«Lord of the Rings»-Serie: Was hat dieses Bild zu bedeuten?
«Lord of the Rings» lebt. Und wie. Während Amazon den Start der Serie zwar um ein Jahr verschoben hat, toben sich Fans auf Reddit und Co. freudig über das neue Teaserbild aus: Was verrät es uns?
Zwei Jahre. So viel Zeit ist vergangen, seit ich zuletzt über die langersehnte «Lord of the Rings»-Serie geschrieben habe. Dann wurde es still ums Franchise. Geschichte wurde Legende. Legende wurde Mythos. Und was nicht in Vergessenheit hätte geraten dürfen, ging verloren.
Die Serie, nicht der Ring der Macht.
Letzterer tauchte erst wieder auf, als Sméagol ihn den kalten, toten Händen seines Cousins an den Ufern des Flusses Anduin entriss. Ähnlich hohe Wellen hat Amazons jüngster Tweet geschlagen. Darin hat die «Lord of the Rings»-Serie endlich ein offizielles Startdatum bekommen: den 2. September 2022. Ein Freitag, übrigens. Und, noch viel wichtiger, ein erstes Teaserbild.
Darauf zu sehen: Valmar. Höchstwahrscheinlich. Bestätigt ist nichts. Aber wer genau hinschaut, kann zu keinem anderen Schluss kommen.
Jenseits des Meeres: die Unsterblichen Lande
Okay, was genau haben wir da? Im Vordergrund eine saftig grüne Wiese, darauf eine mysteriöse, in Weiss gekleidete Figur. Eine Frau? Der Blick schweift hinüber zur majestätischen Burg-Stadt, gebaut auf den alles überragenden Hügel, dessen bewaldete Ausläufer in einem schimmernd blauen Fluss münden. Drumherum imposante Berge und Wasserfälle.
Dann, in der Ferne: die Sonne. Nein. Ein Baum. Moment. Warte. Zwei Bäume. Ein dunkler und ein silberner. Sind das etwa Laurelin und Telperion? Wenn ja, dann ist die Stadt, die da auf dem Hügel ragt, Valmar, die Hauptstadt Valinors. Und Valinor, das ist eine Region des Kontinents Aman, der den Filmfans als die Unsterblichen Lande bekannt ist – den Undying Lands, jenseits des grossen Meeres Belegaer im Westen.
Wir erinnern uns: Als Frodo am Ende des Ringkrieges ins Auenland zurückkehrt, findet er keinen Frieden. Denn die Wunde, die ihm der Hexenkönig von Angmar – der Anführer der Ringgeister – einst auf der Wetterspitze zugefügt hatte, ist eine Wunde in Körper, Geist und Seele. Dunkle Kräfte. Frodo weiss, dass sie in Mittelerde niemals heilen würde.
Ihm und Bilbo werden darum für ihre heldenhaften Taten eine überaus seltene Ehre zuteil: Das Recht, in die Unsterblichen Lande zu segeln. Im Universum des «Lord of the Rings»-Schöpfers J.R.R. Tolkien ist das sowas wie das Avalon der Arthus-Legende. Oder Walhalla, angelehnt an die nordische Mythologie, der Ruheort der in einer Schlacht gefallenen Krieger, die sich als besonders tapfer erwiesen haben.
Das Paradies, vielleicht?
Tatsächlich heisst es in Tolkiens Werken:
Also: Aman ist ein Kontinent im Westen, Valinor eine Region darauf und Valmar dessen Hauptstadt. Das im Hintergrund müssten Laurelin und Telperion sein, die Zwei Bäume des Lichts. Noch existieren sie. Erstes Zeitalter, also.
Und im Vordergrund: Die Frau im weissen Kleid. Das könnte eine Valar sein. Vielleicht gar Varda, die Sonne und Mond erschuf und als Wächterin der Welt gilt. Von den Elben wird sie deshalb besonders verehrt. Darauf komme ich noch.
Die Frau in Weiss könnte nämlich genauso gut eine Elbin sein. Eine junge Galadriel zum Beispiel. Historisch betrachtet würde das passen: Sie wurde während des Ersten Zeitalters in Valinor geboren und ist dort aufgewachsen. Ihr Haar war golden wie das Haar ihres Vaters. Und es wurde ihr nachgesagt, dass das Licht der Zwei Bäume in ihren Haaren gefangen sei.
Aber ja: Mehr als Spekulation liegt aktuell nicht drin.
