Pasta machen ist zäher als gedacht
Basta mit gekaufter Pasta! Um meine eigenen Teigwaren herzustellen, habe ich die Maschine Marcato Atlas 150 getestet. Eine teils zähe Angelegenheit.
Hätte mir vor fünf Jahren jemand gesagt, dass ich Mahlerin (ja, mit h) werde, hätte ich das Supermarkt-Gipfeli vor Lachen quer über den Tisch gespuckt. Doch seit Anfang Jahr mahle ich nun Mehl, hingebungsvoll wie ein Michmehlangelo.
Das klingt fade? Von wegen! Das Vollkornbrot, das daraus entsteht, schmeckt dermassen aromatisch, dass ich beschlossen habe, meine bescheidenen Selbstversorger-Skills auszubauen. Nicht nur eigenes Brot, auch selbstgemachte Pasta will ich mir einverleiben.
Die Maschine
Eine passende Pastamaschine ist schnell zur Stelle. Nach einigen Testberichten und Bewertungen fällt die Wahl auf die italienische Designikone Marcato Atlas 150. Die Maschine sei einfach zu bedienen und zu reinigen und könne mit diversen Aufsätzen erweitert werden, heisst es. Proviamo a testare, probieren wir es aus!
Der Teig
Internet-Rezepte für Pastateig gibt es so viele wie Körner im Mehl. Gemeinsam haben sie eines: Auf 100 Gramm Mehl kommt ein Ei. Ich entscheide mich für 500 Gramm, mahle das Getreide und schichte das frische Mehl zu einem kleinen Hügel auf. In der Mitte grabe ich eine Mulde. Dort hinein kippe ich zuerst einen halben Teelöffel Salz, dann fünf verklopfte Eier und zuletzt 2 Deziliter Wasser.
Von aussen schiebe ich alles zusammen und beginne zu kneten. «Wenn der Teig elastisch ist und nicht mehr an den Händen klebt, ist er so weit», meint das Rezept. Ich knete. Und knete und knete. Der Teig fühlt sich immer bröckeliger an. Deshalb gebe ich vorsichtig etwas Wasser hinzu. «Tröpfchen für Tröpfchen», mahnt das Rezept. Und siehe da: Beim Weiterkneten fügen sich die Risse langsam zusammen. Nach etwa zehn Minuten fühlt sich der Teig elastisch an. Das könnte was werden. Ich lasse ihn eine Stunde ruhen, schneide ihn in kleine Portionen und stelle ihn bereit.
Die Befestigung
Weniger stabil steht noch die Maschine da. Die muss ich erst mit einer Handkurbel versehen und mit einer Klammer befestigen. Als ich sie an der Kante der Küchenarbeitsplatte fest drehe, fühle ich mich in den Werkunterricht in der Schule zurückversetzt (Schraubzwinge, I’ll never forget you). Und ähnlich staubig wird es auch gleich.
Die Formung
Ich schnappe mir das erste Teigröllchen und forme es mit der Hand zu einem platten Oval. Hinten und vorne bestäube ich es mit Mehl. Schnell merke ich: Wirklich gleichmässig gelingt das nur mit einem Mehlstreuer. Ich falte den Teig einmal mittig, um eine schöne Kante zu erhalten. Diese werde ich gleich brauchen.
Vorsichtig setze ich die Teigkante oberhalb der Nudelwalze an. Für die gewünschte Dicke ziehe ich den silbernen Regler links nach aussen. Bei der 0, für die grösste Breite, lasse ich ihn wieder einschnappen. Hier lasse ich ihn erstmal für fünf bis sechs Runden. Die braucht der Teig, damit sich die Glutenstruktur bildet und er stabil bleibt.
Langsam beginne ich, an der Handkurbel zu drehen. Geschmeidig gleitet mein Teig das erste Mal durch. Ich spüre förmlich, wie er plattgedrückt wird. Und gleich nochmals. Erneut klappe ich ihn mittig zusammen, setze die Kante an der Nudelwalze an und drehe ihn durch. Vier Mal noch. Langsam kommt der Teig in Form. Das ist ja zum Durchdrehen, wie viel Spass das macht!
Das Auswalzen
Nach dem fünften Durchgang schalte ich meine «Küchen-Vespa» einen Gang höher. Ich ziehe den silbernen Regler nach aussen und lasse ihn bei der 1 wieder einschnappen. Bis zur fünften drehe ich den Teig so bei jeder Stufe einmal durch. Er wird stetig dünner und länger. Und rissiger. Auf Stufe 4 passiert es: In der Mitte des Teigs klafft ein Loch. Che cazzo!
Ist der Teig wieder zu trocken? Wie ich herausfinde, schluckt frisch gemahlenes Vollkornmehl mehr Wasser als gekauftes. Der Grund: Es hat eine grössere Kornoberfläche. Ich betröpfle den Teig also nochmals mit etwas Wasser und knete ihn erneut – vielleicht war auch das zu kurz. Als der Teig kleine Bläschen bildet, habe ich ein gutes Gefühl. Wie ich gelesen habe, bedeutet das, dass die Glutenstruktur des Teigs stabil ist und das Gas im Teig festhält.
