Fitness-Spiegel im Test: Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Produkttest

Fitness-Spiegel im Test: Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Ein drehbarer Spiegel mit integriertem Display, Lautsprecher und Hanteln – fertig ist die Fitnessecke für Zuhause. Während das Workout-Angebot von iFit extrem gross ist, gilt das für den Mehrwert des Proform Vue noch nicht.

Normalerweise sehe ich im Spiegel vor allem mich selbst. Seit einigen Wochen ist da allerdings mehr: Ein Fenster zur Online-Trainingswelt von iFit in Gestalt eines 22-Zoll-Displays hinter der glänzenden Oberfläche des Proform Vue. Proform ist eine Marke von iFit. Und das Gerät eine Möglichkeit, Workouts aller Art auf den Bildschirm zu zaubern. Mit den Hanteln, die an der Rückseite des Geräts ihren Platz finden, kann ich unter Anleitung schwitzen. Das ist für mich neu und hat anfangs einen gewissen Reiz. Aber ich bin, wie das so ist, wenn man lange vor dem Spiegel steht, ins Grübeln gekommen.

Aller Anfang ist schwer, alle Hanteln sind leicht

Wenn du beim Begriff «Spiegel» an ein filigranes Einrichtungsstück denkst, ist das im Falle des Proform Vue nur die halbe Wahrheit. Zwar fügt sich die Front spiegeltypisch schlank in den Raum ein, aber darunter und dahinter sitzt einiges, was doch etwas aufträgt. Das enttarnt ihn schnell als Fitnessgerät.

Die schwere Bodenplatte ist nicht schön, aber stabil.
Die schwere Bodenplatte ist nicht schön, aber stabil.

Drei Lautsprecher verstecken sich hinter einer Abdeckung, eine Bodenplatte sorgt für stabilen Stand und an der Rückseite werden die mitgelieferten Hantelstangen und -scheiben aufgehängt: Eine 4,5 Kilogramm leichte Langhantelstange, zwei Kurzhanteln à 2,3 Kilogramm und vier kleine Scheiben, die je 1,13 Kilo auf die Waage bringen. Dass sich der Kauf weiterer Scheibchen lohnt, bezweifle ich. In der Anleitung heisst es: «Legen Sie nicht mehr als 9 kg der Gewichtsplatten auf die Langhantel und auf jede der Kurzhanteln auf.»

In anderen Worten: Schwere Qualität ist das nicht. Sie taugen für das eine oder andere Workout, doch je nach Trainingsziel wirst du sie bald links liegen lassen und dich nach anderen Hanteln umsehen. Die mitgelieferten Leichtgewichte verteilen sich auf mehrere Kunststoff-Haken. Ausserdem ist an der Rückseite auch die Display-Einheit verschraubt. Sie lässt sich, wie auch die anderen technischen Teile, bei einem Defekt austauschen, wie mir vom Lieferanten versichert wird. Es gebe einen Reparaturservice.

Gute Idee: Das Zubehör hat an der Rückseite Platz. Schlechte Idee: Das Zubehör ist nicht gut.
Gute Idee: Das Zubehör hat an der Rückseite Platz. Schlechte Idee: Das Zubehör ist nicht gut.

Damit beim Aufstellen kein Totalschaden droht, solltest du dich nicht alleine ans Werk machen. Der Spiegel bringt mit Zubehör immerhin 62 Kilogramm auf die Waage. Ich habe das Glück, dass das Testmodell von zwei kräftigen Kollegen in meinen Keller verfrachtet, aufgestellt und in Betrieb genommen wird.

Da steht er nun, mehr oder weniger unverrückbar, auf seiner stabilen schwarzen Bodenplatte. In der Nähe einer Steckdose, damit ich den Netzteil-Klotz auch noch hinter dem Gerät verstecken kann. Dort hat es Platz. Denn der Spiegel braucht etwas Abstand von der Wand, passt auch in Ecken und lässt sich leicht drehen. Das ist nicht nur praktisch, um an die dahinter verstauten Gewichte zu kommen. Es ermöglicht mir auch, beim Training die Position im Raum zu wechseln. Je nach Übung ist das sinnvoll. Ausserdem befindet sich hinten am Gerät, knapp über dem Boden, der Netzschalter. Jedes Training beginnt deshalb mit einer Kniebeuge. Mit dem Druck auf den Schalter surrt kurz ein Lüfter auf, der sich schnell wieder beruhigt. Dann erscheint, über WLAN verbunden, die Welt von iFit im Spiegel.

Nichts geht ohne iFit

Um den Spiegel zu nutzen, musst du iFit-Mitglied sein. Ein 30-Tage-Testzeitraum ist dabei, danach wird eine Jahresgebühr fällig. Bei Proform kostet sie momentan 149,90 Franken, die Family-Mitgliedschaft für bis zu fünf Personen ist für 349,90 Franken zu haben.

Hohe Kosten, grosse Auswahl: Es gibt viel mehr Workouts, als ich absolvieren kann.
Hohe Kosten, grosse Auswahl: Es gibt viel mehr Workouts, als ich absolvieren kann.

