelevant.

Action Button: gute Idee am falsche Platz

Potenziell nützlicher ist der neue Action Button. Er ersetzt beim Pro-Modell den alten Lautlos-Switch und lässt sich individuell belegen. Du aktivierst ihn mit einem langen Druck, auf den du haptisches Feedback erhältst. Druckpunkt und -länge sind perfekt kalibriert. Trotz der kurzen Zeit, die ich den Knopf drücken muss, aktiviere ich ihn nie aus Versehen.

Du kannst den Action Button mit folgenden Funktionen belegen:

  • Ton an/aus
  • Einen Fokus-Modus aktivieren
  • Kamera aufrufen – Foto, Video, Selfie oder Portrait
  • Taschenlampe einschalten
  • Sprachmemo aufnehmen
  • Lupe aktivieren
  • Eine Bedienungshilfe aktivieren
  • Einen Kurzbefehl ausführen
Das Interface zur Belegung des Action Buttons ist schön gemacht – und bietet erfreulich viele Möglichkeiten.
Das Interface zur Belegung des Action Buttons ist schön gemacht – und bietet erfreulich viele Möglichkeiten.
Quelle: Samuel Buchmann

Ich versuche es Anfangs mit der Kamera. Dafür sitzt der Knopf aber für mich links oben am falschen Ort. Er ist schlecht erreichbar, wenn ich das Smartphone normal halte – besonders beim iPhone 15 Pro Max. Apple hätte den Action Button lieber nach rechts unten verlegt. So wie Sony den Kamera-Knopf beim Xperia 1 V. Momentan nutze ich den Button deshalb für die Taschenlampe. Vielleicht fällt mir irgendwann noch eine nützlichere Anwendung ein.

USB-C: barrierefreie Konnektivität

Die neuen iPhones haben USB-C. Hat Apple den Anschluss völlig freiwillig eingeführt? Wahrscheinlich nicht. Dass die EU die Kalifornier quasi dazu gezwungen hat, sorgt für Schadenfreude und süffisante Bemerkungen. Beides spare ich mir an dieser Stelle, denn Apple hat den Anschluss beim Pro-Modell richtig gut umgesetzt. Erstens ist er mit 10 Gigabit pro Sekunde (Gbps) schnell für ein Smartphone. Zweitens gibt es keine künstlichen Sperren oder Kompatibilitätsprobleme.

Der USB-C-Anschluss des iPhone 15 Pro unterstützt USB 3.2 Gen 2 mit 10 Gbps.
Der USB-C-Anschluss des iPhone 15 Pro unterstützt USB 3.2 Gen 2 mit 10 Gbps.
Quelle: Samuel Buchmann

Ich kann das iPhone mit jedem USB-C-Kabel und jedem Netzteil laden, das ich besitze. Egal ob von Apple oder einem anderen Hersteller. Das ist genauso praktisch, wie es klingt – endlich brauche ich für die Ferien nur noch ein einziges Set von Ladegerät und Kabel für alle meine Geräte. Noch erfreulicher finde ich aber die lange Liste von Dingen, die mit dem neuen Anschluss beim iPhone 15 Pro funktionieren:

  • Externe SSD: Lesen und schreiben, Aufnahme von ProRes-Video direkt auf die SSD
  • SD-Kartenleser: Lesen und schreiben
  • Gaming Controller: Razer Kishi und Backbone One, für volle Funktionalität neueste Firmware notwendig, Update nur mit Android-Smartphone möglich
  • Tastatur: Tippen in allen Textfeldern
  • Maus: Bedienung per Cursor, wenn ich AssistiveTouch aktiviere
  • Bildschirm: Inhalte werden gespiegelt, Hoch- und Querformat, 4K-Auflösung, 60 Hertz
  • Mikrofon: Tonaufnahme, Tonausgabe über den Kopfhöreranschluss des Mikrofons
  • Kopfhörer: Audiowiedergabe und bei Headsets auch Aufnahme
  • Ethernet-Adapter: Internet-Verbindung ohne Mobilfunk oder WLAN
  • Docking Station: iPhone wird geladen, alle angeschlossenen Geräte werden erkannt – Bildschirm, Eingabegeräte, Lautsprecher, Ethernet

Besonders der letzte Punkt überrascht mich. Mit einer Docking Station lässt sich das iPhone 15 Pro im Prinzip wie ein Computer verwenden. Natürlich läuft weiterhin nur iOS auf dem Gerät, was den Nutzen einschränkt. Du könntest aber auf einem externen Bildschirm Texte schreiben oder im Netz surfen.