Jetzt geht’s nochmals zurück auf Stufe 1, 2, 3, 4, 5 … ungeduldig gehe ich erneut alle Durchgänge durch. Und kann schliesslich erleichtert aufatmen: Der Teig hat es unbeschadet überstanden. Ich selbst so halbwegs. Ich bin ziemlich geschafft. Vielleicht kaufe ich mir doch mal einen Motorantrieb, der mir das Kurbeln abnimmt.
Das Schneiden
Doch erstmal weiter mit der Handarbeit. Das rund 50 Zentimeter lange Teigstück, das ich gewalzt habe, lege ich auf den Tisch vor mir. Die ausgefransten Enden schneide ich vorne und hinten gerade ab. Dann ziehe ich die Kurbel bei der Nudelwalze heraus und stecke sie bei der Schneidwalze wieder ein.
Mit den mitgelieferten Aufsätzen lassen sich drei Teigwarenarten herstellen (von ganz dick bis ganz dünn):
- Lasagneblätter
- Fettuccine
- Tagliolini
Ich entscheide mich für die goldene Mitte: Fettuccine. Mit der einen Hand balanciere ich den Teig zur Schneidwalze, mit der anderen beginne ich zu drehen. Echt ein schwieriges Unterfangen bei dieser Länge von Teig – und alleine. Hier bräuchte man noch ein zweites Paar Hände (oder eben einen Motor). Auch fällt mir auf: Ist die Maschine nicht an einer Ecke, sondern Kante befestigt, kann die Pasta nicht schön herunterhängen. Das werde ich nächstes Mal anders machen. Irgendwie schaffe ich es dann aber doch und siehe da: Die ersten eigenen Fettuccine kommen aus der Maschine raus.
Bellissima! Ich fange sie in der Hälfte mit einem Messstab auf und befördere sie auf den Nudeltrockner. Hier werden sie die nächsten 12 Stunden abhängen und trocknen, um haltbar zu werden.
Das Kochen
Am nächsten Morgen kann ich die steife Pasta vom Ständer lösen (sorry, der musste sein). Vollständig trocken kann ich sie rund drei Monate aufbewahren. Doch so lange werden sie nicht überleben. Nur zwei Minuten müssen die Fettuccine in siedendem Wasser kochen, bis sie fertig obenauf treiben. Aufgeregt nehme ich den ersten Biss. Konsistenz: körnig. Das würde ich mit Weissmehl bestimmt feiner hinkriegen. Geschmack: aromatisch. Das würde ich mit Weissmehl bestimmt nie so hinkriegen. Il test è un successo!
Das Scheitern
Anders sieht es aus, als ich ein paar Wochen später vegane Fettuccine ausprobiere. Das knifflige Verhältnis von Mehl zu Wasser – bereits bei herkömmlicher Pasta eine Kunst – fällt bei den eifreien, dünnen Teigwaren besonders ins Gewicht: Nach nicht einmal zehn Minuten auf dem Nudeltrockner reisst der untere Teil der Fettuccine ab, als wäre der Teig zu schwer für sich selbst.
Seither balanciere ich bei veganer Pasta unsicher auf dem schmalen Grat zwischen zu klebrigem und zu trockenem Teig. Mehr Öl als Kleber zu verwenden oder die Teigwaren zu legen statt zu hängen, hat nur mässig gut funktioniert. So kleben sie einfach als Riesenknäuel zusammen. Doch ich gebe die Fettuccine nicht auf. Ich werde weiter walzen. Schliesslich ist noch kein Michmehlangelo vom Himmel gefallen.
Fazit
Gut Pasta will Weile haben
Selbstgemachte Teigwaren erfordern Geduld. Das Gespür für die richtige Konsistenz des Teigs zu entwickeln und die zahlreichen Walzdurchgänge zu durchlaufen, dauert. Doch nichts schmeckt besser als frische Pasta!
Dafür ist die Marcato Atlas 150 eine hervorragende Helferin. Qualitativ überzeugt sie auf ganzer Pastalänge. Sie lässt sich mit einem Pinsel einfach reinigen und auf sämtlichen Arbeitsflächen stabil befestigen. Die Aufsätze für verschiedene Teigwarenarten sind eine sinnvolle Ergänzung. Einzig der Motorantrieb (den es nur in Silber gibt) hätte im höheren Anschaffungspreis inbegriffen sein können. So wäre es einfacher, Pasta alleine herzustellen.
Pro
- hochwertig verarbeitet
- praktische Aufsätze
- unkomplizerte Reinigung
- leichte Bedienung
- stabile Befestigung
Contra
- Motor: nicht inbegriffen und nur in Silber erhältlich
Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.