«Framework ist mein Ziel»: der Traum vom modularen Thinkpad
Hintergrund

«Framework ist mein Ziel»: der Traum vom modularen Thinkpad

Jan Johannsen
3-12-2024

Sein Traum ist ein modulares Thinkpad, aber als Nächstes soll erst einmal der USB-C-Anschluss austauschbar werden. Christoph Blindenbacher von Lenovo im Interview.

Lenovo hat im Frühjahr 2024 die ersten Thinkpads vorgestellt, die in Kooperation mit iFixit hergestellt wurden. Durch diese Zusammenarbeit sind sie einfacher zu reparieren. Dafür ist Christoph Blindenbacher als Director Thinkpad Portfolio Management bei Lenovo mitverantwortlich. Im Gespräch erzählt er über das Zustandekommen der Kooperation und verrät, was Lenovo sich von «reparieren statt neu kaufen» verspricht.

  • Produkttest

    Die Zusammenarbeit von Lenovo und iFixit ist noch nicht am Ziel angekommen

    von Jan Johannsen

Herr Blindenbacher, wann ist die Reparierbarkeit von Notebooks bei Lenovo in den Fokus gerückt?

Vor etwa fünf Jahren wollten wir wissen, warum unsere kommerziellen Notebooks bereits nach drei bis vier Jahren ausgetauscht werden. Unserem Anspruch nach sollten die Thinkpads länger nutzbar sein. Dabei kam heraus, dass die Arbeitgeber denken, dass die Laptops nicht mehr genug Wertigkeit für die Mitarbeitenden hätten.

Christoph Blindenbacher ist bei Lenovo für die Thinkpads zuständig.
Christoph Blindenbacher ist bei Lenovo für die Thinkpads zuständig.
Quelle: Lenovo

Geht es dabei um Hardware-Upgrades oder die Reparatur defekter Komponenten?

Die Nachrüstbarkeit war unter den Top-3-Prioritäten. Davor landete die Austauschbarkeit von Tastatur und Akku. Das wichtigste Kriterium, warum neue Geräte gekauft wurden, war die Wertigkeit, beziehungsweise die Abnutzungserscheinungen der Tastatur. Das gilt aber nur für das Enterprise-Umfeld, also bei Firmenkunden und den Thinkpads. Bei unseren Consumer-Notebooks Ideapad oder Yoga sieht das sicherlich anders aus.

Firmenkunden wollen am häufigsten die Tastatur austauschen.
Firmenkunden wollen am häufigsten die Tastatur austauschen.
Quelle: Jan Johannsen

Covid verursachte einen zusätzlichen Push im Bereich Nachrüstbarkeit. Mit der Verlagerung ins Homeoffice wurden einige Anwendungen wichtiger, die mehr Rechenpower verlangen. Microsoft Teams und ähnliche Programme benötigen aber vor allem Arbeitsspeicher und nicht unbedingt mehr CPU-Leistung. Deswegen haben wir vor allem die RAM-Riegel leichter austauschbar gemacht.

Welche Komponente wollen Sie als nächstes austauschbar machen?

Den USB-C-Port. Das ist inzwischen der meistgenutzte Anschluss und entsprechend ärgerlich ist es, wenn er abgenutzt ist. Er befindet sich derzeit noch auf dem Mainboard. Das macht die Reparatur aufwändig und teuer. Wir wollen ihn und andere viel genutzte Anschlüsse auf einzelnen Karten setzen, damit nicht das gesamte Mainboard getauscht werden muss. Beim Modell T14 kann man die Grundphilosophie dahinter bereitsvbeim Ethernet-Port sehen. Der lässt sich bereits schnell austauschen – bisher aber nur durch unseren Service und nicht durch die Kunden selbst.

Die USB-C-Anschlüsse sollen vom Mainboard gelöst werden.
Die USB-C-Anschlüsse sollen vom Mainboard gelöst werden.
Quelle: Jan Johannsen

Und wie schnell hat sich das Reparieren anstelle des Verkaufs neuer Geräte bei einem Computerhersteller durchgesetzt?

Als Firma wollen wir natürlich auch Notebooks verkaufen. Da ist bereits so etwas wie das Thinkpad T14 ein großer Wechsel in der Philosophie, der viele Diskussionen im Management gebraucht hat. Da hat es mir argumentativ natürlich geholfen, dass Nachhaltigkeit gerade im Trend ist. Wir haben als Firma das Ziel, bis 2030 CO₂-neutral zu werden. Das ist auch für viele Firmenkunden relevant. Bei der Erreichung solcher Ziele helfen einfach zu reparierende Laptops, die man länger nutzen kann. Da sind wir wieder bei der Tastatur und beim Akku. Diese Komponenten sind die Hauptgründe, warum sich Kunden ein neues Notebook kaufen, obwohl der restliche Rechner eigentlich noch gut nutzbar ist.