Neben ein paar Tausendern für das Gerät kommt so eine ordentliche Summe zusammen, um im Wohnzimmer, Büro oder Keller statt im Fitnessstudio trainieren zu können. Das wollten in den vergangenen Jahren aus guten Gründen viele: Die Online-Angebote von Peloton, iFit & Co. haben zu Beginn der Pandemie einen Boom erlebt. Doch inzwischen gibt es wieder Alternativen und der Kampf um die Kundschaft ist hart.

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Der Griff zur Kreditkarte bleibt mir bei meinem Testgerät erspart. Ich bekomme ein Login, habe vollen Zugriff und staune über das Angebot. Während ich mit dem Zeigefinger über den Spiegel schmiere und so von Workout zu Workout scrolle und swipe, finde ich alles, was angesagt ist: Von Yoga bis HIIT, vom kurzen Stretching bis zum stündigen Kraft-Workout oder zu Cardio-Einheiten. Es gibt Angebote für Anfänger:innen und Fortgeschrittene sowie 32 Trainerinnen und Trainer, denen ich folgen und deren Workouts ich nach meinen Vorstellungen filtern kann.

Darfs ein Studiotraining sein oder soll mein Coach irgendwo in der Landschaft stehen? Auf welchem Kontinent? Will ich mit Kurzhanteln, Kettlebell oder Fitnessbändern trainieren? Die Arme, den ganzen Körper oder die Beine? Weniger als 20 Minuten oder lieber länger? Ich könnte nun Favoriten markieren, mir einen Plan erstellen und verschiedene Workouts in den Kalender eintragen. Aber ich beschliesse, einfach mal irgendwo anzufangen. Mit dem Zubehör, das dabei ist.

Vor Schwarz gefällt mir der Effekt besser. Du kannst aber auch am Strand, in den Bergen oder vor Sehenswürdigkeiten trainieren.
Vor Schwarz gefällt mir der Effekt besser. Du kannst aber auch am Strand, in den Bergen oder vor Sehenswürdigkeiten trainieren.

Ich beginne mit Studio-Workouts, in denen die Coaches vor schwarzem Hintergrund erscheinen. Das sieht zum einen ganz witzig aus, zum anderen bleibt drumherum genug Spiegelfläche frei, um mich selbst zu sehen. Dieser Effekt ist weg, wenn beispielsweise Schwimm-Superstar Michael Phelps an der Küste von Hawaii den Vorturner macht. Das ist auch unterhaltsam, hat für mich auf dem 22 Zoll grossen HD Display aber keinen nennenswerten Wow-Effekt. Noch dazu konzentriere ich mich weniger auf die Übungsausführung.

Am oberen Bildschirmrand erscheint die absolvierte Trainingszeit, mit einem Fingertipp lässt sich auch die verbleibende anzeigen, was mich mehr interessiert. Infos zu mutmasslich verbrannten Kalorien sind mir dagegen total egal. Ausblenden lassen sich die Infos ebenfalls.

Wie lange noch? Alles andere interessiert mich momentan wenig.
Wie lange noch? Alles andere interessiert mich momentan wenig.

Für die meisten Workouts nehme ich die Kurzhanteln hinter dem Spiegel hervor und bestücke sie mit den vorhandenen Gewichten. Daneben lege ich meine eigenen, denn mit den vier mitgelieferten Mini-Scheiben komme ich nicht weit.

Hanteln mit Ecken und Kanten

Die Workouts beginnen in der Regel mit einer kleinen Einführung, an deren Ende ich die Übungen kenne und mir Gedanken um Gewichte machen muss. Die sollten jederzeit in passenden Abstufungen griffbereit oder zumindest einfach verstellbar sein.

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Die Hanteln des Proform Vue sind dagegen ziemlich basic: An Kurz- und Langhantelstangen dominiert Kunststoff, was sich nicht besonders hochwertig anfühlt. Mit einem Dreh an den Enden rasten die Gewichte ein. Als ich beim Schulterdrücken einmal leicht mit den Kurzhanteln aneinander gerate, öffnet sich der Verschluss, eine Gewichtsscheibe droht abzustürzen und mein Vertrauen ist endgültig dahin.

Wenn du es mit dem Training ernst meinst, wirst du bereits andere Gewichte haben oder dir schnell welche besorgen. Was schade ist, denn eigentlich ist das Hantellager hinter dem Spiegel eine gute Idee. Ausserdem gefällt mir der Formfaktor. Die Scheiben sind nicht rund, sondern abgeflacht. Als Liegestützgriffe eignen sich die Kurzhanteln gut.

Die Qualität der Hanteln überzeugt mich nicht.
Die Qualität der Hanteln überzeugt mich nicht.

