
Du und ich – und das Smartphone: Was macht dieses Liebesdreieck mit unserer Beziehung?
Traute Zweisamkeit, ein rares Gut. Besonders seit das Smartphone unser ständiger Begleiter ist. Also was tun, wenn man mit einem Bildschirm um die Aufmerksamkeit seiner Liebsten buhlt? Ein Gespräch mit Psychotherapeutin Dania Schiftan.
Dania, würdest du sagen, dass wir in einer Zeit leben, in der die Beziehung zu unserem Smartphone inniger ist als die zu unserer Partnerin oder unserem Partner?
Dania Schiftan, Sexologin und Psychotherapeutin:
Eine spannende Frage. Heutzutage beschäftigen sich viele Menschen häufig und intensiv mit ihren Smartphones. Da kann die Interaktion mit dem Handy schon in Konkurrenz zu der mit der Partnerin oder dem Partner stehen. Als inniger würde ich die Beziehung zum Smartphone aber nicht bezeichnen.
Weshalb?
Innigkeit, die für eine echte Partnerschaft notwendig ist, erfordert Nähe, Intimität und viel mehr als nur das schnelle Abrufen von Informationen oder Unterhaltung. Was mir als Therapeutin jedoch auffällt, ist, dass immer mehr Menschen Schwierigkeiten haben, Ruhe oder vermeintliche Langeweile zu ertragen. In solchen Momenten greifen sie sofort zum Handy.
Haben wir verlernt, uns zu langweilen?
In gewisser Weise ja. Das Smartphone dient uns in stillen Augenblicken als Lückenfüller. Viele überbrücken diese «Leere» mit dem Handy.
Welche Folgen hat das für eine Partnerschaft?
Beziehungen brauchen diese vermeintlich «langweiligen» Momente. Sie sind oft der Beginn tiefer Gespräche und einer echten Verbindung. Und sie sind die Basis für das Entstehen von Intimität. Erhalten zwischenmenschliche Nähe und das gemeinsame Verweilen in der Stille nicht mehr genügend Raum, kann die Beziehungsqualität darunter leiden. Durch die ständige Ablenkung entsteht eine Distanz, eine Art Entfremdung.
Wie genau kommt diese Entfremdung zustande?
Überlege dir mal, in welchen Momenten du dich anderen öffnest, wenn du über ein schwieriges Thema reden möchtest? Meist sind es Augenblicke, in denen wir einfach beieinandersitzen. Durch den Griff zum Handy verschwinden diese immer mehr aus unserem Alltag. Wir schieben der langsamen Entwicklung von Intimität und Erotik, die eine Beziehung auch ohne brennende Leidenschaft aufrechterhalten, auf diese Weise einen Riegel vor. Was passiert? Nur das Notwendige, Organisatorische und Funktionale wird noch besprochen. Tiefergehende Gespräche, das gemeinsame Erleben und das Bemühen um einander gehen verloren. Viele Paare merken dann irgendwann, dass sie sich nichts mehr zu erzählen haben.

Passiert das auch in Freundschaften?
Es gibt durchaus Freundschaften, die darunter leiden, wenn einer von beiden immer wieder abgelenkt aufs Handy schielt. Aber generell gesprochen bemühen sich die Leute in Freundschaften oder in anderen Kontexten häufig aktiver um handyfreie Interaktionen, weil sie wissen, dass ihre gemeinsame Zeit begrenzt und wertvoll ist. In einer Partnerschaft hingegen kann diese Achtsamkeit für den gemeinsamen Moment im Alltag verloren gehen.
Beobachtest du einen Unterschied zwischen den Geschlechtern, was diese Problematik anbelangt?
Insbesondere von Frauen höre ich, dass sie es als problematisch empfinden, wenn ihr Partner oder ihre Partnerin viel Zeit mit dem Smartphone verbringt. Sei es beim Pendeln, auf dem Klo oder beim Abendessen. Das kann zu einem Gefühl der Vernachlässigung führen. Aber Frauen verfallen häufig selbst genauso dem digitalen Strudel, was diese Problematik noch komplexer macht.
Nun gibt es in Sachen Handynutzung ja durchaus ein Spektrum. Ab welchem Punkt ist das Smartphone eine ernst zu nehmende Gefahr für eine Beziehung?
