Sous-Vide-Stäbe im Test: Vier Topseller, nur zwei finde ich gut
Sous-Vide-Kochen mit Vakuumbeutel im Wasserbad sollte einfach sein und immer das gleiche Ergebnis liefern. Der Test der vier am meisten verkauften Exemplare bei Galaxus zeigt: Alle Sticks haben Schwächen.
Du hast auf diesen Vergleichstest geklickt und weisst daher, was dich hier erwartet. Solltest du die letzten zehn Jahre im kulinarischen Dornröschenschlaf verbracht haben, bitteschön:
In Plastikbeuteln vakuumierte Speisen im Wasserbad auf Temperatur zu bringen ist seit ein paar Jahren total in Mode. «Sous vide» heisst die Methode, wörtlich übersetzt aus dem Französischen «unter Vakuum».
Die Vorteile? Fleisch und andere Lebensmittel erreichen eine exakte Kerntemperatur und bleiben auf dieser. So kann ich die gewärmten Speisen auch mal länger im Wasserbad liegen lassen, ohne dass gleich alles verreckt. Und ich brauche keine Herdplatte, da Sous-Vide-Stäbe nur eines Topfes bedürfen, vorausgesetzt eine Steckdose ist in der Nähe.
Auf der Negativseite stehen die Vakuumbeutel aus Plastik, die im Müll landen, der Einstiegspreis und, vor allem in kleinen Küchen, der Platzbedarf der temporären Sous-Vide-Installation.
Ich setze alles unter Wasser!
Vor einem Jahr bin ich ins Sous-Vide-Game eingestiegen. Mittlerweile bereite ich längst nicht mehr nur dem Entrecote ein wohltemperiertes Wasserbad. Sind mir Würstchen-Paare früher aus Unachtsamkeit in kochendem Wasser aufgeplatzt, tanzen sie heute stundenlang unbeschadet im Wasser. Die Wienerli erhitze ich auf 80 Grad (und nicht weiter), so lange, bis ich sie aus dem Plastikkorsett befreie und verspeise.
Aber Sous Vide ist nicht dem Fleisch vorbehalten: Hollandaise-Sauce, Kartoffeln oder anderes Gemüse, alles geht mit dieser Methode. Sogar mit dem mir so ungeliebten Poulet-Brüstchen habe ich mich versöhnt (zwei Stunden bei 63 Grad).
Höchste Zeit für einen fundierten Vergleichstest zwischen den vier meistverkauften Sous-Vide-Stäben.
Die Konkurrenz
Alle Sous-Vide-Stäbe im Test funktionieren nach demselben Grundprinzip. Ich stecke sie in einen Topf voll Wasser, wähle eine Temperatur und die Stäbe halten diese Temperatur. Im Innern der Sticks ist eine Heizspirale, ähnlich einem Tauchsieder im Chemielabor. Ein kleiner Propeller wälzt das Wasser im Wasserbad um, während ein Sensor die Wassertemperatur misst und entsprechend reguliert.
Die Kategorien
Sous-Vide-Stäbe müssen folgende Eigenschaften haben, wobei die wichtigsten zuoberst sind. Sie müssen:
- Eine angegebene Temperatur im Wasser über längere Zeit exakt halten.
- Einfach und stabil am Wassergefäss, meistens dem Topf, halten.
- Einfach zu bedienen sein.
- Wasser schnell aufheizen. (Denn Zeit ist auch Geld.)
Ein Sous-Vide-Stab muss also vor allem die avisierte Temperatur im Wasser konstant halten können. Bei Fleisch kann ein Unterschied von ein bis zwei Grad darüber entscheiden, ob es noch rosa oder schon überkocht ist. Dass der Stab stabil halten muss, erklärt sich von selbst: Kippt er im Wasser oder taucht er ab, gart das Festessen nicht, es brenen höchstens die Nerven durch. Auch eine einfache Bedienung ist wichtig und müsste intuitiv sein. Ich will nicht jedesmal die Bedienung hervorkramen.
Eher zweitrangig ist für mich, wie schnell die Sous-Vide-Stäbe heizen; in meinem Topf bringe ich das Wasser auf der Induktionsplatte zu Beginn sowieso schneller auf Temperatur. Es gibt wenige Grenzfälle, wo der Sous-Vide-Stab auf sich alleine gestellt ist. Die erkläre ich dir weiter unten.
