Wie viel muss ein Smartphone kosten? Das Nokia G42 ist so solid wie früher
Produkttest

Wie viel muss ein Smartphone kosten? Das Nokia G42 ist so solid wie früher

Lorenz Keller
21-7-2023

Nokia setzt beim neuen G42 auf lange Akkulaufzeit, solide Basis und Selbstreparatur. Für deutlich unter 300 Franken. Reicht das für den Handy-Alltag?

Viele günstige Smartphones sind auf Hochglanz poliert: Sie wirken auf den ersten Blick viel edler und hochwertiger, als sie es tatsächlich sind. Der finnische Hersteller HMD Global, der die Nokia-Handys produziert, geht mit dem neuen G42 einen anderen Weg.

Nokia verspricht trotz schmalem Budget in drei Bereichen überdurchschnittliche Leistungen: Nachhaltigkeit, Kamera und Akku. Das will ich im Test genau anschauen.

Das G42 wurde übrigens erst Anfang Juli angekündigt und ist nun bereits erhältlich.

Nokia G42 5G (128 GB, Grey, 6.56", Dual SIM, 50 Mpx, 5G)
Smartphone
EUR198,99

Nokia G42 5G

128 GB, Grey, 6.56", Dual SIM, 50 Mpx, 5G

Nokia G42 5G (128 GB, Purple, 6.56", Dual SIM, 50 Mpx, 5G)
Smartphone

Nokia G42 5G

128 GB, Purple, 6.56", Dual SIM, 50 Mpx, 5G

Versprechen Nachhaltigkeit: fast zu 100 Prozent eingehalten

Wir haben vom Hersteller die auffälligere der zwei Farben erhalten. Die violette Rückseite ist ein Hingucker, aber leider auch anfällig auf Fingerabdrücke. Eingepackt ist das Smartphone dagegen nicht in eine Hochglanzverpackung, sondern in einen schlichten braunen Recycling-Karton.

Das G42 kommt im schlichten Karton – ohne Ladegerät.
Das G42 kommt im schlichten Karton – ohne Ladegerät.
Quelle: Lorenz Keller

Die schillernde Rückseite aus Kunststoff besteht ebenfalls zu 65 Prozent aus recyceltem Material. Damit schlägt Nokia gleich drei Fliegen mit einer Klappe: Da beim G42 nur die Front aus Glas besteht, ist es weniger anfällig bei Stürzen. Das Recycling-Material unterstützt die Nachhaltigkeits-Bemühungen von HMD Global. Und die Plastik-Rückseite lässt sich für eine Reparatur auch einfach abnehmen.

Beim G42 arbeitet Nokia nämlich erstmals mit den Reparaturspezialisten von iFixit zusammen. Auf deren Website kannst du Reparatur-Kits kaufen und findest Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Das Ziel: Akku, Display, USB-C-Ladeanschluss und Rückabdeckung kannst du selber wechseln – zu Preisen von 25 bis 55 Franken. Das werde ich auch noch ausprobieren, aber zu einem späteren Zeitpunkt.

Neben Recycling-Materialien, robuster Bauweise und Reparatur-Möglichkeit gibt’s noch einen vierten Bereich, der zur Nachhaltigkeit beiträgt. Wenn du ein Smartphone möglichst lange nutzen willst, braucht es regelmässig Updates. Gerade bei Handys unter 300 Franken ist das bislang oft nicht garantiert.

Die Rückseite ist aus Recyling-Kunststoff und mit passendem Werkzeug leicht abnehmbar.
Die Rückseite ist aus Recyling-Kunststoff und mit passendem Werkzeug leicht abnehmbar.
Quelle: Lorenz Keller

Das G42 bekommt drei Jahre lang Sicherheitsupdates und zwei Jahre neue Android-Versionen. Da es mit Android 13 ausgeliefert sind, werden also auch noch Android 14 und Android 15 verfügbar sein. Das ist besser als nichts – aber im Interesse der Nachhaltigkeit wäre ein Jahr mehr noch besser gewesen. Vielleicht würde dafür der eher schwache Prozessor aber nicht ausreichen – dazu kommen wir noch.

Insgesamt hält Nokia das Versprechen aber: Das G42 soll ein Telefon sein, das du möglichst lang im Einsatz haben kannst. Soweit das im Rahmen eines günstigen Geräts möglich ist, geht der Hersteller viele Schritte in die richtige Richtung.

Versprechen Kamera: positive Überraschungen und ein Schwachpunkt

Vier Sensoren für Fotos und Videos hat Nokia eingebaut:

  • Hauptkamera 50 Megapixel, Blende f1.8
  • Tiefenschärfe 2 Megapixel
  • Makro 2 Megapixel
  • Selfiecam 8 Megapixel

Ist beim Nokia G42 die Kamera der Schwachpunkt – wie so oft in dieser Preisklasse?

