Debora Pape
Hintergrund

Jetzt wird mein Smarthome richtig smart: Ich habe Home Assistant entdeckt

Debora Pape
26-3-2025
Bilder: Debora Pape

Mit Home Assistant steuere ich mein Smarthome endlich so, wie ich es brauche – intelligent und automatisiert. Hier erfährst du, warum ich begeistert bin und wie auch du damit starten kannst.

Acht Jahre lang nutze ich bereits smarte Geräte in der Wohnung. Und immer hatte ich das Gefühl, ihr Potenzial nicht richtig auszuschöpfen. Zu eingeschränkt sind viele Hersteller-Apps: Um 19 Uhr das Licht oder die Heizung einschalten lassen und die Beleuchtung via Sprachbefehl steuern – langweilig, da muss doch mehr gehen. Da geht auch mehr, ich wusste nur nicht wie. Das änderte sich letztes Jahr.

Mein Bruder erzählte mir begeistert von einer Smarthome-Plattform namens «Home Assistant». «Du meinst Google Assistant?», fragte ich. «Nein, Home Assistant», sagte er und hielt mir sein Smartphone unter die Nase. «Hier in meinem Hausgrundriss – siehst du? – stehen die Raumtemperaturen und ob ein Fenster offen ist. Dort –», er wischte zur Seite «… ob die Waschmaschine läuft. Und hier, wie viel Watt das Balkonkraftwerk liefert».

Einige Monate später: Ich habe jetzt meine eigene Übersicht.
Einige Monate später: Ich habe jetzt meine eigene Übersicht.

«Und das alles in einer App?», wollte ich wissen. Zu diesem Zeitpunkt tummelten sich bereits vier oder fünf Apps für die Geräte verschiedener Hersteller auf meinem Smartphone. «Alles in einer App. Und wenn die Temperatur im Kamin unter 50 Grad fällt, zeigt das Handy eine Push-Nachricht, damit ich neues Holz auflege.» …. Ist ja gut, say no more! Schnell finde ich heraus, dass Home Assistant viele Vorteile hat:

  • nur noch eine App zur Steuerung aller Geräte
  • hohe Personalisierbarkeit der Steuerpanels und Übersichten (Dashboards)
  • sehr hoher Funktionsumfang, durch den ungewöhnliche Automatisierungen möglich sind
  • eine engagierte Community für Hilfe und Inspiration

Das alles geht mit Hersteller-Apps oder Smarthome-Plattformen wie Alexa nicht – oder nicht in diesem Umfang. Mir war klar: Diesen Home Assistant brauche ich auch.

Was ist Home Assistant?

Du kannst dir Home Assistant wie das Gehirn eines komplexen Organismus vorstellen: Damit bringe ich Geräte verschiedener Zwecke und unterschiedlicher Hersteller dazu, miteinander zu arbeiten.

Es handelt sich um eine Open-Source-Plattform, mit der ich mein Smarthome lokal, also ohne eine Cloud, steuere. Alle meine smarten Geräte – vom Router über den Staubsaugroboter, Lampen und Steckdosen bis hin zu Selfmade-Sensoren – sind dabei in einem System integriert. Ich verwalte alles über eine Browser-Oberfläche sowie die Home-Assistant-App «Companion».

Mehr als 1000 Hersteller bieten laut der Entwicklerwebsite von Home Assistant eine Schnittstelle für ihre Produkte oder Leistungen, mit der sie sich auf der Plattform integrieren und nutzen lassen. Geräte mit Matter-Support bekommst du auch ohne Herstellerintegration in Home Assistant. Das funktioniert bei mir sehr gut mit Govee-Lampen, wie der Tischlampe und den Gaming Wall Lights. Seit März 2025 gibt es auch eine Zertifizierung für den Matter-Support.

Ohne Matter und ohne Herstellerintegration hat oft die Community eine Lösung. Da Home Assistant quelloffen ist, lassen sich einfach eigene Tools einfügen. Daher gibt es häufig funktionierende Workarounds – und detaillierte Anleitungen dafür. Und es ist ein gutes Gefühl, dass hinter dem Projekt kein großer Konzern steckt, wie zum Beispiel bei Google Home.

