Hintergrund

Schweiz oder Deutschland? Bei Galaxus gibt's beides

Anne Fischer
11-4-2023

Die Deutschen wandern am liebsten in die Schweiz aus. Woran liegt das? Ich habe mich mal umgehört – haben wir bei Galaxus doch sowohl Standorte in Deutschland als auch in der Schweiz.

Die Schweiz ist bei Deutschen hoch im Kurs – und das nicht nur in puncto Urlaub. Die Schweiz ist das beliebteste Land für Auswanderer mit deutschem Pass. Laut Handelsblatt gibt es viele Gründe, die bei Deutschen zu diesem Entschluss führen: Höhere Gehälter, niedrigere Abgabenlast oder ein einfacheres Steuersystem etwa. Sicherlich spielen bei vielen auch andere Umstände – etwa die Landschaft oder die Nähe zu Italien – eine Rolle.
Das Ganze hat mich interessiert. Ich selbst arbeite bei Galaxus in Hamburg – zu Recht bekannt als «schönste Stadt der Welt». So habe ich auch Kollegen kennengelernt, die ins Zürcher Office gewechselt sind beziehungsweise von dort zurückkamen. Ich habe mal zwei Kolleginnen rausgefischt und gefragt: Was ist denn nun besser?

Luise zog erst in die Schweiz und kam dann zurück nach Hamburg

Luise Dalhoff ist 32 Jahre alt und Mutter einer kleinen Tochter. 2019 verließ sie ihre Geburtsstadt Hamburg und lebte fortan für fast drei Jahre in Birmensdorf bei Zürich. Mittlerweile ist sie wieder in Hamburg – und dennoch ständig in der Schweiz.

Luise, wie kam es zu deinem Umzug in die Schweiz?

Luise: Im März 2019 ist meine Tochter geboren. Zu der Zeit wurde mein Partner mit dem MBA fertig. Da ich bei meinem alten Arbeitgeber keine wirkliche Perspektive gesehen habe, war ich offen für etwas Neues. Mein Partner hatte verschiedene Jobangebote, darunter eines aus der Schweiz. Wir wollten schon immer mal in die Berge und fanden die Idee faszinierend, einfach am Wochenende mal Skifahren zu gehen. Ich bin dann erst einmal ohne Job in die Schweiz gereist.

** Den du dann bei Galaxus gefunden hast?**

Ich habe in Deutschland vorher im eCommerce gearbeitet und Waren auf und an Amazon verkauft. Ich war überzeugt, dass ich diesen Job in Zürich ebenso ausüben kann. Erst später habe ich realisiert, dass es Amazon in der Schweiz nicht gibt. Dementsprechend gab es dort auch keine Amazon-Beratungsagenturen. Von einem Kumpel aus dem Studium bekam ich den Tipp, dass mit Galaxus ein Äquivalent zu Amazon in der Schweiz ansässig ist. Ein Jahr nach unserem Umzug im April 2020 habe ich schließlich bei Galaxus angefangen.

Wie war der neue Job?

Bei meinem Einstieg gab es aufgrund des Lockdowns kaum noch eine Office-Kultur. So habe ich wenig Leute kennengelernt. Wir haben in Birmensdorf gewohnt, mein Freund arbeitete in Zug. Morgens habe ich meine Tochter in die Kita gebracht und direkt nach der Arbeit wieder abgeholt. So ging es anderthalb Jahre. Aber irgendwann habe ich erfahren, dass Galaxus auch in Deutschland aktiv ist und zufälligerweise ein Office in Hamburg hat. Ab und an, wenn ich zu Besuch bei meiner Familie war, bin ich dort ins Büro gegangen. Dann hat sich eine Teamlead-Stelle aufgetan, um einige Lifestyle-Bereiche für den europäischen Markt aufzubauen.

Und da hast du dich beworben?

Eigentlich wollte ich noch nicht zurück, aber generell irgendwann schon. Dass ich dort alt werden würde, habe ich nie erwartet. Aber es hätten auch zehn Jahre sein können. Dass ich dann eher schneller zurück will, hat sich in der Zeit ergeben, in der ich gearbeitet habe, niemanden kannte und durch die Pandemie kaum Möglichkeiten hatte, abends mal wegzugehen, da mein Partner oft bis spät in die Nacht gearbeitet hat.

Was hat dein Partner dazu gesagt?

Der war eh nicht so happy in seinem Job. Hätte er gesagt: Ich liebe diesen Job, dann hätten wir in der Schweiz eine andere Lösung finden müssen. Aber es gab eh immer die Überlegung, dass er mal in die Firma seines Vaters, ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen, einsteigt und nun arbeitet er dort. Zum 1. Januar 2022 war ich dann wieder hier.

«Die Schweiz hat einen absoluten Wettervorteil»

Jetzt kennst du beide Länder. Was findest du an der Schweiz besser, was sind die größten Unterschiede?

Die Freizeitgestaltung in der Schweiz ist ganz anders. Wir hatten einen kleinen Bus und sind damit jedes Wochenende irgendwo hingefahren – Wandern, Skifahren oder auf Campingplätze. In der Schweiz gibt es nicht so ein krasses Stadtleben wie in Hamburg, zumindest haben wir es nicht so gelebt. Man hat einen absoluten Wettervorteil in der Schweiz, es wird schneller warm und es ist nicht den ganzen Winter lang grau und nass. Das schlägt extrem aufs Gemüt. Dafür hat man mit Hamburg die schönste Stadt. Ansonsten finde ich, dass es zwischen Hamburg und Zürich viele Parallelen gibt, wie beispielsweise die Nähe zum Wasser. Aus meiner Perspektive fand ich die Kita- und Betreuungssituation in der Schweiz viel besser und dadurch war es entspannter, ein Kind zu haben und Vollzeit zu arbeiten.

Was ist an Hamburg besser?

Hamburg ist eine Großstadt und das merkt man auch. Hamburg hat einen anderen Vibe als Zürich. Hier geht immer was, die Läden haben lange auf, die Bordsteine werden nicht hochgeklappt.

Wie oft bist du jetzt noch in der Schweiz?

Ich war zuletzt im Dezember, im Januar und im März einmal in der Schweiz. Ich könnte mir gut vorstellen, eine halb-private Workation in der Schweiz zu machen. Ich bin immer noch sehr gerne dort und genieße die Vorteile, die es dort hat: Vor allem das Wetter und die Berge.

Luise Dalhoff arbeitet zwar in Hamburg, freut sich aber dennoch auf jede Reise in die Schweiz
Luise Dalhoff arbeitet zwar in Hamburg, freut sich aber dennoch auf jede Reise in die Schweiz
Quelle: Anne Fischer

Die Vorteile, die es dort hat? Die Schweizer Ausdrucksformen haben sich schon verinnerlicht, oder?

Ich bin eine der wenigen am Standort Hamburg, mit denen die Kollegen aus der Schweiz Schweizerdeutsch sprechen können. Als ich hingezogen bin, habe ich gar nichts verstanden. Und es hieß immer: ‘Sag am besten, dass du alles verstehst, das kommt besser an.’ Also das Bewerbungsgespräch auf Schweizerdeutsch war super anstrengend für mich, ich musste mich total konzentrieren. Ich glaube, die ersten zwei Wochen habe ich nichts verstanden. Aber es lief schnell immer besser!

** Bleibt ihr als Familie jetzt in Hamburg?**

Ja, wir haben in Hamburg ein Haus gekauft. Ich würde nicht nochmal umziehen wollen. Aber ich finde es cool, dass ich durch Galaxus den Bezug zur Schweiz habe. Jedes Mal, wenn ich dort bin, verbinde ich das und meine Familie kommt hinterher und wir sind noch ein paar Tage dort.

Zürich als neue große Liebe

Und dann gibt es da noch Lizzy alias Elisabeth Rönz. Trotz vieler Namen, die ich mir nicht merken konnte, ist Lizzy mir gleich am ersten Arbeitstag bei Galaxus in Hamburg in Erinnerung geblieben. Sie stieß etwas später zum Mittagessen dazu und erzählte allen aufgeregt von Zürich. Ich fragte sie, ob sie dorthin ziehe. Und sie strahlte mich an und sagte: «Ja, ich habe mich verliebt.» Es war klar, dass sie die Stadt meinte. Dieser Tage steckt die 34 Jahre alte Digital Media-Designerin mitten im Umzugsstress. Obwohl sie ihr ganzes Leben lang in Hamburg verbracht hat und sich nie vorstellen konnte, diese von vielen als «schönste Stadt der Welt» bezeichnete City zu verlassen, tut sie nun genau das.

** Lizzy, du hast im November 2021 bei Galaxus gestartet, jetzt, nicht mal zwei Jahre später, ziehst du von Hamburg nach Zürich. Das ging schnell!**
Es war Liebe auf den ersten Blick! Wirklich, schon auf meiner ersten Reise Ende 2021.

** Warum hat man dich dann in Hamburg eingestellt?**

Der Standort Hamburg sollte auf- und ausgebaut werden. Wir sind ja auch extrem gewachsen, nur in der Creation nicht. Aber im Brand-Marketing gibt es mittlerweile zum Beispiel ja schon zwei Personen. Es war angedacht, dass wir in Hamburg mehr Designer und Designerinnen haben, aber bislang haben wir niemanden gefunden.

** Was passiert jetzt, wenn die einzige Designerin aus Hamburg nach Zürich geht?**

Ich war mir zuerst unsicher, ob das Vorhaben gut ankommen wird. Meine Stabsstelle mit dem firmeninternen Wunsch der länder- und teamübergreifenden Verbindung ist wichtig. Allerdings habe ich für mich festgestellt, dass es mir extrem schwergefallen ist, immer so viel alleine hier zu sein. Ich bekomme viele Dinge nicht mit. Das Zwischenmenschliche fehlt. Mir geht viel Inspiration verloren.

** War das der Grund für deine Entscheidung?**

Nein, das ist eher nachgelagert. In erster Linie ist es wirklich eine persönliche Entscheidung für die Stadt und das Leben in Zürich.

