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Digitec am Herofest: Komm vorbei und spiel mit uns!
von Domagoj Belancic
Seit rund 30 Jahren gibt es LAN-Partys – auch in der Schweiz. Von der ersten «Netgame» von 1995 bis zur diesjährigen «Switzerlan» ist viel passiert.
Von «Quake» zu «Valorant». Vom Nullmodem-Kabel zum WLAN. Aus der Nische ins Scheinwerferlicht: LAN-Partys sind 2023 anders als noch vor 30 Jahren. Professioneller. Grösser. Kompetitiver. Ich blicke zurück auf die vergangenen Jahre und die Entwicklung von LAN-Partys in der Schweiz.
Die Geschichte der LAN-Partys beginnt in den frühen 1990er-Jahren. Onlinespiele laufen lediglich über langsame und störungsanfällige Dial-Up-Verbindungen. Die einzigen anderen Möglichkeiten, gegeneinander zu spielen, sind der Splitscreen oder das Verbinden von Geräten mit einem Kabel. Für Turniere und gemeinsamen Spielspass bauen Gamerinnen und Gamer ihre PCs also bei Freunden oder an einem Veranstaltungsort auf und verbinden die Geräte direkt miteinander. So entstehen die ersten privat organisierten LAN-Partys an vielen Orten der Welt.
Eine der ersten öffentlichen Gaming-Veranstaltungen der Schweiz findet am 19. März 1995 im Konzertsaal des Restaurants Don Camillo in Bern statt. Am «Doom»-Turnier «Doomsday» nehmen ganze 180 Gamerinnen und Gamer teil.
Vom positiven Feedback angespornt organisieren die Veranstalter André «Rayden» Christen und Oliver «Sinclair» Eigenberger noch im selben Jahr die «Netgame Convention» für 18 Teilnehmende. Ausgabe eins von über 50 «Netgame»-LANs (Stand 2023) und die erste öffentliche LAN-Party der Schweiz. Bald schon findet die «Netgame» mehrere Male im Jahr statt und weitere Veranstalter organisieren ihre eigenen LAN-Partys.
Früh werden Egoshooter die beliebtesten LAN-Spiele: Zu Beginn gehören «Doom» und «Duke Nukem 3D» zu den grossen Turniergames, es folgen «Quake» und «Unreal Tournament». Aber auch Rennspiele wie «Need for Speed» sind mit ihren Multiplayer-Funktionen beliebt. Mit «Command & Conquer» und den späteren «Age of Empires»-, «Age of Mythology»- und «Starcraft»-Titeln erfreuen sich zudem Echtzeit-Strategiespiele grosser Beliebtheit.
Die Einrichtung einer LAN-Party braucht ihre Zeit. Bis alle Verbindungen hergestellt und sämtliche Störungen behoben sind, kann es schon mal einen halben Tag dauern. Auf den beigefarbenen Computergehäusen und schweren Röhrenmonitoren wird aber nicht nur gezockt.
Man erinnere sich: In den 1990ern steckt das Internet in Kinderschuhen. Musik läuft über Kassetten und CDs, Filme auf VHS und später DVD, und auch Games können als CD-ROM im Laden gekauft werden. Die Anschaffung solcher Datenträger kann ganz schön auf das Portemonnaie schlagen. Wer IT-Kenntnisse besitzt und seine Ersparnisse schon für einen leistungsfähigen PC ausgegeben hat, findet an der LAN-Party ein prall gefülltes Buffet: Die Besucher kopieren Games, Filme, Serien und auch Pornos – sogenannte Warez – von den anderen Rechnern im lokalen Netz.
Im Jahr 2000 findet im Hotel Schweizerhof in Bern die «Mega Netgame Convention» statt. Mit 311 Teilnehmenden läutet die bis dahin grösste Schweizer LAN-Party den Boom ein. Drei Jahre später pilgern 1500 Gamer zur «Lanforce 5» in Bern. Und 2006 zieht die «Airport LAN» am Flughafen Zürich 1200 Besucherinnen und Besucher an. In der goldenen Ära finden in der Schweiz jedes Jahr bis zu 130 LANs statt. «Rayden» organisiert in manchen Jahren ganze vier «Netgames». Gamerinnen und Gamer haben die Qual der Wahl, wohin sie ihr Setup jedes Wochenende schleppen möchten. Sponsoren wie HP, Microsoft, World of Games und Migros unterstützen die Events.
Doch die Technik holt die LAN auf. Das Breitband-Internet findet seinen Weg in die Haushalte der Gamer. Es ermöglicht einer breiten Spielerbasis, online mit- und gegeneinander zu spielen. Wieso also noch den PC an die LAN-Party schleppen, wenn die Verbindung zuhause ebenso viel leistet?
Ab der Mitte der 2000er-Jahre verzeichnen die Schweizer LANs deshalb sinkende Teilnehmerzahlen, manche gehen komplett ein. Auch die «Netgame» findet nur noch einmal jährlich statt. Bis 2010 schlummern die LAN-Partys dahin und nur ein harter Kern leidenschaftlicher Enthusiastinnen und Enthusiasten hält die Gamingpartys am Leben.
Nach Jahren der Isolation vermissen viele Gamerinnen und Gamer die physische Nähe zu ihren Mates. Sich in den Arm nehmen, abklatschen, anstossen und eine Shisha teilen – all das ist über Teamspeak nicht möglich. Und so melden sich ab Beginn der 2010er-Jahre wieder mehr Leute bei LANs an. Viele von ihnen gewichten das Zusammensein höher als das Gamen an sich. LANs entwickeln sich zu Festivals für Gamer: Es wird getrunken, getanzt, gesungen, gekifft, Flunkyball und Bierpong gespielt. Was die Events von traditionellen Partys abhebt, ist, dass sie durchs Band friedlich verlaufen. In seinen 30 Jahren LAN musste «Rayden» erst einmal eine Person von einer Veranstaltung verweisen. Eine Schlägerei hat er nie erlebt.
Der E-Sports-Hype mit internationalen Wettkämpfen und gefüllten Stadien färbt auf die LAN-Partys ab. Sie landen wieder auf dem Schirm von Sponsoren. Konzerne unterstützen die Partys finanziell oder mit Sachpreisen – allen voran die IT-Branche, die in den jungen Gamern die Informatik-Leistungsträger der Zukunft sieht. Mit der «Polylan» organisiert seit 2004 sogar die Hochschule EPFL eine eigene LAN-Party. Anfangs kommen noch 200 bis 300 Teilnehmende, ab 2014 wächst die «Polylan» auf 800, 1000 und 1300 Gamer an. Die Events werden jetzt professioneller organisiert und erhalten mehr Medienaufmerksamkeit.
2014 schlägt auch die Geburtsstunde der «Switzerlan». Im Berner Messegelände haben zunächst 200 Spielfreudige Platz. In den darauffolgenden Jahren wächst die «Switzerlan» auf über 2000 verfügbare Plätze und wird für viele Schweizer Gamerinnen und Gamer zum alljährlichen Highlight. Sie ist zeitweise die grösste LAN-Party im deutschsprachigen Raum und empfängt Gäste aus Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien.
Gleichzeitig finden schweizweit jedes Jahr dutzende private und kleinere öffentliche LANs statt. Sie heissen «Butterlan», «Lock & Load», «Isle of LAN», «Eevent», «Odyssee», «Le-LAN» oder «Turicane». Manche verkaufen 20 Tickets, manche 200 – es ist für jeden Geschmack und für (fast) jede Region etwas dabei. Ihnen gemeinsam sind die Leidenschaft, Hingabe und Kreativität der Organisationsteams – praktisch alle veranstalten die LANs im Ehrenamt.