Das iPhone erkennt meine Docking Station und alle angeschlossenen Geräte.
Das iPhone erkennt meine Docking Station und alle angeschlossenen Geräte.
Quelle: Samuel Buchmann

Für solche Anwendungen oder eine schnelle Datenübertragung brauchst du ein eigenes leistungsfähiges USB-C-Kabel. Das mitgelieferte unterstützt nur USB 2.0, was 0,5 Gbps entspricht. Apple spendiert dem Kabel immerhin eine Textilummantelung, was es weich und kringelfrei macht.

Kamera: Zoom Zoom

Das erste Mal seit drei Jahren unterscheidet sich das Kameramodul des iPhone Pro von demjenigen des Pro Max. Bei letzterem verbaut Apple nun ein 5-fach-Zoom. Oder in der klassischen Währung von Kleinbild-Brennweiten: 120 Millimeter. Dank einer neuen Konstruktion hat das Objektiv trotzdem eine Blende von ƒ/2.8. Der Bildsensor ist sogar 25 Prozent grösser als beim bekannten 3-fach-Zoom (77 mm), das Apple auch dieses Jahr im kleineren Pro-Modell verbaut.

Die Hardware von Haupt- und Weitwinkelkamera hat sich nicht verändert. Hier die Spezifikationen in der Übersicht:

Hauptkamera: Software nutzt Sensor besser aus

In meinem Test des iPhone 14 Pro habe ich letztes Jahr geschrieben, dass Apple noch nicht das volle Potenzial des 48-Megapixel-Sensors ausschöpft. Genau hier macht das iPhone 15 Pro Fortschritte: Obwohl die Hauptkamera physisch gleich ist wie beim Vorgängermodell, nimmt sie bessere Bilder auf – zumindest im HEIF-Format, das die meisten Leute im Alltag nutzen.

Das iPhone hat noch immer den typischen HDR-Look und optimiert die Aufnahmen für kleine Smartphone-Displays. Ohne Raw-Modus sehen die Fotos am grossen Bildschirm überschärft aus.
Das iPhone hat noch immer den typischen HDR-Look und optimiert die Aufnahmen für kleine Smartphone-Displays. Ohne Raw-Modus sehen die Fotos am grossen Bildschirm überschärft aus.
Quelle: Samuel Buchmann

Das erste Upgrade ist die höhere Auflösung. Bilder aus der Hauptkamera umfassen jetzt 24 Megapixel statt wie bisher 12. Sie sind damit etwas detailreicher. Weil Apple standardmässig das effizientere HEIF- statt JPG-Format nutzt, führt das trotzdem nicht zu riesigen Datenmengen. Ein 24-Megapixel-Bild aus der Hauptkamera ist etwa drei Megabyte gross, mit zwölf Megapixel sind es zwei Megabyte.

Im sehr stark vergrösserten Bild sieht man: Die neuen 24-Megapixel-Aufnahmen (Mitte) sind detailreicher als jene mit 12 Megapixel aus dem iPhone 14 Pro (links). Rechts der gleiche Ausschnitt mit der neuen 35-mm-Zoomstufe. Sie ist besser als ein blosser digitaler Zoom.
Im sehr stark vergrösserten Bild sieht man: Die neuen 24-Megapixel-Aufnahmen (Mitte) sind detailreicher als jene mit 12 Megapixel aus dem iPhone 14 Pro (links). Rechts der gleiche Ausschnitt mit der neuen 35-mm-Zoomstufe. Sie ist besser als ein blosser digitaler Zoom.
Quelle: Samuel Buchmann

Sehr gelungen finde ich die neue Auswahl an Brennweiten, die ich mit der Hauptkamera erhalte. Neben den normalen 24 Millimetern stehen mir alternativ 28 oder 35 Millimeter zur Verfügung. Das entspricht einem 1,2- und 1,5-fachen Zoom. Im normalen HEIF-Format ist das Endergebnis bei allen drei Brennweiten ein 24-Megapixel-Bild. Dabei schöpft Apple die Möglichkeiten des hochauflösenden Sensors aus. Im direkten Vergleich hat ein Bild aus dem 35-mm-Modus mehr Details als ein gecropptes 24-mm-Bild. Sobald ich in den Raw-Modus («ProRAW Max») wechsle, verschwindet der Vorteil. Zusätzlich zu diesem bietet Apple jetzt auch ein Format für die volle Auflösung in HEIF («HEIF Max»).

