Meta: Facebook ändert seinen Namen und hat eine neue Mission
Aus Facebook wird Meta. Das Social Network heisst zwar weiterhin Facebook, aber das Mutterunternehmen hat einen neuen Namen. Mit dem Namen kommt eine neue Mission. Und viel Überzeugungsarbeit.
Der Konzern mit dem Namen Facebook heisst neu Meta. Damit schlägt Mark Zuckerbergs Lebenswerk mehrere Fliegen mit einem Schlag. Denn nicht nur befreit Meta alle Nicht-Social-Media-Projekte vom Namen «Facebook», sondern kann auch eine neue Richtung einschlagen.
Auch schafft der Konzern damit Verständnis, denn die Begriffe um den Konzern sind aktuell verwirrend.
Bisher sah Facebooks Unternehmensstruktur, stark vereinfacht, so aus:
Mit der Umbenennung zu Meta ändert sich genau ein Name:
All die Tochterfirmen bleiben in der ersten Phase so erhalten, wie sie heute dastehen. Facebook, das Social Network, heisst nach wie vor Facebook, ist aber neu eine Tochterfirma des Konzerns Meta. Bis dato war das Netzwerk Facebook eine Tochterfirma des Konzerns Facebook.
In erster Linie ändert sich für die Benutzer nichts. Mark Zuckerberg ist neu der CEO und Vorsitzende von Meta, die App auf deinem Phone heisst weiter Facebook. Doch die Technologiewelt hat sich heute verändert.
Die Arbeit am Metaverse beginnt
Das grosse Ziel Metas ist die Schaffung eines Metaverse. Dies gilt als die nächste grosse Grenze im Technologiesektor. Viele probieren gerade, dieses Metaversum zu schaffen, denn es existiert noch nicht.
Die komplizierte Erklärung beinhaltet Non-Fungible Tokens (NFT), Blockchain, noch inexistente Technologien und eine Weltanschauung, die wir uns als Normalbürger nicht in all ihrer Komplexität vorstellen können. Das Resultat ist etwas, das wir kennen. Das Buch und der Film «Ready Player One» zeigen eine Welt, die rein virtuell existiert, aber wo alles möglich ist.
Im Film heisst das Metaverse «Oasis», wo so ziemlich alles passiert. Wo im Film der Aspekt der Schatzsuche und des Videospiels betont wird, so sind im Buch andere Funktionen der Oasis erwähnt und erklärt. Die Schule findet dort ebenfalls rein virtuell statt, mit besseren Visualisierungen als dass des Microsoft Teams oder Konkurrenten zulassen. Kontinente überspannende Freundschaften sind nicht nur Chatnachrichten auf einem Bildschirm sondern können taktile Elemente haben.
Mark Zuckerberg hat es sich zum Ziel gesetzt, das Metaverse zu schaffen als ein Ort, an dem eine neue Wirtschaft und neue Güter entstehen können. Selbstverständlich mit dem Meta-Konzern an der Spitze und als grossen Gewinner.
Im Rahmen der jüngsten Negativschlagzeilen um Facebook, mit dem der Namenswechsel laut Zuckerberg nichts zu tun habe, klingt das nach einem Grauen. Meta als dominierende Kraft im Internet, Kontrollinstanz unserer Wirtschaft und des Handels. Doch Meta ist nicht die einzige Firma, die das Metaverse erobern will. Epic will Fortnite zum Metaverse ausbauen, Microsoft Mesh geht in dieselbe Richtung. In Südkorea wird an einem Metaversum gearbeitet und Decentraland versucht, das ganze ohne einen Grossbetrieb oder eine einzelne Instanz im Hintergrund zu schaffen.
Kurz: Das Metaversum kommt – in irgendeiner Form. Wird es so glorreich schön und vielseitig, wie die Oasis? Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich wird es in der echten Welt weiterhin genug Interessantes geben, damit wir nicht 24 Stunden am Tag im Metaverse herumhängen wollen.
Hoffentlich.