Ein Anzeichen ist, wenn das Smartphone immer und überall präsent ist – beim gemeinsamen Essen, im Gespräch oder beim Spaziergang. Auch problematisch: Wenn Gespräche durch das ständige Checken des Handys unterbrochen werden. Das kann zu einer oberflächlichen Kommunikation führen und die Verbindung zwischen zwei Menschen schwächen.
Nehmen wir mal an, mein Partner hat diesen Punkt erreicht. Wie beschreibst du die Rolle des Smartphones in diesem Kontext? Mich erinnert sie ein bisschen an eine offen gelebte Affäre …
Das Smartphone kann in der Tat wie eine «Affäre» wirken, die unbemerkt und schleichend in das tägliche Leben eindringt. Sie fordert ständig Aufmerksamkeit, oft zu einem Zeitpunkt, wenn man eigentlich mit einer real anwesenden Person oder in einem persönlichen Moment präsent sein sollte. Das Handy fungiert in dieser Dreiecksbeziehung als konstante Verbindung zu anderen Welten – sei es durch soziale Medien, Arbeits-Emails oder Nachrichten von anderen Menschen.
Was ist, wenn die Handy-Zeit der Arbeit geschuldet ist?
Das Thema Erreichbarkeit im Arbeitskontext darf tatsächlich nicht unterschätzt werden. Ich empfehle allen, klare Grenzen für sich selbst zu setzen. Das kann zum Beispiel heissen, dass ich Anrufe oder Mails nach sieben Uhr nicht mehr beantworte. Solche «Regeln» reduzieren den Stress und fördern einen erholsamen Feierabend.
Glaubst du, dass die Zuwendung zum Smartphone nur ein Symptom für ein tieferliegendes Problem innerhalb einer Beziehung ist?
Das kann ich pauschal nicht beantworten. Natürlich gibt es Menschen, die das Smartphone gezielt nutzen, um Konflikten oder unangenehmen Gesprächen aus dem Weg zu gehen. Ähnlich wie früher die Zeitung als Fluchtmedium diente. In diesen Fällen steckt oft mehr dahinter, etwa Beziehungsthemen, Unsicherheiten oder Selbstwertfragen. Allerdings darf man den Einfluss des Smartphones als eigenständiges Problem nicht unterschätzen.
Wie meinst du das?
Der Drang, immer wieder zum Handy zu greifen, ist enorm. Das Smartphone bietet ständig neue Inhalte und stimuliert unseren Dopaminhaushalt, was zu einem fast unaufhaltsamen Sog führt. Man bleibt hängen, scrollt weiter und merkt oft nicht, wie viel Zeit vergeht. Es ist eine Gewohnheit, die sich festgesetzt hat und die wir nur schwer wieder ablegen können.
Was kann ich tun, wenn ich merke, dass ich in direkter Konkurrenz zu einem Bildschirm stehe? Wie bringe ich meinen Partner oder meine Partnerin dazu, mir mehr Aufmerksamkeit zu schenken und das Smartphone wegzulegen?
Es ist wichtig, achtsam miteinander zu kommunizieren und die Bedürfnisse nach Aufmerksamkeit respektvoll anzusprechen, ohne Vorwürfe. Es ist nicht immer einfach, die Balance zwischen der digitalen und der realen Welt zu halten. Besonders wenn das Smartphone ständig in Reichweite ist und die Aufmerksamkeit abzieht. Statt sich auf strikte Regeln oder klare Grenzen zu konzentrieren, empfehle ich, neue Gewohnheiten zu entwickeln.
Zum Beispiel?
Paare können bewusst handyfreie Zeiten einführen – sei es beim gemeinsamen Essen, bei Spaziergängen oder abends zu Hause. Neue Rituale ohne Bildschirme können den Anfang machen: gemeinsames Lesen, Brettspiele oder einfach nebeneinander «langweilen». Solche Auszeiten fördern Präsenz und Nähe. Letztlich geht es darum, den ständigen Druck der digitalen Welt zu entschleunigen und gemeinsam Räume zu schaffen, in denen echte Verbindungen wieder im Vordergrund stehen.
Alle weiteren Beiträge aus der Serie findest du hier:
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Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich.