Ratgeber
Vitamin D bevor's düster wird
von Patrick Bardelli
Eine Studie stellt einen Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und zu viel Bauchfett fest. Hilft Vitamin D also beim Abnehmen?
Frauen mit Vitamin-D-Mangel weisen im Durchschnitt mehr Körperfett, insbesondere Bauchfett, und weniger Muskelmasse auf als Frauen mit ausreichenden Vitamin-D-Werten. Das ergab eine brasilianische Studie. Nicht der erste Hinweis darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen Vitamin D und Übergewicht gibt. Super, könntest du jetzt denken. Und – falls du mit dem ein oder anderen Kilo zu viel kämpfst – einen leichten Weg wittern, dich der Pfunde zu entledigen: Einfach ein bisschen Vitamin D einnehmen. Aber so simpel ist es natürlich nicht. Denn allem voran hat die Studie selbst Einschränkungen. So wurden zum einen nur Frauen im gebärfähigen Alter untersucht, zum anderen gab es lediglich eine geringe Anzahl Studienteilnehmerinnen (124 Frauen). Viel wichtiger noch ist aber ein anderer Aspekt:
Die Untersuchung zeigt nur eine Korrelation, also einen statistischen Zusammenhang, zwischen den beiden Faktoren Vitamin D und Körperfett. Es wurde schlicht verglichen, ob sich die Gruppe der Teilnehmerinnen mit Vitamin-D-Mangel in Bezug auf das Körperfett (speziell Bauchfett) von der Gruppe mit ausreichendem Vitamin-D-Spiegel unterscheidet. Dabei zeigte sich dann, dass Vitamin-D-Mangel mit mehr Bauchfett korreliert. Aber: Eine kausale Beziehung, bei der ein Vitamin-D-Mangel als direkte Ursache zu mehr Bauchfett führt oder umgekehrt, lässt sich daraus nicht ableiten. Auch die Autorinnen und Autoren der Studie betonen, dass weitere Untersuchungen nötig sind, um die genauen Mechanismen zu verstehen und mögliche Kausalitäten zu klären.
Die Wissenschaft hat noch keine eindeutige Antwort auf diese Frage. Es gibt zwar Hinweise (wie die erwähnte Studie) auf eine Korrelation zwischen Vitamin-D-Mangel und erhöhtem Bauchfett, aber das bedeutet eben nicht zwangsläufig, dass eine erhöhte Vitamin-D-Zufuhr zu einer Reduzierung von Bauchfett führt. Bislang gibt es keine Studien, die genau diesen Effekt nachweisen können.
Wichtig ist, dass die beobachteten Effekte hauptsächlich bei Personen mit einem Vitamin-D-Mangel auftreten. Das bedeutet, wenn du bereits ausreichend Vitamin D in deinem Körper hast, ist es unwahrscheinlich, dass du von einer zusätzlichen Einnahme profitieren würdest.
Allerdings kann es sich durchaus lohnen, die eigenen Werte checken zu lassen. Denn in Mittel- und Nordeuropa kommt es durch die geringe Sonneneinstrahlung vor allem in den lang anhaltenden Wintern bei einem großen Teil der Bevölkerung zu einer Unterversorgung mit Vitamin D. Studien des Robert-Koch-Instituts lassen für Deutschland annehmen, dass über die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung an einem Vitamin-D-Mangel leidet. Bei älteren Menschen ist der Anteil noch erheblich höher. Das Bundesamt für Gesundheit geht für die Schweizer Bevölkerung ebenfalls von einer Unterversorgung mit Vitamin D bei etwa 50 Prozent der Erwachsenen aus.
Keine Frage: Vitamin D hat nachweislich eine Reihe von positiven Auswirkungen auf den Körper: Es unterstützt die Gesundheit deiner Knochen, fördert die Aufnahme von Kalzium und spielt eine wichtige Rolle für die Funktion deines Immunsystems. Darüber hinaus wird es mit einer verbesserten Stimmung und mentaler Gesundheit in Verbindung gebracht. Eine Verbesserung wird dann spürbar, wenn zuvor ein Mangel vorlag. Wenn dein Vitamin-D-Spiegel bereits ausreichend ist, sind zusätzliche Vorteile einer Supplementierung weniger klar.
Bevor du dich dazu entscheidest, Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, solltest du dies unbedingt mit deinem Arzt oder deiner Ärztin besprechen. Da überschüssiges Vitamin D nicht ausgeschieden, sondern im Körper gespeichert wird, kann es bei hochdosierten Präparaten zu einer Überdosierung des fettlöslichen Vitamins kommen. Diese kommt zwar selten vor, kann aber zu gesundheitlichen Problemen führen, darunter Nierensteine, Verkalkungen von Blutgefäßen und anderen Geweben, Übelkeit, Erbrechen und Schwäche. Eine Supplementierung ist in der Regel nur dann ratsam, wenn tatsächlich ein Mangel durch eine Blutuntersuchung festgestellt wurde.
Vitamin D spielt definitiv eine wichtige Rolle für deine Gesundheit. Dennoch ist es kein Allheilmittel und sollte nicht ohne medizinische Beratung als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden.
Und wenn ein paar überflüssige Pfunde unbedingt verschwinden sollen, bleiben die bewährten Strategien doch die besten Ratgeber: Gesunde, ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung sind uneingeschränkt zu empfehlen.
Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.