Facebook ist nicht mehr Facebook
Nebst der Hoffnung, die Zukunft des Internets kontrollieren zu können, hat Facebook mit der Umbenennung zu Meta heute schon einen Vorteil. Bald steht da nicht mehr «WhatsApp by Facebook», sondern «WhatsApp by Meta». Du wirst nicht mehr bei jedem App-Start daran erinnert, dass du gerade in Mark Zuckerbergs Datenschleuderwelt unterwegs bist. Du bist neu im Meta-Ökosystem, das einst das Metaverse werden soll.
Ein Name allein kann viel helfen, eine App als böse oder weniger böse zu sehen. Wo Facebook als böse angesehen wird, kann Meta gut sein, wenn die Marketingabteilung des Konzerns mit neuem Namen das richtig dreht.
Zuerst trifft die grosse Umbenennung Oculus. Die VR-Headsets hiessen bisher «Oculus Quest», werden aber schon bald unter dem Namen «Meta Quest» verkauft. Mit der Umbenennung soll auch der Zwang fallen, dass sich User und Entwickler mit einem persönlichen Facebook Account einloggen müssen.
So gut das auch klingen mag, das Sammeln von Daten wird weitergehen. Denn im selben Artikel spricht Mark Zuckerberg die Bewegung eines Users im Metaverse an, wo alle Erfahrungen zusammenkommen. Es dürfte also so laufen, dass deine anderen, externen Accounts an deinen Facebook Account gehängt werden. Dann wird, je nach Login Account, ein anderes Benutzerprofil aufgerufen wird, das aber deinem Dach-Account unterstellt ist.
Was User gerne hätten, ist dass das Login und die Datensammlung sowie -korrelation bei Meta Quest unabhängig von einem Facebook Account funktioniert. Jeder sogenannte OAuth Provider wird als voneinander unabhängig eingeordnet.
Was aber viel eher passieren dürfte, ist folgendes:
Mit dieser Login-Architektur würde Facebook nicht nur seine Machtposition behalten, sondern auch noch gleich seine Datensammlung auf andere Accounts ausweiten.
Hören wir nie wieder etwas von Meta?
Google hatte vor ein paar Jahren noch dasselbe Problem. Die Werbefirma und Suchmaschine Google hiess «Google». Der Mutterkonzern hiess ebenfalls «Google». Dann kam die Umbenennung des Mutterkonzerns in «Alphabet». Auf der offiziellen Website Alphabets ist bis heute nebst ein paar Marketing-Worten von Google-Gründer Larry Page nichts zu finden. Im öffentlichen Diskurs wird Alphabet nie erwähnt, findet höchstens beim Reporting der Quartalszahlen Erwähnung. Dann aber immer mit dem Vermerk «Die Firma, der Google gehört».
Es ist also gut möglich, dass wir zum letzten Mal von Meta gehört haben.
Denn genau wie Alphabet ist Meta keine Firma, die ein operatives Ziel verfolgt. Sie ist eine Holding, unter der viele weitere Unternehmen zusammenkommen, die vielleicht den Namen des Mutterkonzerns tragen werden. Meta Quest ist ein Beispiel, wo der Name auftaucht. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass Instagram bald Metagram heissen wird. Oder Facebook zum Metabook wird. WhatsApp dürfte auch nicht zu MetaApp werden.
Meta wird hinter den Kulissen arbeiten. Meta ist da, wo die Fäden zusammenlaufen, die Shareholder Geld beziehen und wo die Zukunft entwickelt wird. Meta ist der Ort, an dem diese Entwicklung nicht operativ, sondern strategisch umgesetzt wird. Meta bleibt ungestört. Und scheffelt Geld.
Der Ausbruch aus dem Werbegeschäft
Es ist gut möglich, dass Meta seiner Zeit voraus ist. Genau wie es Google mit Google Glass anno 2013 war. Denn Meta will als «Social Technology Company» verstanden werden, nicht als die mit dem Social-Media-Alptraum. Google wollte mit seiner smarten Brille damals die Welt revolutionieren. Wie? Wieso? Keiner weiss das so genau. Bis heute. Die smarte Brille hat zwar Potenzial, fand aber kaum Anklang. Heute gibt es Glass immer noch, aber wie viele Leute kennst du, die tagtäglich mit dem Prisma vor dem rechten Auge in die Welt hinausziehen?