Ist ein Gerät in Home Assistant integriert, legt es sein Inneres offen. Dadurch finde ich bisweilen Sensorwerte und Funktionen, die in der Original-App des Herstellers verborgen sind. Dass beispielsweise Bewegungsmelder von Philips Hue ein Thermometer integriert haben, wusste ich zuvor nicht. Alle Funktionen und Sensorwerte kann ich für Automationen nutzen.

Hue-Bewegungssensoren haben ein Thermometer – das wusste ich vorher nicht.
Hue-Bewegungssensoren haben ein Thermometer – das wusste ich vorher nicht.

Wie ich in die Home-Assistant-Welt startete

Ich habe Home Assistant auf einem Raspberry Pi 5, einem günstigen Einplatinen-Computer, installiert. Er ist per Ethernetkabel mit dem Router verbunden und besitzt ein WLAN-Modul, über das er mit zahlreichen Geräten im Netzwerk kommuniziert. Im Starterkit ist auch ein Gehäuse sowie notwendige Kabel vorhanden.

Die Installation des Home-Assistant-Betriebssystems erfolgt ohne Bildschirm und lief bei mir nicht ganz unproblematisch ab. Welche Anleitung ich als Hilfestellung genau genutzt habe, weiß ich nicht mehr, aber diese etwas jüngere Installationsbeschreibung liest sich für mich recht vernünftig.

Der Raspberry Pi in seiner natürlichen Umgebung.
Der Raspberry Pi in seiner natürlichen Umgebung.

Einer der größten deutschsprachigen Home-Assistant-YouTube-Kanäle, Simon42, empfiehlt als einfachste Methode «Home Assistant Green». Das ist ein speziell für Home Assistant vorgesehenes System, das von Nabu Casa angeboten wird. Darauf ist das Home-Assistant-Betriebssystem bereits vorinstalliert.

Home Assistant lässt sich auch auf alten Office-Computern oder als virtuelle Maschine installieren. Eine unvollständige Übersicht über die möglichen Plattformen findest du hier. Wichtig ist, dass die Plattform durchgehend läuft, damit Home Assistant zuverlässig alle Automationen steuern kann.

Solltest du dich für Home Assistant interessieren, rate ich dir, zunächst die für dich richtige Plattform zu finden, auf der dein Home Assistant laufen soll.

Automationen: Die Steckdose steuert meine Heizung

Automationen gehen in Home Assistant weit über langweilige Zeitschaltfunktionen hinaus. Grundsätzlich handelt es sich um «If this, then that»-Befehlsketten.

Meine vielleicht sinnvollste Automation ist, dass die Heizung mein Zimmer nur aufwärmt, wenn ich drin bin. Dazu brauche ich keinen Occupy-Sensor – meine Gewohnheiten reichen völlig aus. Ich nutze den Raum zu 99 Prozent zum Arbeiten oder Zocken. In anderen Worten: Computer oder Laptop sind an.

An diesem Tag habe ich nachmittags am Laptop eine Überstunde abgebaut und abends noch am Computer gesurft.
An diesem Tag habe ich nachmittags am Laptop eine Überstunde abgebaut und abends noch am Computer gesurft.

Alle Schreibtischgeräte hängen an einem smarten Zwischenstecker. Überschreitet die gemessene Leistung 50 Watt, bedeutet das: Ich bin anwesend und will nicht frieren. Als Folge davon wird die Heizung auf 19 Grad eingestellt. Fahre ich den Rechner runter und bleibt er für zwei Minuten aus, schaltet sich die Heizung auf 16 Grad Zieltemperatur. Und als i-Tüpfelchen wird kurz darauf die Steckdose ausgeschaltet, damit meine Geräte keinen Standby-Strom ziehen.

Ich habe sogenannte Detektoren definiert: Sie identifizieren Zustände, zum Beispiel, ob ich am Computer surfe oder zocke. So lassen sich zum Beispiel Betriebsstundenzähler anlegen.
Ich habe sogenannte Detektoren definiert: Sie identifizieren Zustände, zum Beispiel, ob ich am Computer surfe oder zocke. So lassen sich zum Beispiel Betriebsstundenzähler anlegen.