Temperatur halten
Die Temperatur am konstantesten gehalten hat das Modell von Anova. Zu Beginn der Messung hat der Stick die Temperatur etwas überschossen, sich dann aber bei konstanten 79,8 Grad Celsius eingependelt. Der Stick von Proficoock hat bei 81,1 Grad Celsius seine Wohlfühltemperatur erreicht, hatte aber kleine Ausreisser. Koenig hatte Mühe, die eingestellten 80 Grad zu erreichen; er pendelte um die 79 Grad, mit kleinen Ausreissern nach unten. Der Stick von La Vague ist zwischen 78,4 und 77,2 herumgeirrt und hat sich erst gegen Ende bei viel zu tiefen 77,4 Grad beruhigt.
Die wichtigste Kategorie geht also an Anova, knapp gefolgt von Proficook. Koenig fällt leicht und La Vague deutlich ab.
Bewertung Konstanz
Anova ➡➡➡➡➡
Proficook ➡➡➡➡
Koenig ➡➡➡
La Vague ➡
Die Halterung
Der Stab heizt so lange Wasser, bis er taucht… Oder wie ging das Sprichwort? Die Halterung muss flexibel genug sein, um an verschiedene Gefässen zu funktionieren, was nicht überall gegeben war.
Anova hält stabil an meinem Topf, dank einem Schraubgewinde. Mir ist die stabilisierende Unterlegscheibe versehentlich abgefallen und ich finde sie nicht mehr. Schon klar, auch mein Fehler. Aber es gibt Abzug, weil ich den Fehler überhaupt machen konnte.
Raffiniert ist die Vorrichtung bei La Vague: Eine Klemme mit vorgegebenen Rastern. Hält bombenfest und ist ziemlich flexibel. Nur wenn das Gefäss keinen vorstehenden Rand hat, macht dieser Stick Probleme.
Ebenfalls eine Klemme gibt es bei Proficook, allerdings läuft sie Gefahr, an glatten Oberflächen abzurutschen. In meinem Fall traten keine Probleme auf.
Für meine Anwendung war der Stab von Koenig am schwierigsten zu fixieren. Da der Stab zu tief ins Wasser geragt hätte, musste ich ihn umständlich am Rand des Topfs befestigen. Dafür gibt es Abzug. Die Klammer hält gut, auch wenn die Installation fragil wirkt.
Bewertung Halterung
La Vague 🧲🧲🧲🧲🧲
Anova 🧲🧲🧲🧲
Proficook 🧲🧲🧲🧲
Koenig 🧲🧲🧲
Bedienung und Display
Wer Sous-Vide nutzt, kocht langsam. Es brennt nie etwas an oder schwappt über. Ich koche halt auch nur mit Wasser. Wobei – die Kochtemperatur von 100 Grad entfällt, so hoch schafft es keiner der Sticks. Um keinen Frust aufkommen zu lassen, ist eine intuitive Bedienung trotzdem Pflicht. Die Anzeige muss gut und schnell abzulesen sein und es sollte klar sein, wie ich Zieltemperatur und Timer einstelle.
Anova arbeitet mit Symbolen: Aktuelle Temperatur, Zieltemperatur und Timer lassen sich oben am grossen Display auswählen. Zieltemperatur und Timer kann ich mit den Plus- und Minus-Tasten einstellen. Play oder Pause ist selbsterklärend. Das Display ist leicht schräg angebracht und daher gut lesbar, egal ob ich mein Sous-Vide-Gefäss am Boden oder auf einer Ablage stehen habe. Im Test die mit Abstand einfachste Bedienung.
Auch La Vague ist selbsterklärend. Statt Tasten verfügt dieser Stick über ein Bedienrad an der rechten Seite. Darüber lassen sich Temperatur und Timer einstellen, Play und Pause sind wieder selbsterklärend. Das Rad hat etwas zu viel Spiel und wirkt schlecht verarbeitet. Weil das Display senkrecht zum Stick steht, kann ich es auf dem Tisch oder anderen Ablagen gut ablesen. Am Boden hingegen ist es kaum abzulesen, wofür es Abzug gibt.
Bei Stick Nummer drei wird's erstmals kompliziert. Den Proficook steuere ich über den Ring am Rand des Sticks, mit der kleinen Taste mit dem Zahnrad wähle ich zwischen Temperatur und Timer. Das funktioniert nicht immer präzise und ist frustrierend. Mit dem Einschaltknopf starte ich den Stick, was im Vergleich zu den Play-Knöpfen bei La Vague und Anova verwirrend wirkt. Hier ist das Display horizontal zum Stick, auf der Herdplatte oder dem Tisch kann ich es daher schlecht ablesen.
