Cookie-Banner sind gekommen, um zu bleiben – trotz Google
Seit einigen Monaten erwecken Schlagzeilen im Netz den Eindruck, dass sich Google Chrome von den berühmt-berüchtigten Cookies verabschiedet. Dass diese Aussage aber nur eine Halbwahrheit ist und eventuell gar Grund zur Sorge, lassen die meisten aus. Und nervige Cookie-Banner bleiben auch weiterhin.
Cookies. Nicht das Gebäck, sondern die HTTP-Files sind seit rund dreissig Jahren ein fundamentaler Bestandteil des World Wide Web. Die längste Zeit davon jedoch eher im Hintergrund. Die meisten Leute dürften erst mit den Cookies in Berührung gekommen sein, als die EU im Rahmen des DSGVO vor Jahren die lästigen Cookie-Banner vorschrieb. Kollege David hat sich ja diesbezüglich bereits ausgiebig ausgelassen.
Als also um die Jahreswende herum erste Schlagzeilen aufkamen, welche von Googles Feldzug gegen Cookies berichteten, dürfte manch einer zu Freudentränen gerührt gewesen sein. «Google schafft die Cookies ab» oder «Das Ende der Cookies hat begonnen» – so die Headlines. Aber so ganz das Ende aller Cookies ist es eben doch nicht.
Mittlerweile wurde das «Cookie-Aus» von Google ohnehin ein weiteres Mal verschoben – bis 2025. Was es damit auf sich hat, haben wir uns schon vergangene Woche angeschaut.
Die Frage bleibt aber trotzdem: Was ist also Googles tatsächlicher Plan zur «Tracking-Erlösung» und vor allem, werden wir die lästigen Cookie-Banner eines Tages los?
Cookies sind nicht gleich Cookies
Bevor wir tiefer in die Materie einsteigen können, müssen wir uns nochmals genauer anschauen, was denn diese Cookies überhaupt sind. Im Wesentlichen handelt es sich um einfache Text-Dateien, welche von Websites auf deinem PC oder Smartphone abgelegt werden, sobald du sie öffnest. Diese dienen in jeder Form dazu, dich und dein Verhalten auf der Website wiederzuerkennen. Aufgeteilt sind die Cookies in First-Party- und Third-Party-Cookies.
Die First-Party-Cookies werden lediglich von der jeweiligen Website selbst genutzt. Sie sind zuständig, dich wiederzuerkennen, wenn du etwa ein Benutzerprofil erstellst. Dank dieser Cookies musst du nicht jedes Mal den Nutzernamen und das Passwort eintippen, wenn du die Website öffnest. Stattdessen sucht diese einfach nach der entsprechenden Text-Datei auf deinem Gerät und verifiziert somit von selbst, dass es sich tatsächlich um dich handelt. Mit einem ähnlichen Prinzip funktionieren übrigens auch Warenkörbe und Merklisten auf Webshops. Diese Cookies sind fundamental wichtig für praktisch jede Seite im Internet und werden auch weiterhin bestehen bleiben.
Es ist also gut möglich, dass du Digitec-Galaxus-Cookies auf deinem Gerät hast, sorry!
Googles Plan befasst sich aber einzig mit den Third-Party-Cookies, oder eben Drittanbieter-Cookies. Das sind nämlich die eigentlichen Übeltäter, wenn es um Werbung und Tracking im Internet geht. Denn diese werden von Werbetreibenden genutzt und funktionieren Website-übergreifend. Deshalb siehst du etwa auf Facebook heute eine Werbung von Sneakern, welche du dir gestern auf Zalando angesehen hast.
Mithilfe dieser Cookies wird ein detailliertes Profil von dir und deinen Interessen und Aktivitäten im Netz erstellt.
Genutzt werden diese dann primär, um dich im Internet zu verfolgen und dir Werbungen zu zeigen, von denen man glaubt, dass sie für dich relevant sein könnten. Was gerade für Werbetreibende ein wichtiges Tool ist, ist den meisten Datenschützern – und Google – eher ein Dorn im Auge.
Google im Alleingang gegen das Tracking
Ein neues Feature namens «Private Tracking» soll die grosse Erlösung liefern. Die Funktion wurde bereits zu Jahresbeginn bei einem Prozent aller Chrome-Nutzenden aktiviert. Was im ersten Moment nach wenig klingen mag, entspricht immerhin ganz ansehnlichen 30 Millionen Personen. Aber wie genau funktioniert das Ganze jetzt genau?