Von Smartphone-Herstellern habe ich gehört, dass minderwertige Ersatzakkus mit ein Grund dafür waren, Batterien fest zu verbauen. Wie will Lenovo verhindern, dass es bei den deutlich größeren Notebook-Akkus zu ähnlichen Problemen kommt?

Natürlich könnten wir sagen, dass die Kunden einfach unsere Batterien nehmen sollen. Aber im Rahmen von gesetzlichen Regeln gibt es bereits erste Staaten, die verlangen, dass die Kunden Akkus von jedem Hersteller einbauen können müssen. Hier sind wir nun gefordert. Wir müssen sicherzustellen, dass die Batterien von Drittherstellern kein Risiko darstellen. Eine Möglichkeit ist, mit Algorithmen zu arbeiten. Diese können zum Beispiel den Zustand eines Akkus erkennen oder die Ladezyklen zählen. Das ist aber eine Herausforderung, vor der nicht nur Lenovo steht.

Die Batterie des Thinkpad T14 hat einen Steckanschluss.
Die Batterie des Thinkpad T14 hat einen Steckanschluss.
Quelle: Jan Johannsen

Da Sie gerade Regulierungen erwähnen: Sind solche Vorgaben, zum Beispiel jene der EU in Bezug auf die Reparierbarkeit, lästige Pflichten oder helfen sie dabei, bestimmte Ideen innerhalb der Firma durchsetzen zu können?

Das hilft mir in dem Sinne schon. Solche Vorgaben gelten dann ja auch für alle. In meinem Produktbereich ist es aber durchaus auch etwas leichter, da Firmenkunden andere Ansprüche haben. Meinen Kollegen aus dem Consumerbereich würde es zum Beispiel deutlich schwerer fallen, ein Notebook drei Millimeter dicker zu machen, damit die Tastatur austauschbar ist. Die Hardware-Abteilungen von Firmen freuen sich dagegen sehr darüber.

Wichtig ist, bei solchen Anforderungen auf dem Laufenden zu bleiben und zu wissen, was einen in der Zukunft erwartet. Hier sind wir sehr froh, iFixit als kompetenten Partner an unserer Seite zu haben. Als nächster großer Schritt kommt die Vorgabe der EU, dass Batterien in allen Geräten austauschbar sein müssen. Das gilt ab dem 1. Januar 2027 nicht nur für Notebooks, sondern zum Beispiel auch für Smartphones. Da wird sich einiges ändern.

Ist iFixit auf sie zugekommen oder hat sich Lenovo an die Reparaturexperten gewendet?

Wir sind auf iFixit zugegangen. Sie hatten bereits eine große Expertise zu den verschiedenen Gesetzen, die je nach Land sehr unterschiedlich ausfallen. Frankreich ist zum Beispiel noch einmal strenger als die EU insgesamt. Und in den USA führen immer mehr Staaten ein «Right to Repair» ein. Da wollten wir Experten haben, die sich nur um dieses Thema kümmern.

Das Thinkpad T14 hat iFixit mit entworfen.
Das Thinkpad T14 hat iFixit mit entworfen.
Quelle: Jan Johannsen

Wie zufrieden ist Lenovo bisher mit der Kooperation?

Wir haben ja nicht nur die generelle Beratung von iFixit in Anspruch genommen, sondern sie von Anfang an direkt an der Entwicklung zweier Notebooks der T- und der L-Serie beteiligt. Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden und haben gerade die Rahmenbedingungen für eine weitere langjährige Zusammenarbeit mit ihnen besprochen. Ich denke, diese Partnerschaft war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten.

iFixit hat ja die Ersatzteile vorrätig und entwirft Reparaturanleitungen.

Ja, sie haben uns eben auch dort geholfen. Außerdem bewerten sie die Reparierbarkeit nach transparenten Kriterien. Das schafft für Kunden eine gute Vergleichbarkeit. Sie haben dort Standards gesetzt und bleiben trotz der Zusammenarbeit mit uns unabhängig.

Theoretisch könnten auch andere Hersteller hingehen und sich einen iFixit-Score für ihre Notebooks holen.

Ja, Microsoft hat es uns ein bisschen nachgemacht. Wir wissen auch, dass andere Hersteller angeklopft haben. Was uns sehr freut, weil es doch zeigt, dass wir da einen gewissen neuen Maßstab gesetzt haben. Und von Kunden erhalten wir extrem gutes Feedback.

Können Sie zusammenfassen, was einfache Mittel sind, um die Reparatur eines Notebooks generell zu erleichtern?

