Staub und verhedderte Kondome im Roboter: Besuch im iRobot Servicecenter
Tief im Kanton Aargau repariert die Firma iRobot defekte Staubsaugerroboter und haucht den Geräten neues Leben ein. Ein Augenschein vor Ort.
Das Navi sagt, dass wir links abbiegen sollen. Irgendwo im Nirgendwo. Wir sind vorbeigefahren an Industriegebieten, wie sie sich in der ganzen Schweiz neben Autobahnen ausbreiten. Auf einer Landstrasse zwischen zwei Wäldern stehen ein paar Häuser. Wir sind beim Dorfeingang von Vordemwald. Dazwischen ragt ein etwas grösseres Gebäude in den grauen Winterhimmel. Der Hauptsitz von iRobot Schweiz. Von hier kommen alle Staubsauger- und Wischroboter und hierher kommt ein Teil zurück zur Reparatur.
Roger Thalman, Chief Operating Officer (COO), begrüsst uns direkt an der Türe. «Ah, ihr habt es gefunden! Das müsste eigentlich Hinterdemwald heissen und nicht Vordemwald…», scherzt Roger. Tatsächlich liegt die Gemeinde Vordemwald am südwestlichsten Zipfel des Kantons Aargau. Eine Autogarage, ein paar Wohnhäuser und die Firma iRobot bilden einen kleinen Weiler.
Ganz viele Kisten und eine Werkstatt
Roger führt uns durch den Schweizer Hauptsitz. Der besteht vor allem aus Lagerfläche. Kartonkisten stapeln sich bis unter die Decke. Verschiedene Modellreihen auf Paletten, bereit für den Verkauf in der ganzen Schweiz. «Wir verkaufen auch Occasionen und Retouren. Wer hier vorbeikommt, kann gute Deals machen», wirbt Roger für den Standort, als hätte ihn die Gemeinde Vordemwald als Ambassador angestellt. Um den Empfang beim Eingangsbereich surrt ein Wischroboter, im Showroom sind alle Geräte an die Wand gehängt. Serviceleiter Mirko Pireddu kommt hinzu und erklärt uns, wie ein Serviceauftrag abläuft.
«Das Ziel ist, das Gerät möglichst am Tag nach der Ankunft repariert und gereinigt zurückzuschicken». Ein ehrgeiziges Ziel, das meist erreicht werde. «Noch schneller geht es, wenn du direkt mit deinem Gerät vorbeikommst. Meistens brauchen wir nur ein paar Minuten und du kannst das Gerät direkt wieder mitnehmen», sagt Mirko. Das überrasche die Kundinnen und Kunden. «Viele Firmen haben ihr Servicecenter irgendwo in Europa oder sogar noch weiter weg. Entweder wartest du Wochen, bis dein Gerät wieder bei dir ist. Oder du erhältst direkt ein neues Gerät und das alte wird verschrottet», sagt COO Roger Thalmann. Dabei seien die meisten Fehler ganz einfach zu beheben und immer die gleichen.
Die meisten Fehler wären einfach zu beheben
Der Fehler Nummer eins sind nicht gereinigte Roboter. Haare, die sich um die Bürste wickeln, und schlecht gereinigte Kontakte am Roboter oder an der Ladestation machen den grössten Anteil der Arbeit aus. Auf diese Schwachstellen weisen die Handbücher und die App auch hin, was die Kundschaft oft ignoriert. «Generell sind wir beim ersten Service kulant. Wenn wir darauf hinweisen, dass das Problem einfach zu lösen ist, kommt das hoffentlich auch an», sagt Serviceleiter Mirko. Solch einfache Fehler kann er direkt im Eingangsbereich erledigen. Ein Staubsauger und ein paar Schraubenzieher liegen dort bereit. Für die härteren Fälle müssen die Roboter in die Werkstatt.
Modularer Aufbau hilft bei der Reparatur
Am Computer in der Werkstatt liest Mirko den Speicher eines defekten Gerätes aus. Kryptische Zeilen Code erscheinen. Daraus lässt sich alles ablesen. Wie viel mal der Sensor vorne schon aktiviert wurde, wie viele Kilometer der Roboter abgespult hat und wie oft er an die Ladestation gefahren ist. Mirko schliesst daraus, ob es einen gröberen Defekt gibt. Etwa, wenn der Sensor nicht mehr reagiert und der Roboter deshalb dauernd in die Wand fährt. Mit einem Akkuschrauber demontiert er einen defekten Roomba innert weniger Sekunden in seine Einzelteile. «Das ist alles modular aufgebaut, damit wir möglichst wenige Einzelteile ersetzen müssen», erklärt der Techniker. Oft lassen sich diese Module auch einzeln noch reparieren. «Hier können wir Chips und Schalter direkt ersetzen», sagt Mirko und zeigt auf eine Arbeitsstation mit Lötkolben.
Der modulare Aufbau sei nicht immer Standard gewesen. Der Mutterkonzern in den USA habe in den letzten Jahre enorme Fortschritte gemacht, weshalb man heute in Vordemwald fast alle Geräte reparieren kann. Da kann sich Roger Thalmann nicht zurückhalten mit Kritik an Galaxus: «Es ist etwas unfair, dass ihr jetzt die Dauer eines Garantiefalls zwar anzeigt, aber nicht unterscheidet ob ein Gerät repariert oder direkt ersetzt wird. Bei einer Reparatur dauert es grundsätzlich immer etwas länger als bei einem Direktaustausch. Aber wir machen alles direkt hier! Andere Hersteller schicken dir nach einem Tag einfach ein neues Gerät. Das ist noch schneller, aber nicht nachhaltig», beklagt sich Thalmann. Aktuell beträgt die Dauer für einen Garantiefall bei Galaxus vier Tage. «Bei uns verlassen die Geräte das Servicecenter wieder am gleichen Tag, an welchem es angekommen ist. Die restlichen 3 Tage beziehen sich auf das Registrieren und den Postweg», begründet der COO die Dauer.
Ein peinlicher Vorfall im Servicecenter
Wir stehen wieder beim Empfang, wo alle Modelle ausgestellt sind. Gefragt nach den verrücktesten Defekten, erzählt Serviceleiter Mirko Pireddu von einem Gerät, bei dem sich ein Kondom um die Bürste gewickelt hat. «Ich bin kurz in die Werkstatt etwas holen, da hat die Kundin das Kondom schon selbst von der Bürste gewickelt und sich nichts anmerken lassen». Auch diese Kundin dürfte zufrieden, wenn auch peinlich berührt, das Servicecenter verlassen haben. Hätte sie die Anleitung gelesen und auf die App gehört, hätte sie gar nicht nach Vordemwald fahren müssen. Denk dran: Meistens sind die Rolle oder die Kontakte zur Station der Grund, dass dein Roomba nicht mehr funktioniert.
Titelbild: Christian WalkerAls ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell.