Positiv denken: Wie Zuversicht dein Leben verändert
Nase voll von Grübelschleifen und negativen Gedankenspiralen? Mit diesen fünf Tipps übst du dich in positivem Denken und Zuversicht.
Würdest du einen Shaolin-Mönch nach dem Glück fragen, wäre seine Antwort simpel: innere Stärke und Kraft der Gedanken. Meditation, Arbeit, Askese, Fokus – wer die Gedanken beherrscht, ist Meister des eigenen Glücks. «Das Glück liegt in uns, nicht in den Dingen» verspricht der Buddhismus.
Und nicht nur der Buddhismus, auch die moderne Wissenschaft ist davon überzeugt: Zuversicht ist Übungssache und wer glücklicher werden will, muss bei den eigenen Gedanken beginnen. Deshalb habe ich Dr. Rebecca Böhme angerufen. Sie ist Neurowissenschaftlerin an der schwedischen Universität Linköping und Buchautorin des Ratgebers «Mind your Glücksschwein: Mit der Kraft positiver Erwartungen das Leben verändern». Und kann wichtige Fragen wie diese beantworten: Was steht eigentlich zwischen dir und dem Glück? Und welche Tricks hält die Neurowissenschaft für dich bereit, um zuversichtlich in die Zukunft zu blicken? Begib dich mit mir auf einen Ausflug in die Welt des positiven Denkens.
Kraft der Gedanken: Was steht zwischen dir und dem Glück?
Schon einmal davon gehört, dass du dir selbst am meisten im Weg stehst? Endlose Grübeleien und die Überzeugung, nie auf der Butterseite des Lebens zu landen, manifestieren sich scheinbar in einer Aneinanderreihung unglücklicher Wendungen. Scheinbar. «Vermutlich passieren uns allen ausgeglichene Mengen an positiven und negativen Ereignissen», sagt die Expertin. Was davon du aber wahrnimmst, hängt von deinen Erwartungen an die Umwelt ab: Sie beeinflussen, wie du das Erlebte interpretierst und weiter wahrnimmst. «Wie du auf Neues und auf die Zukunft zugehst, ob du offen und hoffnungsvoll bist, Risiken eingehst oder ob du davon überzeugt bist, ohnehin nur das Schlechte anzuziehen.»
Leichter gesagt als getan – denn positiv zu denken liegt nicht in deiner Natur. Dein Gehirn hat die angeborene Tendenz, sich auf das Negative zu fokussieren: «Evolutionsbiologisch macht das Sinn», weiß die Expertin. «Wir mussten uns in erster Linie schützen und den Fokus auf mögliche Gefahren lenken.»
Selektive Wahrnehmung und die Kraft der Erwartungen
Bis heute ist dein ganzer Körper ein riesiges Filtersystem eintreffender Reize: Selbst dein Nervensystem und deine Sinnesorgane haben Erwartungen an die Umwelt, filtern Reize entsprechend und leiten sie erst dann an das Gehirn weiter. Das ist wichtig, um sich in der Welt zurechtzufinden, so Expertin Böhme. Sich dabei auf das Negative zu fokussieren, war einst überlebensnotwendig. Aber: «Heute ist das eine Sache, die uns im Weg steht.»
Sie erklärt: «Erwartungen können einen Einfluss darauf haben, was wir wahrnehmen und wo unser Fokus liegt. Liegt die Aufmerksamkeit auf dem Positiven, sehe ich Positives und erwarte auch von meiner Umwelt Positives.» Deine selektive Wahrnehmung entwirft ein Weltbild, in dem sich Zuversicht oder Missmut permanent selbst bestätigen und verstärken. Wie sich positive oder negative Erwartungen nicht nur emotional, sondern körperlich manifestieren, zeigen der Placebo- und der Nocebo-Effekt.
Optimismus und Zuversicht: Warum dir gute Gedanken guttun
Niemand ist ein geborener Pechvogel. Manchmal musst du dem Glück nur mit positiven Gedanken ein wenig auf die Sprünge helfen. Dass das funktioniert, zeigt die Glücksforschung, die einen starken Zusammenhang zwischen Optimismus und dem empfundenen Glück festgestellt hat. Optimismus ist letztlich nichts anderes als die tiefe Annahme, dass sich alles zum Guten wenden wird. Und wer positiv denkt, ist glücklicher, schließen auch die Forschenden der Studie.
Positiv Denken: Tipps von der Expertin
Die «Kraft der Gedanken» ist also mehr als ein Kalenderspruch. Gleiches zieht Gleiches an – und so sind auch positive Gedanken ein guter Weg in eine zuversichtlichere Zukunft. Wer es ernst meint und negative Gedankenkreise beenden will, muss geduldig sein und positive Gedanken bewusst kultivieren und pflegen. Expertin Böhme verrät, wie dir das im Alltag gelingen kann:
1. Geistige Autonomie
Positiv zu denken ist leichter gesagt, als getan – zumal deine evolutionäre Ausstattung den Fokus ganz automatisch auf das Negative lenkt. Zudem kommt: «Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das heißt: Verhalten und Denkweisen, Grübelschleifen und Gedankenspiralen, automatisieren sich schnell.» Um dort herauszukommen, braucht es mehr als den Anreiz, positiv zu denken. Es braucht geistige Autonomie.