Also zunächst ist es ganz wichtig, nichts Proprietäres zu verwenden. Wenn Sie sich das Thinkpad T14 anschauen, da verwenden wir normale Philips-Schrauben (Kreuzschlitz, Anm. d. Red.). Zudem so wenig Schrauben wie möglich, stattdessen andere Befestigungen, die ohne Klebstoff auskommen. Für unser Thinkpad haben wir aber noch zusätzliche Anforderungen an die Robustheit. Dort sind Schrauben derzeit am besten.

Schrauben sind für Lenovo das beste Befestigungsmittel.
Schrauben sind für Lenovo das beste Befestigungsmittel.
Quelle: Jan Johannsen

Eindeutige Markierungen sorgen dafür, dass die Leute erkennen, welche Komponenten sie austauschen können. Und dann muss der Repair Guide sehr einfach gehalten sein. Am besten eine Anleitung mit vielen Bildern oder als Video, um verschiedene Bedürfnisse zu erfüllen.

Bei aller Reparierbarkeit muss zudem die Sicherheit gewährleistet sein. Die Kunden sollen sich weder verletzen noch etwas unbeabsichtigt zerstören können. Deswegen hat die Batterie bei uns eine dünne Abdeckung aus Metall, die ihr mehr Stabilität verleiht. Ohne diese wäre die Gefahr zu groß, dass sie sich beim Herausnehmen verbiegt oder ein herunterfallender Schraubenzieher sie beschädigt. Die graue Farbe sorgt zudem für einen farblichen Kontrast und man sieht auf ihr liegende schwarze Schrauben oder andere Objekte besser.

Was können wir in Sachen Reparierbarkeit in Zukunft noch erwarten?

Die Reparierbarkeit ist eine strategische Portfolio-Anforderung – und wird auch eine bleiben. Neben dem Preis ist Nachhaltigkeit im Geschäftsumfeld mittlerweile das wichtigste Kaufkriterium. Ich bin mir sicher, dass wir als Nächstes die Anschlüsse unabhängig vom Mainboard austauschbar machen. In einem ersten Schritt kann es allerdings noch sein, dass die Endbenutzer das noch nicht selber erledigen können. Außerdem können wir dem User sicherlich noch einfacher zeigen, was er reparieren kann und wie er zu den dafür nötigen Informationen gelangt.

Damit der Nutzer bei der Reparatur nichts beschädigt, könnten wir etwa die Platine besser vor Berührungen schützen und einfachere Steckverbindungen einführen. Das könnte auch die Angst reduzieren bei Reparatur die Garantie zu verlieren.

Gilt das für alle Notebooks von Lenovo?

Ich kann da nur für meine Sparte sprechen. Die Pläne der Consumer-Kollegen kenne ich nicht im Detail. Wir sind noch dabei herauszufinden, wie weit die Kunden zu Kompromissen bereit sind. Die T- oder L-Serie verkaufen wir an andere Personen als das Thinkpad X1. Bei diesem spielen das Design und die sehr flache Bauweise eine viel wichtigere Rolle.

Die Batterien werden durch die EU-Richtlinie ab Januar 2027 in allen Geräten austauschbar sein müssen. Aber ob wir zum Beispiel die Tastatur bei noch mehr Notebooks leicht auswechselbar machen, hängt auch von der Nachfrage der Kunden ab.

Ich fand den Framework-Laptop ja sehr spannend. Dieser hat ein modulares Konzept und hält sich bereits seit ein paar Jahren auf dem Markt. Er hat zum Beispiel vier Steckplätze, an denen man die Anschlüsse nach Bedarf einfach wechseln kann.

Ja, das Framework ist ein sehr interessantes Konzept, bei dem man sich aber immer die Frage stellen muss, wo man Kompromisse abzüglich der Qualität eingeht. Aber das Gerät haben wir uns natürlich im Detail angeschaut, da es schon einen kleinen Trend gesetzt hat.

  • Produkttest

    Framework im Test: Der vielleicht letzte Laptop, den du dir kaufen wirst

    von Philipp Rüegg

Daraus haben sich für uns sehr viele Fragen ergeben. Ich liebe die modularen Ports, aber dafür müssten wir unsere Geräte tiefer bauen. Das ist eine Entscheidung, die man nicht so schnell trifft. Das Framework-Design birgt auch Risiken hinsichtlich der Langlebigkeit der Geräte.

Wenn sie mich fragen, ist Framework mein Ziel. Wie kriegen wir ein Framework mit den Thinkpad-Merkmalen bezüglich der Qualität hin?

Technologisch sind wir noch nicht dort, wo wir sein wollen. Und dann ist da noch das Bewusstsein der Privatkunden. Für viele ist Nachhaltigkeit noch kein relevantes Kriterium. Ich denke aber, dass wir dieses Bewusstsein durch die Einhaltung von entsprechenden regulativen Vorgaben nach und nach fördern werden.

Titelbild: Jan Johannsen

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Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus. 


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