So lange sind deine Nahrungsmittel im Gefrierer haltbar
Nach Jahren habe ich unsere Tiefkühltruhe wieder geleert. Nebst Zwetschgen aus dem Jahre 2015 fanden sich auch noch zwei Stück Fleisch – also ich glaub es war Fleisch – und diverse Tupperware unbekannten Inhalts. «Kann ich das noch essen?», frage ich erst mich und wenig später eine Lebensmittelingenieurin.
«Du Schatz, meinst du, wir können die Zwetschgen meines Vaters, die wir vor sieben Jahren eingefroren haben, noch essen?» Eine Frage, die sich wohl so manche und mancher beim «Ausmisten» der Gefriertruhe schon gestellt hat. Aus meiner Tiefkühltruhe kam einiges hervor: Hier ein paar Zwetschgen aus dem Jahre 2015, da der Zopf, der beim Brunch vor zwei Jahren übrig geblieben ist und hier noch die gefrorene Entenbrust, die wir an Weihnachten 2019 doch nicht zubereitet haben.
Was kann ich jetzt davon noch essen und was schmeckt noch? Höchste Zeit, die Fragen von einer Expertin beantworten zu lassen. Giovanna Spielmann ist Lebensmittelingenieurin am Institut für Lebensmitteltechnologie an der Zürcher Fachhochschule in Wädenswil. Sie forscht und lehrt vor allem im Bereich Lebensmittel-Mikrobiologie.
Bevor die Expertin ins Detail geht, hält sie fest: «Die Thematik von gefrorenen Lebensmitteln und deren Haltbarkeit dürfte in naher Zukunft an Bedeutung gewinnen, weil die Menschen aufgrund der weltpolitischen Lage und der zusammenhängenden Teuerung eventuell mehr auf Vorrat kaufen und Lebensmittel einfrieren werden.» Das Einfrieren von Lebensmitteln sei auch deshalb von grosser Bedeutung, weil so im Idealfall Foodwaste vermieden werden könne.
Zusammen mit Forschenden der ZHAW hat Giovanna Spielmann einen Leitfaden «zur Reduktion von Lebensmittelverlusten bei der Datierung von Lebensmitteln» herausgegeben.
Lebensmittelsicherheit ist nicht das Gleiche wie Geniessbarkeit
Die Expertin macht gleich am Anfang auf eine wichtige Unterscheidung aufmerksam. Nämlich auf den Unterschied zwischen Lebensmittelsicherheit und deren Geniessbarkeit «Grundsätzlich lässt sich sagen, dass einmal gefrorene Produkte auch nach Jahren ohne Gesundheitsrisiko verspiesen werden können, da sich die schädlichen Mikroorganismen bei Minustemperaturen nicht vermehren», so Spielmann. Hingegen wirke sich die Gefrierdauer auf die Qualität von gefrorenen Lebensmitteln respektive deren Geniessbarkeit aus. Will heissen: Kaufst du im Supermarkt tiefgefrorene Pommes, die im April 2023 ablaufen, sind diese, vorausgesetzt die Kühlkette wurde nie unterbrochen, auch über dieses Datum hinaus essbar – fragt sich nur, ob sie auch noch gut schmecken.
Apropos Kühlkette: Mit wenigen Ausnahmen wie zum Beispiel Brot und Butter gilt die Regel, dass einmal aufgetaute Lebensmittel nicht nochmals eingefroren werden sollten. «Und nach dem Auftauen sollten die Lebensmittel rasch, also innerhalb von ein bis zwei Tagen konsumiert werden», betont Spielmann.
Faustregel: Je fetthaltiger, desto weniger lange haltbar
Zurück zu meinen inzwischen seit sieben Jahren gefrorenen Zwetschgen: Sind die noch geniessbar? Und wie verhält es sich mit meiner Entenbrust aus dem Jahr 2018?
1. Obst und Gemüse
Je schneller tiefgekühltes Gemüse nach der Ernte eingefroren wird, desto mehr Vitamine bleiben erhalten. Das meiste Gemüse hält sich bis zu zwölf Monate in gefrorenem Zustand. Um die Haltbarkeit zu verlängern, empfiehlt es sich, Gemüse zu blanchieren, gut abzutrocknen und erst dann einzufrieren. Dadurch bleiben Vitamine und die frische Farbe erhalten. Bei der Zubereitung das Gemüse dann am besten gefroren in den Kochtopf gegeben, weil auch dann Vitamine, Mineralstoffe und auch Geschmack erhalten bleiben. Pilze und Zucchini lassen sich auch roh einfrieren.
Auch beim Obst gilt die Regel, dass es gut ein Jahr eingefroren werden kann, ohne an Qualität einzubüssen. Bei Beeren empfiehlt es sich, diese zunächst nebeneinander auf ein Tablett oder einer flachen Schale für einige Stunden vorzufrieren. So behalten sie ihre Form und kleben später nicht aneinander. Zurück zu meinen Zwetschgen: Ob Gemüse oder Obst allenfalls verdorben ist, erkennst du an weissen oder bräunlichen Verfärbungen.