Weniger spekulativ dürfte aber die Einordnung sein: Das Bild stammt ziemlich sicher aus dem Prolog der Serie – falls sie sowas wie einen Prolog hat. Schliesslich hiess es im März 2019 abgesetzten Tweet von Amazons offiziellem «Lord of the Rings»-Twitter-Kanal:
«Welcome to the Second Age.»
The Second Age. Das Zweite Zeitalter. Das gibt uns den historischen Rahmen, in welchem die Serie spielt. Damit die grobe Handlung. Klar ist: Zum Zeitpunkt des Zweiten Zeitalters sind die Bäume des Lichts längst Geschichte. Das Bild kann also nicht anders, als ein Ausschnitt eines Prologs sein, der die Serie einleitet.
Vom Beginn der Zeit
Am Anfang war nichts als Stille und Formlosigkeit. Dann durchbrach sie die Gottheit Eru Ilúvatar mit seiner Musik. Durch den Befehl «Es Sei!» erschuf er das Universum, Ea, und anschliessend die Ainur, Geisterwesen, Nachkommen seiner Gedanken, die ohne Gestalt bei Ilúvatar in dessen Zeitlosen Hallen blieben.
Vierzehn der Ainur aber folgten Ilúvatars Musik und stiegen auf Arda hinab – die Erde. Dort nahmen sie innerhalb der Schöpfung eine physische Gestalt von grösster Schönheit und Majestät an. Fortan wurden sie die Valar genannt, angeführt von Manwë und Varda, zwei der mächtigsten Valar.
Oder: Wenn Ilúvatar ein monotheistischer Gott wäre, dann sind die Valar seine Erzengel.
Die Aufgabe der Valar bestand darin, die Schöpfung Ilúvatars zu vollenden. Jeder setzte dabei seine Kräfte für einen bestimmten Teil der Schöpfung ein. So sang Ilúvatar:
Einer der Valar aber tanzte aus der Reihe: Melkor, Bruder von Manwë, und der mächtigste der Valar. Melkor verachtete die Schöpfung seines Vaters, und anders als die Valar wollte er sie nicht verschönern, sondern beherrschen.
Genauso wie Luzifer, wenn du die Gott-Erzengel-Metapher bemühst.
Die Erschaffung der Zwei Bäume des Lichts
Am Anfang war also Ea, das Universum, und darin Arda, die Erde – zu dem Zeitpunkt nichts als ein Gerüst aus Ilúvatars Gedanken. Ilúvatars Kinder, die Valar, stiegen herab, rückten Seen, Länder und ganze Gebirge zurecht und begruben die Feuer unter den Urgebirgen.
Dann kam das Licht. Geformt wurde es von Aulë, dem Valar, der ein Meister der Schmiedekunst war, und zwar in Form der zwei Leuchten Illuin und Ormal. Aber Melkor, von Neid zerfressen, stürzte die Leuchten und hüllte Arda erneut in Dunkelheit.
Dieser Akt machte Melkor zum Ursprung und Herr über alles Böse in Ea, dem Universum.
Die Valar flüchteten gen Westen, nach Aman, erschufen dort Valinor und in dessen Herzen die Hauptstadt Valmar. Dort liess Yavanna, die Valar, welche die ersten Samen aller Pflanzen und Bäume auf Arda gesät hatte, die Zwei Bäume des Lichts wachsen: Telperion und Laurelin. Ihr Licht war stärker als jenes der Leuchten, denn die Tränen der Valar Nienna – in Trauer über Melkors Untaten vergossen – liessen die Bäume besonders stark gedeihen.
So leitete die Erschaffung der Zwei Bäume den Beginn des Ersten Zeitalters ein.
Melkor erklärte sich derweil zum Alleinherrscher von Mittelerde, dem Kontinent im Osten. Er züchtete in seiner Festung Utumno die ersten Orks, Trolle sowie Drachen und überzog die Elben und Menschen des Ersten Zeitalters mit Krieg und Zerstörung. Von seinen Feinden gefürchtet, bekam er einen neuen Namen: Morgoth, der schwarze Feind der Welt.
Diesen Namen sollte er für immer behalten.
Von Sonne und Mond
Die Valar ahnten, dass Melkor – jetzt Morgoth – es früher oder später auf Valinor abgesehen hätte. Also türmten sie im Osten des Kontinents das Pelóri-Gebirge, um sich vor Morgoths Armeen zu schützen.
Morgoth aber gelang es, Ungoliant als Verbündete zu gewinnen, die grösste und mächtigste aller Riesenspinnen. Ohne Armee, aber mit Ungoliant, überwindete Morgoth das Pelóri-Gebirge, als die Valar und Elben gerade durch Festlichkeiten abgelenkt waren. Morgoth durchbohrte die Zwei Bäume mit seinem Speer, und Ungoliant saugte sie aus, bis ihr Licht erlosch.
