Katzencoiffeurin legt offen: Diese Bürsten sind die besten
Die Vorurteile gegenüber Katzencoiffeurinnen und -coiffeuren halten sich so hartnäckig wie verfilztes Fell. Cécile Riner räumt mit Missverständnissen auf, zeigt, wie sie die ärgsten Knoten löst und von welcher beliebten Bürste sie abrät.
Kitty Cut? Undercat? Kitten Bangs? Welche hippen Frisen verpassen Schickimicki-Tierhalter wohl ihren Vierbeinern? Darüber sinniere ich, als ich das erste Mal auf dem Weg zu einem Katzencoiffeursalon bin. Die Fahrt durchs Aargauer Seetal ist idyllisch, fast klischeehaft. Wie aus einem Tourismusprospekt. Vielleicht ist mein Bild von Katzencoiffeuren auch ein Klischee, denke ich, als ich in Egliswil aussteige.
Nach wenigen Schritten betrete ich den Coiffeursalon von Cécile Riner. Der helle Raum im Shabby-Chic-Stil ist mit lauter Katzenbildern und -figürchen dekoriert. Von Extravaganz keine Spur. Auf dem Empfangstresen steht eine simple Glasvase mit farbigem Katzenhaar. Naturhaar natürlich! «Gefärbt, geglättet oder gelockt wird bei mir nicht», betont die Katzencoiffeurin. Auch wenn sie schon die unglaublichsten Anfragen erhalten hat.
Was das heisst, werden wir gleich an Franky sehen. Er ist einer von Cécile Riners sechs Maine-Coon-Katzen. Als ihn die 41-Jährige von ihrer Wohnung oberhalb des Salons herunter bringt, hängt er ihr wie ein Schal über die Schulter. Ich muss grinsen. So einen entspannten Kater habe ich noch nie gesehen. Ob das wohl so bleibt? Cécile Riner setzt Franky auf den motorisierten Veterinärtisch vor sich und fährt ihn hoch.
Als Erstes befreit sie seine Ohren und Augen von Schmalz und Schmutz. Der Kater hat dafür nicht einmal ein Zwinkern übrig. Auch, als die Nagelschere an seinen Krallen klippt, bleibt er tiefenentspannt. «Bei Hauskatzen, vor allem älteren, ist zwischendurch eine Maniküre nötig. Sie haben dickere Krallen und wetzen sie weniger ab als Freigänger», erklärt die Katzencoiffeurin.
Eine Dusche als «Vorwäsche»
Jetzt geht es Franky an den Pelz. Behutsam nimmt ihn Cécile Riner auf, krault ihn und trägt ihn in den Nebenraum. Hier steht eine Wanne. Meine Augen weiten sich. Maine-Coon-Katzen sind ja nicht gerade wasserscheu, aber sind sie derartige Wasserratten? Cécile Riner lacht und antwortet: «Die Katzen machen bei mir sehr gut mit. Dass sie es verabscheuen, nass zu sein, ist oft ein Vorurteil.»
Klar, Franky vertraut seinem Frauchen. Aber fremde Katzen? Da hat Cécile Riner ein einfühlsames Händchen. Vor jeder Behandlung nimmt sie sich Zeit, die Katze mit Streicheleinheiten einzudecken und an sich zu gewöhnen. «Ich konnte schon die wildesten Vierbeiner besänftigen», sagt sie und lacht. «Gebissen wurde ich erst ein einziges Mal.» Das will etwas heissen, bei 100 bis 130 Katzen pro Monat.
Ab in den Trockner
Die Brause zischt. Franky beachtet sie kaum – aus gutem Grund. «Ich suchte lange nach einem möglichst leisen Strahl, um die Katzen nicht zu erschrecken. Die Gardena-Gartenbrause hat mich überzeugt», sagt Cécile Riner. Behutsam schäumt sie Franky mit entfettendem Shampoo ein und spült es ab. Als sie über sein Fell streicht, quietscht es. Das ist das Zeichen: Der Kater ist bis auf die Haut sauber und seifenfrei.
