Grafiktablet für unterwegs: XP-Pens Magic Drawing Pad mit Android
Ein Grafiktablet, das du unterwegs nutzen kannst, ohne zweites Gerät und mit hochwertigem Stylus? XP-Pen wagt diesen Versuch mit einem Tablet, das auf Android basiert.
Das Magic Drawing Pad von XP-Pen ist ein 12-Zoll-Grafiktablet für unterwegs. Auf den ersten Blick hebt es sich nicht sonderlich von anderen Android-Tablets ab. Dennoch bist du mit dem Magic Drawing Pad gut ausgerüstet für die digitale Kunst.
Display und Grösse: reisetauglich
Das Magic Drawing Pad misst 27,9 × 19,2 × 0,7 Zentimeter und ist 600 Gramm schwer. Fürs leichte Gepäck finde ich Gewicht und Grösse optimal. Die Rückseite gefällt mir dank schimmerndem Blau. Das 12,2 Zoll grosse Display hat eine matte Beschichtung. Es hält nervige Reflexionen ab und ist angenehm beim Zeichnen. Die Auflösung von 2160 × 1440 Pixeln sorgt für ein scharfes Bild.
Wichtig ist für Kunstschaffende je nach Anwendungsgebiet die Farbraumabdeckung. Das Tablet deckt 109 Prozent des sRGB-Farbraums ab und 82 Prozent von Adobe RGB. Ersteres ist super für digitale Werke. Zweiteres ist für gedruckte Werke relevant. Er ist beim Magic Drawing Pad etwas zu tief und sollte besser bei 90 Prozent oder höher liegen.
Die Bildwiederholrate von 60 Hertz reicht aus, für ein flüssiges Scroll-Erlebnis, ist aber eher im tiefen Bereich. Dank einer Helligkeit von bis zu 360 Nits kannst du gut bei Sonnenschein draussen zeichnen.
Hardware: TCL lässt grüssen
Beim genauen Blick auf die Hardware und Verarbeitung wird schnell klar: Das Magic Drawing Pad ist eine Abwandlung des Nxtpaper Pro 12 (2023) von TCL. Hier siehst du die wichtigsten Spezifikationen im Vergleich:
Der Mediatek MT9771 ist in etwa mit dem Qualcomm Snapdragon 720G vergleichbar. Beide Chips sind in der Mittelklasse angesiedelt. Beim Benchmark mit Geekbench 6 schlägt sich das Magic Drawing Pad nicht besonders gut. Es liegt beispielsweise weit hinter dem Samsung Galaxy Tab S9 und dem Huawei Matepad 11.5 S.
Im rechenlastigen Kunstprogramm «Clip Studio Paint» merke ich das: Möchte ich mit einem grossen Radierer arbeiten, hinkt das Tablet so stark hinterher, dass ich ein paar Sekunden warten muss. Weniger komplexe Kunst-Programme wie «Infinite Painter» laufen flüssiger.
Das Tablet hält knapp acht Stunden durch. Es reicht also gut für einen Tag unterwegs. Allerdings benötigt die anschliessende Ladung etwa zwei Stunden mit dem beiliegenden Netzteil. Das ist eher lange.
Also ist das Magic Drawing Pad doch nur ein unspektakuläres Mittelklasse-Android-Tablet? Nicht ganz. Aus den Spezifikationen leitet sich ein wichtiger Unterschied ab: die Kompatibilität mit dem hauseigenen Stift.
Zubehör: Der Stylus ist mit anderen von XP-Pen austauschbar
Das Magic Drawing Pad lässt sich mit dem beiliegenden X3 Pro Pencil nutzen. Dieser erkennt über 16000 Druckstufen. Da die Technologie im Tablet von XP-Pen selbst ist, lassen sich nahtlos alle anderen Stifte aus ihrem Sortiment verwenden. Das bedeutet, dass du sie nicht extra mit dem Tablet verbinden musst.
Neben dem Stift sind auch Ersatzspitzen im Lieferumfang, ein Zeichenhandschuh und sogar eine Hülle. Letztere ist durch die dicken Ecken ein sehr guter Schutz bei Stürzen, ansonsten bin ich weniger überzeugt davon. Die Hülle lässt sich sehr schlecht an- und abbringen und ist anfällig für Fingerabdrücke. Zudem finde ich sie nicht besonders schick, im Gegensatz zum Tablet selbst.
Software: von vorgestern
Mit Android 12 hinkt das Tablet bereits bei der Auslieferung etwas hinterher. Aktuell wird bereits Android 15 ausgerollt. Das ist für die Sicherheit und Langlebigkeit des Geräts ungünstig. Wie lange das Magic Drawing Pad mit Updates versorgt wird, kann XP-Pen zum aktuellen Zeitpunkt nicht sagen, ein Jahr soll zumindest gegeben sein.