Auch im HEIF-Format kannst du jetzt die vollen 48 Megapixel speichern. Das Resultat ist besser als mit 24 Megapixel, aber nicht so gut wie im richtigen Raw-Format. Dafür brauchen HEIF-Dateien in voller Auflösung nur einen Zehntel des Speicherplatzes.
Auch im HEIF-Format kannst du jetzt die vollen 48 Megapixel speichern. Das Resultat ist besser als mit 24 Megapixel, aber nicht so gut wie im richtigen Raw-Format. Dafür brauchen HEIF-Dateien in voller Auflösung nur einen Zehntel des Speicherplatzes.
Quelle: Samuel Buchmann

Ein weiteres Software-Feature, das ich sehr nützlich finde: Sobald das iPhone 15 eine Szene als Portrait-würdig einstuft, speichert es automatisch die sogenannte Depth Map. Also die Information, welche Objekte wie weit von der Kamera entfernt sind. Damit kannst du nachträglich auswählen, welches Objekt du gerne scharf hättest und wie unscharf der Hintergrund sein soll. Das ist viel praktischer, als während der Aufnahme den Portraitmodus aktivieren zu müssen.

Seit iOS 17 kannst du übrigens auch mit iPhone 13 und 14 in der Bearbeitung die Tiefenschärfe anpassen – allerdings nur bei Bildern, die du im Portraitmodus fotografiert hast. Die Automatik während der Aufnahme funktioniert nur mit den neuen Modellen.

Neu kannst du den Portraitmodus nachträglich bei der Bildbearbeitung aktivieren
Neu kannst du den Portraitmodus nachträglich bei der Bildbearbeitung aktivieren
Quelle: Samuel Buchmann

Weitwinkelkamera: abgenutzte Perspektive

Zur Weitwinkelkamera gibt es am wenigsten zu erzählen. Sie bleibt gleich. Persönlich nutze ich sie mit Abstand am wenigsten. Ich finde die Brennweite von 13 Millimetern nach wie vor zu kurz. Sie führt zu starken Verzerrungen am Bildrand und einem Look, der sich sehr schnell abnutzt. Ich wünsche mir stattdessen etwas zwischen 16 und 18 Millimetern. Damit wäre auch ein grösserer Bildsensor und eine bessere Qualität möglich.

Das Weitwinkel nutze ich nur in Ausnahmefällen. Zu den Ecken hin fällt die Qualität des Objektivs stark ab.
Das Weitwinkel nutze ich nur in Ausnahmefällen. Zu den Ecken hin fällt die Qualität des Objektivs stark ab.
Quelle: Samuel Buchmann

Telekamera: Ist das 5-fach-Zoom ein Fortschritt?

Lange Brennweiten in kleinen Geräten sind eine technische Herausforderung. Steigt der Zoom-Faktor, gibt es bei klassischer Bauweise zwei Möglichkeiten: Entweder das Objektiv steht immer weiter vor, was dem Formfaktor eines Smartphones in die Quere kommt. Oder man verbaut einen immer kleineren Sensor – dann sinkt dafür die Bildqualität.

Neue Konzepte versuchen beide Nachteile zu vermeiden. Samsung setzt beim Galaxy S23 Ultra zum Beispiel auf eine Periskop-Kamera, bei der das Objektiv längs im Gerät verbaut wird. In eine ähnliche Kerbe schlägt Apple mit der neuen Telekamera des iPhone 15 Pro Max. Sie leitet das Licht durch ein Tetraprisma, in dem es genau wie in einem Periskop einen längeren Weg zurücklegt. Unter dem Strich ermöglicht das eine Brennweite von 120 Millimetern (oder eben ein 5-fach-Zoom) – und trotzdem einen grösseren Sensor als in der Telekamera des kleinen Pro-Modells.

Ein Bild im HEIF-Format aus dem 5-fach-Zoom des iPhone 15 Pro Max. Mit viel Licht ist die Qualität gut.
Ein Bild im HEIF-Format aus dem 5-fach-Zoom des iPhone 15 Pro Max. Mit viel Licht ist die Qualität gut.
Quelle: Samuel Buchmann
Zur Einordnung des Zoombereichs die gleiche Szene mit der 24-mm-Hauptkamera.
Zur Einordnung des Zoombereichs die gleiche Szene mit der 24-mm-Hauptkamera.
Quelle: Samuel Buchmann

Das Ergebnis finde ich gelungen. Die Bildqualität ist erfreulich gut und 120 Millimeter sind eine nützliche Brennweite. Etwa für Portraits, Sportaufnahmen oder auch Landschaften aus einer frischen Perspektive. Ob der grössere Zoom-Faktor tatsächlich praktischer ist als die 77-mm-Telekamera des normalen iPhone 15 Pro, hängt aber stark von der Situation ab. Ich fand das 5-fach-Zoom des Pro Max zum Beispiel super für Kletterbilder aus der Wand – aber schon zu eng für Fotos beim Bouldern.

