Tom Ford Tobacco Oud
Eau de Parfum, 50 ml
Ein Parfüm ist ein Kunstwerk, Parfümeure sind Künstler und ich bin Sammler ihrer Kreationen. Heute dreht sich alles um Oud. Tom Ford, Parfums de Marly und Nasomatto interpretieren diese klassische Duftnote auf ganz individuelle Weise.
Kürzlich war ich zu einer Agentureinweihung eingeladen. Die typische Apérosituation: Ein Glas Wein in der einen, ein Teller mit Häppchen in der anderen Hand. Dazu interessante und auch weniger interessante Gespräche. Und plötzlich stieg mir der Duft von Oud in die Nase. Und zwar jene Sorte, die oft als animalisch oder auch «skanky» bezeichnet wird. Den Rest des Abends versuchte ich zwischen all dem Smalltalk, den Träger oder die Trägerin des süsslich-verführerischen Duftes ausfindig zu machen. Vergeblich. Schade, denn ich hätte gerne herausgefunden, um welches Parfüm es sich handelte. Ich hatte eine Vermutung, aber dazu komme ich gleich.
Viele Leute mögen den intensiven Duft überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich bin jedoch ein grosser Fan von Oud. Das Öl stammt aus dem Holz des Adlerbaumes. Dieser wächst hauptsächlich in den Wäldern Südostasiens. Ist er von einem speziellen Pilz befallen, produziert sein Immunsystem das teuerste Baumharz der Welt. Je nach Qualität ist das aus diesem Harz hergestellte Öl teurer als Gold.
Der Duft ist intensiv und polarisiert entsprechend: Du magst ihn oder du magst ihn nicht. Dazwischen gibt es nichts. Trotz dieser Tatsache hat sich Oud in den letzten Jahren auch im Westen zu einem Bestseller entwickelt. Diese Parfüms riechen animalisch und sexy (finde ich und andere Fans) und haben eine warme, holzige Note. Sie sollten am besten auf dem Adamsapfel aufgetragen werden. Durch die Vibration beim Sprechen entsteht Wärme, die den Duft intensiver wirken lässt.
Tobacco Oud von Tom Ford ist eine Herausforderung für die Nase. Ich trage die unterdessen eingestellte Intense-Version und finde diese Interpretation von Oud grossartig. Ich war am oben erwähnten Apéro überzeugt, dieses Parfüm gerochen zu haben. Für Menschen, die Oud nicht mögen, kann der Duft nach Fäkalien riechen. Ja, das ist durchaus möglich. Denn das hier verwendete Oud wird mit Sauerstoff fermentiert. Durch diese aerobe Verarbeitungsmethode bilden sich schwefeloxidierende Bakterien, die dem Öl diese Note geben.
Tobacco Oud von Tom Ford ist definitiv skanky. Wer das mag, wird diesen Duft lieben. Neben dem Oud sind auch der Whisky-Akkord und Tabak zwei dominante Noten.
Parfums de Marly interpretiert mit Layton Exclusif das Thema Oud von den drei hier vorgestellten Düften am frischesten. In der Kopfnote dominieren Bergamotte, Mandarine, aquatische Noten und Grapefruit, bevor das Oud seine Wirkung entfaltet. Ein bisschen skanky, wenn es sowas überhaupt gibt. Jedoch um einiges zahmer und damit massentauglicher als Tom Fords Tobacco Oud.
Im Vergleich zu Layton ist die Exclusif-Variante jedoch ebenfalls eher etwas für geübte Nasen. Quasi der grosse Bruder, der nicht um jeden Preis gefallen will. Und gerade diese Tatsache macht Layton Exclusif so interessant.
Die Nase hinter Pardon gehört Alessandro Gualtieri. Der Italiener ist aktuell wohl einer der kreativsten Köpfe der Branche. Neben Nasomatto betreibt er mit Orto Parisi einen zweiten Brand. Seine Düfte sind oft eine Herausforderung und meilenweit entfernt vom Mainstream.
Bei Pardon interpretiert Gualtieri Oud auf klassisch italienische Art. Nichts von animalisch, im Gegenteil. Dieser Duft ist so elegant wie ein Massanzug aus Mailand. Das hier verwendete Öl wurde ohne Sauerstoff, also anaerob verarbeitet. Neben Oud, das im Hintergrund die Fäden zieht, spielen Magnolie und Schokolade die Hauptrollen. Einer meiner absoluten Lieblingsdüfte. Ever.
Mein Name ist Patrick. Bardelli, nicht Süskind. Wie der Autor des Buches «Das Parfüm». Trotzdem bin ich auch ein Parfüm-Fan und schreibe hier immer mal wieder über gute und schlechte Düfte. Meine textlichen Ausdünstungen sicherst du dir, wenn du mir als Autor folgst. Immer der Nase nach. Und ganz wichtig: Ich gebe hier ausschliesslich meine subjektiven Eindrücke wieder.
Titelfoto: Patrick BardelliVom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.