Nothing Ear (1) im Test: Nothing Really Matters
Produkttest

Nothing Ear (1) im Test: Nothing Really Matters

Jan Johannsen
13-8-2021

Der Hype vor dem Launch der Nothing Ear (1) war groß und das endet oft in einer Enttäuschung. Bei den True-Wireless-Kopfhörern ist das zwar nicht der Fall, aber noch ist hier nicht alles perfekt.

Nicht jedes Start-up erhält bei seinem ersten Produkt so viel Aufmerksamkeit wie Nothing bei den Ear (1). Das liegt an Gründer Carl Pei, der sich als Mitgründer der Smartphone-Marke OnePlus einen Namen gemacht hat und sich mit seiner neuen Firma anderen Produkten zuwenden will. Den Anfang machen True-Wireless-Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung.

Transparentes Design und hoher Komfort

Passend zum Namen, will Nothing auch beim Design seiner Produkte minimalistisch sein. Das ist bereits beim quadratischen Case der Ear (1) mit transparentem Kunststoff umgesetzt. Ansonsten ist weiß die dominierende Farbe. Das wirkt insgesamt kühl, schlicht und versprüht simple Eleganz. Im Deckel der Box ist eine Einbuchtung zwischen den Kopfhörern. Sie hat mich zuerst verwundert, aber bereits nach kurzer Zeit verstand ich ihren Sinn. Sie ist ein Daumenschmeichler. Immer wenn ich nach dem Case greife, passt mein Daumen da genau rein und ich kann die Hülle wunderbar zwischen meinen Fingern rotieren lassen.

Die Transparenz setzt sich bei den Ohrsteckern fort. Während der im Ohr verschwindende Teil weiß ist, geben die länglichen Stäbe den Blick auf die Technik in ihrem Inneren frei. In der Packung liegen zwar noch Polsterkappen in zwei weiteren Größen, bei mir passen die Ear (1) aber bereits perfekt aus der Box. Ich muss hier nichts wechseln und könnte die Kopfhörer stundenlang tragen. Die 4,7 Gramm pro Ohrstecker fühlen sich an wie eine Feder – und kitzeln zum Glück nicht.

Vor etwas Schweiß oder Regen musst du dir mit den Ear (1) keine Sorgen machen. Sie sind vor Spritzwasser geschützt (gemäß IPX4). Bei mir sitzen sie auch so gut im Ohr, dass sie beim Joggen oder ähnlichen Bewegungen nicht herausfallen. Ich habe es nur mit Pullovern oder dem Fahrradhelm geschafft, sie mir selber aus den Ohren zu ziehen.

Schöner Sound und schlechte Telefonate

Mit meinem Android-Smartphone sind die Nothing Ear (1) schnell gekoppelt. Wichtig: Für die Kopplung bleiben sie im Gehäuse. Nimmst du sie heraus, klappt es nicht. Anschließend stellen sie eine Verbindung über Bluetooth 5.2 zum Smartphone her, während ich sie aus ihrer Box zu meinem Ohr bewege. Die Ear (1) unterstützen die zwei Audio-Codes AAC und SBC. AptX und LDAC beherrschen sie nicht.

Sobald die Ear (1) bei mir im Ohr stecken, höre ich deutlich weniger von der Umgebung. Aber da geht noch mehr. Drei Mikrofone stehen für die aktive Geräuschunterdrückung zur Verfügung und helfen dabei, noch mehr Geräusche zu eliminieren. Es ist keine totale Stille, aber an der viel befahrenen Straße schon sehr ruhig. Größter Vorteil: Ich muss die Lautstärke nicht hochstellen, um zum Beispiel beim Podcast alles gut verstehen zu können. Spricht mich jemand an, bekomme ich das mit, muss die Ohrstecker aber herausnehmen, um die Person verstehen zu können.

Alternativ könnte ich auch den Transparenzmodus aktivieren, der mich die Umgebung hören lässt. Der direkte Wechsel von der aktiven Geräuschunterdrückung zum Transparenzmodus wirkt wie den Lautstärkeregler an der Stereoanlage direkt auf Anschlag hochdrehen. Sprich: Ich verstehe dann auch andere Menschen gut. Die Frage, ob ich die Ohrstecker drinnen lasse oder nicht, ist dann eher eine der Höflichkeit.

