Meinung
Hund, du kommst mir nicht ins Haus
von Martin Rupf
Dass ich keinen Hund als Haustier haben will, habe ich neulich geschrieben. Doch weil der Druck der restlichen Familie nicht kleiner wird, muss vielleicht ein Kompromiss her. Könnte Dogsharing ein solcher sein? Eine Hundepsychologin gibt Auskunft.
Vor rund zwei Wochen habe ich hier kundgetan, weshalb mir ein Hund nicht ins Haus kommt und welche Abwehrtaktiken bisher gefruchtet haben.
Die Kommentare der Community liessen nicht auf sich warten. Dabei gingen die Meinungen weit auseinander.
«Genau meine Ansicht. Es gibt einfach zu viele, noch dazu wird das Tier total vermenschlicht. Ich fass mir jedesmal an den Kopf, wenn ich sehe, wie jemand seinen Köter in der Handtasche oder auf den Händen trägt. Wie ein Spielzeug», schreibt etwa SwissTriggerHappy. «Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos», schreibt hingegen Anonymous in Anlehnung an Loriot und seine Möpse. Mamasliebling findet: «Bei mir gilt, dass ich mich eher von meiner Frau als von meinen Hunden trenne. Habe ich vor unserer Hochzeit klargestellt. Ihre Antwort: bevor ich mich von meiner Katze trenne, gehst du.»
Nun, ich befürchte, ich muss mich bald dem Wunsch und dem Druck der Familie beugen, die unbedingt einen Hund will. Wie so oft im Leben könnte auch hier ein Kompromiss die Lösung sein. Meine Familie präsentierte kürzlich eine neue Idee. So hatte es sich ergeben, dass eine befreundete Familie uns mitteilte, «dass mir gar nüme so mega de Plausch a oisem Pudel händ». Und so kam die Idee auf, ob wir uns «Juno» eventuell teilen wollen. Geteiltes Leid, halbes Leid quasi. Das hat sogar einen offiziellen Namen: Dogsharing. Bevor ich mich darauf einlasse, möchte ich aber von der Hundetrainerin und -psychologin Katrin Andres wissen, ob das für Hunde überhaupt gesund ist.
Als allererstes stellt sich die Frage, ob «Juno» selbst ein solches Aufgeteilt-Werden überhaupt goutieren würde. Oder anders gefragt: Darf man Hunde überhaupt auf zwei Familien aufteilen? Katrin Andres findet: «Grundsätzlich spricht gar nichts gegen Dogsharing.» Letztlich käme es auf den Charakter des Hundes an, ob und wie gut dieser mit zwei Familien auskomme. Insbesondere kommt es auf die Herkunft und die Lebensgeschichte eines Hundes an. «Gerade südländische Tierschutz-Hunde, die aus Tierheimen stammen, brauchen eine gewisse Zeit, um sich in ihrem neuen Zuhause einzuleben», erklärt Andres. Das könne gut und gerne mal ein halbes Jahr dauern. «In dieser Zeit macht es keinen Sinn, den Hund auf zwei Haushalte aufzuteilen.»
Generell könne man sagen, dass Hunde, wie etwa ein Schäferhund, die zur Verteidigung gezüchtet wurden, eher zu einer einzigen Bezugsperson tendieren. Sie eignen sich deshalb weniger für Dogsharing. «Klassische Familienhunde, die früher für die Jagd gezüchtet wurden, wie etwa Golden Retriever, sind es sich hingegen gewohnt, um viele Menschen zu sein und eignen sich besser für Dogsharing.»
Katrin Andres ist überzeugt, dass nicht nur Hundehalter, sondern auch Hunde selbst von Dogsharing profitieren können. «Dadurch erleben Hunde ein bis zwei Tage in der Woche mal etwas anderes.» Zudem sei es auch hilfreich, wenn der Hund sich an andere Bezugspersonen gewöhne. Denn es könne ja immer mal passieren, dass die Hauptbezugsperson ausfalle. «Auch der tageweise Aufenthalt in Hundepensionen kann für Hunde eine gute, abwechslungsreiche Sache sein. Denn gerade unsichere Hunde gucken in einer Gruppe von stärkeren Hunden gerne Dinge ab.» Andres plädiert aber dafür, dass die Hauptverantwortung auch beim Dogsharing bei einer Person bleiben sollte. «Jeder Hund braucht eine Hauptbezugsperson, die mit ihm arbeitet.»
Mist, hätte ich doch die Expertin besser nicht nach ihrer Meinung gefragt. Denn meine Hoffnung, sie würde die Idee des Dogsharings in Einzelteile zerlegen, hat sich leider nicht erfüllt. Und so werde ich die nächsten Jahre wohl mit der latenten Angst leben müssen, dass letztlich doch ein Hund bei uns einzieht. Und sich dann am Ende vielleicht sogar meiner ungeteilten Aufmerksamkeit erfreuen wird.
Titelbild: ShutterstockZweifachpapi, nein drittes Kind in der Familie, Pilzsammler und Fischer, Hardcore-Public-Viewer und Halb-Däne. Was mich interessiert: Das Leben - und zwar das reale, nicht das "Heile-Welt"-Hochglanz-Leben.