Video: das Pro verdient endlich seinen Namen

Leider lassen sich die 28- und 35-mm-Modi nicht für Videos nutzen. Wahrscheinlich fehlt dafür selbst mit dem neuen Chip die Rechenpower. Dafür hat das iPhone 15 Pro dieses Jahr ein anderes Ass im Ärmel. Es kann im ProRes-Format mit einem Log-Farbprofil aufnehmen. Direkt auf den Gerätespeicher in 4K mit bis zu 30 Bilder pro Sekunde (FPS), auf eine externe SSD sogar mit bis zu 60 FPS.

Was bedeutet das? Ein Log-Farbprofil hat eine sehr flache Kontrastkurve. Ein rohes Video sieht deshalb ausgewaschen und untersättigt aus. Das ist aber Absicht, denn der Vorteil daran ist ein höherer Dynamikumfang. Das heisst, dass dunkle Bildbereiche weniger schnell komplett schwarz sind – und helle Bildbereiche weniger schnell komplett weiss. In beiden Fällen wären keine Strukturen mehr erkennbar. Das Log-Profil fügt auch keine Schärfe hinzu und vermeidet so den künstlichen Look eines iPhone-Videos im normalen Format.

Damit solche Aufnahmen am Ende gut aussehen, musst du sie in einem Schnittprogramm wie DaVinci Resolve verarbeiten. Hier kannst du Kontrast, Sättigung und Schärfe mit weniger Qualitätsverlust hinzufügen und besser ausbalancieren. Das Endergebnis ist ein Video, das besonders auf einem grossen Bildschirm deutlich besser aussieht als reguläre Smartphone-Aufnahmen. Mit etwas Übung lässt sich das Material gut mit Videos aus einer grossen Kamera mischen.

Einen grossen Nachteil haben ProRes-Videos im Log-Profil allerdings: Die Dateien sind gigantisch. Eine Minute in 4K mit 30 FPS benötigt 5,5 Gigabyte Speicher. Mit 60 FPS sind es 11 Gigabyte. Das liegt auch daran, dass Apple in seiner eigenen Kamera-App nur das ProRes-Format in der höchsten Qualität anbietet. In Apps von Drittanbietern steht auch das stärker komprimierte ProRes LT zur Verfügung. So oder so: Falls du vorhast, Log-Videos zu filmen, kauf dir besser ein iPhone mit viel Speicherplatz.

Performance: taugt auch als Gaming-Handheld

Als erster Apple-Chip überhaupt wird der A17 Pro im 3-Nanometer-Prozess gefertigt. Laut Apple macht ihn das schneller und effizienter. Er soll also bei gleich viel Energieverbrauch mehr Rechenleistung liefern als der alte A16 Bionic. Tatsächlich kommt der neue Chip in Geekbench 6 auf höhere Scores. Die Leistung der CPU steigt um 10 Prozent im Single Core und um 4 Prozent im Multi Core. Die neue GPU ist 15 Prozent schneller. Das iPhone 15 Pro Max schlägt das iPhone 15 Pro ausserdem um ein paar Punkte. Wahrscheinlich führt die grössere Rückseite die Wärme besser ab.

Im Alltag merke ich die bessere Performance zum Beispiel in der Kamera-App. Raw-Bilder werden schneller gespeichert als mit dem iPhone 14 Pro. Der neue Chip unterstützt zudem hardwarebeschleunigtes Ray-Tracing. Apple verspricht demnächst mehrere Games, die von der zusätzlichen Grafikpower des A17 Pro Gebrauch machen. So sollen etwa «Assassin's Creed: Mirage» und «Resident Evil Village» nativ auf dem iPhone laufen und dabei richtig gut aussehen. Wie gut, werde ich testen, wenn die Spiele verfügbar sind.

Mit dem Backbone One lässt es sich gut zocken auf dem iPhone 15 Pro Max.
Mit dem Backbone One lässt es sich gut zocken auf dem iPhone 15 Pro Max.
Quelle: Samuel Buchmann

Bisherige anspruchsvolle Titel wie «Genshin Impact» laufen flüssig. Wenn du auf Mobile Games stehst, ist besonders das iPhone 15 Pro Max ein veritabler Handheld. Ich empfehle dir dazu dringend einen Controller wie den Backbone One. Die USB-C-Version funktioniert auch unter iOS. Wenn du allerdings eine Version mit alter Firmware hast, musst du diese zuerst mit einem Android-Smartphone updaten.

