Spanisch verstehen ohne Kurs: mit Samsungs neuen KI-Funktionen
An Hardware und Optik hat Samsung beim Galaxy S24 kaum gerüttelt. Die neuen KI-Funktionen sind dafür umso eindrücklicher. Per KI-Dolmetscherin unterhalte ich mich beispielsweise mit einer spanischen Kellnerin.
Einige der KI-Funktionen auf dem Samsung Galaxy S24 sind von Samsung selbst entwickelt. Andere Funktionen laufen in Zusammenarbeit mit Unternehmen wie Google oder Microsoft. Während einige Anwendungen direkt auf dem Gerät laufen, benötigen andere Cloud-Zugriff. Diese Cloud-Funktionen lassen sich aber deaktivieren. Eine der Google-Funktionen, Circle To Search, hat Lorenz Keller bereits ausführlich vorgestellt.
Eine Auswahl der KI-Funktionen soll auch auf den Modellen der Galaxy S23-Serie, dem Galaxy Z Fold 5 und Flip 5 sowie dem Galaxy Tab S9 erscheinen. Das zeigt beispielsweise die Vergleichstabelle der einzelnen Galaxy-Modelle auf Samsungs Website. Dort ist in der KI-Sparte «coming soon» vermerkt.
Objekte in deinen Fotos drehen, verschieben und entfernen
Mit Samsungs Bildbearbeitungs-KI soll Photoshop passé sein. Zumindest für einfachere, rasche Bearbeitungen. Herausstechende Funktionen sind das Verschieben von Objekten und das Entfernen von Spiegelungen. Hut ab, Samsung, dass die bearbeiteten Bilder jeweils ein Wasserzeichen an der Ecke aufweisen. So ist transparent, bei welchen Bildern die KI mitgemischt hat.
Für die Objekttransformation drückst du beim gewünschten Bild in der Galerie auf den Bearbeitungsbutton und dann auf den KI-Button. Nun tippst du auf die gewünschten Objekte, um sie zu verschieben, in ihrer Grösse zu ändern oder zu löschen. Anschliessend drückst du auf «Erstellen» und lässt die KI das Ergebnis berechnen.
Die Qualität des Ergebnisses ist von gewählten Bildern und Objekten abhängig. Manchmal erkennt die KI nicht, um was für Objekte es sich handelt. So macht sie den Hintergrund künstlich verschwommen und dichtet wirre Gegenstände hinzu. Meine fehlenden Skateboard-Künste kann ich damit also nicht kompensieren. Ein gelungenes Beispiel ist ein Kochlöffel, den ich vom Topf habe verschwinden lassen. Erst auf den zweiten Blick erkenne ich Unzulänglichkeiten der KI.
Die Hintergrundergänzung ist praktisch, wenn du ein Bild etwas zu schief aufgenommen hast. Dann drehst du im Bearbeitungsmodus in den gewünschten Winkel und lässt Samsungs KI den nun fehlenden Hintergrund an den Ecken ausfüllen. Naja, auch hier klappt es einmal gut und einmal dichtet Samsungs KI wirre Sachen hinzu und macht verschwommene Ecken.
Mal sehen, wie die KI Spiegelungen entfernt. Bei Fotos durch ein Fenster stört die Reflexion in der Scheibe manchmal die tolle Aussicht. Wische ich das gemachte Bild in der Galerie nach oben, zeigt mir die App neben Bildinformationen die Möglichkeit, Reflexionen zu entfernen. Auch hier klappt das je nach Bild unterschiedlich gut.
Die Bildbearbeitungs-KI steckt noch in den Anfängen und dürfte in Zukunft noch besser werden. Bisher sind die Funktionen auf jeden Fall tolle Ideen, die je nach Vorlage bessere oder weniger gute Ergebnisse liefern.