Weiter geht es in die erste glasige Föhnbox. Hier werden die Katzen «vorgetrocknet». Wie in der Autowaschanlage, denke ich. In der zweiten Föhnstation geht's an die Detailarbeit. Cécile Riner stülpt Franky eine kleine pinke Haube über den Kopf. «Das sieht etwas brutal aus, ist es aber gar nicht. Der Stoff dämpft die Geräusche ab und beruhigt die Katzen», erklärt Cécile Riner. Sie schnappt einen Schlauch und bläst Frankys lose und bereits getrockneten Haare weg. Flauschig kommt der Maine-Coone-Kater wieder aus dem Glasbehälter raus. Jetzt startet die eigentliche Behandlung.
Die Entwirrung beginnt
Knoten sind der häufigste Grund für einen Besuch bei Cécile Riner. Die Länge der Haare hat keinen direkten Einfluss. «Es ist alters- und rassenabhängig», erklärt sie.
Bei leichten Verfilzungen kämmt sie Cécile Riner nach der Dusche behutsam raus. Wie das geht, zeigt sie an Frankys Schwanz. «Sehen Sie», sagt die Katzencoiffeurin, als sie das Fell auseinander schiebt, «er hat einen Fettschwanz, ein häufiges Phänomen. Die Talgdrüsen produzieren zu viel Fett.»
Nicht nur Unterwolle und Hautfett sind problematisch. Auch Hinterlassenschaften von Flöhen oder körperfremde Fette wie Handcrème, die beim Streicheln auf den Pelz gelangt. Cécile Riner setzt den Kamm unterhalb der Knoten an. Mit geübten Bewegungen tastet sie sich Zentimeter für Zentimeter vor, bis die Knoten gelöst sind. Franky schnurrt wie ein Rolls-Royce.
Ist das Fell stark verknotet, müssen die Rasierer ran. Cécile Riner hat fünf davon, in verschiedenen Stärken und Ausführungen. Mit ihnen kürzt sie betroffene Stellen. «Ich rasiere nur, wenn es gesundheitliche Vorteile für die Katze hat», betont die 41-Jährige. Um das beurteilen zu können, ist sie immer wieder im Austausch mit Tierärztinnen und Tierärzten.
«Und was ist damit?», frage ich und zeige auf ein Prospektbild einer Katze. Der Rumpf des Tieres ist kurz geschoren, der Kopf und Schwanz langhaarig. Es erinnert mich an einen Pudel. «Das ist ein Comb Cut», sagt Cécile Riner. «Gerade im Sommer haben es Langhaarkatzen damit schön kühl. Und ihre Besitzer müssen sie weniger bürsten. Auch das reduziert Stress.»
Aufgepasst bei diesen Behandlungsfehlern
Bürsten sei jedoch per se nicht schlecht. Im Gegenteil, sagt Cécile Riner. Am besten bürste man seine Katze von klein auf regelmässig. So gewöhne sie sich daran und fühle sich nicht gestresst. Entscheidend sei der richtige Kamm.
Einmal hätte sie eine Kundin mit einer Katze besucht, der man bis auf die Haut sehen konnte, weil das Oberfell fast verschwunden sei. Ausserdem müssten sich Katzen mit zu viel Unterwolle häufiger erbrechen, weil sie beim Putzen zu viel Fell verschlucken.
Besser sind laut Cécile Riner simple Katzenkämme mit langen Zacken. «Wenn die Knoten nicht rausgehen, sollte man sie auf keinen Fall selbst rausschneiden. Die Verletzungsgefahr für das Tier ist zu gross.» Weiteren Einfluss auf die Fellgesundheit habe das richtige Katzenfutter. Zum Beispiel solches gegen Haarballen. Wichtig sei dabei ein möglichst hoher Fleischanteil. Und auch die Haut gelte es gesund zu halten. «Aufpassen sollte man mit Näpfen aus Kunststoff. Viele Katzen sind allergisch und kriegen Hautprobleme wie Ekzeme. Am besten sind Futterschalen aus Porzellan.»
Eine Belohnung zum Schluss
Auch Franky hat sich nach seinem Coiffeurtermin ein Leckerchen verdient. Das Fell des Maine-Coon-Katers sieht im hereinfallenden Sonnenlicht richtig seidig aus. An seinem Bauch ist eine natürliche Dauerwellefelle zu sehen. Mühsames Färben, Locken oder Glätten waren dafür nicht nötig. Er ist seine Knoten ohne Stress losgeworden – und ich meine Vorurteile.
Welche Katzenbürste kannst du empfehlen? Und warst du auch schon einmal bei einem Katzencoiffeur oder einer Katzencoiffeurin? Verrate es in einem Kommentar.
Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.