Lautsprecher, Display, Akku: tiptop

Bei den Lautsprechern des iPhone 15 Pro kann ich keine Veränderung zum letztjährigen Modell feststellen. Sie klingen für ein Smartphone weiterhin sehr gut.

Auch der OLED-Bildschirm hat sich nicht verändert. Er ist scharf (460 Pixel pro Zoll), hell (2000 Nits Spitze) und flüssig (10-120 Hertz). Die Always-On-Funktion lässt sich seit iOS 16.2 etwas anpassen, ich verwende sie persönlich trotzdem nicht.

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    von Samuel Buchmann

Der Akku hält gefühlt etwa gleich lange wie letztes Jahr. Das Pro Max schafft bei moderater Benutzung locker zwei Tage, auch im intensiven Testbetrieb hat es Abends noch zwischen 20 und 30 Prozent übrig. Das kleinere Modell hält wie immer weniger lange, bei normaler Nutzung aber auch problemlos einen ganzen Tag. Für einen detaillierten Vergleichstest zu den Vorgängermodellen empfehle ich dir folgendes Video von Mrwhostheboss.

Fazit: Fortschritt an unerwarteten Stellen

Mit drei Fragen bin ich in diesen Test gestartet. Mit drei Antworten beginne ich mein Fazit:

  1. Ich will auch das iPhone 15 Pro nicht ohne Hülle benutzen. Trotz Titanrahmen ist das Schadensrisiko viel zu hoch. Mein Testgerät hat bereits nach einer Woche einen tiefen Kratzer im Display. Der einzige Vorteil des neuen Designs ist das niedrigere Gewicht.
  2. Der USB-C-Anschluss ist erfreulich gut umgesetzt. Es gibt keine künstlichen Apple-Barrieren und ich kann alles anschliessen, was man vernünftigerweise erwarten kann.
  3. Die Kamera ist die grösste Überraschung für mich. Das neue 5-fach-Zoom des iPhone 15 Pro Max gefällt mir sehr gut, wobei die Brennweite reine Geschmackssache ist. Noch wichtiger finde ich die Software-Verbesserungen. Apple holt mehr aus dem Sensor der Hauptkamera raus als beim iPhone 14 Pro. Im Alltag den grössten Unterschied machen neue Features wie der automatische Portrait-Modus sowie die erstaunlich guten digitalen Zoom-Stufen.

Das iPhone 15 Pro setzt den Trend der letzten Jahre fort: Es ist an vielen Stellen ein bisschen besser und fügt ein paar neue Features hinzu. Einige davon sind gut umgesetzt, etwa USB-C oder die Videos im Log-Farbprofil. Andere, wie der ungünstig platzierte Action Button, können mich nicht restlos überzeugen. Ein richtiges Killer-Feature gibt es nicht. Stattdessen fühlt sich Apples Flaggschiff insgesamt einfach ein wenig kompletter an als das letzte Modell.

Das iPhone 15 Pro ist für sich betrachtet ein hervorragendes Smartphone. Dieses Jahr ist der Vorsprung aufs reguläre Modell aber klein. Wer die paar Extra-Funktionen nicht braucht, kann sich den Aufpreis sparen.
Das iPhone 15 Pro ist für sich betrachtet ein hervorragendes Smartphone. Dieses Jahr ist der Vorsprung aufs reguläre Modell aber klein. Wer die paar Extra-Funktionen nicht braucht, kann sich den Aufpreis sparen.
Quelle: Samuel Buchmann

Solltest du es kaufen? Das kommt wie immer drauf an: Ein Upgrade vom iPhone 14 Pro lohnt sich definitiv nicht. Dafür ist der Unterschied viel zu klein. Selbst die vorherigen zwei Generationen sind nur wenig schlechter. Falls du von Android umsteigen möchtest oder aus anderen Gründen jetzt ein neues iPhone brauchst, würde ich aber nicht zu einem alten Modell raten. Der Einführungspreis des iPhone 15 ist wegen des vorteilhaften Wechselkurses ungewöhnlich tief und es hält seinen Wert länger.

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    von Samuel Buchmann

Willst du eine Telekamera, ein 120-Hertz-Display, den Chip mit Ray-Tracing-Unterstützung oder den neuen Action Button? Dann sind iPhone 15 Pro und Pro Max hervorragende Smartphones, die dich nicht enttäuschen werden. Brauchst du diese vier Features nicht, ist das reguläre Modell dieses Jahr die vernünftigere Wahl. Mehr dazu erfährst du demnächst im Test meines Kollegen Florian Bodoky – oder schon jetzt in unserem neuen Podcast.

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


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