Kritik
«Like a Dragon: Infinite Wealth» hat keine Angst davor, ein albernes Game zu sein
von Domagoj Belancic
Sega verknüpft bei «Like a Dragon: Infinite Wealth» essenzielle Inhalte mit kostenpflichtigen Deluxe-Upgrades. Damit ist der Publisher nicht alleine. Das nervt.
Neben Battlepasses und Lootboxen sind Deluxe-Editionen etwas vom Nervigsten, was es in der Gaming-Welt gibt. Unterschiedlich teure Editionen eines Games zu veröffentlichen, mag für Publisher lukrativ sein. Für Gaming-Fans ist es ein grosses Ärgernis.
Aktuell regen sich die «Like a Dragon»-Community über die fragwürdige Veröffentlichungstaktik von Publisher Sega auf. Das ist schade, denn das Game an sich ist hervorragend.
Sega veröffentlicht «Infinite Wealth» in drei Editionen: Standard (70 Franken oder Euro), Deluxe (85 Franken oder Euro) und Ultimate (110 Franken oder Euro). An sich ist das nichts Spezielles – vielleicht bis auf den exorbitanten Preis der Ultimate-Edition.
Was jedoch aussergewöhnlich ist: Sega bindet den New-Game-Plus-Modus an die teurere Deluxe-Variante. Dieser Spielmodus ist für viele «Like a Dragon»-Fans eine Selbstverständlichkeit und gehört einfach zum Spiel dazu. Aber es kommt noch schlimmer: Xbox- und PC-Spieler können mit der Standard-Version nicht alle Achievements freischalten, weil einige davon an den New-Game-Plus-Modus gebunden sind. Autsch.
Auch wenn mir New Game Plus persönlich ziemlich egal ist, finde ich es beunruhigend, dass essenzielle Inhalte aus dem Basisspiel gerissen und in teurere Versionen gepackt werden. Heute ist es New Game Plus. Morgen legen wir vielleicht für das «richtige Ende» des nächsten «Like a Dragon»-Games drauf. Aber das sind bei weitem nicht die einzigen Bedenken, die ich bei den ganzen Deluxe- und Ultimate-Editionen habe.
In der teuersten Ultimate-Version von «Infinite Wealth» sind Items enthalten, die den Spielfluss in zwei grossen Nebenaktivitäten markant beschleunigen. So muss ich weniger Zeit mit dem Spiel verbringen und komme schneller zum Ende. Das ist eine weitere Unart, die mich an vielen Deluxe-Upgrades extrem nervt.
Auch andere Publisher haben mit ähnlichen Items für Diskussionen gesorgt. In «Borderlands 3» und «Assassin's Creed Odyssey» gab es in der Deluxe-Version XP-Booster, mit denen der Spielcharakter schneller levelt. «Spider-Man 2» verteilte in der teureren Edition Skill-Punkte für den Superhelden. Das macht doch keinen Sinn. Wie absurd ist es denn bitte, einen DLC anzubieten, mit dessen Hilfe ich weniger Zeit mit einem Spiel verbringen muss? Der Weg sollte doch das Ziel sein.
Ein weiterer beliebter Bonus für Deluxe-Upgrades sind frühere Veröffentlichungszeitpunkte. Hast du letztes Jahr beispielsweise für «Hogwart's Legacy», «Baldur's Gate III» oder «Starfield» mehr Geld ausgegeben, konntest du die Games einige Tage vor dem gemeinen Pöbel spielen. Das ist für Spielerinnen und Spieler der Standard-Editionen nicht nur ärgerlich, sondern sorgt auch dafür, dass schon vor dem offiziellen Launch massive Spoiler im Netz kursieren – so geschehen beim erstgenannten Beispiel.
Abgesehen davon, dass mich die Inhalte von Deluxe-Versionen zur Weissglut treiben, bin ich auch allergisch auf die Art und Weise, wie diese kommuniziert werden. Schau dir mal die Upgrade-Grafik von «Infinite Wealth» an:
Abgesehen davon, dass die Übersicht grafisch eine Katastrophe ist, ist sie bewusst vage gehalten. So kann ich mir nicht sicher sein, was für zusätzliche Inhalte ich tatsächlich bekomme. Was sind die «Special Booster» in der Ultimate-Edition? Keine Ahnung, aber es hört sich gut an. Welche «neuen Outfits» sind enthalten und was ist eigentlich der «Bonus Dungeon»? Ich weiss es nicht, aber es hört sich nach viel an. Da muss ich doch zur Ultimate-Edition greifen, sonst verpasse ich womöglich was.
Die Upgrade-Grafik zu «Infinite Wealth» ist aber immerhin noch relativ übersichtlich. Schau dir mal diese Monstrosität an, die Publisher 505 Games für den Launch von «Control» vorbereitet hat:
Es ist die wahrscheinlich schlimmste Upgrade-Tabelle, die mir bisher über den Weg gelaufen ist. Besonders bitter: Oben abgebildet ist nur die PS4-Version der Übersicht. Es existiert nochmal eine separate Variante für Xbox-Plattformen. Unglaublich.
Ich will vor dem Kauf eines Games keine Excel-Tabelle studieren und Begleitartikel lesen, die mir die Inhalte im Detail erklären. Games sind Kunstwerke, die man nicht in kleine Teile zerstückeln sollte. Ich will das ganze Game spielen, ohne das Gefühl zu haben etwas zu verpassen, nur weil ich nicht die richtige Version gekauft habe. Ich will aber auch nicht 110 Franken für die Katze im Sack eine Ultimate-Edition ausgeben, nur damit ich auf Nummer sicher gehe.
So, genug gerantet. Ich bin ja nicht komplett gegen Deluxe-Versionen. Wenn mir teurere Editionen coole Inhalte geben, die mir als grossen Fan einen echten Mehrwert geben, bin ich dabei. Ich rede von digitalen Artbooks, zusätzlichen Soundtracks, Making-ofs, und so weiter. Ja, sogar kosmetische Items finde ich okay. Auch physische Deluxe-Versionen kaufe ich gerne. Wenn ich für die teurere Edition ein schickes Steelbook, physische Artbooks oder weitere Goodies bekomme, zahle ich gerne mehr.
Aber wenn Publisher essenzielle Spielinhalte hinter eine Paywall stecken, DLCs anbieten, die den Spielfluss ändern oder extra verwirrende Upgrade-Informationen veröffentlichen, bin ich raus. Wie siehst du das?
Titelbild: SegaMeine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.