Nicht so fest zubeißen: Expertentipps vom Zahnarzt für gesunde Zähne
Ratgeber

Nicht so fest zubeißen: Expertentipps vom Zahnarzt für gesunde Zähne

Anna Sandner
14-4-2024

Karies ist heute nicht mehr so verbreitet wie früher, dafür schaden viele ihren Zähnen mit Energydrinks und Co. Zahnmediziner Maximilian Donges verrät im Interview, worauf du bei der Zahnpflege und im Alltag achten kannst, damit deine Zähne gesund bleiben.

Dr. Maximilian Donges führt die Zahnarztpraxis Hamburg Smile in der Hamburger Innenstadt. Im Interview verrät er, welche typischen Fehler sich beim Putzen leicht vermeiden lassen, wie er selbst seine Zähne pflegt und was du deinen Zähnen zuliebe besser vermeiden solltest.

Zahnmediziner Donges sieht in seiner Praxis immer seltener Kariesprobleme, dafür birgt der heutige Lebensstil andere Probleme für die Zähne.
Zahnmediziner Donges sieht in seiner Praxis immer seltener Kariesprobleme, dafür birgt der heutige Lebensstil andere Probleme für die Zähne.
Quelle: Caroline Pitzke

Was fällt ihnen im alltäglichen Praxisbetrieb auf?
Dr. Donges: Wir sehen auf jeden Fall, dass Karies nicht mehr so ein großes Problem ist wie noch vor 20 Jahren. Das liegt an besseren Zahncremes, einer besseren Zahnpflege und daran, dass heute auch bei Kindern früher angefangen wird, die Zähne zu putzen und eine gute Prävention zu betreiben. Insgesamt ist ein größeres Bewusstsein für Zahnpflege verbreitet. Auch die Deutsche Mundgesundheitsstudie vom Institut der Deutschen Zahnärzte zeigt, dass das Kariesrisiko anhaltend rückläufig ist. Dafür fallen andere Probleme heute mehr ins Gewicht.

Welche sind das?
Ich sehe häufiger Zähne, die eigentlich gut gepflegt sind, bei denen aber der Zahnschmelz angegriffen ist. Das liegt dann oft an zu vielen säurehaltigen Getränken wie Energydrinks oder Cola. Die Säure greift den Zahnschmelz an, das kann zu einer Erosion der Zähne führen. Zahnschmelz ist eine kristalline Struktur, die durch die Säure zersetzt werden kann und sich dann nicht mehr nachbildet. Es entstehen Stellen, die anfällig sind für Bakterien und letzten Endes zu Löchern führen können.

Das kann auch passieren, wenn jemand seine Zähne gut pflegt und regelmäßig putzt?
Ja, das sehe ich auch bei Patientinnen und Patienten, die ihre Zähne gut und häufig pflegen. Gerade wenn etwa direkt nach einem säurehaltigen Getränk die Zähne geputzt werden, verschlimmert das die Situation noch. Dann wird der Zahnschmelz regelrecht runtergeputzt. Dann kann auch der Speichel, der den Zahnschmelz wieder remineralisieren könnte, sich nicht so leicht wieder als Schutzfilm auf die Zähne legen.

Zu säurehaltigen Getränken am besten etwas trinken oder essen, das den pH-Wert im Mund wieder neutralisiert und mindestens eine halbe Stunde mit dem Zähneputzen warten.
Dr. Donges

Sehen Sie noch andere Probleme, die trotz oder möglicherweise durch falsches Zähneputzen zustande kommen können?
Zu starkes, exzessives Zähneputzen vor allem mit zu harten Zahnbürsten kann den Zahnschmelz schädigen. Gerade wenn man in den Zahnschmelz an den Zahnhälsen, also da wo der Zahn ins Zahnfleisch übergeht, richtige Defekte rein schrubbt, führt das zu einer höheren Schmerzempfindlichkeit an den Zähnen.

Also sollte ich eher eine weiche Zahnbürste benutzen?
Zumindest keine ganz harte. Wichtig ist, möglichst drucklos zu putzen und die richtige Technik anzuwenden. Deshalb empfehle ich eine Schallzahnbürste zu benutzen, die einem die richtige Technik größtenteils abnimmt und die auch meist nicht mit so hohem Druck verwendet wird. Nach zwei Minuten hat man hier ein sehr gutes Reinigungsergebnis und vermeidet möglichen Schaden von einer harten oder mittleren Handzahnbürste.

Worauf muss ich bei einer elektrischen Zahnbürste achten?
Es muss auf jeden Fall nicht eines der teuersten Modelle sein. Die haben dann zwar sieben, acht verschiedene Modi, die braucht aber keiner wirklich. Es gibt schon sehr gute im mittleren Preisbereich. Hier liefert die Stiftung Warentest nützliche Vergleiche, wenn man sich informieren möchte. Es gibt zum Beispiel mittlerweile auch Start-ups, die Zahnbürsten mit sehr hoher Akkulaufzeit herstellen. So eine elektrische Zahnbürste kann man dann auch leicht mit in den Urlaub mitnehmen, ohne dass gleich der Akku ausgeht.

