Hintergrund
«De Bubi isch jetzt bi de Stärnli…»
von Patrick Vogt
Unsere Katzenkinderplanung war nach zwei Würfen abgeschlossen. Für unsere Tochter haben wir es doch nochmals darauf ankommen lassen. Dass sie das Wunder der Katzengeburt dann gleich so hautnah miterleben darf, damit haben wir nicht gerechnet.
Kennst du die Crazy Cat Lady von den Simpsons? In 20, 30 Jahren werde ich wahrscheinlich auch so sein. Seit ich denken kann, bin ich immer von Katzen umgeben, abgesehen von ein paar wenigen Unterbrüchen. Die Liebe zu diesen anmutigen und eigensinnigen Tieren wurde mir quasi in die Wiege gelegt.
Gleich selbst in die Wiege unserer Tochter gelegt hatte sich Clyde. «Bubi», wie sie ihn stets nannte, seit sie sprechen konnte, war seit ihrer Geburt 2019 ihr steter und treuer Begleiter. Bis ihn ein Auto aus dem Leben riss.
So musste Zoe schon früh Bekanntschaft mit dem Tod eines geliebten Wesens machen. Auf der anderen Seite der Skala durfte sie 2023 bei unserem Brutversuch zu Hause miterleben, wie Leben entsteht. Sie war fasziniert und begeistert. Um ihr dasselbe bei einem Säugetier zu ermöglichen, haben wir Mira, die jüngste unserer vier Katzen, bewusst noch nicht kastrieren lassen.
Wären nur meine Frau und ich, hätten wir es nicht ein weiteres Mal auf eigene Katzenbabys abgesehen. Wir waren schliesslich schon dabei gewesen, als Bonnie, die Schwester von Clyde selig, vier gesunde Kitten zur Welt brachte. Sogar zweimal. Innerhalb eines halben Jahres.
Inzwischen ist Bonnie kastriert, genauso wie ihre beiden Töchter, die bei uns geblieben sind. Klar ist es wunderschön und ein Heidenspass, Katzenbabys zu Hause zu haben. Es ist aber eben auch sehr aufwändig, wenn sich der Katzenbestand von einem auf den anderen Tag verdoppelt. Vor allem, wenn die Kleinen nach ein paar Wochen Muttermilch richtiges Futter brauchen.
Dazu kommt, dass Katzenbabys emotional sehr aufwühlend sind. Die unzähligen Glücksmomente vermischen sich spätestens dann mit Wut und Schmerz, wenn dir die kleinen Scheisser beispielsweise mit ihren messerscharfen und nadelartigen Krällchen die nackten Beinen hochklettern, während du ihnen in der Küche das Futter bereit machst. In solchen Momenten bist du froh, wenn du schon ein gutes Plätzchen für sie gefunden hast. Nur um spätestens bei der Übergabe zu realisieren, wie liebgewonnen du sie trotz allem hast. Dann kommt auch noch Trauer in Form von Abschiedsschmerz dazu. Ja, ich bin eine zarte Seele. Nur unserer Tochter zuliebe mache ich dieses Wechselbad der Gefühle nochmals durch.
Womit wir wieder bei Mira sind, unserer einzigen (noch) nicht kastrierten Katze. Eigentlich warf sie ja schon letztes Jahr vor unseren Augen. Leider kamen alle drei Babys tot zur Welt. Es hat uns das Herz zerrissen. «Der Bubi passt jetzt bei den Sternen auf sie auf und spielt mit ihnen», sagte Zoe tröstend, als wir die Kleinen tags darauf im Garten vergruben und drei Ballons für sie steigen liessen. Wie weit sie doch schon ist, dachte ich mir und wischte mir die Tränen weg … um Platz für neue zu machen.
Seit diesem traurigen Erlebnis ist einige Zeit vergangen. Auch wenn eine Narbe bleibt, so haben wir uns doch davon erholt. Auch Mira. Das wird uns spätestens bewusst, als sie die Nächte immer öfter draussen verbringt und miaut und maunzt, wie es nur rollige Katzen tun. Als sie ein paar Wochen später immer runder wird, wissen wir, dass es wieder eingeschlagen hat. Wir freuen uns riesig. Gleichzeitig meldet sich die Sorge zu Wort: Was, wenn es auch dieses Mal nicht klappt?