Starten wir mit der Hauptkamera. Diese macht bei gutem Licht anständige Bilder. Allerdings wirken die Farben sehr blass – das Vergleichsfoto mit dem deutlich teureren Google Pixel 7 Pro ist viel näher an der Realität an diesem schönen Sommertag.

Nokia G42: Aufnahme mit Automatik wirkt etwas blass – und ist leicht zu gelblich.
Nokia G42: Aufnahme mit Automatik wirkt etwas blass – und ist leicht zu gelblich.
Quelle: Lorenz Keller
Google Pixel 7 Pro: Das Vergleichsfoto ist viel näher an der Realität.
Google Pixel 7 Pro: Das Vergleichsfoto ist viel näher an der Realität.
Quelle: Lorenz Keller

Sonst kann das Nokia aber erstaunlich gut mithalten. Der 50-Megapixel-Sensor fängt viele Details ein und kann hier fast mit dem Pixel 7 Pro mithalten. Bei hohen Kontrasten hellt das G42 stark auf, was je nach persönlichem Gusto gefällt oder eben nicht.

Nokia G42: Die Sträucher links liegen im Schatten, werden aber stark aufgehellt.
Nokia G42: Die Sträucher links liegen im Schatten, werden aber stark aufgehellt.
Quelle: Lorenz Keller

Richtig gut sind Aufnahmen mit dem Nachtmodus. Hier macht sich der lichtstarke Sensor im Nokia bezahlt. Zwar schafft es die Software des Google Pixel noch mehr Details im Dunkeln herauszuarbeiten, aber das erwarte ich auch bei einem dreimal so teuren Gerät.

Nokia G42: Eine richtig gute Aufnahme mit dem Nachtmodus.
Nokia G42: Eine richtig gute Aufnahme mit dem Nachtmodus.
Quelle: Lorenz Keller
Google Pixel 7 Pro: Das viel teurere Gerät kann es nicht viel besser – nur in den Details siehst du Unterschiede.
Google Pixel 7 Pro: Das viel teurere Gerät kann es nicht viel besser – nur in den Details siehst du Unterschiede.
Quelle: Lorenz Keller

Positiv überrascht auch der Makro-Modus. Der zusätzliche Mini-Sensor mit 2 Megapixeln ist also nicht nur Show wie so oft bei der Konkurrenz. Du kannst wirklich schöne Detailfotos schiessen. Nicht ganz so hell, nicht ganz so detailreich, aber stimmig.

Mit dem Makro-Modus schiesst das G42 brauchbare Detail-Aufnahmen.
Mit dem Makro-Modus schiesst das G42 brauchbare Detail-Aufnahmen.
Quelle: Lorenz Keller

Den gegenteiligen Eindruck hinterlässt die Selfie-Kamera. Dass sie ein wenig pixelig ist, wundert bei nur 8 Megapixeln nicht. Allerdings reicht die Auflösung grundsätzlich für den Normalgebrauch. Ärgerlicher ist der massive Gelbstich. Natürlich kannst du das nachträglich korrigieren, aber das ist ja nicht der Sinn der Sache. Hoffentlich bessert Nokia da mit einem Update nach.

Die Selfiekamera des G42 hat einen starken Gelbstich.
Die Selfiekamera des G42 hat einen starken Gelbstich.
Quelle: Lorenz Keller
Eine einfache Farbkorrektur verbessert die Qualität stark – aber ist halt mühsam bei jedem Foto.
Eine einfache Farbkorrektur verbessert die Qualität stark – aber ist halt mühsam bei jedem Foto.
Quelle: Lorenz Keller

Insgesamt hält Nokia das Versprechen so halb: Die Hardware der Kameras ist in Ordnung, die Software könnte Feinjustierung vertragen. Etwas weniger blass, etwas weniger Gelbstich. Trotzdem sind die Foto-Fähigkeiten des G42 für ein Smartphone unter 300 Franken gut.

Versprechen Akkulaufzeit: Fast wie früher bei Nokia

Mit 5000 mAH ist die Batterie im G42 nicht grösser als bei vielen anderen Smartphones. Doch der Hersteller schafft es, ein Maximum an Laufzeit herauszuholen. Wohl auch, weil sowohl der Screen als auch der Prozessor nicht besonders viel Power brauchen.

Drei Tage Laufzeit verspricht Nokia. Etwas, das ich nach dem Test durchaus bestätigen kann. Wer nicht den ganzen Tag TikTok schaut oder Netflix streamt, muss das G42 sicher nur alle zwei Nächte laden. Nutzt du es nur gelegentlich, was wohl in diesem Preissegment nicht ganz selten ist, dann dürftest du sogar drei Tage mit einer Ladung auskommen.

Ich habe auch noch gemessen: Erst nach rund 20 Stunden Youtube-Streaming im WLAN machte der Akku schlapp. Das ist ein sehr guter Wert.

Das Nokia G42 macht insgesamt einen robusten Eindruck.
Das Nokia G42 macht insgesamt einen robusten Eindruck.
Quelle: Lorenz Keller

Geladen wird der grosse Akku mit maximal 20 Watt. Und das nur am Kabel, auf drahtloses Laden musst du verzichten.