Ganz langsam bitte: Slow Motion
Gespannt bin ich von der KI-unterstützten Zeitlupe bei Videos. Die Vorlage solltest du unbedingt mit einer Einstellung von 60 Bildern pro Sekunde aufnehmen, statt der voreingestellten 30. Die KI fügt bei der Bearbeitung zum Zeitlupenvideo zusätzliche Bilder zwischen die vorhandenen ein, um ein flüssiges Ergebnis zu erzielen. Tatsächlich finde ich es ganz gut gelungen, sehe aber auch leicht verschwommene Ränder um das bewegte Objekt – also mich. Bei Videos mit bewegtem Hintergrund verfällt diese Problematik, da dieser dann sowieso verschwommen ist.
Tacos bestellen auf Spanisch: die Sprach-KI
Für die Übersetzung von Fremdsprachen hast du auf dem Galaxy S24 gleich drei Möglichkeiten. Eine Live-Übersetzung beim Telefonieren, ein Dolmetscher für Konversationen und die Möglichkeit, auch Textnachrichten direkt im Anschluss zu übersetzen.
Zuerst die Live-Übersetzung von Telefonaten. Dafür lädst du vorab die benötigten Sprachpakete in den Einstellungen direkt auf dein Galaxy-Smartphone. Zum Launch gibt es deren 13: Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Polnisch, Koreanisch, Chinesisch (vereinfacht), Japanisch, Thai, Vietnamesisch und Hindi.
Wie genau funktioniert es? Bei den Anrufeinstellungen bestimmst du vorab deine bevorzugte Sprache und Dolmetscher-Stimme (männlich oder weiblich). Befindest du dich in einem Telefonat, kannst du nun jederzeit die Live-Übersetzung aktivieren und Einstellungen, wie die benötigten Sprachen, auswählen. Dein Kontakt wird anschliessend informiert, dass nun eine Übersetzung folgt.
Bei gespeicherten Kontakten hinterlegst du die bevorzugte Sprache vorab. Deine Gesprächspartnerin oder Gesprächspartner braucht dafür kein Samsung-Gerät, alles findet lokal mit deinen Sprachpaketen statt. Wichtig ist Geduld – die Live-Übersetzung braucht für jeden Textblock ein paar Sekunden.
Willst du nur die Übersetzung ohne Originalton anhören, kannst du das in den Einstellungen anpassen. Hier kannst du auch auswählen, schriftlich zu antworten – das minimiert die Fehleranfälligkeit. Die Roboterstimme liest dann deinen Text vor.
Die Spracherkennung von Samsung hört auch bei klarer Aussprache noch einiges falsch heraus und übersetzt deshalb nicht alles richtig. Im Kontext habe ich es jeweils verstanden. Laut Samsung soll die KI fortwährend dazulernen.
Ähnlich wie die Live-Übersetzung funktioniert auch die Dolmetscher-App. Wie bei Google Translate hast du zwei Eingabefelder, denen du die jeweilige Sprache zuweist. Möchte ich bei einer spanischen Kellnerin bestellen, lege ich bei ihr Spanisch fest und bei mir Deutsch.
Für zusätzlichen Komfort beim Gespräch kann ich ihr Eingabefeld in ihre Richtung drehen. Bei Beginn der Konversation drücke ich auf den Aufnahmeknopf. Anschliessend wechselt die App jeweils automatisch direkt zur anderen Seite, nachdem sie den jeweiligen Teil der Konversation übersetzt hat. Sowohl der automatische Wechsel als auch die Übersetzung sind nicht ganz zuverlässig. Im Kontext verstehe ich aber, was gemeint ist.
Zu guter Letzt übersetzt dir Samsungs KI auch geschriebene Textnachrichten. Das klappt bisher bei folgenden Nachrichtendiensten: Samsung, Google Chat, Kakao, Signal, WhatsApp, Line, Instagram DM und Tango. Tippe zur Übersetzung in der Samsung-Tastatur auf den KI-Button und wähle anschliessend über das Drop-Down-Menü die gewünschte Übersetzungssprache. Schriftlich ist der Übersetzer generell besser als bei mündlichen Konversationen.
