Comic-Romane: 7 Alternativen zu Gregs Tagebuch
Nach dem Vorlesealter kommt ein heikler Moment: Wie gelingt es, dass der Nachwuchs die Nase von sich aus zwischen Buchdeckel steckt? Comic-Romane à la Gregs Tagebuch schlagen erfolgreich die Brücke zwischen Bilder- und Buchstabenwelt.
Vor Weihnachten habe ich mich gefreut, auf dem Wunschzettel meines neunjährigen Sohnes gleich mehrere Bücher zu entdecken. Er ist in einem Alter, in dem so ziemlich jedes Buch, das ihn fesseln kann, ein gutes Buch ist. Gerechnet hätte ich mit Gregs Tagebuch, denn an Greg gibt es in dieser Kindheitsphase seit vielen Jahren kaum ein Vorbeikommen.
Das Erfolgsrezept des Autors Jeff Kinney ist eine humorige Mischung aus Text und Zeichnungen, die die Geschichten aus dem Leben von Greg Heffley illustrieren und in überschaubare Lesehappen unterteilen. Greg ist ein Antiheld, der am Teenageralter kratzt und «von Idioten umzingelt» doch selbst immer wieder dumm dasteht. Die Geschichten entwickeln einen Sog, der vielen Kindern zum ersten Mal das schöne Gefühl beschert, ein Buch nicht mehr aus der Hand legen zu wollen, bevor es ausgelesen ist.
Was gut funktioniert, wird natürlich kopiert. So ist der Comic-Roman mittlerweile ein eigenes Genre geworden, das Kinder bis ins Harry-Potter-Alter begleiten kann und in dem verschiedene Vorlieben bedient werden.
Tom schlägt Greg
Besser als das Original kommt bei meinem Sohn Tom Gates an, eine Reihe aus der Feder der britischen Autorin Liz Pichon. Ebenfalls in Tagebuch-Form und mit reichlich Zeichnungen illustriert, standen gleich mehrere Bände davon auf seiner Wunschliste. Tatsächlich konnte er es kaum erwarten, ungewohnt ausdauernd darin zu lesen. Auf die Frage, was an Tom Gates spannender sei als an Gregs Tagebuch, führt er eine ganze Reihe von Gründen an:
- Schönere Zeichnungen, die ihn mehr in die Geschichten ziehen. Dazu ganz viele «peinliche Bilder» und freche Formulierungen. Seine Grosseltern nennt Tom zum Beispiel nur «die Fossilien».
- Lustigere Titel im Stil von «Ich hab für alles eine Lösung (aber sie passt nie zum Problem)» oder «Der helle Wahnsinn (Leuchtet nicht im Dunkeln)».
- Tom ist frech, spielt regelmässig Streiche und hat Streit mit seiner grossen Schwester Delia. Er gerät zwar auch selbst in Schwierigkeiten, ist aber kein Aussenseiter wie Greg, der im Originaltitel (Diary of a Wimpy Kid) schon in die Weichei-Ecke gestellt wird und die Alltagskatastrophen mit Sarkasmus erträgt.
- Die Schul- und Alltagserlebnisse des fiktiven Fünftklässlers Tom Gates sind näher an seiner Lebenswelt, als es bei Greg der Fall ist.
- In den Büchern wird gelegentlich Bezug auf andere Bände der Reihe genommen.
Bislang sind über 20 Bücher der Reihe erschienen und ich habe Hoffnung, dass die Begeisterung dafür noch ein wenig anhält, denn gerade die Jungs gehen in diesem Alter als Leser häufig verloren. Geschlechterübergreifend hat ein Viertel der 15-Jährigen nur unzureichende Lesekompetenzen.
Tom Gates: Voll auf den Keks (Gekrümelt wird immer)
Deutsch, Liz Pichon, Verena Kilchling, 2021
Tom Gates, Bd. 4: Ich bin so was von genial (aber keiner merkt's)
Deutsch, Liz Pichon, Verena Kilchling, 2016
Dass sich Liz Pichon einen Jungen als Hauptfigur ausgesucht hat, mag Zufall sein, Gregs Tagebuch soll sie zum Start ihrer Reihe im Jahr 2011 noch nicht gelesen gehabt haben. Inzwischen gibt es einige Comic-Romane mit Titelheldinnen – und generell so einer grossen Vielfalt, dass sich die meisten darin wiederfinden.
Lottie Brooks
Die Buchreihe Lottie Brooks von Katie Kirby gibt’s seit 2021. Lottie ist im ersten Band knapp 12 Jahre alt und entsprechend für eine überwiegend weibliche Zielgruppe ab 10 Jahren interessant. Im Greg-Stil berichtet sie tagebuchartig aus ihrem katastrophal peinlichen frühpubertären Leben zwischen Familie, neuer Schule, Freundschaften und erster Liebe.