Wir haben Krabbengang

Falls Hanteln für dich kein Thema sind, findest du auch Workouts mit dem eigenen Körpergewicht oder anderem Zubehör, dass du vielleicht schon besitzt. Wie eingangs erwähnt: Es lässt sich alles filtern und deinen Vorlieben entsprechend finden. Und je mehr du machst, desto eher bekommst du passende Trainingseinheiten vorgeschlagen. Dann wird es einfacher, sich im grossen Angebot zurechtzufinden, sofern du kein Problem mit englischen Inhalten hast.

Deutsch ist weder als Systemsprache vorhanden, noch bin ich über Workouts in anderen Sprachen als Englisch gestolpert, obwohl ich nach «all languages» filtern kann. Dafür kann ich mir automatisch übersetzte Untertitel anzeigen lassen, die den Trainingsspass um eine Dimension erweitern. Wenn es heisst «hängen Sie diese Hüften auf» oder «wir haben Krabbengang», sehe ich mich im Spiegel lächeln. Doch im Grunde ist das egal, denn die Übungen kenne ich nach der Einführung. In vielen Trainingssituationen habe ich den Bildschirm sowieso nicht im Blick und die überwältigende Mehrheit wird kein Problem mit englischen Anweisungen haben. Schwieriger ist es, die Übungen auf Dauer korrekt auszuführen.

Gute Workouts, begrenzt verbunden

Alle Workouts, die ich im Laufe der Zeit ausprobiert habe, sind gut aufgebaut und professionell angeleitet. Doch egal, ob ich mit Hannah Eden, der topfitten CrosFitterin, vor dem Castelo de Silves in Portugal trainiere oder einen ihrer Kollegen im Studio auswähle – am Ende weiss nur ich, was ich getan habe. Es gibt keine Live-Workouts und ausser meinem Spiegelbild und Körpergefühl gibt es keine Kontrolle. Einerseits ist das angenehm und verführerisch: Es guckt mir keiner zu. Keine Kamera, keine AI kontrolliert, ob und wie ich mitmache. Keine Kamera? Moment! An der Front ist doch eine verbaut. Aber die hat bislang noch keine Funktion und wird deshalb nicht weiter erwähnt. Das ist manchmal schade, denn ohne eine Art von Feedback und Korrektur geht verloren, was einen Fitness-Kurs im Studio ausmacht.

Was diese Statistik wert ist, weiss nur ich.
Was diese Statistik wert ist, weiss nur ich.

Live-Sessions seien bislang nicht sonderlich gefragt, erfahre ich auf Nachfrage beim Lieferanten zu diesem Punkt. Die meisten Leute würden lieber ihrer Lieblingstrainerin oder dem Lieblingstrainer folgen und zeitunabhängig trainieren. Es gibt jedoch andere Fitness-Spiegel, die mit Kameras oder motion capturing deine Bewegungen erfassen und in diesem Punkt bereits mehr Feedback-Möglichkeiten bieten. Beim Proform Vue habe ich bislang nur 61 x 150 Zentimeter Spiegelbild, das nicht immer im Blickfeld ist. Bei Übungen am Boden lausche ich den Anweisungen aus dem integrierten Lautsprecher, dessen Qualität so okay ist, dass ich jedes Wort verstehe und auch die Hintergrundmusik zum Workout nicht als störend empfinde. Alternativ kann ich per Bluetooth meine Kopfhörer verbinden. Ein Pulsgurt ist ebenfalls kompatibel und natürlich werden absolvierte Trainingseinheiten gezählt, gespeichert und gefeiert. Doch es bleibt bei der quantitativen Erfolgskontrolle. Für die Qualität muss ich selber sorgen.

Fazit: Noch nicht mehr als die Summe seiner Teile

Die Trainingswelt von iFit ist gross, aber das ist nur ein kleines Argument für den Proform Vue. Es gibt sie schliesslich auch als App ohne den Spiegel, dem das gewisse Etwas fehlt. Möglich, dass er in Zukunft zum Beispiel durch neue Feedback-Kanäle an Funktionen und damit an Format gewinnt. Bislang ist er zwar eine schlanke Möglichkeit, ein Fitnessgerät in die Wohnung zu integrieren. Aber die mitgelieferten Hanteln sind nichts, worauf du gewartet hast und auch das Design ist noch nicht so, dass das Gerät als dekoratives Möbelstück durchginge. Der Touchscreen ist in Ordnung, reicht aber weder was die Schärfe noch was die Schnelligkeit angeht an ein aktuelles Tablet heran. Ein Gerät, das viele Funktionen integriert, sollte mehr sein als die Summe mittelmässiger Einzelteile. Da bislang sowohl ein direktes Trainingsfeedback als auch ein Wow-Effekt beim Design fehlt, ist das für mich nicht der Fall. Was nicht ist, kann ja noch werden. Ich bin sicher, dass die Entwicklung in diesem Bereich noch lang nicht am Ende ist. Das Konzept finde ich interessant – doch momentan würde ich mich für hochwertige Einzelteile entscheiden und hätte immer noch Geld gespart.

Entweder:

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Sportwissenschaftler, Hochleistungspapi und Homeofficer im Dienste Ihrer Majestät der Schildkröte.


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