2. Fleisch und Wurstwaren
Grundsätzlich gilt: Nicht alle Fleischsorten halten sich gefroren gleich lang. Es gilt die Faustregel: Je fetter das Fleisch, desto kürzer seine Haltbarkeit. So lässt sich dein Poulet bis zu zehn Monate einfrieren, während Hackfleisch oder Würste nicht länger als drei Monate im Tiefkühler lagern sollten.
3. Fisch
Fisch ist tiefgekühlt ungefähr vier Monate haltbar. Tümpelt er länger im Tiefkühler, ist er zwar noch essbar, aber es kann sich ein unappetitlicher Fischgeruch bemerkbar machen. Fische sollten vor dem Einfrieren zudem frisch und ausgenommen sein. Analog zum Fleisch sind auch Fischsorten mit hohem Fettanteil wie etwa Lachs oder Forelle weniger lang haltbar. Davon ausgenommen sind natürlich die Fischstäbchen, die auch nach über einem Jahr in gefrorenem Zustand geniessbar sind.
4. Milchprodukte
Die Haltbarkeit von Milchprodukten variiert stark. Je nach Sorte können die Lebensmittel zwischen zwei und zwölf Monaten eingefroren werden. Glace zum Beispiel hält sich bis zu einem Jahr. Butter ist tiefgekühlt sechs bis acht Monate haltbar. Wird sie länger eingefroren, riskierst du, dass sie einen ranzigen Geruch annimmt. Milch, Joghurt und Käse sind nur bedingt zum Einfrieren geeignet, denn Minustemperaturen bekommen den Käsebakterien nicht und sie sterben ab. Ist der Reifeprozess eines Käses also noch nicht abgeschlossen, solltest du ihn daher nicht einfrieren.
5. Brot und Teigwaren
Brot sollte nicht allzu lange eingefroren werden. Am besten verpackt man das Brot im Ganzen oder in Scheiben portionsweise. Brötchen sollte man nur ganz frisch verpacken und ebenfalls nach ein bis drei Monaten verbrauchen. Roher Teig lässt sich rund vier bis sechs Monate einfrieren.
6. Fertig gekochte Speisen
Selbst zubereitete Speisen wie etwa Saucen sollten nicht länger als drei Monate eingefroren werden.
Obacht bei Gefrierbrand
Während viele Lebensmittel eingefroren werden, um deren Haltbarkeit zu verlängern, verhält es sich bei einigen Lebensmitteln genau umgekehrt. Sie verderben schneller und ihre Konsistenz, ihr Aussehen sowie ihr Geschmack verschlechtern sich. Dazu gehören etwa: Rohe Eier (platzen), gekochte Eier (werden glasig), rohe Kartoffeln (werden süss), Pudding und Gelatinespeisen (werden wässrig), Kopfsalat (fällt beim Einfrieren in sich zusammen), Mayonnaise (die Zutaten trennen sich) oder generell wasserreiche Lebensmittel wie Radieschen, Gurken, rohe Tomaten oder Wassermelonen, die beim Auftauen matschig werden und ihre typische Konsistenz verlieren. Und Milchprodukte wie Joghurt, Dickmilch, Creme fraiche flocken aus.
Egal, welches Lebensmittel du einfrieren willst, solltest du darauf achten, es richtig abzupacken. Denn kommt während des Einfrierens Luft ans Lebensmittel, kann sich Gefrierbrand bilden. Dieser zeigt sich durch Eiskristalle und ausgetrocknete weisslich bis braun-graue Stellen auf dem Lebensmittel, die den Geschmack beeinträchtigen und Lebensmittel zäh und ledrig werden lassen.
Deshalb: Beim Verpacken die Luft aus den Gefrierbeuteln streichen und für einen luftdichten Verschluss mit speziellen Klammern sorgen. Besonders einfach geht das mit einem Vakuumiergerät und passenden Beuteln.
Die Foodmanager-App schafft Übersicht über deine gefrorenen Lebensmittel
Ziemlich sicher hätte ich beim Leeren meines Gefrierschrankes nicht so viele Überraschungen erlebt, hätte ich die Dienste einer App wie zum Beispiel «Food Manager» zur Hilfe genommen. Mit dieser App kannst du den gesamten Inhalt deiner Kühl- und Gefrierschränke verwalten. Auf Wunsch erinnert dich «Food Manager» noch vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums an den Verzehr des jeweiligen Lebensmittels. Durch den Einsatz von Vakuumierfolien mit QR-Etiketten wird die Nutzung der App noch bequemer. Einfach das Lebensmittel vakuumieren, Aufkleber anbringen und direkt in den Food Manager importieren.
Soviel zu Theorie. Ob ich jetzt meine Zwetschgen nach über sieben Jahren noch essen kann, finde ich wohl nur heraus, wenn ich sie einfach koste. So wie es Lebensmittelingenieurin Giovanna Spielmann selber mit ihrer Fonduemischung machen wird, die seit bald einem Jahr im Tiefkühler lagert. «Ich experimentiere gerne selber mit gefrorenen Lebensmitteln und bin immer gespannt, ob und wie sich das Einfrieren auf einzelne Lebensmittel auswirkt.»
Zweifachpapi, nein drittes Kind in der Familie, Pilzsammler und Fischer, Hardcore-Public-Viewer und Halb-Däne. Was mich interessiert: Das Leben - und zwar das reale, nicht das "Heile-Welt"-Hochglanz-Leben.