Mit Ovi kannst du es länger – mit Randensaft stärker
Hintergrund

Mit Ovi kannst du es länger – mit Randensaft stärker

Wir wissen schon länger, dass Substanzen, die wir über die Ernährung aufnehmen, zur Leistungssteigerung beitragen können. Koffein [1,2] und Kreatin [3] sind bekannte Kandidaten. Weniger Beachtung haben bisher Randen, auch bekannt als Rote Beete, erfahren. Was hat Randensaft mit der Muskelkraft zu tun?

Mit Randensaft zu mehr Muskelkraft. Wäre doch schön, wenn es so einfach wäre, oder? Ganz so einfach ist es zwar nicht, aber aktuelle Studien machen Hoffnung, dass der Konsum von Randensaft deine Trainingsleistung verbessern und Kraftraining effizienter machen kann. Gewichte stemmen musst du dafür aber immer noch selbst. Aber fangen wir von Vorne an.

Die Rande oder rote Beete (lat. Beta vulgaris) ist eine Rübenpflanze und gehört zur Familie der Fuchsschwanzgewächse. Verwandt ist sie mit der Zuckerrübe und dem Mangold. Wahrscheinlich wurde sie von den Römern als Kulturpflanze nach Mitteleuropa gebracht, stammt aber wohl ursprünglich aus Nordafrika. Während des 19. und 20. Jahrhunderts wurde die Pflanze als Kulturpflanze weiter veredelt und besitzt deshalb die gleichmässig rote Farbe, die von der hohen Konzentration an Betalaine stammt. Oft wurde in der Mitte des 19. Jahrhundert Wein mit Randensaft gefärbt.

Die dunkelvioletten Wurzeln der Randen werden in der Regel gekocht, gebraten oder roh verzehrt. 100 g rohe Randen bestehen aus knapp 88 g Wasser, 9.6 g Kohlenhydrate, 1.6 g Protein und 0.8 g Fett und liefern 43 kcal an Energie. Randen besitzen ebenfalls eine hohe Konzentration biologisch aktiver Substanzen wie z.B. anorganisches Nitrat (NO3-). In kommerziell verfügbaren Randensäften findet man im Schnitt 1.275 g/L [4].

Nitratstoffwechsel

Nach dem Verzehr von nitrathaltigen Lebensmitteln gelangen diese in den Magen. Im Dünndarm wird Nitrat dann fast vollständig absorbiert und gelangt ins Blut. Dort erhöht es die Plasma-Nitratkonzentration. Ungefähr 60% des durch die Nahrung zugeführten Nitrats wird durch Urin wieder ausgeschieden. Etwa 25% des Nitrats wird jedoch aktiv von den Speicheldrüsen im Mund aufgenommen und durch Bakterien auf der Zungenoberfläche zu Nitrit (NO2-) reduziert. Das nun im Speichel enthaltene Nitrit gelangt nun in den Magen und wird dort im sauren Milieu weiter zu Stickstoffmonoxid (NO) reduziert. Ein Teil des Nitrits gelangt jedoch in die Blutzirkulation, wo es verschiedene Gewebe erreichen und durch chemische Reaktionen weiter zu NO reduziert werden kann [5]. NO ist ein unentbehrliches Signalmolekül, das diverse physiologische Funktionen reguliert [6,7]. Unter anderem spielt NO eine wichtige Rolle in der Gefässerweiterung [8], der mitochondrialen Respiration [9], in der Glukose- und Kalzium-Homöostase [10,11], sowie der Muskelkontraktilität [12] und der Entwicklung von Müdigkeit [13]. Vereinfacht gesagt wirkt es sich also auf deinen Energiehaushalt und deine Muskelfunktionen aus.

NO ist für unseren Körper sehr wichtig, hat aber nur eine kurze Halbwertszeit im Bereich von Millisekunden bis wenigen Sekunden. Daher muss unser Körper kontinuierlich NO herstellen und kann dies auf zwei unterschiedliche Arten tun [14]. Einmal mit Hilfe des Enzyms Stickstoffmonoxidsynthase (NOS) [15] und ohne NOS indem er kontinuierlich über die Nahrung zugeführtes oder körpereigenes Nitrat zu Nitrit und weiter zu NO reduziert [16,17].

Wie mehr NO die Leistung steigert

Die Energiewährung in unserem Körper lautet Adenosintriphosphat oder abgekürzt ATP. Adenosin besteht aus der Nukleinbase Adenin und dem Zucker Ribose. Das komplette Molekül umfasst also Adenin, Ribose und drei Phosphate. ATP wird zur Energiegewinnung verwendet, indem die einzelnen Phosphate in einer biochemischen Reaktion, der Hydrolyse, abgespaltet werden.