Das katastrophal peinliche Leben von Lottie Brooks
Deutsch, Katie Kirby, Katharina Naumann, 2021
Lottie Brooks und das verflixte Gefühlswirrwarr
Deutsch, Katharina Naumann, Katie Kirby, 2023
Dork Diaries
Ein weiteres Tagebuch, ein weiterer Dauerbrenner: Seit 2009 veröffentlicht die amerikanische Autorin Rachel Renée Russell in Dork Diaries die Erlebnisse ihrer 14-jährigen Hauptfigur Nikki Maxwell. Inspiriert von und benannt nach ihrer eigenen Tochter Nikki, die für die Zeichnungen zuständig ist. Das Familienprojekt ist eine riesige Erfolgsgeschichte, die sich bis heute über 55 Millionen Mal verkauft hat.
DORK Diaries 07. Nikkis (nicht ganz so) schillernde Filmkarriere
Deutsch, Rachel Renee Russell, Ann Lecker, 2014
Planet Omar
Hinter den Geschichten des muslimischen Jungen Omar, der an einer neuen Schule Freunde finden, mit seinen Geschwistern und einer Nachbarin voller Vorurteile klarkommen muss, steht mit der britischen Autorin Zanib Mian eine weitere kreative Frau. Empfohlen wird die Buchreihe ab 8 Jahren und sie weitet den kulturellen Horizont von Kindern, die bislang nur die turbulenten Erlebnisse der Gregs und Toms dieses Genres kennen.
Loewe Planet Omar (Band 1) - Nichts als Ärger
Deutsch, Zanib Mian, Ann Lecker, Nasaya Mafaridik, 2023
Planet Omar (Band 3) - Nicht schon wieder
Deutsch, Ann Lecker, Zanib Mian, Nasaya Mafaridik, 2021
Planet Omar (Band 4) - Einer für alle und keiner war's
Deutsch, Loewe Kinderbücher, Ann Lecker, Kyan Cheng, Zanib Mian, 2022
Loewe Planet Omar (Band 1) - Nichts als Ärger
Deutsch, Zanib Mian, Ann Lecker, Nasaya Mafaridik, 2023
Planet Omar (Band 3) - Nicht schon wieder
Deutsch, Ann Lecker, Zanib Mian, Nasaya Mafaridik, 2021
Planet Omar (Band 4) - Einer für alle und keiner war's
Deutsch, Loewe Kinderbücher, Ann Lecker, Kyan Cheng, Zanib Mian, 2022
Jimmy Fox
Die Comic-Romanreihe Jimmy Fox stammt nicht aus der Feder eines britischen oder amerikanischen Autors, sondern vom deutschen Autor und Illustrator Nico Sternbaum. Auch sein Jimmy geht in die fünfte Klasse, hat es erwartungsgemäss nicht leicht und hält die Erlebnisse mit seiner schrecklich netten Familie in Tagebuchform fest. Der Vater ist ein talentfreier Zauberkünstler, die Mutter Pilotin, die Grossmutter Erfinderin – reichlich Stoff für witzige Erlebnisse, die Nachwuchsleserinnen und -leser ab 8 Jahren begeistern können.
Jimmy Fox. Magischer Volltreffer (leider voll aufs Auge) - Ein Comic-Roman
Deutsch, Nico Sternbaum, 2022
Miles & Niles
Schon das Cover sieht aus, als wären Miles & Niles eine moderne Version von Max und Moritz. Miles Murphys Kernkompetenz sind Streiche, und die will er auch an seiner neuen Schule im todlangweiligen Kaff Yawnee Valley reichlich spielen. Natürlich geht er davon aus, dass er den Laden im Alleingang aufmischen kann. Doch er hat nicht mit Niles gerechnet. Der ist im Schulalltag ein Lehrerliebling, hat es aber faustdick hinter den Ohren und wird bei seinen Streichen niemals erwischt. Die Duelle der beiden stammen vom Amerikaner Mac Barnett und sind für Kinder ab 10 Jahren empfohlen.
Echt abgefahren
Ab 11 Jahren werden die «echt abgefahrenen» Comic-Romane empfohlen. Jan Hensen, die Hauptfigur der Reihe von Hans-Jürgen Feldhaus, ist immerhin schon 12 Jahre alt. Und er hat ein Problem, dass einigen aus der Zielgruppe bekannt vorkommen dürfte: Statt des gewünschten iPads bekommt er zu hören, dass sein Lehrer den Eltern davon abrät. Er sorgt sich um Jans Lesekompetenz. Also ist dieser gezwungen, seine Erlebnisse in Tagebuchform mit Stift und Papier festzuhalten. Eine weitere Geschichte nach dem bewährten Greg-Rezept.
Hast du noch mehr (aus)gezeichnete Lesetipps? Ich bin für jede Idee dankbar und freue mich über deinen Kommentar.
Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.