In den Nothing Ear (1) steckt pro Kopfhörer ein 11,6 Millimeter großer Treiber, die in der Summe für einen klaren und voluminösen Sound sorgen. Dass sie direkt im Ohr stecken, erleichtert es ihnen gut zu klingen und einen Stereosound zu erzeugen. Bass ist ebenfalls vorhanden, aber wie bei den meisten True-Wireless-Kopfhörern nicht besonders ausgeprägt. Willst du den Bass spüren, brauchst du andere Ausgabegeräte.

Während ich mit dem Klang und Tragekomfort der Nothing Ear (1) zufrieden bin, gilt das nicht für die Menschen, mit denen ich telefoniere. In der Nähe von Lärmquellen bin ich kaum zu verstehen und die Verbindung ist auch in ruhiger Umgebung nicht immer stabil. Apropos stabil: Ich habe das Gefühl, die aktive Geräuschunterdrückung hat gelegentlich kleine Aussetzer oder die Software benötigt einen Moment, um eine Lärmquelle zu erkennen, um sie anschließend zu neutralisieren. Klingt für mich, als könnte hier ein Softwareupdate helfen.

Bedienung ohne und mit App

Zur Bedienung kannst du die Ohrstecker der Nothing Ear (1) antippen – doppelt für Pause und Start der Wiedergabe oder dreifach für den nächsten Song – oder über sie streichen, um die Lautstärke zu erhöhen. Antippen und den Finger auf ihnen lassen wechselt zwischen aktiver Geräuschunterdrückung, Transparenzmodus und keinem von beiden durch.

Falls du noch mehr Bedienung haben willst, bietet Nothing dir noch eine App für die Ear (1) an (Android only). Sehr positiv fällt mir auf, dass ich für sie keinen Account anlegen muss und die Verbindung zu den Kopfhörern auch funktioniert, wenn ich sie bereits klassisch über das Smartphone gekoppelt habe. Beides keine Selbstverständlichkeit.

Die Funktionen in der App selber sind sehr übersichtlich. Du kannst die Touch- und Slide-Funktionen anpassen. Der einzige Unterschied zu den Voreinstellungen ist aber bisher nur das dreifache Antippen auf einem der Ohrstecker zu nutzen, um zum vorherigen Song zurückzukehren. Du kannst hier zudem sehen, welcher Modus gerade aktiv ist und bei der Geräuschunterdrückung zwischen zwei Stufen wählen. Der Equalizer bietet dir vier Optionen: Ausbalanciert, mehr Höhen, mehr Bass oder Stimme.

In der App kannst du auch den aktuellen Ladestand der Ohrstecker und des Cases sehen. Nothing gibt eine maximale Akkulaufzeit von 34 Stunden an, die sich bei Nutzung der aktiven Geräuschunterdrückung auf 24 Stunden verkürzt. Auf diese Gesamtzeit kommst du, wenn du die Ohrstecker zwischendurch wieder auflädst. Wie lange sie mit einer Ladung aushalten sollen, verrät Nothing nicht. Zwei Stunden am Stück waren bei mir aber gar kein Problem und selbst dann hatten sie noch knapp 40 Prozent Rest-Akku. Du lädst die Ear (1) in ihrer Box und diese wiederum per USB-C-Kabel oder drahtlos über Ladegeräte, die den Qi-Standard nutzen.

Fazit: Super Kopfhörer, aber nicht zum Telefonieren

Ich bin sehr zufrieden mit den Nothing Ear (1). Sie sitzen bequem, klingen super, unterdrücken Umgebungsgeräusche, lassen sich gut bedienen und haben eine ordentliche Akkulaufzeit. Ganz perfekt sind sie aber noch nicht. Das zeigen die gelegentlichen, kurzer Aussetzer der aktiven Geräuschunterdrückung und die Telefonate. Willst du deine Kopfhörer viel zum Telefonieren benutzen, rate ich dir momentan von den Ear (1) ab.

Im Vergleich zur Konkurrenz brauchen sich die Nothing Ear (1) nicht zu verstecken, gerade bei dem Kampfpreis. Die Galaxy Buds Pro lassen sie mit Leichtigkeit hinter sich und bewegen sich mit dem Sony WF-1000XM4 und den AirPods Pro auf Augenhöhe, kosten aber deutlich weniger. Die Huawei Freebuds 4 kommen den Ear (1) preislich zwar nah, überzeugen mich bisher aber nicht. Ihr ausführlicher Test folgt.

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Ich bin gespannt, welches Gerät sich das Start-up als Nächstes vornimmt. Sie wollen schließlich nicht nur bei Kopfhörern bleiben. Insofern scheint Madonna Recht zu behalten: «Nothing Really Matters»

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Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Galaxus.de. 


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