Funktionen für Lese- und Tippfaule
Eine weitere Funktion für Textnachrichten ist die Stilanpassung. In deinen Nachrichten-Apps kannst du dir Vorschläge für unterschiedliche Tonalitäten anzeigen lassen. Etwa um professioneller zu klingen oder etwas auszuschmücken. Die Funktion befindet sich direkt in der Samsung-Tastatur über dem KI-Button. Auch auf Rechtschreibung und Grammatik kannst du einen bereits getippten Text prüfen lassen. Die jeweiligen Vorschläge nimmst du einfach per Knopfdruck an. Bei der Stilrichtung deines Texts wählst du zwischen «Professionell», «Zwanglos», «#Social», «Höflich» und «Emojis hinzufügen».
Bei der professionellen Variante auf Deutsch muss ich schmunzeln, die Ausformulierung ist klischeehaft übertrieben. Zusätzlich hat mir Samsung bei meinem Setting ein Meeting hineinterpretiert – ganz nach dem Motto #Could_have_been_an_email.
Möchtest du dir einen Überblick zu einem Web-Artikel verschaffen, beispielsweise Lorenz’ Vergleich der beiden Chips im neuen Samsung Galaxy S24, lässt du dir über den Samsung-Browser alles zusammenfassen. Wählen kannst du zwischen Standard und Detailliert.
Anschliessend kopierst du die Zusammenfassung bei Bedarf in deine Notizen. Das geschieht gleich inklusive Weblink. Beim von mir gewählten Artikel hat das wunderbar geklappt, die wichtigen Informationen hat Samsungs KI richtig herausgefiltert. Eine Übersetzung der Website ist übrigens ebenfalls möglich – nichts Bahnbrechendes, aber nützlich.
Den dritten Helfer, um Zeit zu sparen, findest du in der Rekorder-App von Samsung. Aufgenommene Unterhaltungen kannst du transkribieren lassen. Hier greift das Phone wiederum auf die lokalen Sprachpakete zurück. Die App erkennt, wenn mehrere Personen sprechen und unterscheidet diese beim Verschriftlichen.
Mein Versuch, die Konversation aus dem Lied «Die da» der Fantastischen Vier zu transkribieren, klappt leider gar nicht. Wahrscheinlich stören die starken Hintergrundbeats. Mein zweiter Versuch eines Interviews von Harald Schmid mit Falco von 1994 liefert gleich (un-)genaue Ergebnisse wie beim Dolmetscher.
Lasse ich die Transkription von Samsungs KI anschliessend noch zusammenfassen, entstehen amüsante Missverständnisse. Willst du von einem eigenen Interview eine Transkription, musst du also noch kräftig nachbessern. Du hast aber immerhin eine Grundlage, die dir einiges an Zeit einspart.
Zu guter Letzt kommt noch was für deine Notizen: Drei neue KI-unterstützte Funktionen findest du hier. Automatisch formatierte Texte, Korrekturen und Zusammenfassungen. Als Beispiel habe ich mir eine Liste mit Actionstreifen erstellt, die ich sehen will. Den rohen Text habe ich von Samsung direkt in der App formatieren lassen. Die KI erstellt mir sogar mehrere Formatierungsoptionen, von denen ich eine wählen kann. Anschliessend habe ich mir von der KI den Text noch von Englisch auf Deutsch übersetzen und ebenfalls formatieren lassen. Coole Sache.
Künstliche Intelligenz: Gut Ding will Weile haben
Samsungs KI hat noch seine Schwächen und wirkt auf mich oft wie eine Spielerei mit Baustellen. Gerade bei den Sprachfunktionen sehe ich aber praktische Anwendungsmöglichkeiten im Alltag – sofern auch hier mit der Zeit nachgebessert wird. Wichtig finde ich, dass jederzeit erkenntlich gemacht wird, wann Künstliche Intelligenz eingreift.
Wie siehst du das? Findest du einige der KI-Funktionen sinnvoll auf dem Smartphone? Oder ist dir das eher suspekt?
Seit ich einen Stift halten kann, kritzel ich die Welt bunt. Dank iPad kommt auch die digitale Kunst nicht zu kurz. Daher teste ich am liebsten Tablets – für die Grafik und normale. Will ich meine Kreativität mit leichtem Gepäck ausleben, schnappe ich mir die neuesten Smartphones und knippse drauf los.