
Microsoft Xbox Avowed Standard Edition Download Code
Das neue Fantasy-Rollenspiel von Entwicklerstudio Obsidian fühlt sich an wie ein Relikt aus vergangenen Bethesda-Zeiten. Statt Neues zu wagen, optimiert «Avowed» die altbewährte Action-RPG-Formel. Und das ist gut so.
«Avowed» ist ein spielbares Déjà-vu. Mit dem Game fühle ich mich an zahlreiche Abenteuer erinnert, die ich in klassischen Action-Rollenspielserien wie «The Elder Scrolls» erlebt habe.
Dies einerseits aus optischen Gründen. Das ähnliche Fantasy-Setting, die steifen Gesichtsanimationen und die Möglichkeit, zwischen Egoperspektive und Third-Person-Kamera zu wechseln, wecken nostalgische Gefühle. Aber auch spielerisch lassen sich Parallelen zu Klassikern wie «Skyrim» ziehen – unter anderem im Kampfsystem und im entscheidungsbasierten Missionsdesign.
«Avowed» macht nichts bemerkenswert Neues, sondern baut auf dem bewährten und von Bethesda inspirierten Action-RPG-Fundament des Entwicklerstudios Obsidian auf. Und das ist voll okay – manchmal muss ein Spiel das Rad nicht neu erfinden, sondern es nur ein bisschen runder, schöner und kompakter machen.
In der traumhaft schönen Fantasy-Welt von «Avowed» wütet eine gravierende Krankheit, die sowohl das Land als auch deren Bewohner zerstört. Jeder, der mit dem sogenannten «Dreamscourge» infiziert wird, verwandelt sich in einen hirnlosen Pilz-Zombie – «The Last of Us» lässt grüssen.
Ich übernehme die Rolle eines «Godlikes». Das sind Menschen, die vor der Geburt von einem Gott «berührt» wurden. Die Konsequenz dieses pränatalen göttlichen Kontakts: pflanzenartige Gewächse im Gesicht und mächtige magische Fähigkeiten.
Mein Godlike wird vom Aedyrischen Imperium – dem grössten Reich in der Welt von «Avowed» – auf eine Insel geschickt, auf der die Dreamscourge-Krankheit ihren Ursprung hat. Mein Ziel: Die Quelle der Seuche finden und versiegeln.
Das Storytelling lässt insgesamt zu wünschen übrig. Die Geschichte kommt nur langsam in Fahrt und bietet nie genug Dringlichkeit, um Spannung aufkommen zu lassen. Emotionen kommen in Gesprächen mit NPCs kaum hoch – schuld daran sind die steifen Gesichtsanimationen. «Echte» Cutscenes sind spärlich verteilt und unspektakulär inszeniert – einige gibt es sogar nur in Form von statischen Artworks.
Ebenfalls problematisch: Viele wichtige Informationen über die Spielwelt werden nicht organisch mit der Story vermittelt. Stattdessen werden sie in herumliegende Bücher, Notizen oder in das In-Game-Lexikon ausgelagert. Das ist anstrengend.
«Avowed» spielt in der Welt von Obsidians «Pillars of Eternity»-Spielreihe. Kennst du dich mit der Lore nicht aus, werden dir einige Gespräche vorkommen, als würden die Charaktere eine fremde Sprache sprechen. In Anbetracht der Tatsache, dass das Game primär als eigenständiges Erlebnis vermarktet wird, hätte ich mir hier einen ausgereifteren Ansatz im Worldbuilding und Storytelling gewünscht. So habe ich während des Spielens immer das Gefühl, etwas verpasst oder nicht verstanden zu haben.
Trotz holprigem Storytelling und zu knapp erklärter Lore hat mich die Spielwelt von «Avowed» in ihren Bann gezogen. Das liegt vor allem am hervorragenden Leveldesign, das sowohl visuell als auch spielerisch zu überzeugen vermag.
Im Gegensatz zu vergleichbaren Action-RPGs wie «Skyrim» bietet das Game keine grosse, zusammenhängende Open World. Stattdessen schickt mich «Avowed» während meines rund 24-stündigen Abenteuers in fünf kleinere Spielgebiete, die ich frei erkunden kann. Dies mache ich wahlweise in einer Egoperspektive oder mit einer Third-Person-Kamera. Möchtest du wirklich alles in diesen fünf Zonen sehen, kannst du schätzungsweise weitere 20 Stunden hinzurechnen.