«Das bedeutet nicht, immer in voller Kontrolle über die eigenen Gedanken und Gefühle zu sein. Sondern die Fähigkeit, flexibel zu reagieren.» Im ersten Schritt kannst du dich selbst beobachten und wahrnehmen, dass du gerade in einer Grübelspirale feststeckst. Dann kannst du dich bewusst dagegen entscheiden und den Fokus auf etwas anderes lenken. Oder wie es Böhme ausdrückt: «Automatismen erkennen, reflektieren und selbst Einfluss auf Gedanken und Gefühle nehmen.»
Das ist natürlich ein Prozess. Am besten gestaltest du ihn bewusst: «Es ist wichtig, konkret zu werden. Nimm dir vor, eine Woche lang zwei Mal täglich zu reflektieren: Wo bin ich gerade, was mache ich und wie fühle ich mich dabei?»
2. Persönliche Rituale: Meditieren hilft
Weil du ein Gewohnheitstier bist, läuft dein Verhalten zu großen Teilen automatisch ab. Zum Glück. Denn dank gewisser Routinen und Gewohnheiten musst du nicht lange darüber nachdenken, was du isst oder wie du zur Arbeit fährst. Gewohnheiten bestimmen aber auch, wie du über dich und das Leben denkst – und das kannst du für dich nutzen.
Durch persönliche Rituale kannst du dich nämlich im positiven Denken üben. Zum Beispiel in der Meditation: «Es gibt Belege die zeigen: Wer meditiert, grübelt weniger», sagt Böhme. «Wenn man das erfolgreich praktiziert, kann man mehr Einfluss auf Gedankenkreise nehmen und hat einen anderen Zugriff auf die eigenen Gedanken.» Nicht nur Meditation, sondern auch andere persönliche Rituale können helfen, positiver zu denken. In ihrem Buch schreibt die Neurowissenschaftlerin: «Rituale geben uns Sicherheit und emotionale Stabilität durch ihre Regelmäßigkeit. Insofern tragen sie auch zu einer positiven Erwartungshaltung bei.»
3. Selbst-Nudging
Wie du bereits weißt, ist deine Wahrnehmung sehr selektiv und Reize aus deiner Umwelt konkurrieren permanent um deine Aufmerksamkeit. Beim Nudging (deutsch: Anschubsen, Anstoßen) wird eine bestimmte Situation geschaffen, um eine gewünschte Verhaltensweise hervorzurufen – also gewisse Reize zu bevorzugen. Das funktioniert, denn: «Das Gehirn wählt immer den einfachsten Weg, um zum Ergebnis zu kommen.» Begünstigt also ein Umstand, eine Situation oder eine Rahmenbedingung ein gewisses Verhalten, wirst du dich aller Wahrscheinlichkeit auch entsprechend verhalten.
Das kannst du für dich nutzen. Ein einfaches Beispiel der Expertin: Willst du dich für mehr Sport motivieren, kann es hilfreich sein die gepackte Sporttasche direkt vor die Haustüre zu stellen. Willst du dich gesünder ernähren, kannst du die gesunden Lebensmittel zugänglich im Kühlschrank platzieren, während du Süßigkeiten weit nach hinten im Schrank legst. «Durch das Nudging kannst du dein Verhalten ändern und mehr von den Dingen tun, die dich zufriedener machen. Zum Beispiel sportlicher zu sein oder dich gesund zu ernähren.»
4. Spazierengehen
Es kling vielleicht banal – aber ein Spaziergang im Grünen kann dir auch zum Glück verhelfen. Dabei werden Stresshormone abgebaut, Grübeleien unterbrochen und der Fokus auf das Hier und Jetzt gerichtet.
«Es gibt ein Netzwerk im Gehirn, das ist besonders aktiv, wenn man grübelt oder über Sorgen nachdenkt. Begibt man sich auf einen Naturspaziergang, kann man diese Aktivität reduzieren.» Zudem sei ein Spaziergang eine gute Möglichkeit, die geistige Autonomie zu stärken. Hier hast du Zeit zu reflektieren und dich mit aufkommenden Gedanken auseinanderzusetzen.
5. Sei offen für Unerwartetes
Wer grübelt, steckt fest. Gewohnheiten, Automatismen plus die Überzeugung, ohnehin kein Glück zu haben, feuern Grübelschleifen an und senken die Risikobereitschaft. Dabei entstehen Glücksmomente oft genau dann, wenn du deine Komfortzone verlässt und Risiken eingehst. «Wenn wir in einer Situation sind, in der Unerwartetes passiert, wird Dopamin ausgeschüttet», sagt Böhme.
Das Glückshormon wird vermehrt dann produziert, wenn du bewusst aus Automatismen ausbrichst und dich in Situationen begibst, die erstmal unangenehm sind. «Das muss nichts Großes sein. Aber man kann immer wieder Möglichkeiten schaffen, Vorhersagefehler zu provozieren – und die führen zu Dopamin.» Mehr Mut zum Risiko und eine gewissen Offenheit für Neues schaffen also kleine Fenster für dauerhafte Zufriedenheit.
Titelfoto: shutterstockIch liebe blumige Formulierungen und sinnbildliche Sprache. Kluge Metaphern sind mein Kryptonit, auch wenn es manchmal besser ist, einfach auf den Punkt zu kommen. Alle meine Texte werden von meinen Katzen redigiert: Das ist keine Metapher, sondern ich glaube «Vermenschlichung des Haustiers». Abseits des Schreibtisches gehe ich gerne wandern, musiziere am Lagerfeuer oder schleppe meinen müden Körper zum Sport oder manchmal auch auf eine Party.