Eigentlich hatte ich mir erhofft, bereits eine vollumfänglich nutzbare Zeichensoftware auf dem Tablet vorzufinden. Das ist nicht der Fall. Vorinstalliert ist zwar «Ibis Paint». Aber nach einer dreimonatigen Testphase kostet mich die Software 25 Franken oder Euro. Andere Zeichenprogramme, die ich auf Android empfehlen kann, befinden sich im ähnlichen Rahmen. Ich habe unter anderem «Clip Studio Paint», «Infinite Painter» und «Sketchbook» ausgiebig getestet:
Die Kompatibilität aller XP-Pen Stifte mit dem Tablet ist in der Theorie super, in der Praxis muss ich die Stifte jeweils kalibrieren. Ansonsten liegt die Spitze beim Zeichnen teils Millimeter daneben. Wechsle ich zwischen zwei Stiften, muss ich wieder neu kalibrieren. Immerhin: Das ist mit dem vorinstallierten Kalibrierprogramm eine Sache von ein paar Sekunden.
Das Android-Tablet hat einige Software-Vorteile. Beispielsweise gibt es ein Schnellauswahlmenü auf dem Bildschirm. Hier finde ich unter anderem einen Bildschirm-Rekorder und eine Notizapp. Ich nutze zudem gerne die Möglichkeit der schwebenden Fenster: Ich kann eine App als zusätzliches Fenster öffnen und frei auf dem Bildschirm platzieren. So lasse ich mir beim Zeichnen Vorlagen aus dem Web anzeigen.
Malen: angenehm mit Stift und mattem Display
Habe ich den Stift einmal kalibriert, läuft er in jeglichen Programmen zuverlässig. Ich bin generell sehr zufrieden mit den Stiften von XP-Pen. Sie haben eine gute Druckerkennung, laufen flüssig und liegen gut in der Hand. Der beiliegende Stift ist für unterwegs angenehm leicht, schmal und lässt sich an die Hülle clippen. Zuhause verwende ich gerne einen etwas breiteren Stift, den XP-Pen bei ihren grösseren Grafiktablets beilegt.
Die Handballen-Erkennung klappt weniger gut. Diese wäre dazu da, dass ich Linien nur mit dem Stift male, auch wenn ich die Hand aufs Display ablege. Das funktioniert aber auch auf meinem iPad Pro (2018) nicht. Dort habe ich das Malen per Hand deshalb ganz ausgestellt. Das kann ich auch hier deaktivieren. Dann verschiebt aber die Leinwand ungewollt. XP-Pen hat hierfür eine physische Lösung beigelegt: ein Zeichenhandschuh. Damit klappt das Zeichnen wunderbar.
Nach einigen Skizzen gebe ich das Gerät an meine 7-jährige Nichte weiter. Vielleicht ist es ja auch für Nachwuchstalente geeignet. Sie freut sich schon vorab – wie ich – über das matte Display. Normalerweise vergnügt sie sich auf einem älteren Samsung Galaxy Tab. Sie bekommt ebenfalls ein paar Zeichnungen hin. Ohne Handschuh. Sie trickst, indem sie die Hand gar nicht erst ablegt. Beim langsamen Radieren in «Clip Studio Paint» wird jedoch auch ihre Geduld auf die Probe gestellt und sie fragt mich, zwischendurch, ob sie etwas falsch mache.
Fazit
Die Hardware dürfte besser sein
Das Magic Drawing Pad von XP-Pen ist kaum von einem regulären Android-Tablet zu unterscheiden. Allerdings hat XP-Pen gut nachgebessert. Das matte Display und der beiliegende Stylus sind super. Praktisch ist auch, dass ich jegliche Stifte von XP-Pen darauf nutzen kann.
Das Tablet kommt jedoch mit einem etwas älteren Betriebssystem (Android 12) und die Farbraumabdeckung ist zu ungenau, wenn du die Bilder ausdrucken willst. Die Hardware hinkt bei rechenlastigen Programmen zudem hinterher.
Möchtest du ein digitales Skizzenbuch für unterwegs oder dich generell in der digitalen Kunst versuchen, könnte das Magic Drawing Pad ein guter Begleiter – gerade auch zum Einstieg – sein. An Zubehör bekommst du bereits alles mitgeliefert, was du brauchst. Ein Kunstprogramm, das dir zusagt, musst du dir zusätzlich im Appstore holen.
Bist du auf eine bessere Hard- und Software aus und möchtest auf Stift und mattes Display nicht verzichten, wäre das Huawei Matepad 11.5 S eine Möglichkeit. Huawei stellt hier eine eigene, gratis Zeichensoftware zur Verfügung. Diese läuft flüssig und bietet einen guten Umfang an Pinseln und Funktionen. Auch ohne vorinstallierte Google Services kannst du auf dem Matepad jegliche Programme nutzen und bekommst regelmässig Updates.
Pro
- mattes Display
- unterstützt jegliche XP-Pen Stifte
- Software zur Stift-Kalibrierung
- viel Zubehör (Case, Stift, Handschuh, Netzteil)
Contra
- schwache Hardware
- älteres Betriebsystem (Android 12)
Seit ich einen Stift halten kann, kritzel ich die Welt bunt. Dank iPad kommt auch die digitale Kunst nicht zu kurz. Daher teste ich am liebsten Tablets – für die Grafik und normale. Will ich meine Kreativität mit leichtem Gepäck ausleben, schnappe ich mir die neuesten Smartphones und knippse drauf los.