An einem Juniabend spüren wir, dass es bald so weit sein wird. Mira ist nervös, läuft hin und her, sucht unsere Nähe und möchte gleichzeitig nach draussen gehen. Sie interessiert sich auffallend für den Boden von Zoes Kleiderschrank. Will sie ihre Jungen dort zur Welt bringen? Ich lege ihr für alle Fälle ein Frotteetuch hinein. Als wir ins Bett gehen, kommt sie zu uns ins Schlafzimmer – so viel zum Schrank. Mira legt sich zu uns aufs Bett, bleibt aber unstet, wechselt immer den Platz und leckt sich die Genitalien. Ein Zeichen dafür, dass es nicht mehr lange dauern kann.
Beim Versuch, wach zu bleiben, schrecke ich frühmorgens aus dem Schlaf. Wir haben nichts verpasst, Miras Situation ist unverändert: hinlegen, woanders platzieren, lecken, ab und zu ein Miauen. Dann bahnt sie sich den Weg zu Zoes Kopfkissen und legt sich dort hin. Weil Zoes Kopf nunmal auch drauf liegt, hole ich ein Tuch und platziere Mira am Fussende. Sie scheint aber wild entschlossen, auf Zoes Kissen zu gebären, denn sie geht sofort wieder dorthin. Na dann, Zoe ist inzwischen sowieso wach.
Und so ist Zoe von Anfang an mit dabei: bei Miras Wehen, die immer schneller kommen und beim Platzen der Fruchtblase. Alles auf ihrem Kopfkissen versteht sich.
Um etwa 5.30 Uhr ist es so weit, das erste Baby erblickt das Licht der Welt. Ich muss etwas nachhelfen, weil es in der Rückenlage kommt, also nicht mit dem Kopf voran. Alles ist gut, das Baby lebt. Mira leckt es ausgiebig sauber und macht sich anschliessend über die Nachgeburt her. Es gibt schönere Anblicke und vor allem Geräusche, aber das gehört nunmal auch dazu.
Bis Miras zweites Baby zur Welt kommt, vergehen mehr als sieben Stunden. Wir warten besorgt, obwohl wir wissen, dass solche langen Pausen zwischen den einzelnen Geburten bei Katzen nicht unüblich sind. Das hat uns der Tierarzt bei Miras erstem Wurf, der sich ebenfalls lange hinzog, erklärt. Das dritte und letzte Katzenbaby kommt dann eine halbe Stunde nach dem zweiten, also verhältnismässig schnell. Bei beiden sind meine Frau und ich wieder Hebamme wegen der Rückenlage.
Drei gesunde Katzenbabys! Wir sind überwältigt vor Freude, unendlich erleichtert und komplett erschöpft, allen voran Mama Mira. Und Zoe hat das Wunder der Katzengeburt noch viel näher miterleben dürfen, als wir es uns erhofft haben. Ein unvergessliches Erlebnis.
Weil sich Mira unser Schlafzimmer als Geburtsstätte ausgesucht hat, haben wir ihr und ihrem Nachwuchs dort auch gleich ein gemütliches Plätzchen eingerichtet. Mira kümmert sich hingebungsvoll um die Kleinen und säugt sie regelmässig, sodass sie prächtig gedeihen.
Momentan können wir den Babys förmlich zuschauen beim Wachsen. Wie das bei Katzen nach etwa zwei Wochen der Fall ist, haben sie mittlerweile die Augen geöffnet. Sie fangen auf ihren wackeligen Beinchen an, ihre Umgebung zu erkunden.
Wir geniessen diese ruhige und ausschliesslich süsse Katzenbaby-Phase in vollen Zügen. Denn schon bald ist sie vorbei und dann tanzen sie uns auf der Nase herum, wollen fressen und mir die Beine hochklettern. Ich schreibe dir, wenn es so weit ist.
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Ich bin Vollblut-Papi und -Ehemann, Teilzeit-Nerd und -Hühnerbauer, Katzenbändiger und Tierliebhaber. Ich wüsste gerne alles und weiss doch nichts. Können tue ich noch viel weniger, dafür lerne ich täglich etwas Neues dazu. Was mir liegt, ist der Umgang mit Worten, gesprochen und geschrieben. Und das darf ich hier unter Beweis stellen.