Lässt sich die Echtheit von Fotos bald beweisen?
31-10-2023
Ein neues Verfahren soll die Echtheit von Fotos mithilfe von verschlüsselten Metadaten belegen. Es ist nicht der erste Versuch dieser Art. Aber der bislang vielversprechendste.
Das digitale Zeitalter hat ein Problem mit Fakes. Bildfälschungen werden immer besser und immer einfacher herzustellen. KI-gestützte Bildgenertoren wie Midjourney oder Dall-E sind nur der offensichtlichste Fall. Es braucht dringend ein Verfahren, mit dem sich die Echtheit von Fotos nachweisen lässt.
Dies soll mit Hilfe der Content Credentials möglich werden. Eine Kamera speichert bei der Aufnahme eines Fotos Metadaten wie Kameramodell, Zeit und Ort der Aufnahme mit. Normalerweise sind diese Metadaten aber unverschlüsselt und lassen sich leicht ändern. Die Content Credentials nutzen einen Open-Source-Standard zur verschlüsselten Speicherung von Metadaten.
Mit der Leica M11-P gibt es nun die erste Kamera, die das Verfahren implementiert. Weitere Marken dürften folgen. Nikon hat bereits einen Prototypen basierend auf der Z 9 an der Adobe-Messe Max 2023 vorgestellt. Canon ist ebenfalls Mitglied der C2PA, die hinter den Content Credentials steckt. Gleiches gilt für Sony, obschon Sony auch ein eigenes Verfahren zur verschlüsselten Speicherung von Metadaten entwickelt hat. Die Funktion steht für die Sony Alpha 7 IV zur Verfügung, muss jedoch separat erworben werden und ist nur für Geschäftskunden gedacht.
Bearbeitungen transparent machen
Auch für die Nachbearbeitung ist es mit den Content Credentials möglich, die Arbeitsschritte verschlüsselt abzuspeichern. Natürlich muss die Software das unterstützen, wie es etwa bei Adobe Firefly bereits der Fall ist. Auch in Photoshop gibt es eine entsprechende Funktion im Beta-Stadium. Die Bearbeitung eines Fotos könnte damit nachweislich transparent gemacht werden. Die Informationen zum Bild können im Web direkt über einen Info-Button abgerufen werden.
Zusätzlich gibt es auch eine Webseite, um ein Bild hochzuladen und zu überprüfen. Im angezeigten Report sind nicht nur die einzelnen Bearbeitungsschritte dokumentiert, sondern auch frühere Versionen des Fotos sichtbar. Im Falle der Leica M11-P wäre auch das Originalbild, wie es aus der Kamera kommt, zu sehen. Es ist daher nicht möglich, ein Bild mit Content Credentials weiterzubearbeiten und als Originalbild auszugeben. Natürlich kann jedes Bild weiterbearbeitet und neu abgespeichert werden – aber dann hat es keine Credentials mehr.
Die Inhaltsurhebernachweise – so heissen die Content Credentials auf Deutsch – dienen nicht dazu, Fälschungen automatisch zu erkennen oder gar zu verhindern. Aber sie können die Echtheit eines umstrittenen Fotos, etwa aus einem Kriegsgebiet, belegen. Und auch, wer der Urheber ist. Denn der lässt sich ebenso verschlüsselt mit abspeichern. So kann etwa eine Fotografin beweisen, dass ein Originalbild von ihr stammt.
Breit abgestützt
Die Content Credentials sind nicht der erste Versuch eines Echtheitsbeweises. Bereits vor mehr als zehn Jahren hatten Kamerahersteller Methoden zur Verschlüsselung von Metadaten entwickelt. Sowohl das Canon Image Verification System als auch der Nikon Algorithm wurden jedoch geknackt.
Der jetzige Versuch scheint erfolgversprechender. Es handelt sich um einen offenen Standard, der breit abgestützt ist. Unter anderem arbeiten Adobe und Microsoft sowie die Chip-Hersteller Intel und Arm mit. Auch Bildagenturen und Medienhäuser sind mit an Bord.
David Lee
Senior Editor
David.Lee@digitecgalaxus.chDurch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.