Microsoft Kunitsu-Gami: Path of the Goddess
Xbox Series X, Xbox Series S, Xbox One X, Xbox One S, Windows
Das Strategie-Action-Game «Kunitsu-Gami: Path of the Goddess» ist nicht perfekt. Aber dafür herrlich verrückt. Es fühlt sich an wie ein Geheimtipp aus der PS2-Ära. Ich liebe es.
Ich denke oft wehmütig an die «guten alten Zeiten» in der Gaming-Welt zurück. Speziell an die PS2-, Xbox- und Gamecube-Ära, in der sich auch riesige AAA-Studios zwischendurch an kleinere AA-Projekte gewagt haben. Spiele mit knappem Budget und geringem Umfang, die trotz offensichtlicher Einschränkungen verdammt viel Spass machen.
«Kunitsu-Gami: Path of the Goddess» erinnert mich an solches Games. Es ist eine Mischung aus Strategiespiel und Hack'n'Slash. Es fühlt sich an, wie ein geheimer Kult-Klassiker aus der PS2-Ära, der für moderne Konsolen neu aufgelegt wurde. Und ich liebe es. Die Welt braucht mehr Spiele wie «Kunitsu-Gami», verdammt!
«Kunitsu-Gami» ist eines dieser Spiele, deren Gameplay-Loop man nur schwer beschreiben kann. Nicht weil er sonderlich komplex, sondern weil er merkwürdig ist.
Grauenhafte Dämonen aus der japanischen Mythologie haben einen Berg und die darauf liegenden Dörfer befallen. Tagsüber wachsen pflanzenartige Organismen aus dem Boden und zerstören Natur und Siedlungen. Nachts veranstalten die Dämonen Chaos und greifen unschuldige Dorfbewohner an. Um die Monster loszuwerden, muss ich in der Rolle des Wächters Soh eine Göttin zum Fusse des Bergs begleiten. Die Reise zur Talstation ist in Dörfer aufgeteilt, die als kleine Levels fungieren.
Bevor nachts der Kampf gegen die Monster in einem Dorf losgeht, muss ich die Umgebung tagsüber zunächst säubern. Mit meinem magischen Schwert entferne ich den dämonischen Befall, der sich auf Häusern und in der Natur breitgemacht hat. Auch Dorfbewohner befreie ich mit meinem Katana aus ekelhaften Dämonen-Kokons. Igitt.
Für das Eliminieren des Befalls erhalte ich Kristalle. Diese verwende ich als Ressource, um meiner Göttin einen sicheren Pfad durch das befallene Dorf zu pflastern. Die gute Dame läuft nämlich nicht auf normalem Boden, tss. Das Ziel ist es, die heilige Maid zu einem befallenen Torii-Gate zu bringen, damit sie das Dorf mit ihren magischen Kräften komplett von den Dämonen säubern kann.
Das Problem an der ganzen Geschichte: Die Göttin läuft verdammt langsam und die Zeit schreitet unaufhaltsam voran. Bei Sonnenuntergang werden die verfluchten Torii-Gates aktiviert und allerlei Dämonen-Viecher kriechen aus magischen Portalen, mit dem Ziel, die Göttin zu töten. Die kann sich vor Schreck gar nicht mehr bewegen und bleibt stehen.
Als göttlicher Wächter metzle ich die Monster mit meinem Katana nieder und verteidige die Göttin. An meiner Seite kämpfen die Dorfbewohner, die ich tagsüber befreit habe. Mit den gesammelten magischen Kristallen verwandle ich sie in mächtige Kämpfer – vorausgesetzt, ich habe nicht alle Kristalle für den Pfad der Göttin verbraucht. Immerhin: Mit jedem erledigten Gegner füllt sich mein Kristall-Konto wieder auf.
Die Dorfbewohner steuere ich im Gegensatz zum Wächter Soh nicht direkt, sondern gebe ihnen Anweisungen. Das wilde Treiben auf dem Bildschirm kann ich jederzeit pausieren, um ihnen Befehle zu erteilen und meine Mini-Armee strategisch zu positionieren. Das Game spielt sich wie eine Mischung aus Tower-Defense und Hack'n'Slash. Eine merkwürdige Mixtur, die aber verdammt viel Spass macht und sich aufgrund ihrer schrägen Einzigartigkeit irgendwie nostalgisch anfühlt.
Während meine strategischen Optionen anfangs relativ beschränkt sind, eröffnen sich mit jeder gespielten Mission neue Fähigkeiten. Ich schalte ständig neue Klassen für meine Dorfbewohner frei. Meine Lieblinge: Der riesige Sumo-Kämpfer, der als Tank agiert und Feinde auf sich zieht, und der Asket, der Dämonen mit magischen Sprüchen langsamer macht.