Es ist erfrischend, mal wieder ein Spiel zu erleben, das nicht blind dem Credo «grösser ist besser» folgt. In den Mini-Welten gibt es so gut wie keinen Leerlauf, alles ist nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Renne ich von einer Mission zur nächsten, werde ich alle paar Meter von Gegnern, spannenden Ruinen oder versteckten Schatztruhen überrascht. Die übertriebene Kompaktheit macht die Spielwelt zwar etwas unglaubwürdig, dafür aber umso spassiger zu erkunden.
Das Reisen durch die kompakten Gebiete macht auch aufgrund der erstaunlich dynamischen Steuerung viel Spass. Meine Spielfigur sprintet und hüpft durch die Gegend, als würde er in seiner Freizeit Parkour-Videos produzieren. In diesem Punkt unterscheidet sich «Avowed» stark von der steifen Steuerung vergleichbarer Rollenspiele.
Eine weitere willkommene Quality-of-Life-Verbesserung: Ich muss mir keine Sorgen machen, zu viel Gewicht herumzutragen. Jeglichen gefundenen Loot kann ich per Knopfdruck in mein Lager beamen und so loswerden.
Gefallen hat mir auch die Abwechslung, die mir die verschiedenen Zonen bieten. Egal, ob Wüstenlandschaft oder Dschungel – die Welt von «Avowed» sieht mit ihren kräftigen Farben und leuchtenden Pilzgewächsen traumhaft schön aus.
Bei der Flora und Fauna trumpft «Avowed» mit einigen kreativen Überraschungen auf. Aus ähnlichen Games bekannte Fantasy-Tropes wie riesige Spinnen und Oger finde ich aber auch zu genüge.
Technisch ist die Welt nicht einwandfrei umgesetzt. Lange Ladezeiten beim Schnellreisen, Ruckler beim schnellen Durchqueren der Spielwelt und Bugs wie fehlende Sprachausgaben sind mir immer wieder begegnet. Während einer Mission muss ich sogar einen alten Spielstand laden, weil ein Dialog nicht korrekt getriggert wird.
So kaputt wie ein Bethesda-Spiel zum Launch ist «Avowed» aber zum Glück nicht. Und ich muss zugeben... Irgendwie geben mir die gelegentlichen Glitches und Bugs auch ein nostalgisches Gefühl.
Um gegen all die infizierten Viecher, Banditen und Soldaten zu bestehen, stehen mir diverse Waffen und magische Fähigkeiten zur Verfügung. Meinen Kampfstil baue ich in vier Fertigkeitsbäumen und zusätzlichen Charakterattributen wie Intelligenz, Stärke und Geschicklichkeit aus. Auch meine Waffen und Ausrüstung kann ich aufwerten und mit neuen Fähigkeiten versehen. Mit der Zeit entwickle ich einen massgeschneiderten Build, der perfekt auf meinen Spielstil abgestimmt ist.
Im Spielverlauf schalte ich zudem vier Begleiter frei – zwei davon können mich jeweils gleichzeitig auf meinen Abenteuern begleiten. Die sind im Kampf ebenfalls ziemlich nützlich – auch wenn sie sich bisweilen verdammt dumm anstellen und wie Leeroy Jenkins in Richtung Gegner losstürmen, statt koordiniert anzugreifen.
Auch das Kampfsystem erinnert in seinen Grundzügen an Klassiker wie «Sykrim». Die Scharmützel in «Avowed» unterscheiden sich aber in einem wichtigen Punkt von vielen anderen Fantasy-Spielen: Es gibt nicht nur Schwerter, Pfeilbögen und Magie, sondern auch Knarren.
Logisch also, habe ich die Fähigkeiten meines Charakters auf mächtige Wummen optimiert. Meist spiele ich mit einer Arkebuse. Diese richtet mit einem Schuss unglaublich viel Schaden an, dafür dauert das Nachladen ziemlich lange.
Während ich neue Patronen in das tödliche Gerät schiebe, verteile ich mit einem radialen Pop-Up-Menü Befehle an meine Begleiter. Sie halten Gegner mit magischen Ranken fest, greifen sie mit Spezialattacken an oder heilen mich.
Dann bin ich wieder dran. Lade ich meinen Schuss beim Zielen auf, verlangsamt sich die Zeit und ich richte noch mehr Schaden an. Habe ich einen Gegner oft genug mit Schüssen penetriert, wird er für kurze Zeit betäubt und ich setze zu einem unglaublich mächtigen und befriedigenden Super-Angriff an. Boom, Headshot!
Mein Charakter kann aber nicht nur ballern, sondern auch zaubern. Zwischendurch friere ich Gegner mit meinen magischen Sprüchen ein oder beschwöre einen Bären herbei, der auf dem Schlachtfeld wütet. Auf defensive Ausrüstung verzichte ich komplett – stattdessen weiche ich gegnerischen Angriffen elegant mit Dashes aus. Mein Spielstil fühlt sich wie ein choreografierter Tanz der Zerstörung an, der eine Schneise der Verwüstung hinterlässt. So schön kann Gewalt sein.
Ebenfalls an die guten alten Action-RPG-Zeiten erinnern mich die idiotischen Gegner, die sich bisweilen noch unbeholfener anstellen als meine Begleiter. Die meisten Feinde stehen nur blöd rum oder greifen ohne Kompromiss und ohne Strategie an.
Gross gestört hat mich das nicht, schliesslich werden die Kämpfe im späteren Spielverlauf trotz hohlen Feinden herausfordernd genug. Dies vor allem aufgrund der eskalierenden Anzahl an Gegnern, die gleichzeitig angreifen.
Ein wohlig nostalgisches Gefühl löst auch das Missionsdesign aus. Das Game gibt mir bei vielen Quests zu verstehen, dass meine Entscheidungen oder Antworten gravierende Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Story haben können.
Bei vielen Hauptquests kann ich mich wie ein richtiges Arschloch verhalten. Das hat allerdings Konsequenzen: Entscheide ich «falsch», können Charaktere sterben, ich kann von ganzen Questlines ausgeschlossen werden oder auch wichtige magische Fähigkeiten verpassen.
Die Qualität der Sidequests variiert. Komme ich in eine neue Siedlung, werde ich von Wildfremden angesprochen, für die ich irgendwas erledigen soll. Alternativ suche ich mir Kopfgeldaufträge, um schnell viel Geld zu verdienen. Auch meine Begleiter kommen in unserem Lager ab und zu mit Anfragen auf mich zu. Einige dieser Nebenmissionen eskalieren in epische Geschichten, andere enden antiklimaktisch.
Das ist mir aber egal, denn selbst die lahmste Nebenmission macht dank der traumhaften Fantasy-Welt und dem befriedigenden Kampfsystem verdammt viel Spass.
«Avowed» ist ab dem 18. Februar für Xbox Series X/S und PC sowie im Game Pass erhältlich. Das Spiel wurde mir von Microsoft für die Xbox Series X zur Verfügung gestellt.
«Avowed» erfindet das Action-RPG-Rad nicht neu, sondern macht es lediglich runder, schöner – und kompakter. Das Game fühlt sich an wie eine warme, kuschelige Decke, unter der ich mich an einem kalten Tag aufwärme und an die guten, alten Zeiten denke.
Wenn du klassische Bethesda-RPGs wie «The Elder Scrolls» und «Fallout» magst, oder die vergangenen Werke von Obsidian gut findest, wirst du auch an «Avowed» Gefallen finden. Eine komplett neue Spielerfahrung, die dich aus den Socken haut, solltest du aber nicht erwarten.
Die schnellen und herrlich chaotischen Kämpfe machen dank zahlreicher Upgrade-Optionen und der hohen Flexibilität beim Erstellen massgeschneiderter Builds viel Spass. Ebenfalls gelungen sind die kompakten offenen Spielwelten, die wenig Leerlauf, dafür viel Inhalt auf kleiner Fläche bieten. Da verzeihe ich dem Spiel auch das bisweilen holprige Storytelling und die technischen Probleme.
Pro
Contra
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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.