Wenn wir schon beim Thema Zahnreinigung sind, wie oft sollte ich Zahnseide oder Bürstchen für die Zahnzwischenräume verwenden?
Eines davon einmal am Tag ist schon zu empfehlen.

Bürstchen für die Zwischenräume am besten abends vor dem Zähneputzen benutzen, weil die Bakterien nachts mehr Zeit haben, Schaden anzurichten.
Dr. Donges

In der Nacht ist zudem weniger Speichel vorhanden, der sie wegspülen könnte. Gerade wenn jemand zum Beispiel mit offenem Mund schläft, ist der Mundraum nachts trocken.

Und wie häufig sollten die Zähne generell geputzt werden?
Zweimal am Tag für zwei Minuten reicht im Regelfall. Das hängt auch ein bisschen vom persönlichen Kariesrisiko ab. Wenn man dazu neigt, sollte man aber eher darauf achten, nicht so viele stark kohlenhydrathaltige Mahlzeiten über den ganzen Tag verteilt zu essen. Für die Zähne ist es besser, regelmäßige Mahlzeiten einzuhalten, statt zwischendurch immer wieder Süßes zu essen.

Dann sind zuckerhaltige Kaugummis für die Zähne praktisch der «worst case»?
Da muss man sagen, dass die Dosis das Gift macht. Viele Kaugummis sind inzwischen ja ohnehin zuckerfrei. Aber wenn man praktisch chronisch den ganzen Tag über Kaugummi kaut, bekommt man ein anderes Problem, das heute viele Menschen betrifft. Durch zu festes Kauen oder das Zusammenbeißen der Zähne wird das Kiefergelenk überlastet.

Es passiert ja häufig im Stress, dass viele die Zähne ungewollt aufeinander pressen oder nachts knirschen.
Ja, die Folgen davon sehen wir. Die Zahl der Schienen hat sehr stark zugenommen. Im Schlaf verarbeitet man ja vieles, dann wird mit den Zähnen geknirscht. Es gibt aber auch sogenannten Tagesbruxismus. Das zieht sich dann durch den ganzen Arbeitstag, dass man die Zähne zusammenbeißt. Wie auch beim Kaugummikauen führt das zu einer starken Anspannung des Kaumuskels und eben auch zu einer Überlastung. Dann entstehen nicht nur Schäden durch Abreibung an den Zähnen, sondern es kann auch zu Kopfschmerzen, Nackenverspannungen oder sogar Schmerzen an ganz anderen Stellen im Körper führen, etwa im Rückenbereich.

Hilft hier dann eine Schiene?
Genau, so ist es. Zum einen eben als Schutz vor dem Abrieb der Zähne, zum anderen aber auch, um die Belastung durch den immensen Druck auf die Backenzähne herauszunehmen. Als Tipp dazu kann ich noch mitgeben: Achten Sie tagsüber immer mal zwischendrin darauf, ob Sie ihre Zähne gerade zusammenbeißen.

Eigentlich sollte immer etwa zwei Millimeter Platz zwischen den Zähnen sein, um sie nicht dauerhaft zu belasten. Das nennt sich Ruheschwebe.
Dr. Donges

Kleben Sie sich zum Beispiel irgendwo in der Wohnung oder aufs Portemonnaie, den Laptop oder Rückspiegel im Auto einen kleinen roten Punkt, der Sie zwischendrin immer mal daran erinnert, das zu kontrollieren.

Haben Sie noch einen weiteren Tipp?

Was viele vergessen, aber durchaus auch hilfreich sein kann, ist die Zungenreinigung.
Dr. Donges

Das wird eher selten gemacht. Wobei die Zunge aber ein bisschen wie ein Flokati-Teppich ist und viele Möglichkeiten für Bakterien bietet, sich dort anzusammeln. Das ist auch eine häufige Ursache für Mundgeruch. Es gibt spezielle Zungenbürsten für die Reinigung. Sie sind geeigneter als normale Zahnbürsten, weil die langen Borsten leicht zu Würgereiz führen können. Wenn Sie regelmäßig die Zunge reinigen, merken Sie schon nach zwei Wochen eine Veränderung. Die Farbe ändert sich, weil einfach nicht mehr so viel Belag darauf ist.

Und wie handhaben Sie es selbst mit Ihren Zähnen?
Ich putze zweimal am Tag je zwei Minuten und manchmal schaffe ich es auch zwischendurch mittags noch einmal. Auch die Benutzung von Zahnseide für die Zwischenräume ist in der täglichen Routine eingeplant. Natürlich gibt es auch einmal einen Tag, wo das nicht klappt. Aber wenn man grundsätzlich regelmäßig und gründlich putzt, ist es auch nicht schlimm, wenn es in Ausnahmefällen einmal ausfällt. Außerdem probiere ich wirklich größtenteils auf säurehaltige Getränke zu verzichten und nicht immer zwischendurch Zuckerhaltiges zu essen. Bis jetzt fahre ich damit ganz gut.

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Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.


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