Facebook, die Firma, hatte oder hat Portal, einen Smart Speaker mit Bildschirm. Und eine Vielzahl anderer Unternehmen hat Meta auch verschlungen. Da ist Giphy, da war die App «tbh», der Filesharing Service Drop.io und eine Vielzahl Projekte. Genau wie Google, die da eine Vielzahl Projekte angezettelt und dann wieder begraben hat.
All das sind Projekte, die Geld abwerfen sollten. Haben sie aber nicht. Giphy rentiert vielleicht, aber das grosse Geld macht Facebook mit demselben wie es Google macht: Der Werbung.
Beide Unternehmen wollen weg davon, denn Meta leidet jetzt schon unter Apples neuesten Werberestriktionen. Das wird noch schlimmer werden, denn auch Google will Third Party Cookies abschaffen und Tracking verhindern. Das ist es, womit Meta und Google Geld gemacht haben. Google aber hat wenigstens eine Alternative am Start, der die Welt nicht so einfach entkommen kann. Federated Learning of Cohorts (FLoC) macht in etwa dasselbe wie Cookies, aber zentralisiert die Informationshoheit bei Google.
Der Verlierer wäre da Meta. Meta, damals noch das junge Facebook, hat sich dem Internet aufgedrückt. Damals, als Social Media als Wort noch gar nicht so recht existiert hat. Jetzt, da die Welt von den Datenkraken die Nase voll hat, wird diese Überflüssigkeit dem Unternehmen bewusst. Wir brauchen Facebook nicht wie wir Wikipedia brauchen. Oder wie wir Google brauchen. Facebook, Instagram, WhatsApp, Portal und all das Zeug sind eigentlich überflüssig.
Wenn Meta also ihr Metaverse schaffen will, dann muss der Konzern irgendwie an Geld kommen, das nicht aus Werbung stammt. Und gleichzeitig ein Geschäftsfeld finden, in dem der Konzern akzeptiert wird und der genug Geld abwirft, Shareholder zufriedenzustellen und die Weiterentwicklung zu finanzieren.
Das ist bisher weder Alphabet noch Meta gelungen. Die Zahlen Googles sprechen eine klare Sprache: Über 80 Prozent der Einnahmen Alphabets stammen aus dem Hause Google, das sein Geld mit der Werbung macht. Bei Facebook sah das im Finanzjahr 2020 ähnlich aus.
Kampf um die Zukunft des Internets eröffnet
Mit der Umbenennung zu Meta und der neu öffentlich bekannt gewordenen Stossrichtung des Konzerns hin zur dominierenden Kraft im Internet hat sich Facebook sich eine Herkulesaufgabe vorgenommen.
Und der Konzern ist ein Risiko eingegangen.
Meta muss sich kurzfristig aus der Lage der einbrechenden Werbeeinnahmen befreien. Nur so besteht langfristig überhaupt die Chance, das Internet zu beherrschen. Doch selbst wenn Meta aus dem goldenen Käfig der Werbeeinnahmen ausbrechen kann, dann steht der neuen alten Firma das Hindernis Mensch im Weg. Klar, an der Keynote sieht Project Cambria – die neue VR-Brille aus dem Hause Meta – gut aus, aber in Realität hast du eine klumpige Brille im Gesicht. Wollen die Leute das? Oder droht dem Meta'schen Metaverse dasselbe Schicksal wie Google Glass?
Die Zeit wird es zeigen. Doch bis dahin liegt es an Nutzern und Gruppen wie der Electronic Frontier Foundation, immer wieder zu erwähnen, dass wir das Ganze schon ganz gut finden, aber das auch gerne ohne Datenkrake oder gar Datenkrakenfirma im Hintergrund haben würden. Dass Meta keine dieser Datenkraken sein kann, ist wohl die grösste Aufgabe des Unternehmens. Denn Facebook hat den Begriff der Datenkrake praktisch erfunden. Und dessen Erbe muss Meta nun antreten.
So. Fertig. Ausserdem scherzt Mark Zuckerberg, dass er «eigentlich der Roboter sein müsste», wenn er ein Meeting im Metaverse zeigt wo ein User sich als Roboter verkleidet. Da hat wohl jemand Zuckerbergs Humor-Algorithmen aktualisiert.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.