Weltklasse aus Burgdorf oder: Die Fahrradschuhe von Suplest
Hintergrund

Weltklasse aus Burgdorf oder: Die Fahrradschuhe von Suplest

Daniel Balmer und Robert Gehrig verbindet die Leidenschaft für den Radsport. 2007 gründen sie die Firma Suplest und entwickeln seither aussergewöhnliche Veloschuhe. Ein Besuch in Burgdorf.

Es ist kalt an diesem Morgen Mitte Dezember. Der Hochnebel hängt wie ein zu dickes Duvet grau über den Köpfen der Menschen. Und drückt aufs Gemüt. Man sehnt sich nach Sonne und vielleicht auch nach der guten Laune auf einer Radtour mit Freunden.

Ich bin in Burgdorf und treffe Daniel Balmer (45) und Robert Gehrig (48). Die beiden Familienväter haben hier vor 18 Jahren ihr Unternehmen auf die Beine gestellt. Suplest entwickelt Fahrradschuhe für Profis und Amateure. Die Produkte der Berner sind unterdessen in der Branche mehr als nur ein Geheimtipp.

Klassisches Design in Weiss und Schwarz à la Suplest.
Klassisches Design in Weiss und Schwarz à la Suplest.
Quelle: Patrick Bardelli

Einmal Burgdorf-Taiwan und retour

An ihrem kleinen aber feinen Hauptsitz in Burgdorf arbeiten neben den beiden Gründern noch drei weitere Personen für Suplest. Klein aber fein, auch, was das Team angeht. Wobei sich Daniel mehrheitlich um den wirtschaftlichen Teil von Suplest kümmert, während Robert hauptsächlich für Design und Marketing verantwortlich ist. Woher die Leidenschaft fürs Radfahren im Allgemeinen und Veloschuhe im Speziellen stammt, will ich von den beiden wissen.

«Mein Vater war in den 1970er- und 80er-Jahren in Asien für ein grosses Schweizer Handelsunternehmen tätig», erzählt Daniel. So verbrachte er seine ersten zwölf Lebensjahre in Taiwan. «Zum Portfolio des Unternehmens gehörte unter anderem auch Puma, dadurch hatte ich schon sehr früh meine Berührungspunkte mit der Schuhbranche.» Über die Netzwerke des Vaters bekommen die beiden dann Jahre später auch Zugang zu den Produktionsstätten in Asien.

Die Veloschuhe von Suplest verbinden High-Tech mit klarem Design.
Die Veloschuhe von Suplest verbinden High-Tech mit klarem Design.
Quelle: Patrick Bardelli

Zurück in Burgdorf nimmt Daniel an einem Radrennen des lokalen Velovereins teil, worauf ihn das Bike-Virus packt. Robert, der ursprünglich aus der grafischen Branche kommt, fährt ebenfalls hobbymässig Strassen- und Querrennen. Und interessiert sich nicht nur für die Technik des Fahrrads, sondern speziell auch für das Design der Schuhe.

Beste Freunde auch dank der Schweizer Armee

Daniel und Robert kennen sich bereits flüchtig, als sie sich in der Schweizer Armee wieder über den Weg laufen. Oder besser, fahren. Schliesslich absolvieren beide ihren Dienst in einer Radfahrerkompanie. «Damals hatten die Hersteller von Fussballschuhen den Markt mit neuen Materialien und vor allem frischen Designs wiederbelebt», erinnert sich Robert.

Von dieser Tatsache lassen sich die beiden inspirieren. «Wir sagten uns: Warum nicht etwas ähnliches in Bezug auf Veloschuhe auf die Beine stellen?», fährt Robert fort. Und ergänzt: «Damit wir uns nicht missverstehen, das Design der Schuhe ist uns schon wichtig, die Funktionalität steht jedoch im Vordergrund. Wir machen nicht einfach Schuhe, die lustig aussehen. Die Performance unserer Produkte hat Priorität.»

Beste Freunde und Geschäftspartner: Daniel Balmer und Robert Gehrig.
Beste Freunde und Geschäftspartner: Daniel Balmer und Robert Gehrig.
Quelle: Patrick Bardelli

Viele Highlights, einige Lowlights

Die fast 20-jährige Firmengeschichte ist geprägt von vielen Highlights und einigen wenigen Lowlights. Ein Jahr vor den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro 2016 etwa fragt der Schweizer Radsportverband bei Suplest an, ob das Unternehmen einen aerodynamischen Schuh für die Mannschaftsverfolgung auf der Bahn entwickeln könne. Daniel und Robert nehmen die Herausforderung an und entwickeln unter hohem Zeitdruck einen Schuh, mit dem der Bahnvierer schliesslich ein olympisches Diplom holt. Auch die mehrfache MTB-Weltmeisterin Pauline Ferrand-Prévot gewinnt ihre Titel in den Schuhen der Burgdorfer.

Es gibt aber eben auch weniger schöne Momente. So kündigte ein langjähriger Partner von Suplest in Vietnam 2019 die Zusammenarbeit von einem Tag auf den anderen. Wegen des amerikanisch-chinesischen Handelskrieges kamen damals diverse US-Firmen mit grossen Aufträgen nach Vietnam. Kleine Unternehmen wie Suplest wurden verdrängt. Daniel und Robert mussten sich quasi über Nacht einen neuen Produktionsstandort suchen. Und dann kam Covid. «Zu Beginn der Pandemie standen wir ohne Produktionsstandort da. Das was ein Schlag in die Magengrube», sagt Daniel Balmer dazu.

Veloschuhe so weit das Auge reicht.
Veloschuhe so weit das Auge reicht.
Quelle: Patrick Bardelli

Unterdessen lässt Suplest Teile der Kollektion in Taiwan produzieren, bei einem renommierten Fabrikanten, der für grosse Marken wie Adidas, Asics oder Salomon tätig ist. Derzeit werden noch zwei Modelle in Asien hergestellt, die mit modernsten Materialien und höchster Qualität gefertigt werden. Ein Novum für Suplest, alle anderen Schuhe stammen ab der neuen Kollektion aus italienischer Produktion.

Die Schuhe für die Bereiche Road und Offroad werden alle am Hauptsitz in Burgdorf entwickelt. «Die Segmentierung ist sehr einfach», erklärt Daniel dazu. «Pro bedeutet, dass wir die besten Materialien verarbeiten, wie das beste Karbon oder den teuersten Boa-Verschluss.» Performance sei die Kategorie mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis und in der Kategorie Sport befinden sich schliesslich die Einsteigermodelle.

Swissness, Premiumness und Simplicity

Diese drei Werte stehen laut Daniel Balmer und Robert Gehrig für Suplest. Ein Name, der sich aus den Begriffen «souplesse» – einer äusserst effizienten Trainingsform, bei der mit kleinen schnellen Pedalbewegungen trainiert wird, und dem englischen «supple», was für geschmeidig, flexibel und biegsam steht – zusammensetzt.

Eigenschaften, die auch in Zukunft gefragt sind. Den künftigen Herausforderungen blicken die Freunde entsprechend gelassen entgegen. Wer inmitten einer Pandemie mal eben die Produktion von Vietnam nach Taiwan und Italien verlegen muss, den bringt vermutlich nichts mehr so rasch ins Schwitzen.

Ich konnte in den letzten Wochen das neue Gravel-Modell aus Burgdorf ausprobieren. Den ausführlichen Testbericht dazu gibt es in Kürze.

Titelbild: Patrick Bardelli

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Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.


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