Bis heute habe ich die Bedienung des Sous-Vide-Sticks von Koenig nicht richtig begriffen. Es gibt ein Wählrad wie bei La Vague und einen Einschaltknopf wie bei Proficook. Mit «Set» schalte ich zwischen Timer und Temperatur um. Warum der Stick bei erreichter Temperatur im Abstand von etwa 15 Sekunden einen Piepton von sich gibt, erschliesst sich mir nicht. Auch das intensive Studium der Anleitung hat das Rätsel nicht gelöst und zur grossen Frustration beigetragen. Das Display ist zwar schön gestaltet, auf dem Herd oder einem Tisch aber kaum lesbar, da es horizontal angebracht ist.
Bewertung Bedienung
Anova 🎮🎮🎮🎮🎮
La Vague 🎮🎮🎮🎮
Proficook 🎮🎮🎮
Koenig 🎮
Aufheizzeit
Das letzte Kriterium fällt nicht gross ins Gewicht, da du ohnehin das Wasser mit einem Wasserkocher oder im Topf auf der Herdplatte auf Grundtemperatur bringen solltest. Geht schneller, ist effizienter. In seltenen Fällen, etwa beim Grill auf der Terrasse oder an Orten, wo es keine Herdplatte gibt, muss der Sous-Vide-Stab die Arbeit ganz übernehmen. Erhitzt habe ich sieben Liter Wasser von 20 auf 80 Grad Celsius.
Proficook und La Vague nehmen sich mit rund 44 Minuten die meiste Zeit, gefolgt von Anova mit 34 Minuten. Einen regelrechten Speedrun legt Koenig hin mit 26 Minuten, einer Leistung von 1300 Watt sei Dank. Auf dem Induktionsherd dauert es nur gerade 12 Minuten, bis ich das Wasser auf 80 Grad Celsius erhitzt habe. Nicht überraschend, denn so ein Herd liefert auch mindestens mal 2500 Watt Leistung.
Bewertung Aufheizzeit
Koenig 🕐🕐🕐🕐🕐
Anova 🕐🕐🕐
Proficook 🕐
La Vague 🕐
Die Abrechnung
Es ergibt sich folgende Endabrechnung, wenn ich die einzelnen Disziplinen gleich gewichte:
Anova schwingt obenaus, Proficook und Koenig teilen sich den zweiten Platz, La Vague platziert sich knapp dahinter. Diese Abrechnung ist unfair, da ich hier die fast belanglose Aufheizgeschwindigkeit gleich berücksichtige wie das konstante Heizen. Daher habe ich die Resultate gewichtet:
- Konstanz 50%
- Befestigung 20%
- Bedienung 20%
- Geschwindigkeit 10%
So ergibt sich ein anderes Bild.
1. Platz: Anova
Anova holt ungefährdet den Sieg. Konstante Temperatur, einfache Bedienung und eine solide Befestigung bescheren ihm den Sieg. Dass der Stab lange zum Aufwärmen hat, ist da ein zu vernachlässigendes Übel.
2. Platz: Proficook
Dahinter kommt der Proficook. Er heizt sehr konstant und ist gut zu befestigen, allerdings fällt er in der Bedienung etwas ab und braucht lange, um das Wasser auf Temperatur zu bringen. In Sachen Preis-Leistung ist dieser Stab unschlagbar.
3. Platz: Koenig
Ich kann das Gerät von Koenig wegen der mangelhaften Bedienung, den Temperaturschwankungen und der eigenwilligen Halterung nicht empfehlen.
4. Platz: La Vague
Dasselbe gilt für La Vague. Im Test hat dieser Stab die Temperatur nicht halten können und damit die Hauptaufgabe nicht bestanden. Da hilft auch eine einfache Bedienung und die sichere Halterung nichts.
Wir arbeiten als unabhängige Redaktion und schreiben unabhängige Texte. Aktuell ist Black Friday Week. Die hier laufenden Aktionen sind nicht mit der Redaktion abgesprochen. Die Produkte wurden zum Testen gewählt, weil sie in ihrer Kategorie die vier am meisten verkauften sind.
Titelbild: Valentina SprogeAls ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell.