«Tomb Raider 1-3 Remastered» angespielt: Früher war eben doch nicht alles besser
Kritik

«Tomb Raider 1-3 Remastered» angespielt: Früher war eben doch nicht alles besser

Kevin Hofer
14-2-2024

Pünktlich zum Valentinstag, dem Geburtstag von Lara Croft, erscheint «Tomb Raider I-III Remastered». Ich habe die Neuauflagen angezockt und schwelge in Erinnerungen.

Ich erinnere mich gut daran, wie ich 1996 als Zwölfjähriger meine ersten Schritte in «Tomb Raider» gemacht habe. Nach dem Intro – das ich mir immer wieder angeschaut habe, weil ich davon so fasziniert war– stand ich in einer Höhle, irgendwo in den Bergen von Peru. Eigentlich stand nicht ich dort, sondern Lara Croft. Mein Alter Ego im Spiel. Zum ersten Mal in meinem noch jungen Gamerleben hatte ich jedoch Eindruck, tatsächlich im Spiel zu sein. So beeindruckend war die Präsentation für mich damals.

Dieses Gefühl der Immersion habe ich beim Zocken der Remastered-Versionen nicht mehr. Dennoch weckt es bei den ersten Schritten in der vertrauten Umgebung die Erinnerung an damals.

Weniger spitzige Polygone in «Tomb Raider»

Aspyr, das Unternehmen hinter den Remastered-Titeln, macht damit genau das, was ich mir von einem Remaster wünsche: Das Spiel so zu lassen, wie ich es in Erinnerung habe. Sieht «Tomb Raider I-III Remastered» nach heutigen Standards gut aus? Nein. Aber das ist auch nicht schlimm. Schliesslich wollte Aspyr die Titel originalgetreu aufarbeiten. Das ist definitiv gelungen. Falls ich sehen möchte, wie das Original aussieht, kann ich jederzeit per Knopfdruck zwischen alter und neuer Optik hin und her schalten.

Erst als ich umschalte, wird mir bewusst, wie gross der Unterschied zu früher ist. Als erstes fällt mir auf, dass Lara in der neuen Version weniger eckig aussieht. Bei der alten Miss Croft stechen mir die Polygone regelrecht in die Augen. Auch an der Umgebung hat sich Aspyr zu schaffen gemacht. Die Wand- oder Bodentexturen etwa sehen viel besser aus und auch die Lichteffekte sind deutlich authentischer. So hat die Höhle zu Beginn des Spiels Öffnungen in der Decke, durch die Licht dringt. Die Beleuchtung ist realitätsgetreu. Im Original ist die Höhle zu und es ist dennoch meist gleich hell. Die Umgebung bleibt derweil genau so klobig wie früher.

Beim Zocken des zweiten Levels von «Tomb Raider» erinnere ich mich, dass es früher kaum Hinweise in Spielen gab. Bei einem Hebel poppte nicht etwa eine Meldung auf, dass ich ihn umlegen kann. Ich musste es selber rausfinden.

Noch schlimmer war es bei Schieberätsel. Gewisse Blöcke im Spiel lassen sich bewegen. Welche das sind und wie ich sie bewegen kann, musste ich damals selbst herausfinden. In den Remastered-Versionen wird immerhin mit einem Ausrufezeichen signalisiert, wann ich mit einem Objekt interagieren kann. Um einen Block zu verschieben, muss ich mich vor ihn stellen, die Aktionstaste gedrückt halten und danach das Steuerkreuz drücken. Bis ich das damals begriffen hatte, hat es Stunden gedauert.

Im Remastered werde ich mit einem Ausrufezeichen darauf aufmerksam gemacht, dass ich mit einem Objekt interagieren kann.
Im Remastered werde ich mit einem Ausrufezeichen darauf aufmerksam gemacht, dass ich mit einem Objekt interagieren kann.
Quelle: Kevin Hofer

Als Zwölfjähriger war ich ein richtiger Schisser. Ich konnte mit der Spannung im Spiel nicht umgehen und musste den Controller regelmässig beiseite legen. Hat ein Wolf gefaucht oder ein Bär gebrüllt, bin ich immer zusammengezuckt und habe mich in erhöhter Position in Sicherheit gebracht. Auch heute im Remastered lösen die Geräusche bei mir ein seltsames Gefühl aus. Damit ich das Spiel damals dennoch fertig erleben konnte, habe ich einfach einen Freund gebeten, für mich zu Zocken. Zum Dank habe ich ihm Magic-Karten überlassen.

Fahrzeuge sind in «Tomb Raider II» immer noch sperrig

Bei «Tomb Raider II» erinnere ich mich vor allem noch an die unmögliche Steuerung der Fahrzeuge. Ob Motorboot oder Schneemobil, beide waren schlicht nicht zu steuern. Dank der modernen Steuerungsoptionen ist es bei den Remastered-Version besser. Aber das Fahrverhalten ist noch immer ein Graus.

Fahrzeuge liessen sich früher deutlich schlechter steuern. Aber auch beim Remastered ist die Fahrphysik fragwürdig.
Fahrzeuge liessen sich früher deutlich schlechter steuern. Aber auch beim Remastered ist die Fahrphysik fragwürdig.
Quelle: Kevin Hofer

Apropos Steuerung: Falls du mit der traditionellen Tank-Steuerung nicht umgehen kannst, kannst du auf die modernere Steuerung aus «Tomb Raider: Legend» wechseln. Mir persönlich liegt die traditionelle Art mehr, weil ich sie mir auch nach all den Jahren noch gewohnt bin. Anders zu zocken, empfinde ich als seltsam. Und auch mit dem Zielen komme ich bei der modernen Steuerung gar nicht klar.

«Tomb Raider II» ist mir nebst den furchtbaren Fahrzeugen auch wegen zerschiessbarer Fenster in Erinnerung. Heute regen sich tatsächlich Menschen wegen gelber Farbe zum Signalisieren von besteigbaren Gebieten auf. Hätten die Entwickler des zweiten Teils von Lara Crofts Abenteuer doch nur auf so ein Feature gesetzt. Im Level Venedig musste ich nämlich gewisse Fenster zerstören, um weiterzukommen. Welche, war aber nicht signalisiert. Das hat damals Stunden gedauert, bis ich darauf gekommen bin, dass ich mit etwas interagieren muss, womit ich sonst nicht interagieren kann.

Dieses Fenster lässt sich zerschiessen. Zum ersten Mal in der Serie überhaupt. Dabei sagt mir das Spiel nicht, dass dies möglich ist.
Dieses Fenster lässt sich zerschiessen. Zum ersten Mal in der Serie überhaupt. Dabei sagt mir das Spiel nicht, dass dies möglich ist.
Quelle: Kevin Hofer

Andere Erinnerungen an den Titel habe ich nicht. Ich hatte nicht mal mehr auf dem Schirm, dass Teil 2 mit der Chinesischen Mauer beginnt. Auch ob ich das Spiel je fertig gezockt habe, weiss ich nicht mehr. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass «Tomb Raider II» 1997 erschien. In diesem Jahr hatte ich mit «Final Fantasy VII», «Castlevania: Symphony of the Night» oder «Oddworld: Abe’s Oddysee» schlicht anderes zu zocken. Mein Interesse an Miss Croft war in diesem Jahr gering. Ein Jahr später sah das wieder anders aus.

Brüste und unheimliche Mimik in «Tomb Raider III»

Beim Erscheinen von «Tomb Raider III» war ich 14 Jahre alt. Als klassischer Spätzünder entdeckte ich erst in diesem Jahr meine Vorliebe für das weibliche Geschlecht – und vor allem für Brüste. Zu jener Zeit stand nichts derart Synonym für den Busen wie Lara Croft.