Unser Körper braucht ATP, um Muskeln kontrahieren zu lassen. Da er die Möglichkeit besitzt, diese Energie zu rezyklieren, kann er, abhängig von der Intensität, den ATP-Gehalt in der Muskulatur über weite Strecken aufrechterhalten. Bei Sprinttrainings steigt der ATP-Umsatz gegenüber dem Ruheumsatz bis um das 100-fache. Dies stellt den Stoffwechsel in allen anderen Geweben in den Schatten. Was aber wiederum bedeutet, dass es höchste energetische Anforderungen an die Muskulatur stellt. Da die intramuskulären ATP-Speicher relativ gering sind, werden alle Stoffwechselwege, die ATP rezyklieren können, aktiviert. Bei einem kurzen (30 – 60 s), maximalen Sprint, wird in der kontrahierenden Muskulatur sehr viel Energie gebraucht. Diese Energie stammt aus Stoffwechselwegen, die rasch ATP zur Verfügung stellen können. ATP kann auf verschiedene Arten hergestellt werden. Mit Hilfe von Sauerstoff und ohne. Bei der oxidativen Phosphorylierung, die Sauerstoff benötigt und in unseren Mitochondrien stattfindet, wird viel ATP synthetisiert. Der Prozess ist jedoch relativ langsam im Vergleich zu der Substratkettenphosphorylierung, die ohne Sauerstoff ATP erzeugen kann.

Bailey et al. [18] untersuchten nun die Auswirkungen von Randensaft während tief- und hochintensivem Training auf die Stoffwechselprozesse. Die Experimentalgruppe, die Randensaft erhielt, zeichnete sich dadurch aus, dass sie weniger ATP umgesetzt hat während tief- und hoch-intensivem Training. Die Sauerstoffaufnahme war signifikant geringer am Ende des tief-intensiven Trainings (Placebo: 870 ± 42 vs. Randensaft: 778 ± 38 ml/min; P < 0.05) während dies bei beim hoch-intensiven Training nur zum Messzeitpunkt 360 Sekunden nach Beginn (Placebo: 1692 ± 70 vs. Randensaft: 1460 ± 54 ml/min; P < 0.05), nicht aber beim Zeitpunkt des Abbruchs (Placebo: 1726 ± 65 ml/minvs. Randensaft: 1647 ± 100 ml/min, P > 0.05) der Fall war.

Die Resultate deuten darauf hin, dass nitratreiche Ernährung (wie Randen(saft)) das Zusammenspiel zwischen Muskelkraft und dem Verbrauch von ATP verbessert, was sich in einer geringeren Sauerstoffaufnahme während des Trainings äussert. Wissenswert ist ebenfalls, dass ein hoher Verbrauch von ATP begrenzte intramuskuläre Energiespeicher wie Phosphokreatin schnell leert und dies grossen Einfluss auf die muskuläre Ermüdung hat [19]. In einer späteren Studie zeigte Larsen und sein Team [20], dass nitratreiche Ernährung die ATP Gewinnung aus der oxidativen Phosphorylierung der Mitochondrien effizienter gestaltet. Mitochondrien können somit mehr ATP pro verbrauchtem Sauerstoff herstellen.

Neustes Studienergebnis

In einer randomisierten Crossover-Studie untersuchten Kadach et al. [21] den Einfluss von Nitrat auf die Kraft des Quadriceps während 60 maximalen Kontraktionen des Kniegelenks. Sie rekrutierten 10 gesunde Studienteilnehmer im Alter von 23 ± 4 Jahren. Diese erhielten drei Stunden vor dem Test ein nitratreiches Getränk oder ein Getränk ohne zusätzliches Nitrat. Der Test bestand aus einer Serie von 60 einbeinigen maximal willkürlichen Kontraktionen auf einem Dynamometer. Das nicht-trainierte Bein diente als Kontrolle.

Eine einzelne maximale Kontraktion dauerte 3 s und zwischen den einzelnen Kontraktionen waren 2 s Pause. Die Testdauer betrug so knapp 5 Minuten. Zudem wurde der Quadriceps während der ersten, der 15., der 30., der 45. und der 60. Kontraktion zusätzlich elektrisch stimuliert, um die Rolle von zentralen und peripheren Faktoren bei der Muskelermüdung zu evaluieren. Es wurden Muskelbiopsien entnommen sowie Speichel, Blut und Urin analysiert.

