Ein E-SUP? Grober Unfug auf dem Wasser
Es musste ja kommen. Nach dem E-Scooter, dem E-Skateboard und dem E-Bike jetzt auch das E-SUP. Das Stand-Up-Paddelboard mit elektrischem Antrieb wurde auf der Messe «Outdoor by ISPO» vorgestellt, an der sich sonst fast alles um Nachhaltigkeit drehte. Ich finde, das ist ein absoluter Schlag ins Wasser.
Vorweg: Auf Schweizer Seen sind elektrische Stand-Up-Paddelboards, elektrische Foilboards und SUP-Finnen mit elektrischem Antrieb (genaugenommen: elektrischer Antriebsunterstützung) gar nicht zugelassen. Und das ist gut so. Denn sich auf einer motorisierten Luftmatratze übers Wasser schieben zu lassen, selbst wenn dabei das Paddel noch leicht durchs Wasser gezogen wird, ist absurd – auf vielen Ebenen.
Beim Paddeln aus eigener Kraft verlässt du den gewohnten festen Boden, machst Platz für ein neues Körpergefühl, verbesserst Fitness und Balance und tust nebenbei noch etwas für die Gesundheit. Nicht umsonst gelten Blue Spaces, also Räume in Wassernähe, als besonders gesundheitsfördernd, weil sie zu körperlicher Aktivität einladen. Dass das elektrische SUP-Board des slowenischen Herstellers Sipa mit einem ISPO-Award ausgezeichnet wurde, ist für mich deshalb unverständlich.
Anders als ein E-Bike fördert ein E-SUP nicht die Mobilität. Während ein elektrounterstütztes Velo im besten Fall auf kurzen Strecken das Auto ersetzt (und ich weiss, es ist auch Freizeit- und Sportgerät und noch vieles anderes, doch das ist eine andere Diskussion), soll das E-SUP anstelle eines bereits mit dem körpereigenen Bio-Motor betriebenen Sportgeräts eingesetzt werden.
Somit passt ein Wassersport-Freizeitgerät mit Akkus und einem an einen Rührstab erinnernden Antrieb keineswegs zum Nachhaltigkeitsgedanken, der auf der Messe an jeder Ecke propagiert wurde.
Stand-Up-Paddeln kann fast jeder lernen, einen Elektro-Quirl braucht es nicht
Stand-Up-Paddelboarding ist leicht zu lernen und wer sich ein bisschen mit den Gewässern und der Natur beschäftigt, wird schon bald gut und sicher unterwegs sein. Mit eigenem Können und eigener Kompetenz, denn die kann kein motorbetriebener Mini-Propeller ersetzen.
Als SUP-Instruktorin unterrichte ich seit rund zehn Jahren Menschen jeden Alters. Selbst über 70-Jährige hatte ich schon im Kurs. Und meine Erfahrung sagt: Fast alle können das Stand-Up-Paddeln lernen.
Klar, dass Einsteigerinnen und Einsteiger anfangs erst kürzere Strecken paddeln. Aber mit ein bisschen Übung kommt die Fitness. Dann sind auch längere Strecken mit Gegenwind kein Problem mehr. Dabei ist es sinnvoll, vorab schon Orte für einen Notaussteig zu identifizieren, falls doch etwas schiefgeht, die Kraft nicht reicht oder etwas Unvorhergesehenes passiert. Es gibt im Übrigen keinen Zwang, immer schneller und weiter zu paddeln. Gemütliches Spazierengehen auf ruhigem Wasser hat ebenfalls seine Berechtigung.
Wer sich ein bisschen mit Naturschutzgebieten, Vorfahrtsregeln auf dem Wasser und den Wetterbedingungen beschäftigt, hat mehr Freude am Paddeln und ist sicherer und entspannter unterwegs. Ich selbst lege teilweise knapp 3000 Kilometer pro Jahr bei unterschiedlichsten Bedingungen auf dem SUP zurück – ich weiss also, wovon ich spreche. Stand-Up-Paddeln ist ein relativ sicherer Sport. Wer seinen gesunden Menschenverstand statt den Elektro-Quirl einschaltet und eine Schwimmweste trägt, ist mit geringem Risiko unterwegs.
Dass ein E-SUP sicherer ist, möchte ich bezweifeln
Doch Sicherheit ist das, was der Anbieter mir gegenüber als bedeutenden Vorteil der E-Boards herausstellte. Und als wichtigstes Argument gegen das E-SUP-Verbot in der Schweiz anführt. Mit elektrischem Antrieb kämen Paddler immer wieder an ihren Einstiegsort zurück, hiess es.
Unsinn: Wenn es stark windet, kommt auch ein kleiner Elektromotor nicht gegen den Windwiderstand und die Oberflächenströmung an. Theoretisch addiert sich zwar die gepaddelte Geschwindigkeit und die Leistung des Motors, praktisch funktioniert das aber nur bedingt, weil sich durch den Schub des Motors der Druck auf das Paddel und dadurch die Effizienz verringert.
Ein Board mit Motor ist je nach Ausführung 12,5 bis 14,9 Kilogramm schwer, wie mir der Hersteller auf der Outdoor by ISPO bestätigte. Bei dem Gewicht lässt sich das E-Board im Vergleich zu einem konventionellen Board, das etwa sieben bis neun Kilos wiegt, deutlich schlechter beschleunigen.
Zudem ist bei Windwellen das Wasser aufgewühlt. Vielfach ist in solchen Situationen nicht fehlende Kraft oder Kondition das Problem, sondern die Balance. Und da hilft auch ein kleiner Elektromotor nichts. Im Gegenteil: Mit Motor geraten Paddlerinnen und Paddler vielleicht in Schwierigkeiten, die sie nicht hätten, wenn sie sich auf das eigene Können und die eigene Kraft verlassen und die Bedingungen im Auge behalten.
Wer mit Motor fährt, verpasst das, was Paddeln ausmacht
Im Übrigen: Wind und Strömungen tauchen nicht aus dem Nichts auf. Wetter-Apps sagen mehr oder weniger zuverlässig die Verhältnisse voraus. Das ist aber nur der erste Schritt. Auch das Wissen der Locals an den jeweiligen Einstiegsstellen ist nützlich. Wer den Wind, die kleinen Wellen auf dem Wasser und die Wolken beobachtet, wird nur selten von einem Wetterwechsel überrascht werden. Wenn du beispielsweise ein paar Kilometer gegen den Wind paddelst, schiebt dich auf dem Rückweg oft die Windkraft an. Kostenlos und ohne Akku.
Wer mit Motor fährt, verpasst das, was das Paddeln ausmacht. Psychologen sprechen von Selbstwirksamkeit, wenn Menschen eine Challenge meistern. Und die trägt zum Selbstbewusstsein und Wohlbefinden bei. Ich jedenfalls würde auf dem Wasser nicht auf ein batteriebetriebenes Gerät vertrauen. Und habe deshalb absolut nichts dagegen, dass die E-SUPs auf Schweizer Gewässern vorerst nicht zu sehen sind.
Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.