Erneut: Dunkelheit.
Die Zerstörung der Zwei Bäume stürzte die Valar und Elben in grosse Trauer und Verwirrung. Das veranlasste Varda, die zweithöchste der Valar, Sonne und Mond zu erschaffen – ausserhalb von Morgoths Reichweite. Denn die Erschaffung der Zwei Bäume hatte von Yavanna so viel Kraft gefordert, dass sie sich nach deren Zerstörung nicht mehr in der Lage sah, etwas derartig Schönes noch einmal zu erschaffen.
So nahm Varda die letzte Frucht von Laurelin an sich und schuf damit die Sonne, während aus der letzten Blüte von Telperion der Mond entstand.
Der Fall von Morgoth
Morgoth flüchtete nach seiner Tat zurück nach Mittelerde, wo sein Zögling und Heerführer, ein Maiar, bereits auf ihn wartete. Maiar sind ähnlich mächtige Wesen wie die Valar, allerdings niedriger im Rang. Engel, sozusagen, wenn die Valar Erzengel sind. Erschaffen wurden die Maiar als Diener der Valar, die sie bei der Vollendung der Schöpfung unterstützen sollten.
Einer der Maiar aber wurde von Morgoths Versprechungen nach Einfluss und Macht verführt und zu dessen Heerführer ernannt.
Sein Name: Sauron.
Morgoth und Sauron führten den Krieg gegen die Menschen und Elben fort. Schliesslich kam es zum Krieg des Zorns, der letzten grossen Schlacht des Ersten Zeitalters. Morgoth wurde endgültig besiegt und in die Leere verbannt. Sauron hingegen entkam mit letzter Kraft – und tauchte unter.
Nach dem verheerenden Krieg gegen den bösen Morgoth wurden die verbliebenen Elben angewiesen, Mittelerde zu verlassen und in den Westen zurückzukehren – nach Valinor. Einige folgten dem Ruf, viele blieben aber. Eine davon war Galadriel, die spürte, dass Sauron weitaus gefährlicher war als es die Valar haben glauben wollen.
Aber die Valar hatten kein offenes Ohr für Galadriel. Stattdessen erhoben sie das Königreich Númenor aus dem Meer, ein Inselreich zwischen Mittelerde und den Unsterblichen Landen, das sie den Menschen als Dank für ihre Hilfe im Kampf gegen Morgoth schenkten. Dazu segneten sie die dort lebenden Menschen mit einer extrem langen Lebensspanne und grosser Weisheit.
Das Zweite Zeitalter hatte begonnen.
Das Zweite Zeitalter: Wie geht’s weiter?
Ordnen wir das Ganze noch ein. In «Lord of the Rings» gibt es vier Zeitalter:
- Das Erste Zeitalter beginnt mit der Erschaffung der Zwei Bäume des Lichts.
- Das Zweite Zeitalter beginnt mit dem Sieg über Morgoth.
- Das Dritte Zeitalter beginnt mit Isildurs Sieg über Sauron am Fusse des Mount Doom.
- Das Vierte Zeitalter beginnt mit der Krönung Aragorns nach dem Ende des Ringkrieges.
Wir wissen: Die «Lord of the Rings»-Serie beginnt zusammen mit dem Zweiten Zeitalter, das 3441 Jahre gedauert hat. Ganz schön viel Stoff zum Verfilmen.
Tatsächlich plant Amazon fünf Staffeln, die mit einem Budget von insgesamt 750 Millionen US-Dollar ausgestattet sind. Zum Vergleich: Alle acht Staffeln von «Game of Thrones» haben zusammen etwas weniger als 600 Millionen Dollar gekostet. Damit würde die «Lord of the Rings»-Serie zur teuersten Fernsehproduktion aller Zeiten avancieren.
Was während dieses Zweiten Zeitalters – und damit der Serie – alles passiert? Ich will’s dir nicht spoilern. Falls du deine Neugier dennoch stillen willst, hier meine Zusammenfassung:
In dem Sinne: Zeit für etwas Langgrundblatt. Oder doch lieber Alter Tobi? Allenfalls auch ein Lembas dazu knabbern...
I'm an outdoorsy guy and enjoy sports that push me to the limit – now that’s what I call comfort zone! But I'm also about curling up in an armchair with books about ugly intrigue and sinister kingkillers. Being an avid cinema-goer, I’ve been known to rave about film scores for hours on end. I’ve always wanted to say: «I am Groot.»