** Was fasziniert dich so sehr an Zürich?**

Wie man eine neue Stadt erlebt, hängt ganz stark davon ab, wie man von den Menschen aufgenommen wird. Meine Kollegen und Kolleginnen haben mich so krass integriert. Sie haben mir die Stadt gezeigt, viele Tipps gegeben, mich zu Partys, Events und Ausflügen mitgenommen. Es hat sofort auf allen Ebenen gematcht. Ich habe außerdem auch noch eine Freundin und einen Freund aus Hamburg, die schon seit Jahren in Zürich leben. Zürich hat sich für mich irgendwann so doll nach Zuhause angefühlt. Wenn ich in Hamburg bin, habe ich Heimweh. Ich konnte irgendwann nicht mehr aus Zürich wegfahren, ohne auf dem Rückweg im Zug zu weinen.

** Erinnert dich Zürich auch an Hamburg?**

Ich finde, dass es zwischen Zürich und Hamburg viele Parallelen gibt, was z.B. das Stadtbild angeht: mit dem Wasser, den Möwen, der Altstadt und dem Vibe… Am Bürkliplatz fühle ich mich wie auf der Kennedybrücke, nur dass im Hintergrund diese absurd schönen Berge herausragen – daran werde ich mich hoffentlich auch nie sattsehen.

«Ich weiß einfach, dass ich da hingehöre»

Es ist schon eine ganz andere Landschaft als in Deutschland..

Ich mag es, dass die Schweiz generell so klein ist, die Nähe zu Frankreich und vor allem Italien – ich bin ein ganz großer Italienfan –, diese gefühlte Internationalität, die in Zürich zusammenkommt. Ich liebe es, dass die Stadt eben auch so klein ist, dass man überall so schnell hinkommt, dass man aber trotzdem nicht das Gefühl hat, dass einem irgendetwas fehlt oder nicht geboten wird. Aber am meisten liebe ich wohl, wie ich mich in Zürich fühle: Ich weiß einfach, dass ich da hingehöre.

Zuhause angekommen: Elisabeth Rönz im Zürcher Office
Zuhause angekommen: Elisabeth Rönz im Zürcher Office
Quelle: Privat

** Gab es etwas, das dich zurückgehalten hat?**

Vielleicht nicht zurückgehalten, aber worüber ich bei meiner Entscheidung natürlich am meisten nachgedacht habe, ist, die mir am engsten stehenden Menschen in meinem Leben “zurückzulassen” – Freunde, Familie. Ich sehe meine kleine Nichte seltener und ich wusste, dass diese physische Distanz natürlich etwas verändern wird. Aber am Ende des Tages weiss ich auch, dass sie immer da sein werden und sie wissen, dass ich immer da sein werde – egal, wie viele Kilometer zwischen uns liegen.

** Wie hat denn dein persönliches Umfeld reagiert?**

Es war für niemanden eine Überraschung. Ich war verhältnismäßig viel in Zürich. Meine Familie und mein Freundeskreis haben gesehen, wie happy ich war, wenn ich dort war.

** Worauf freust du dich nach deinem Umzug?**

Ich freue mich auf das Ankommen und Leben da, auf meine neue Wohnung, die kurzen (Arbeits-)wege, mein Team, alte und neue Freundschaften. Ich freue mich auf Spaziergänge durch die Stadt, das Laufen am See, den Ausblick auf die Berge, die vielen kleinen Oasen, die ich schon für mich entdeckt habe, meine Lieblingsbars und Cafés, veganes Gebäck von der Moon Bakery. Ich kann den Sommer kaum erwarten – der Sommer in Zürich ist unfassbar schön! Baden in der Limmat, abends lange draußen sein...

** Was wirst du außer Freunden und Familie in Hamburg vermissen?**

Natürlich Hamburg als meine Heimatstadt. Ich werde meine jetzige Wohnung vermissen, meine Nachbarschaft – ich habe dort sieben Jahre gelebt. Meine Bienen werden mir dieses Jahr total fehlen und auch mein Saisongarten. Ich imkere seit sieben Jahren, jetzt mit dem Umzug ist es mir aber zu hektisch und es ist ein sehr zeitintensives Hobby. Die Bienen bleiben bei meinen Eltern, nächstes Jahr hole ich sie zu mir.

** Was macht dein Schweizerdeutsch?**

Mit mir können eigentlich alle Schweizerdeutsch sprechen, ich habe mich schon gut dran gewöhnt. Wenn ich etwas nicht verstehe, frage ich nach. Selber sagen kann ich aber nur: huere gut.

** Ist es ein Abschied für immer?**

Das weiß ich nicht. Ich ziehe gerade weder mit dem Vorsatz um, nur für eine bestimmte Zeit dort zu bleiben, noch kann ich mir jetzt schon vorstellen, in Zürich alt zu werden. Ich lebe gerade nur im Moment und bin mega dankbar, dass ich gerade so frei und unabhängig in dieses neue Abenteuer starten kann.

Titelfoto: Keystone

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