Samsung Galaxy S: Die Legende lebt, aber nur noch knapp
Hintergrund

Samsung Galaxy S: Die Legende lebt, aber nur noch knapp

Jan Johannsen
23-6-2023

Mit dem Galaxy S habe ich mein erstes Smartphone noch immer im Schrank. Gut verstaut in der Originalverpackung. Doch die ursprüngliche Idee, eine Woche nur das alte Gerät zu benutzen, musste ich schnell verwerfen.

Das Galaxy S I9000 kam im Sommer 2010 auf den Markt. Hat inzwischen also 13 Jahre auf dem Buckel. Für mich war es damals das erste Smartphone jenseits des iPhone, das wirklich so gut war, dass ich mich vom klassischen Handy verabschiedet habe. Fotos machen, im Internet surfen, Spiele zocken. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete. Jetzt, bei erneutem Gebrauch, bleibt mir diese Welt größtenteils verschlossen.

Damals gab es noch Installations-CDs für Smartphones.
Damals gab es noch Installations-CDs für Smartphones.
Quelle: Jan Johannsen

So schön handlich

Der Wechsel vom Barrenhandy mit Tasten und ohne Kamera hin zum Android-Smartphone mit vier Zoll großen Super-AMOLED-Display – ja, das hatte Samsung schon damals – mit 800 × 480 Pixeln und einer 5-Megapixel-Kamera war gewaltig. Aus heutiger Sicht dürfte da höchstens noch die Displaygröße für Interesse sorgen. Zumindest, wenn ich an meinen Kollegen Martin denke.

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Das Galaxy S fühlt sich mit seinen kleinen Abmessungen gut in der Hand an. Ich erreiche das komplette Display einhändig, ohne meine Finger verrenken zu müssen. Ich kann für einen Moment nachvollziehen, warum Martin so auf ein kleines Smartphone erpicht ist.

Das Pixel 7 Pro ist im Vergleich riesig.
Das Pixel 7 Pro ist im Vergleich riesig.
Quelle: Anna Sandner

Samsung hat sich damals für einen guten Kunststoff entschieden. Er ist über die Jahre weder klebrig geworden, noch hat er anderweitig an Stabilität verloren.

Die aktuelle Gestensteuerung von Android ist mir in Fleisch und Blut übergegangen. Ich muss mich erstmal an die drückbare Home-Taste sowie die Zurück-Taste daneben gewöhnen.

Die Tasten lassen sich nicht ausblenden.
Die Tasten lassen sich nicht ausblenden.
Quelle: Jan Johannsen

Einen Fingerabdrucksensor oder eine Gesichtserkennung gibt es nicht. Die Displaysperre habe ich zum Glück entfernt, nachdem ich das Galaxy S damals zur Seite gelegt habe. Ich wüsste nicht mehr, welches außergewöhnliche Muster ich zum Entsperren gewählt hatte.

Ab Werk lief Android 2.2 auf dem Galaxy S. Es hat Updates bis Android 2.3.3 erhalten. Das ist heute noch drauf. Ich habe zwar gelegentlich mit dem Gedanken gespielt, es aber nie geschafft ein Custom ROM auszuprobieren. Etwas über zwei Jahre habe ich damals mit dem Galaxy S ausgehalten. Dann war im Sommer 2013 das Nexus 4 eine zu große Verlockung.

Damals hatte Samsung noch keine One UI.
Damals hatte Samsung noch keine One UI.
Quelle: Jan Johannsen

Aber zurück zum Galaxy S. Nachdem ich ein Micro-USB-Kabel gefunden habe, um es aufzuladen, startet es ohne Probleme. Der Akku, den ich ohne Werkzeug auswechseln könnte, hält noch etwas durch. Im Standby sogar mehr als 24 Stunden – und das mit einer aus heutiger Sicht winzigen Kapazität von 1500 mAh. So richtig darauf verlassen kann ich mich auf die den angezeigten Akkustand aber nicht. Er springt irgendwann von fast ganz voll auf die Warnung, dass das Smartphone demnächst ausgeht.

Für die SIM-Karte muss der Akku raus, für die microSD nicht.
Für die SIM-Karte muss der Akku raus, für die microSD nicht.
Quelle: Jan Johannsen

Zu alt für das Internet von 2023

Das Galaxy S läuft und lässt sich benutzen. Es erscheint mir nicht langsamer als das günstige und desaströse Nokia C12 aus diesem Jahr zu sein. Aber mit dem 13 Jahre alten Smartphone bin ich nachsichtiger.

