News & Trends
iPhone 16 Pro erhält Auslöseknopf, bessere Kamera und grösseres Display
von Samuel Buchmann
Das iPhone entwickelt sich nur langsam. Viele glauben, das sei früher anders gewesen. Ein Versuch, diese Meinung statistisch zu prüfen.
Jedes Jahr stellt Apple neue iPhones vor. Jedes Jahr werden die Fortschritte kleiner. Zumindest könnte man das meinen, wenn man die Kommentarspalten liest: «Wo bleibt die Innovation?», «Langweilig.», «Das einzig Neue sind die Farben.»
Auch ich habe den Eindruck, dass sich die Entwicklung verlangsamt hat. Die Verbesserungen der letzten Jahre scheinen weniger bedeutsam als früher. Doch stimmt das überhaupt? In diesem Artikel versuche ich den Fortschritt des iPhones in Zahlen zu fassen.
Ich habe mich durch unzählige alte Testberichte und Vergleiche von Tech-Portalen gewühlt – und auch durch meine eigenen Erinnerungen. Auf dieser Basis bewerte ich alle 18 iPhone-Generationen nach dem Fortschritt, den sie gegenüber ihren Vorgängern gemacht haben. In vier Kategorien:
In jeder Kategorie vergebe ich pro Generation einen Fortschritts-Score:
0 = Kein oder fast kein Fortschritt
1 = Kleiner Fortschritt
2 = Mittlerer Fortschritt
3 = Grosser Fortschritt
In den meisten Jahren waren sich die Testberichte weitgehend einig in Ihrer Beurteilung. Natürlich sind meine Bewertungen trotzdem subjektiv – ob ein Fortschritt «klein» oder «mittel» ist, bleibt Ansichtssache. Aus Platzgründen kann ich nicht jedes Urteil begründen. Wenn du die Überlegung hinter einem spezifischen Score wissen willst, oder anderer Meinung bist, schreib es in die Kommentare.
Bewertet wird nur der Fortschritt von Top-Modell zu Top-Modell. Das iPhone 8 taucht also beispielsweise nicht auf, weil es gemeinsam mit dem iPhone X auf den Markt kam. Es war das erste Äquivalent der heutigen Non-Pro-Modelle. Keine Rolle spielt auch, ob die iPhones besser oder schlechter waren als Smartphones von anderen Herstellern.
Acht Generationen lang spendierte Apple dem iPhone jedes zweite Jahr ein neues Gehäuse. Es sah oft deutlich anders aus als das Letzte. Einen ersten grossen Sprung machte das iPhone 4, denn es war plötzlich aus Stahl und Glas statt aus Plastik. Plötzlich kantig statt rund. Erst mit dem iPhone 6 kehrte Apple zu einem abgerundeten Gehäuse zurück.
Eine ähnliche Revolution wie das iPhone 4 kam erst mit dem iPhone X: riesiges Display, kein Home Button mehr und wieder eine Rückseite aus Glas. Dieses Grundkonzept hat sich bis heute gehalten. Das iPhone 12 Pro brachte schliesslich das kantige Design zurück. Seither hat sich nur noch wenig geändert.
Im Design-Bereich zeigt die Kurve also eine verlangsamte Entwicklung. Wobei hier «Entwicklung» nicht unbedingt «Fortschritt» heisst – anders ist nicht immer besser. Der Trend zu immer grösseren Smartphones polarisiert zum Beispiel. Und die älteren Designs mit abgerundeten Kanten haben genauso ihre Anhänger wie das aktuelle Gehäuse mit mehr Kanten.
Die Kurve des Erlebnis-Scores verläuft linearer als die des Designs. Praktisch jedes iPhone konnte etwas besser als das letzte. Mal stieg die Akkulaufzeit, mal gab es ein schärferes Display, mal wurde die Bedienung intuitiver. Der einzige Ausreisser in meiner Statistik ist das iPhone 12 Pro. Es verbesserte abseits der Kamera fast nichts.
Die grössten Sprünge gab es in den Anfangsjahren. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Geräte noch viel Luft nach oben hatten. Es gab Flaschenhälse, die der technologische Fortschritt eliminieren konnte. Alleine durch den schnelleren Chip fühlte sich das iPhone 3GS etwa viel reaktionsschneller an als sein Vorgänger. Heutzutage werden die Chips zwar immer noch schneller – doch davon merken die meisten im Alltag längst nichts mehr.
Trotzdem kumulieren sich die vielen kleinen Verbesserungen auch heute noch. Sie fallen auf, wenn ich ein iPhone mit einem Gerät vergleiche, das mehrere Generationen zurückliegt. Das iPhone 12 Pro hatte im Gegensatz zum iPhone 15 Pro zum Beispiel kein 120-Hertz-Display, eine deutlich schlechtere Akkulaufzeit, eine schlechtere Antenne und keinen Action Button. Für sich genommen Kleinigkeiten – zusammen deutlich spürbar.
Ähnlich verhält es sich mit der Kamera. Das erste iPhone schoss so miserable Fotos, dass die Verbesserungen der folgenden Jahre augenfällig waren. Das iPhone 4 erhöhte die Auflösung auf fünf, das iPhone 4S auf acht Megapixel. Danach verlangsamte sich die Entwicklung für ein paar Jahre. Erst das iPhone 6S kam mit 12 Megapixeln daher.
Dabei blieb es für eine lange Zeit. Abseits der Auflösung kamen jedoch nach und nach weitere Dinge hinzu. Zum Beispiel optische Bildstabilisierung (iPhone 6 Plus), Telekamera (iPhone 7 Plus) und Ultraweitwinkel-Kamera (iPhone 11 Pro). Die Sensoren wurden ebenfalls kontinuierlich besser, genau wie die Bildverarbeitung und die Videofunktionen.
Seit dem iPhone 11 Pro lässt sich eine Verlangsamung feststellen. Das hat mit der stagnierenden Sensortechnologie zu tun. Sie betrifft nicht nur Smartphones, sondern die gesamte Kamerabranche. So wird es immer schwieriger, die Hardware weiter zu verbessern. Ein grosser Teil des Fortschritts der letzten Jahre fand deshalb softwareseitig statt. Das reichte trotzdem, um «richtige» Kameras zum Lifestyle-Produkt zu degradieren. Die breite Masse ist heute mit iPhone-Bildern zufrieden.
Am meisten überrascht hat mich, wie wenig neue Features pro Jahr eingeführt wurden – auch bei alten Modellen. Meist war es nur eine nennenswerte neue Funktion: Siri (iPhone 4S), Touch ID (iPhone 5S), NFC (iPhone 6), Dynamic Island (iPhone 14 Pro).
Das iPhone 16 Pro bringt mit Apple Intelligence zwar ein grosses neues Software-Feature – aber nicht zum Launch und nicht überall. Deshalb vergebe ich auch hier nur einen Punkt. Zwei Punkte erhalten lediglich das iPhone 3G (GPS und 3G) und das iPhone X (Wireless Charging und FaceID). Danach herrschte dafür mehrere Jahre Flaute.
Der Mangel an neuen Funktionen in den letzten Jahren lässt sich nicht bestreiten. Kein Wunder: Das iPhone (genau wie andere Smartphones) ist schon seit mehreren Generationen ein Wunderwerk der Technik. Wir tragen in unserer Hosentasche einen Computer, mit dem wir Zugriff aufs ganze Internet haben. Wir können navigieren, bezahlen, Videos schauen, telefonieren, fotografieren. Mit einem 200 Gramm schweren Gerät, das kaum Energie braucht. Was wollen wir noch mehr?
Zum Schluss addiere ich für jedes Jahr die vier Scores. Die folgende Grafik zeigt also, wie «innovativ» die einzelnen Modelle insgesamt waren. Bei der Betrachtung aus der Vogelperspektive fallen drei Dinge auf:
Hat sich die Entwicklung also verlangsamt? Ja. Aber viel weniger stark, als in meiner Erinnerung. Die Testberichte kamen schon vor zehn Jahren immer zum gleichen Schluss: «Ein Upgrade vom Vorgänger lohnt sich kaum.» Die Ähnlichkeit von alten Bewertungen zu den heutigen ist frappant.
Zum Schluss noch der kumulierte Fortschritt des iPhones im Überblick:
Woher kommt also die weit verbreitete Meinung, dass Apples Smartphones früher viel innovativer waren? Ein Teil davon lässt sich statistisch rechtfertigen. Doch es dürfte auch Nostalgie mitspielen: Wir erinnern uns selektiv an gute Dinge und blenden negative aus. Ausserdem komprimiert unser Hirn lange Zeiträume zu kurzen. Der Effekt wird grösser, je weiter zurück die Erinnerung liegt.
Denken wir an die «iPhones von früher», tauchen in unseren Köpfen nur Fragmente auf – bei mir das iPhone 2G, das iPhone 5 und das iPhone X. In meinem Gefühl erschienen die drei Geräte innerhalb weniger Jahre und machten riesige Fortschritte. In der Realität liegen eine Dekade und acht (!) andere iPhones dazwischen. Jedes davon machte ein paar kleine Schritte, die sich zu den Sprüngen in meiner Erinnerung summieren.
Ein reales Problem ist die langsame Entwicklung längst nicht mehr. Das iPhone ist seit vielen Jahren ein super Gesamtpaket. Die Statistik bestätigt, was viele bereits intuitiv wissen: Es liessen und lassen sich mehrere Generationen überspringen, ohne viel zu verpassen. Wer öfter zugreift, gönnt sich einen teuren Luxus.
Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.