Seit Mitte der Nullerjahre wächst der Gaming-Markt stetig. Videospiele sind in den Mainstream gerückt und die Nachfrage für LAN-Partys ist gestiegen. Auch in der Schweiz.
Events werden grösser, Veranstalter erhöhen die Eintrittspreise und zahlen dafür mehr Preisgelder aus. Die gewachsenen Veranstaltungen müssen steigenden Ansprüchen gerecht werden. Eine stabile, leistungsfähige Internetverbindung ist die Grundvoraussetzung. Eine warme Küche gehört zum guten Ton und Securitas sorgen für die Sicherheit. Fluchtwege sind beschriftet, Sponsoren unterstützen finanziell, Regelbücher für Turniere werden verfasst.
Nicht nur die Ansprüche an Events haben sich verändert, sondern auch die Hauptaktivitäten. Neue Games haben sich als Turnierdisziplinen durchgesetzt. Die «Starcrafts» und «Dooms» von früher heissen heute «League of Legends», «Overwatch» und «Rocket League». Älteren Spielen widmet man der Nostalgie zuliebe noch Nischenturniere. Ganz verschwunden ist der Austausch von Warez, schliesslich gibt es heute von jedem Game oder Film Kopien auf dubiosen Internetseiten.
Klickt man sich durch Archivbilder alter LANs, fallen einige Dinge auf: Schon damals umrahmten Pizzakartons, Migros-Eistees, Dosenbier und Energy-Drinks die Monitore der Besucher. Das gleiche Bild zeigt sich heute – wenn auch die Screens schlanker geworden sind. Auf den Bildschirmen selbst bildet wohl «Counter Strike» die grosse Konstante. Der Ego-Shooter sorgt seit 2000 zuverlässig für Schweissausbrüche und Clutch-Momente an LAN-Partys. Kein anderes Spiel – inklusive Fortsetzungen – hat sich so gut gehalten.
Was ich auch nach fast dreissig Jahren noch spüre, ist der Geist von LAN-Partys. Die Teilnehmenden lassen sich ein Wochenende lang auf die Gaming-Welt ein und widmen sich voller Inbrunst ihrer Leidenschaft zum Zocken. Für mich persönlich fühlt sich der erste Schritt in die LAN-Halle immer an wie Heimkommen. LANs schaffen für eine Bubble von Gleichgesinnten den Rahmen, sich auszutauschen, kompromisslos abzunerden und sich nicht verstecken zu müssen. Denn an der LAN dürfen alle so sein, wie sie sind. Noch nie habe ich eine ehrlichere und inklusivere Gemeinschaft erlebt, die einfach alle willkommen heisst, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder politischer Orientierung.
In den Gesprächen, die ich mit LAN-Besucherinnen und -Organisatoren führe, kristallisiert sich stets ein grosser gemeinsamer Nenner heraus: Alle von ihnen kommen wieder und wieder an die LAN – und zwar nicht wegen der Games, sondern wegen der Leute. Aus LAN-Bekanntschaften werden gute Freunde, ab und zu entsteht eine romantische Beziehung. Denn an jedem PC, der an eine LAN-Party geschleppt wird, hängt auch ein Mensch. Und schlussendlich ist dieser mindestens gleich interessant, wie alles, was ein mit LEDs ausgestatteter Kasten je auf die Reihe bringen wird.
Die Switzerlan findet vom 12. bis 15. Oktober parallel zum Herofest in Bern statt. Digitec ist am Herofest ebenfalls vertreten. Hier siehst du, was du bei uns am Stand und auf der grossen Playground-Bühne erwarten kannst:
Meine Rückzugsorte tragen Namen wie Mittelerde, Skyrim und Azeroth. Muss ich mich aufgrund von Reallife-Verpflichtungen von ihnen verabschieden, begleiten mich ihre epischen Soundtracks durch den Alltag, an die LAN-Party oder zur D&D-Session.