Einschalten muss ich die Steckdose morgens auch nicht. Entferne ich an Werktagen zwischen 6 und 8 Uhr das Ladekabel von meinem Handy – der Akkustatus wechselt von «full» zu «discharging» –, weiß Home Assistant, dass ich mich aus dem Bett gequält habe. 10 Minuten später schaltet sich die Schreibtisch-Steckdose ein und meine Lieblingslichter leuchten auf. So steht alles schon bereit, wenn ich mein Zimmer betrete. Nur Kaffee muss ich mir noch selbst machen.

  • Hintergrund

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    von Debora Pape

Um gut funktionierende Automationen zu entwerfen, muss ich zunächst meinen Alltag beobachten. Oft reichen Zeiteinstellungen nicht aus. Welche Angewohnheiten habe ich wann? Womit lassen sie sich feststellen?

Diese Automatisierungsübersicht zeigt an, was wann unter welchen Umständen passieren soll.
Diese Automatisierungsübersicht zeigt an, was wann unter welchen Umständen passieren soll.

Bewegungsmelder würden zum Beispiel im Badezimmer nicht zur Lichtsteuerung taugen, wenn jemand in der Dusche steht. Der Sensor kann in der Duschecke keine Bewegungen erkennen. Aber das smarte Thermostat trackt die Luftfeuchtigkeit. Am Änderungsverlauf der Luftfeuchtigkeit sehe ich die Ausschläge und definiere Grenzwerte: So weiß Home Assistant, ob geduscht wird und ich kann das nutzen, um die automatische Lichtabschaltung zu unterbrechen.

Die Luftfeuchtigkeitswerte kann ich nutzen, um zu tracken, ob geduscht wird.
Die Luftfeuchtigkeitswerte kann ich nutzen, um zu tracken, ob geduscht wird.

Personalisierte Dashboards: meine Schaltzentrale

Den allergrößten Teil aller Gerätefunktionen und -informationen brauche ich nicht ständig. Das, was ich brauche, ordne ich auf einem Dashboard übersichtlich an. So habe ich die wichtigsten Infos und Schalter immer im Blick – dank der «Companion»-App auch auf dem Smartphone. Home Assistant bietet zur Veranschaulichung eine funktionsfähige Demo an.

Das Schöne an Dashboards ist, dass ich sie gestalten kann, wie ich möchte. Die Community stellt dazu jede Menge selbstgemachte Themes bereit. Oder ich erstelle selbst eines: Mit einem zusätzlichen Plugin verstehen die Infokarten CSS-Anweisungen und lassen sich wie eine Website stylen.

Ich muss mich zudem nicht auf nur ein Dashboard beschränken. Ich kann zum Beispiel für jeden Raum und jeden Hausbewohner eines, oder eines nur für die Lichtsteuerung im Haus anlegen.

Das Dashboard für mein Arbeits-/Gaming-Zimmer.
Das Dashboard für mein Arbeits-/Gaming-Zimmer.

Das ist auch für meinen Mann sehr hilfreich. Bisher hatte er wenig Interesse daran, sich mehrere Hersteller-Apps herunterzuladen, um irgendwelche Lichter und Steckdosen zu steuern. Doch mit dem Home Assistant «Companion» und seinem eigenen Dashboard ist das kein Problem und er nutzt es zu meiner Freude ständig.

Home Assistant brauchte bei mir ein wenig Zeit, um zu wirken. Ich musste mir erst überlegen, was ich möchte und mir der vielen Möglichkeiten bewusst werden. Spätestens seit der Heizungssteuerung sind alle Dämme gebrochen. Ich möchte mehr Geräte einbinden, mehr automatisieren und mehr visualisieren. Das ist ein fortschreitender Prozess, bei dem ich dich mit zukünftigen Beiträgen mitnehmen möchte. Der nächste Artikel wird sich um Dashboards drehen. Da sie sich stark individualisieren lassen, zeige ich dir, mit welchen Mitteln ich meines erstellt habe.

Titelbild: Debora Pape

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