Gerichtsurteil:👍 muss nicht zwingend generelle Zustimmung bedeuten
In München stritten ein Immobilienmakler und ein Autohändler um eine Anzahlung in Höhe von rund 60 000 Euro. Mit Emojis habe der Makler seine Zustimmung zu einer Fristverlängerung der Auto-Auslieferung gegeben. Das sahen der Makler und das Oberlandesgericht anders.
Am Oberlandesgericht in München hat sich ein Verfahren mit der Bedeutung von Emojis im Kontext von rechtskräftigen Willenserklärungen befasst. Im Urteil wird grundlegend festgestellt, dass auch Messenger-Texte als Willenserklärung gelten, die den allgemeinen Regeln der Rechtsgeschäftslehre unterliegen.
Das schließt unter Umständen auch Chat-Emojis ein, da sie «Funktionen wie Intonation, Gestik, Mimik und andere körpersprachliche Elemente in realen Gesprächen» übernehmen. Also Augen auf beim Verwenden von Emojis, wenn es um Geld geht! Die Auslegung und Interpretation von Emojis ist dagegen deutlich schwieriger zu beurteilen.
Zustimmende Emojis sollen als Zustimmung für Fristverlängerung gelten
Ein Immobilienmakler hatte bei einem Autohändler einen neuen Ferrari bestellt. Er leistete dafür eine Anzahlung von rund 60 000 Euro. Die Auslieferungsfrist wurde überschritten und der Käufer trat vom Vertrag zurück. Doch der Händler wollte den Rücktritt vom Kaufvertrag nicht geltend machen und die Anzahlung einbehalten. Daher klagte der Käufer auf Rückzahlung und der Fall ging vor das Landgericht München II.
Der Verkäufer bezog sich aber auf einen Chatverlauf und argumentierte, dass der Käufer darin die Zustimmung für eine Fristverlängerung geäußert habe. Das bedeutet, der Verkäufer ging davon aus, mehr Zeit für die Lieferung des Wagens zu haben. Der Verkäufer verlangte gar Schadenersatz vom Käufer, da er den Ferrari nach all den Querelen deutlich unter dem vereinbarten Preis verkaufen musste.
Das Landgericht wies die Klage des Käufers jedoch ab. Er habe der Fristverlängerung zugestimmt und könne daher die Anzahlung nicht zurückfordern. Daraufhin ging der Käufer im Februar 2024 in Berufung und der Fall landete vor dem Oberlandesgericht München. Dort wurden der WhatsApp-Verlauf und die verwendeten Emojis eingehend seziert.
Ein unverbindlich erscheinender Chatverlauf wird zur Urteilsgrundlage
Im Kaufvertrag war ein unverbindlicher Auslieferungstermin «im zweiten oder dritten Quartal 2021» festgehalten. Eine Mahnung und schließlich ein Rücktritt vom Vertrag war demnach erst zwei Quartale später, also ab dem 1 April 2022, möglich.
Gegen Ende des dritten Quartals, am 21. September 2021, informierte der Verkäufer den Käufer per WhatsApp, dass sich die Auslieferung bis ins erste Halbjahr 2022 verschiebe. Der Käufer antwortete: «Ups 😬». Auf Nachfrage lieferte der Verkäufer ein Dokument des Herstellers, das die Autobestellung verbindlich bestätigt. Der Kläger antwortete darauf mit 👍.
Am 27. Januar 2022 meldete sich der Käufer: «Erstes Halbjahr hat angefangen. 😄 schon ein Lebenszeichen von Ferrari wann mit dem Auto zu rechnen ist?». Der Verkäufer antwortete, dass eine Abwicklung ab dem 9. Mai möglich wäre, der Käufer antwortete mit «Passt». Als der Händler auch am 9. Mai eine Verzögerung meldete, setzte der Käufer eine Frist bis zum 31. Mai 2022, innerhalb der das Auto ausgeliefert sein müsse – was nicht geschah.
😬, 👍 und 😄 unter der Lupe des OLG München
Daher trat der frustrierte Käufer am 1. Juni vom Vertrag zurück und verlangte die Rückerstattung der Anzahlung. Der Händler dagegen argumentierte, dass die Lieferfrist einvernehmlich bis zum 30. Juni 2022 verlängert worden sei. Er stützt sich dabei auf den Chatverlauf: Durch die Emojis habe der Käufer seine Zustimmung zur Fristverlängerung gegeben.
Das Grimassen-Gesicht 😬 ist im allgemeinen Gebrauch schwer als Zustimmung zu deuten, was auch das Berufungsgericht so sieht. Eine zustimmende Aussage sei damit auch bei Interpretationsspielräumen «keinesfalls verbunden». Durch das «Ups 😬» habe der Käufer lediglich Überraschung oder Erstaunen ausdrücken wollen.
Eindeutiger ist das Daumen-hoch-Emoji 👍, das laut den gängigen Emoji-Lexika und auch dem Gebrauch im realen Leben grundsätzlich «Zustimmung, Einverständnis oder Anerkennung» signalisiert. Doch es habe sich nicht auf die verzögerte Lieferung bezogen, sondern darauf, dass der Hersteller die Bestellung wirklich erhalten habe.
Das Lach-Emoji 😄 vermittelt nach Feststellung des Gerichts zwar eine positive, warme Stimmung. Doch daraus eine Zustimmung zur Fristverlängerung abzuleiten, «ergibt sich aus nichts», ist im Urteil zu lesen. Es sei höchstens als Ausdruck einer «unspezifischen Vorfreude oder Hoffnung» des Käufers zu sehen gewesen.
Das Gericht stimmte letztendlich dem Kläger, dem ehemaligen Käufer, zu und entschied, dass die Anzahlung inklusive Zinsen zurückzuerstatten sei.
Fühlt sich vor dem Gaming-PC genauso zu Hause wie in der Hängematte im Garten. Mag unter anderem das römische Kaiserreich, Containerschiffe und Science-Fiction-Bücher. Spürt vor allem News aus dem IT-Bereich und Smart Things auf.