Fazit: Das Nokia G42 liefert eine der besten Akkulaufzeiten, die es momentan auf dem Markt gibt. Wer ein ausdauerndes Gerät sucht, ist beim G42 genau richtig. Ob du allerdings wirklich nur alle drei Tage laden musst, kommt sehr auf den persönlichen Gebrauch an.

Beim Prozessor hat Nokia gespart

Bei einem Gerät in dieser Preisrange ist aber auch klar, dass der Hersteller irgendwo sparen musste. Der Benchmark-Test zeigt deutlich, wo dies der Fall ist. Der im Nokia verbaute Snapdragon 480+ Prozessor mit 6 GB Arbeitsspeicher hat nicht viel Rechenpower.

Das G42 liegt genau dort, wo es auch preislich positioniert ist. Es ist rund 100 Franken oder Euro günstiger als das OnePlus Nord CE 3 Lite oder das Samsung Galaxy A34 – die haben aber auch einen deutlich stärkeren Prozessor. Bei unseren getesteten Einstiegsgeräten schneidet nur das Motorola Moto G13 schlechter ab – das ist aber auch nochmals 50 Franken oder Euro günstiger. Zum Vergleich siehst du auch noch, was ein Topmodell wie das Samsung S23 Ultra leistet.

Im Alltag merke ich die fehlende Prozessorleistung dann doch ab und zu. Plötzlich startet die Kamera-App mal wieder etwas langsamer. Oder beim Scrollen gibt’s einen kleinen Ruckler. Damit kannst du leben. Eindeutig negativ ist der Einfluss auf die Lebenserwartung des Gerätes. In zwei oder drei Jahren wird der Prozessor noch viel mehr Mühe mit dem dann aktuellen Android und den Apps haben.

Screen OK, Ausstattung OK

Der 6,56 Zoll grosse Bildschirm hat eine 90-Hertz-Bildwiederholrate, löst aber nur mit 1612 × 720 Pixel auf. Das stört im Alltag aber nicht gross. Der Screen ist dank 560 Nits Spitzenhelligkeit auch draussen erstaunlich gut ablesbar.

Der Screen braucht nicht viel Energie, ist aber auch an der Sonne noch gut ablesbar.
Der Screen braucht nicht viel Energie, ist aber auch an der Sonne noch gut ablesbar.
Quelle: Lorenz Keller

128 GB Speicher sind voreingestellt. Dazu kommt die Möglichkeit, diesen mit einer Speicherkarte (bis 1 TB) aufzurüsten. Wer aber eine Speicherkarte nutzt, verliert einen der zwei Slots für SIM-Karten. Ebenfalls nicht mehr alltäglich: Das G42 hat einen Kopfhöreranschluss.

Das Gehäuse ist gemäss iP52-Standard wasserfest. Das bedeutet: Schutz gegen Staub in schädigender Menge und Schutz gegen schräg fallendes Tropfwasser – das wäre also ein Regenschauer.

Gut gefällt der Fingerabdruckscanner im Power-Button an der Seite des Gerätes. Er entsperrt das Gerät schnell und mit hoher Präzision. Manch Scanner in der Oberklasse haben da mehr Mühe.

Zum positiven Eindruck trägt auch das schlanke Betriebssystem bei, das sehr an pures Android erinnert. Keine überflüssigen Spielereien, nur eine App ist vorinstalliert – nämlich Netflix.

Der Fingerabdruck-Scanner im Power-Knopf ist schnell und präzis.
Der Fingerabdruck-Scanner im Power-Knopf ist schnell und präzis.
Quelle: Lorenz Keller

Fazit: ein Einsteiger-Gerät mit klarem Fokus

In drei Bereichen hat Nokia besonders viel investiert – und das habe ich im Test durchaus gemerkt. Wem also Akku, Nachhaltigkeit und Kamera wichtig sind, wird am G42 Freude haben. Auch das schlanke Betriebssystem ist in dieser Preisklasse ziemlich einmalig.

Aber die Konkurrenz ist bei den Geräten zwischen 200 und 300 Franken gross. Wenn dir zum Beispiel der Prozessor wichtiger ist, findest du zu einem ähnlichen Preis ein Xiaomi Poco X5 mit dem deutlich stärkeren Snapdragon 690 5G.

In der oberen Mittelklasse und bei den Topgeräten bekommst du Smartphones, die in jedem Bereich gute Leistungen erbringen. Bei den günstigeren Handys musst du Abstriche machen. Da kommt es bei der Wahl eines Modells dann sehr darauf an, worauf du verzichten kannst und worauf nicht. Mehr Tipps zum Kauf eines günstigen Smartphones findest du hier:

  • Ratgeber

    Wie viel muss ein Smartphone kosten? Das musst du bei günstigen Smartphones beachten

    von Jan Johannsen

Titelfoto: Lorenz Keller

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Gadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.


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