Als Problem erweist sich jedoch die Software, bzw. grundlegende Technologien dahinter. Das Galaxy S ist zu alt und hat einige technologische Entwicklungen verpasst. Es ist ausgesperrt. Eine Anmeldung mit einem Google-Konto ist weder in Gmail noch im Play Store möglich. Das bedeutet auch: keine Updates für Apps und keine neuen Apps. Der Grund: Seit September 2021 unterbindet Google Logins auf allen Geräten mit älteren Versionen als Android 2.3.7.

Das Internet besteht nur noch aus Fehlermeldungen.
Das Internet besteht nur noch aus Fehlermeldungen.
Quelle: Jan Johannsen

Die Youtube-App startet zum Beispiel. Teilt mir dann aber mit, dass es eine neuere Version gibt. Ohne Anmeldung mit meinem Google-Konto komme ich aber nicht in den Play Store, um das Update zu installieren.

Selbst der Browser führt mich nur noch zu Google. Es dürfte das gleiche Problem wie bei Kollege David sein, der für sein Powerbook G4 einen Weg ins Internet gefunden hat, der aber nicht zufriedenstellend ist. Gegen fehlende Zertifikate und veraltete Browser-Technologien hilft eine Internetverbindung alleine nicht.

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Einen funktionierenden Internetdienst habe ich doch noch gefunden: Google Maps lässt sich auch ohne Anmeldung benutzen. Die App ist zwar langsam, aber das Kartenmaterial aktuell. Sogar die Ende Mai neu eröffnete S-Bahnstation bei unserem Hamburger Büro ist schon zu sehen. Optisch wirkt das Design zwar altbacken, Einschränkungen beim Funktionsumfang fallen mir als Casual-User des Kartendienstes aber nicht auf. Ich kann mir sogar Routen berechnen lassen. Allerdings muss ich Start- und Zieladresse händisch eingeben. Das GPS des Galaxy S zeigt keinen Standort mehr an. Daran scheitert dann auch die weitere Navigation nach der Berechnung einer Route.

Google Maps zeigt sogar die aktuelle Verkehrslage an.
Google Maps zeigt sogar die aktuelle Verkehrslage an.
Quelle: Jan Johannsen

Zwei Spiele für den Zeitvertreib

Immerhin zwei noch installierte Spiele kann ich nutzen. In «Sprinkle» lösche ich Feuer und in «Reckless Racing» jage ich über Rennstrecken. Von beiden Spielen gibt es nur noch Nachfolger im Play Store.

Zum Spielen dürfte das Display ruhig etwas größer sein.
Zum Spielen dürfte das Display ruhig etwas größer sein.
Quelle: Anna Sandner

Grafisch sind sie zwar aus heutiger Perspektive sehr pixelig. Aber beim Feuerlöschen packt mich immer noch der Ehrgeiz. Für eine echte Langzeitmotivation reicht das Spielprinzip dann aber doch nicht aus.

Ruf mal wieder an

Ebenfalls ohne Google-Dienste sollte ich mit dem Galaxy S telefonieren können. Dafür muss meine aktuelle Nano-SIM mit zwei Adaptern auf das erste SIM-Format vergrößern. Im zweiten Versuch schiebe ich die Konstruktion dann auch richtig herum herein.

Mit abgebrochenen Kontakten hat es die SIM-Karte schwer.
Mit abgebrochenen Kontakten hat es die SIM-Karte schwer.
Quelle: Jan Johannsen

Es passiert aber nichts. Das Smartphone findet keine SIM-Karte. Es gibt keine Aufforderung, die SIM-Pin einzugeben. Schaue ich in den Einstellungen nach, teilt mir das Galaxy S mit, es sei keine SIM vorhanden. Als ich die SIM wieder herausnehme, stelle ich fest, dass ein Kontakt abgebrochen ist. Da scheine ich etwas kaputt gemacht zu haben. Das kleine abgebrochene Stück Metall ist noch da und war damit vorher ganz sicher noch an seinem Platz.

Musikalische Zeitreise

Die zweite Karte im Gerät bietet doch noch etwas Unterhaltung. Auf der microSD sind noch meine teilweise in Vergessenheit geratenen MP3s gespeichert. Der Musikplayer des Smartphones spielt sie immer noch ab.

Mit Covern für MP3s war ich schon immer nachlässig.
Mit Covern für MP3s war ich schon immer nachlässig.
Quelle: Jan Johannsen

Darunter befinden sich viele vergessene Titel, die in den letzten Jahren nicht mehr in meiner Heavy Rotation bei Spotify waren. Damals war eindeutig mehr Dancehall bei mir angesagt. «United State of Pop 2010» von DJ Earworm habe ich mir damals auch heruntergeladen – und das ist eine musikalische Zusammenfassung von 2010 in fünfeinhalb Minuten.

