Übeltäter GDF15: Jetzt ist klar, warum vielen Schwangeren schlecht wird
Eine internationale Studie deckt auf, dass ein vom Baby produziertes Hormon für die Schwangerschaftsübelkeit verantwortlich ist. Und sie zeigt, welche Frauen besonders betroffen sind. Das liefert neue Behandlungsideen.
Flauer Magen, Übelkeit, Erbrechen: Die meisten Frauen kennen die Beschwerden der sogenannten Schwangerschaftsübelkeit – etwa 70 bis 80 Prozent leiden im ersten Schwangerschaftsdrittel darunter. Zwei Prozent sogar so stark, dass sie wochenlang kaum einen Bissen runterkriegen, Gewicht verlieren und eine Dehydrierung droht. Mediziner sprechen dann von «Hyperemesis Gravidum».
Ein internationales Forscherteam aus Cambridge und Kalifornien hat die Ursachen nun anhand einer Kombination von verschiedenen Methoden – von Bluttests über genetische Untersuchungen bis hin zu Tierversuchen – genauer untersucht. Und es hat festgestellt: Das Erbrechen wird von einem Hormon namens GDF15 ausgelöst, das der heranwachsende Fötus produziert. Je nachdem, wie empfindlich die werdende Mutter auf dieses Hormon reagiert, trifft sie die Schwangerschaftsübelkeit stärker. Die Ergebnisse der neuen Studie wurden am Mittwoch im Fachmagazin Nature.com veröffentlicht.
Zwei Hormon-Varianten, nur eins löst Übelkeit aus
Dass das GDF15-Hormon im Zusammenhang mit Brechen steht, wurde laut Welt.de schon in früheren Studien mit Magersüchtigen und Menschen in einer Chemotherapie nachgewiesen. Im Gehirn dockt das Hormon an Rezeptoren an und ruft dadurch Brechreiz aus. Auch, dass GDF15 in der Schwangerschaft in der Plazenta gebildet wird und dann über den Blutkreislauf in den Kopf Mutter gelangt, war bekannt. Unklar war bislang jedoch, ob das GDF15-Hormon tatsächlich einen Einfluss auf die Schwangerschaftsübelkeit hat.
Neu konnte das Forscherteam zudem zwischen zwei GDF15-Varianten im Blut der Mutter unterscheiden. Eines stammt von der Mutter-Seite der Plazenta, eines von der Baby-Seite. Aber: Nur das vom Fötus produzierte Hormon löst die Übelkeit aus.
Wie sehr die Schwangere von der Übelkeit betroffen ist, hängt einerseits davon ab, wie viel GDF15 das Ungeborene produziert. Andererseits aber auch, wie sensibel die Mutter darauf reagiert. Das Hormon wird nämlich schon vor der Schwangerschaft produziert, wenn auch in geringeren Mengen. Hatte die Frau dann schon einen eher hohen GDF15-Wert, hat sie das Hormon später in der Schwangerschaft besser vertragen. War ihr Körper jedoch kaum an das Hormon gewöhnt, hat er in der Schwangerschaft besonders stark darauf reagiert.
Mit Hyposensibilisierung gegen die Beschwerden
Genau hier will nun das Forscherteam für eine neue Behandlungsmethode ansetzen. Eine Senkung des GDF15-Spiegels könnte eine Möglichkeit sein, die Übelkeit zu behandeln. Oder andersrum: den Spiegel schon vor der Schwangerschaft zu erhöhen. Also Frauen mit niedrigem GDF15-Wert präventiv das Hormon zu verabreichen – und sie so quasi wie bei einer Allergie zu hyposensibiliseren. Noch ist das Hormon aber zu unerforscht, eine dieser Behandlungsmöglichkeiten drum wohl noch ferne Zukunftsmusik.
Eine andere Möglichkeit wäre, die Rezeptoren im Hirn, die für den Brechreiz verantwortlich sind, zu blockieren. Bereits erforscht wird dieser Ansatz bei Magersucht-Kranken.
So oder so: Die neue Studie bietet neue Chancen für zahlreiche Frauen, endlich die Ursachen statt nur die Symptome bei Schwangerschaftsübelkeit zu behandeln. «Jetzt haben wir eine klare Vorstellung davon, was der Grund des Problems ist und wir haben einen Weg, sowohl für die Behandlung als auch für die Prävention», sagt der Co-Autor der Studie, Stephen O’Rahilly von der University of Cambridge
Titelfoto: ShutterstockAnna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.