Die Klassen levle ich mit erspielten Ressourcen hoch und schalte neue Skills für sie frei. Zudem erhalte ich nach rund der Hälfte des Spiels auch die Möglichkeit, meinen Charakter mit neuen Fähigkeiten auszurüsten. Der Wächter lernt neue Kampfstile, Kombos und sogar Fernkampfangriffe. Hinzu kommen immer wieder neue ausrüstbare Gegenstände, mit denen ich Spezialattacken auslöse oder von passiven Fähigkeiten profitiere.
Kurzum: Die strategische Tiefe im Tower-Defense-Kampf und im Hack'n'Slash-Gameplay steigt im Verlauf des Spiels exponentiell an, ohne mich zu überfordern.
Auch die Komplexität der Levels eskaliert gehörig. Gibt es am Anfang nur einen Pfad zu einem Tor, bestehen spätere Levels aus mehreren Abschnitten und mehreren verfluchten Torii-Gates, aus denen meine Göttin angegriffen wird. Auch die cool inszenierten Bosskämpfe halten mich auf Trab. Immer wieder sterbe entweder ich oder die Maid. Frustriert bin ich deswegen nicht, im Gegenteil. Dank des flexiblen Upgrade-Systems kann ich erspielte Fähigkeiten jederzeit zurückziehen, meine Punkte in neue Skills investieren und es nochmals versuchen. Toll!
Ebenfalls gelungen ist die Tatsache, dass ich auch zwischen den Schlachten gehörig zu tun habe. Die befreiten Dörfer muss ich mit den Dorfbewohnern wieder aufbauen. Das kostet meist Zeit, die nur durch das erfolgreiche Abschliessen eines Levels vergeht. So mache ich stetig kleine Fortschritte und freue mich über die wachsenden Dörfer. Belohnt werde ich für die Reparaturen mit wertvollen Ressourcen für permanente Upgrades.
Etwas frustrierend ist die Tatsache, dass das Game bisweilen in einem riesigen Chaos ausartet und ich oft den Überblick verliere. So viele Gegner, so viele Dorfbewohner und so viele Effekte. Da hilft auch das taktische Pausieren nicht, ebenso wenig wie die Übersichtskarte. Die ist mit kryptischen Symbolen und einer miserablen Bedienung nahezu unbrauchbar.
Grafisch punktet «Kunitsu-Gami» mit einem tollen Artstyle. Die bunten Dämonen und Effekte erzeugen eine fast schon psychedelische Atmosphäre. Ich fühle mich wie auf einem Drogentrip durch die japanische Mythologie. Der toll umgesetzte Tilt-Shift-Effekt lässt das Geschehen zudem aussehen wie in einem Miniatur-Diorama. Die Häuser und Objekte im Spiel wurden übrigens zunächst als echte Miniaturen angefertigt und dann 3D-gescannt. Geil!
Technisch ist das Spiel solide, mehr nicht. Auf der PS5 läuft es flüssig, bietet dafür verwaschene Texturen und kantige Charaktermodelle. Die Animationen und Cutscenes sehen teilweise etwas unbeholfen aus. Aber ganz ehrlich: Diese nicht ganz perfekte Grafik macht auch den Charme eines solchen Spiels aus. «Kunitsu-Gami» ist eben kein hochpoliertes AAA-Spiel, sondern ein kleines Projekt, das Publisher Capcom nebenbei freigegeben hat. Und dafür bin ich dem Unternehmen dankbar. Es braucht unbedingt mehr solcher experimenteller Titel in einer Welt voller teurer, generischer und immer gleicher AAA-Spiele.
«Kunitsu-Gami: Path of the Goddess» ist erhältlich für PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S (Game Pass) und PC.
Ich liebe «Kunitsu-Gami: Path of the Goddess». Das Game fühlt sich an wie ein Kult-Klassiker aus der PS2-Ära. Die spannende Mixtur aus Tower-Defense und Hack'n'Slash macht verdammt viel Spass und wird mit zunehmendem Spielverlauf immer besser. Bisweilen artet das Kampfgeschehen in ein zu grosses Chaos aus. Grafisch macht das Spiel einen soliden, wenn auch unspektakulären Eindruck.
In einer Welt voller riesiger, hochpolierter und generischer AAA-Games fühlt sich «Kunitsu-Gami» an wie eine frische Brise aus einer simpleren Gaming-Vergangenheit. Ich will mehr so kleine, experimentelle und verrückte Games von grossen Publishern sehen.
Pro
Contra
Microsoft Kunitsu-Gami: Path of the Goddess
Xbox Series X, Xbox Series S, Xbox One X, Xbox One S, Windows
Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.