Aus dem einzelnen Lautsprecher auf der Rückseite des Galaxy S klingt das aber nicht schön. Der Mono-Sound scheppert. Aber ich kann Kopfhörer anschließen. Das klappt sowohl per Kabel und kabellos. Ich bin positiv überrascht, dass die Verbindung mit Bluetooth 3.0 beim ersten Versuch klappt.

3,5-mm-Anschluss für Kopfhörer.
3,5-mm-Anschluss für Kopfhörer.
Quelle: Jan Johannsen

Eine schlechte Kamera hält gute Fotografen nicht auf

Fünf Megapixel bei der Hauptkamera, kein Nachtmodus, kein HDR und Selfies nur mit 0,3 Megapixeln: Von heutigen Smartphone-Kameras ist die des Galaxy S Welten entfernt – und das liegt nicht nur am weiteren Blickwinkel der aktuellen Modelle.

Eine Kamera, fünf Megapixel.
Eine Kamera, fünf Megapixel.
Quelle: Jan Johannsen

Als zusätzliche kleine Hürde erweist sich die Übertragung der Fotos auf meinen Rechner. Kabellose Verbindungen sind mir zu langsam oder scheitern an nicht möglichen Anmeldungen. Zum Glück speichert das Galaxy S seine Bilder auf einer microSD-Karte und das Kartenlesegerät hole ich mit einem Handgriff aus der Schreibtischschublade.

Farbe und Belichtung

Bei vernünftiger Beleuchtung sehen die Aufnahmen des Galaxy S farblich gut aus. Die geringe Auflösung sorgt allerdings für eine auffällig niedrige Detailgenauigkeit.

Schöner blauer Himmel mit Wolken.
Schöner blauer Himmel mit Wolken.
Quelle: Jan Johannsen
In Originalgröße sieht das nicht so detailreich aus.
In Originalgröße sieht das nicht so detailreich aus.
Quelle: Jan Johannsen

Es herrscht aber nicht immer perfekter Sonnenschein: Das bunte Motiv im Schatten wirkt verwaschen. Bei der Sternbrücke ist der Himmel über- und die Straße unterbelichtet.

Im Schatten bleiben die Farben stumpf.
Im Schatten bleiben die Farben stumpf.
Quelle: Jan Johannsen
HDR ist für das Galaxy S ein Fremdwort.
HDR ist für das Galaxy S ein Fremdwort.
Quelle: Jan Johannsen

Nacht

«Bitte gehen Sie weiter! Hier gibt es nichts zu sehen.» Die Kamera des Galaxy S schafft es bei Dunkelheit nicht einmal einen Punkt zum Fokussieren zu finden. Einen Blitz hat das Smartphone nicht. Die kamen erst später.

Dann doch lieber Kameras, die bei Dunkelheit die Bilder zu sehr aufhellen.
Dann doch lieber Kameras, die bei Dunkelheit die Bilder zu sehr aufhellen.
Quelle: Jan Johannsen

Selfie

640 × 480 Pixel sind vielleicht noch für ein Mini-Profilbild geeignet. Aber auch da würde ich mir eine bessere Farbwiedergabe als bei Galaxy S wünschen.

Retro-Effekt ohne Filter.
Retro-Effekt ohne Filter.
Quelle: Jan Johannsen

Retro funktioniert leider nicht immer

Das Galaxy S zeigt mir, warum handliche Smartphones immer noch cool sind. Das Gerät ist aber zu großen Teilen unbrauchbar geworden, seit Google die alte Android-Version aussperrt. Ich kann mit ihm noch Fotos machen, Musik hören, mich bei Google Maps umschauen und zwei Spiele spielen. Das ist mir ehrlicherweise aber zu wenig gewesen, um es eine Woche lang gegen mein aktuelles Smartphone, das Pixel 7 Pro, einzutauschen.

Das wäre kein Erfahrungsbericht über Retro-Tech, sondern über Digital Detox. Der fehlende Software-Support sorgt dafür, dass das Galaxy S für kaum noch eine weitere Verwendung geeignet ist.

  • Hintergrund

    15 Wege, dein altes Smartphone sinnvoll weiterzuverwenden

    von Jan Johannsen

Das Galaxy S erinnert mich aber daran, welche Fortschritte die Technologien im letzten Jahrzehnt gemacht haben. Das gerät leicht in Vergessenheit, wenn man nur Geräte vergleicht, die maximal ein Jahr Altersunterschied haben.

Titelfoto: Anna Sandner
  • Hintergrund

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Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus. 


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