Innerhalb von einer Stunde nach der Einnahme eines nitratreichen Getränks stieg die Nitratkonzentration im Muskel an. Im Vergleich zu der Gruppe, die kein nitratreiches Getränk erhielt, war das Spitzendrehmoment und das Durchschnittsdrehmoment in den ersten 90 Sekunden des 5-minütigen Tests signifikant höher. Die Entwicklung von zentraler und peripherer Ermüdung war ähnlich zwischen beiden Bedingungen.

Fazit

Nitratreiche Ernährung, wie zum Beispiel Randensaft, etwa eine Stunde vor einem Training kann also die kontraktile Leistung der Muskeln verbessern. Diese Leistungssteigerung kann man sich zu Nutze machen. Studienergebnisse zeigen, dass bereits eine Dosis von 5 – 8.5 mmol bzw. 310 – 527 mg Nitrat die intrazellulären Stoffwechselprozesse verbessert aber zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit eine Nitratmenge von mehr als 8.5 mmol respektive mehr als 527 mg nötig sind [14].

Mit Ovomaltine kannst du es länger, mit Randenstaft stärker. Und wenn du das gleich selbst mal ausprobieren willst: Voilà:

Referenzen:

  1. Polito MD, Souza DB, Casonatto J, Farinatti P. Acute effect of caffeine consumption on isotonic muscular strength and endurance: A systematic review and meta-analysis. Sci Sport. Elsevier Masson SAS; 2016;31: 119–128. doi:10.1016/j.scispo.2016.01.006

  2. Guimarães-Ferreira L, Trexler ET, Jaffe DA, Cholewa JM. Role of Caffeine in Sports Nutrition [Internet]. Sustained Energy for Enhanced Human Functions and Activity. Elsevier Inc.; 2017. doi:10.1016/B978-0-12-805413-0.00019-3

  3. Kreider RB, Kalman DS, Antonio J, Ziegenfuss TN, Wildman R, Collins R, et al. International Society of Sports Nutrition position stand: safety and efficacy of creatine supplementation in exercise, sport, and medicine. J Int Soc Sport Nutr 2017 141. BioMed Central; 2017;14: 1–18. doi:10.1186/S12970-017-0173-Z

  4. Wruss J, Waldenberger G, Huemer S, Uygun P, Lanzerstorfer P, Müller U, et al. Compositional characteristics of commercial beetroot products and beetroot juice prepared from seven beetroot varieties grown in Upper Austria. J Food Compos Anal. Academic Press; 2015;42: 46–55. doi:10.1016/J.JFCA.2015.03.005

  5. Shannon OM, Easton C, Shepherd AI, Siervo M, Bailey SJ, Clifford T. Dietary nitrate and population health: a narrative review of the translational potential of existing laboratory studies. BMC Sport Sci Med Rehabil 2021 131. BioMed Central; 2021;13: 1–17. doi:10.1186/S13102-021-00292-2

  6. Lundberg JO, Weitzberg E, Gladwin MT. The nitrate–nitrite–nitric oxide pathway in physiology and therapeutics. Nat Rev Drug Discov 2008 72. Nature Publishing Group; 2008;7: 156–167. doi:10.1038/nrd2466

  7. Moncada S, Palmer RM, Higgs EA. Nitric oxide: physiology, pathophysiology, and pharmacology. Pharmacol Rev. 1991;43.

  8. Epstein FH, Moncada S, Higgs A. The L-Arginine-Nitric Oxide Pathway. https://doi.org/101056/NEJM199312303292706. Massachusetts Medical Society ; 1993;329: 2002–2012. doi:10.1056/NEJM199312303292706

  9. Brown GC, Cooper CE. Nanomolar concentrations of nitric oxide reversibly inhibit synaptosomal respiration by competing with oxygen at cytochrome oxidase. FEBS Lett. John Wiley & Sons, Ltd; 1994;356: 295–298. doi:10.1016/0014-5793(94)01290-3

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  21. Kadach S, Park JW, Stoyanov Z, Black MI, Vanhatalo A, Burnley M, et al. 15N-labeled dietary nitrate supplementation increases human skeletal muscle nitrate concentration and improves muscle torque production. Acta Physiol. John Wiley & Sons, Ltd; 2023; e13924. doi:10.1111/APHA.13924

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Molekular- und Muskelbiologe. Forscher an der ETH Zürich. Kraftsportler.


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