Dass es sich bei der enormen Oberweite von Lara Croft um einen Fehler handelt, ist übrigens ein Mythos. Demnach soll der Busen statt um 50 Prozent versehentlich um 150 Prozent vergrössert worden sein. Da dies dem Team gefallen habe, haben sie es so gelassen. Dieser Mythos ist auf eine Aussage von Charakter-Designer Toby Gard zurückzuführen. In einem Interview wurde er auf die Oberweite Laras angesprochen. Da er die Frage für derart deplatziert hielt, hat er sarkastisch geantwortet und von einem Fehler gesprochen, was aber falsch ist.

Als notgeiler Teenager habe ich mich damals jedenfalls auf den dritten Teil gestürzt – vor allem wegen Lara Croft. Zumal es für das Cheat-Gerät Xploder einen Code gab, den mich Lara nackt sehen liess. Wobei das selbstverständlich verdammt schlecht aussah. Und es war auch nicht mehr wirklich Lara, sondern eine blondhaarige Version von ihr. Dass der Cheat keinerlei Brisanz hatte und hat, zeigt auch, dass ein Youtube-Video des Cheats nach wie vor abrufbar ist.

Aber selbst in meinem damaligen pubertären Zustand verlor ich schnell das Interesse an der nackten Lara – und auch an dem Spiel. Das lag vor allem daran, dass Entwickler Core Design noch mehr Fahrzeuge ins Spiel implementierte als beim Vorgänger. Dabei blieb die Steuerung so miserabel wie beim Vorgänger. Am schlimmsten in Erinnerung habe ich das Kajak. Das sorgt auch heute immer wieder für verzweifelte Spieler und Spielerinnen. Etwa hier oder hier.

Was mir beim remasterten dritten Teil besonders auffällt: die überarbeiteten Zwischenszenen in der Ingame-Grafik. Im Original glichen die Gesichter jenen von Puppen. Sie hatten keine Mimik und die Lippen bewegten sich nicht beim Sprechen. Das tun sie jetzt. Weil aber das Kopfzittern vom Original weiterhin vorhanden ist – so wurden damals die «Emotionen» ausgedrückt – wirkt es unheimlich.

Fazit: Netter Remaster, der vor allem Fans beglücken wird

«Tomb Raider 1-3 Remastered» lässt mich in Erinnerungen an längst vergangene Gamingerlebnisse schwelgen. Grafisch ist die erste Trilogie um Lara Croft ordentlich aufpoliert worden. So ist das damals bahnbrechende Spiel heute besser spielbar – die Originalgrafik ist schlecht gealtert. Die Umsetzung ist äusserst originalgetreu.

Das ist es für mich aber auch schon mit dem Positiven. Ich glaube nicht, dass ich nach dem Anspielen für diesen Text nochmal in die Welt von Lara Croft eintauchen werde. Das liegt hauptsächlich an dem angestaubten Gameplay. Selbst mit der «modernen» Steuerung sind die Spiele nicht mehr zeitgemäss. Schliesslich orientiert sich diese an «Tomb Raider: Legend», welches mittlerweile auch 18 Jahre auf dem Buckel hat. Aus der Zeit gefallen sind auch die Storylines und Lara Croft selbst hat ebenfalls Staub angesetzt. Die Handlungen des Charakters sind für mich heute überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Mit einem fleischgewordenen Terminator kann ich mich heute nicht mehr anfreunden. Da zocke ich lieber nochmal die Reboot-Trilogie, in der Laras Charakter nachvollziehbarer ist.

Bist du Fan der Original-Trilogie und willst sie mit aktualisierter Grafik zocken, wirst du mit dem Remaster glücklich. Zumal dir für den Preis von rund 30 Franken / Euro drei Spiele mit ihren Erweiterungen geboten werden.

«Tomb Raider 1-3 Remastered» ist ab dem 14. Februar erhältlich für Nintendo Switch, Playstation 4, Playstation 5, PC, Xbox One, and Xbox Series X. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken auf der Switch von Aspyr zur Verfügung gestellt.

Titelbild: Aspyr

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