Mit «Private Tracking» werden deine Daten künftig nicht mehr via Cookies, sondern Googles eigener «Topics API» gesammelt. Eine ausführliche Erklärung, was das ist und wie es funktioniert, findest du im passenden Artikel von Florian.
Hier aber noch die Kurzfassung: Google beobachtet dein Verhalten im Browser und teilt deine Interessen in drei grobe Kategorien auf. Etwa «Sport», «Reisen» und «Videospiele», oder so. Werbetreibende können dann bei Google einsehen, welche dieser Themen dich in den vergangenen vier Wochen am meisten interessiert haben und entsprechende Werbungen platzieren.
Das Versprechen lautet also, dass niemand mehr deine spezifischen Aktivitäten im Netz verfolgen kann – ausser natürlich Google selbst. Bis Ende des Jahres soll dieses «Private Tracking» dann standardmässig im Chrome Browser aktiviert werden.
So ganz neu ist das alles übrigens nicht. Bereits 2019 führte Mozilla in Firefox die «Enhanced-Tracking-Protection» ein, welche Drittanbieter-Cookies standardmässig sperrt. Mit dem iOS-13.4-Update wurde ein vergleichbares Feature ein Jahr später auch in Apples Safari lanciert. Tatsächlich ist Google eher ein Nachzügler unter den grossen Browsern.
Mehr Privatsphäre dank Monopol?
So langsam dürfte nun dem ein oder anderen klar werden, warum auch dieses «Private Tracking» für Bedenken sorgt: Anstatt dass die Daten in Cookies gelagert werden, sammelt Google so alle Informationen im Alleingang. Du als einzelne Person wirst so weniger von etlichen Werbebetreibern durchleuchtet, halt eben nur vom grössten Suchmaschinisten auf dem Planeten.
Apropos grösster Suchmaschinist: Während Browser wie Firefox oder gar DuckDuckGo sich bereits von Drittanbieter-Cookies verabschiedet haben, ist das bei Chrome nochmals eine ganz andere Geschichte. Mit fast 3,5 Milliarden Nutzenden macht Chrome rund 65 Prozent der weltweiten Browsernutzung aus. Wenn Google also diese Cookies aus dem eigenen Browser verbannt, ist das nahezu mit einem Aus der Drittanbieter-Cookies für das gesamte Internet gleichzustellen.
Gerade die Werbebetreiber sorgen sich deshalb um eine potenzielle Monopolstellung, wenn Google plötzlich alleine für das Sammeln der Nutzerdaten im Netz zuständig ist. Dazu kommt, dass durch diese Kategorisierung weniger personalisierte Werbung geschaltet werden kann. Dies sorgt wiederum potenziell für weniger relevante Werbung für uns alle.
Und was passiert jetzt mit den Cookie-Bannern?
Inwiefern sich der Umstieg zum «Private Tracking» für dich bemerkbar machen würde, ist noch nicht ganz klar. Die Nutzererfahrung im Netz sollte weitestgehend gleich bleiben, verspricht jedenfalls Google. Vielleicht wird angezeigte Werbung kurzfristig etwas weniger relevant.
Die Cookie-Banner bleiben aber definitiv bestehen – wohl oder übel. Denn alle Websites, die irgendwelche Cookies auf deinem Gerät platzieren, sind per EU-Gesetz verpflichtet, dich darüber zu informieren und dir die Möglichkeit zu geben, individuelle Entscheidungen über deine Daten zu treffen – so will es der Digital Markets Act. Und es sind nun mal lediglich die Drittanbieter-Cookies, die verschwinden.
Sehr unüberschaubare Banner à la «Bild» oder «Zeit» könnten womöglich etwas schlanker werden. Diese sind hauptsächlich wegen der Drittanbieter-Cookies so lästig. Schliesslich wollen diese Onlineplattformen ganz gerne, dass du den «Werbe-Cookies» zustimmst und machen es deshalb so schwierig, sie zu deaktivieren. Dieser Punkt würde entfallen.
Aber wie bereits am Anfang erwähnt, dieses Jahr gibt es so oder so kein «Cookie-Aus». Das Internet wird sich also auf absehbare Zeit weiterhin so anfühlen, wie how-i-experience-web-today.com es so schön aufzeigt.
Praktisch seit ich denken kann fasziniert mich alles, was Tasten, Displays und Lautsprecher hat. Als Journalist mit Fokus auf Technik und Gesellschaft schaffe ich Ordnung im Dschungel aus Tech-Jargon und unübersichtlichen Spec-Sheets.