Produkttest
Dieses Schlafstirnband besteht aus 30 Franken Elektroschrott und etwas Fleece
von Kevin Hofer
Meine Frau ist auf der Suche nach Kopfhörern zum Einschlafen. Kürzlich hat sie es mit einem Schlafstirnband versucht. Das war eine Katastrophe, weshalb nun eine Schlafmaske an der Reihe ist.
«Am nächsten Morgen hatte sich der Sturm verzogen, aber die Decke in der grossen Halle war immer noch düster ...». Der Tausendsassa Stephen Fry lullt meine Frau mit Harry Potter in den Schlaf. Und ich? Ich liege nebendran und hoffe, dass sie endlich einschläft. Dann kann ich das Audiobuch abstellen und es ihr gleich tun. Zur Erinnerung: Unsere Kinder haben die Kopfhörer meiner Frau auf dem Gewissen, weshalb sie ihren Harry Potter über die Lautsprecher hört. Deshalb suchen wir nach Kopfhörern zum Einschlafen.
Das Stirnband, das sie letztes Mal probiert hat, war ein Desaster. Deshalb versucht sie es dieses Mal mit der Schlafmaske von Livoo.
«Mann, ist die flauschig», denke ich mir, als ich die Schlafmaske auspacke. Meine Frau meint: «Das Fleece-Material ist viel zu heiss im Sommer.» Stimmt, dasselbe haben wir bereits beim Schlafstirnband bemängelt und die Maske bedeckt noch mehr vom Kopf. Das fängt ja gut an. Als sich meine bessere Hälfte das Teil um den Kopf schnallt und gleich danach wieder abnimmt, kommt’s noch dicker: «Nein, das geht nicht. Ich kann die Maske nicht tragen, davon bekomme ich Platzangst.» Für sie ist der Test also bereits vorüber, bevor er richtig angefangen hat.
Schade, dann werden wir uns weiter nach einer Lösung für sie umsehen müssen. Da ich die Schlafmaske jetzt schon zuhause habe, teste sie halt selbst.
Auch ich fühle mich nicht wirklich wohl mit der Maske auf dem Gesicht – obschon sie wirklich flauschig ist. Das hängt damit zusammen, dass ich ungern etwas am Gesicht habe. Aus diesem Grund trage ich keine Brille, obwohl ich kurzsichtig bin. Kontaktlinsen sind mir lieber.
Bis auf ein wenig Lichteinfall unten dunkelt die Maske komplett ab. Ich könnte auch diese Lichtquelle eliminieren, indem ich sie etwas mehr nach unten ziehe. Dann hält sie aber nicht richtig. Sowieso verrutscht mir die Schlafmaske, wenn ich meinen Kopf auf dem Kissen drehe. Ich muss sie dann immer wieder zurechtrücken, was ich mühsam finde.
Immerhin drückt die Livoo nicht. Mit dem Klettverschluss kann ich sie unterschiedlich stark um meinen Kopf spannen. Die Hörer im Inneren kann ich verstellen, damit sie auf meine Ohren passen. Im Gegensatz zu den Hörern im Schlafstirnband verrutschen sie nicht. Auch besser als beim zuvor getesteten Modell geht das Aufladen des Akkus. Dank herausziehbarem Micro-USB-Kabel muss ich dazu nicht die ganze Elektronik herausnehmen. Zur Reinigung kann ich sie dennoch entfernen.
Die Kontrolleinheit befindet sich über der Nase. Drei Knöpfe stehen zur Verfügung, die unterschiedliche Funktionen haben. Die reichen vom Ein- und Ausschalten, über Lautstärke und Sound-Modi verstellen bis zum Entgegennehmen von Anrufen. Richtig gehört: Du kannst mit der Schlafmaske auch telefonieren. Das teste ich nicht, ich will mit dem Ding schliesslich schlafen und nicht tratschen. Zudem befindet sich eine Kontrollleuchte an der Einheit, die blinkt, wenn die Schlafmaske an ist. Das geht gar nicht, weil damit unser Schlafzimmer anstelle der Harry-Potter-Lesung zur Disco verkommt.
Einmal eingeschaltet, werde ich von einer monoton klingenden Frauenstimme begrüsst: «Power on. White noise.» Toll, ich schlafe schon fast. Danach folgt Weisses Rauschen, das beim Entspannen und Einschlafen helfen soll. Das erinnert mich an die Zeit nach der Geburt unseres ersten Sohnes. Den haben wir auch immer mit Weissem Rauschen in den Schlaf gelullt. Bei mir hat’s auch geklappt, meine Frau fand’s etwa so entspannend wie ich ihren Harry.
Neben dem Rauschen stehen weitere Sounds zur Verfügung – insgesamt zehn. Die reichen vom plätschernden Bach bis zu esoterisch angehauchter Musik. Bis zu acht Stunden kannst du dich davon berieseln lassen, bevor den Hörern der Saft ausgeht. Falls dir weder die Musik noch das Rauschen gefällt, kannst du die Schlafmaske auch per Bluetooth verbinden und deine eigene Musik oder einen Podcast hören.
Klanglich spielen die Hörer in der untersten Liga. Sie erinnern mich an meine billigen On-Ears, die ich in den Neunzigern hatte. Kein Volumen, ein Scheppern statt Bass sowie kaum vorhandene Mitten. Bei den hohen Frequenzen bluten mir die Ohren. Und dazu rauschen die Dinger ständig. Nein, es ist kein Vergnügen, mit der Schlafmaske Musik oder Podcasts zu hören. Wenn die Kopfhörer ohnehin rauschen, bleibe ich lieber bei der Soundoption «Weisses Rauschen». Da gehört das Rauschen zum Programm.
Hätte ich gewusst, dass meine Frau Platzangst von der Schlafmaske bekommt, hätte ich sie gar nicht erst bestellt. Sie kommt nicht infrage für sie.
Aber auch ich empfehle dir, die Finger von der Maske zu lassen – ausser du hast keine Ansprüche an Soundqualität und wälzt dich nicht im Bett. Zwar sitzt die Livoo Schlafmaske besser als das zuvor getestete Schlafstirnband, aber auch sie verrutscht mir, sobald ich meinen Kopf auf dem Kissen drehe. Von der Soundqualität spreche ich jetzt nicht mehr, respektive ich kann es nicht, da keine Qualität vorhanden ist.
Die Suche nach geeigneten Kopfhörern fürs Schlafen geht weiter. Mittlerweile vermute ich, dass kleine In-Ears am besten geeignet sind.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.