Dieser Punkt geht ganz klar an meine Tochter
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Dieser Punkt geht ganz klar an meine Tochter

Martin Rupf
1-12-2022

Ich habe für dich das Spiel «Punto» gespielt – und zwar mit meiner Tochter. Wie ich zuerst meinte, ihr taktische Tipps geben zu müssen und schliesslich auf dem harten Boden der Realität gelandet bin. Trotz oder gerade wegen meiner Niederlage kann ich das Spiel weiterempfehlen.

Altersangaben bei Spielen begegne ich immer mit einer Portion Skepsis. Sprich: Ich gehe davon aus, dass die Altersangabe zu tief angesetzt ist (um die Spiele schneller verkaufen zu können). Das Spiel ist also noch zu anspruchsvoll für Kinder mit entsprechendem Mindestalter.

Mit dieser Einstellung bin ich an das Spiel «Punto» der Firma Game Factory herangegangen. Das Spiel soll angeblich ab sieben Jahren gespielt und verstanden werden können. Ein kurzer Blick auf die nicht ganz kurze Spielanleitung lässt meine Zweifel an der Altersangabe noch grösser werden. Aber hey: Wer, wenn nicht meine achtjährige Tochter, könnte mich eines Besseren belehren?

Ähnlichkeiten mit «Vier gewinnt»

Konzentriert – ich will immer alles verstehen – lese ich die Spielanleitung und bin erleichtert. Scheint ja doch nicht so kompliziert, wie es auf den ersten Blick ausgesehen hat. Zusammengefasst kann man festhalten, dass das Spiel Ähnlichkeiten mit «Vier gewinnt» hat. Man muss selber mit einer bestimmten Anzahl gleichfarbiger Karten eine Reihe bilden und gleichzeitig verhindern, dass seiner Gegnerin genau das gelingt.

Doch der Reihe nach: Es gibt insgesamt 72 Karten in vier verschiedenen Farben. Rot, Blau, Grün und Orange. «Papi, das ist Gelb», korrigiert mich meine Tochter und ruft damit wieder mal schmerzlich in Erinnerung, dass ich ganz offensichtlich bei Gelb farbenblind bin. Jede Karte weist eine Punktzahl von 1 bis 9 auf. Von jeder Farbe gibt es je zwei mit der gleichen Punktzahl, also 18 von jeder Farbe.

72 Karten umfasst das Spiel, je 18 in vier verschiedenen Farben.
72 Karten umfasst das Spiel, je 18 in vier verschiedenen Farben.
Quelle: Martin Rupf

Meine Tochter wählt Blau und Orange (äh Gelb) aus. Ich spiele mit den grünen und roten Karten. Einen Unterschied zu «Vier gewinnt» gibt es aber doch. Gewonnen hat nicht, wer mit seinen Farben als Erstes eine Reihe mit vier, sondern mit fünf Karten hinkriegt. Gleich bleibt aber, dass es nicht darauf ankommt, ob die Reihe horizontal, vertikal oder diagonal gelegt wird.

Wir mischen unsere Karten und legen sie verdeckt auf den Tisch. Abwechslungsweise darf immer einer eine Karte von seinem Stapel legen, wobei ich meine Tochter natürlich als Erstes spielen lasse. Wer am Zug ist, hat immer zwei Optionen: Entweder die Karte an eine auf dem Tisch liegende anlegen (Kante an Kante oder Ecke an Ecke), oder die Karte auf eine andere legen, wobei die draufgelegte Karte mehr Punkte haben muss als die zu überdeckende Karte. Die Farbe ist dabei unerheblich.

Entweder man legt eine Karte an eine andere Karte...
Entweder man legt eine Karte an eine andere Karte...
Quelle: Martin Rupf
... oder man legt eine Karte mit höherer Punktzahl auf eine andere.
... oder man legt eine Karte mit höherer Punktzahl auf eine andere.
Quelle: Martin Rupf

Meine Tochter ignoriert (zum Glück) meine taktischen Inputs

Das Spiel nimmt schnell Fahrt auf. Nur noch eine wichtige Regel müssen wir bedenken. Es dürfen alle Karten nur innerhalb des Rasters aus sechs mal sechs Karten gelegt werden.

Hier wird meine Tochter gleich meine rote Karte mit…
Hier wird meine Tochter gleich meine rote Karte mit…
Quelle: Martin Rupf
... ihrer gelben Karte überdecken, da diese mehr Punkte hat.
... ihrer gelben Karte überdecken, da diese mehr Punkte hat.
Quelle: Martin Rupf

Schnell ist meine anfängliche Skepsis wegen der Alterslimite verflogen. Meine Tochter hat den Dreh sofort raus. Nein, schlimmer noch: Zurecht ignoriert sie meine taktischen Inputs, um sich dann für eine noch bessere Strategie zu entscheiden.

Ich will meiner Tochter schon sagen, sie müsse rechts eine blaue Karte neben meine Grüne legen, damit ich meine Reihe nicht fertigmachen kann.
Ich will meiner Tochter schon sagen, sie müsse rechts eine blaue Karte neben meine Grüne legen, damit ich meine Reihe nicht fertigmachen kann.
Quelle: Martin Rupf
Doch sie entscheidet sich für eine andere Variante und überdeckt meine grüne Karte ganz links.
Doch sie entscheidet sich für eine andere Variante und überdeckt meine grüne Karte ganz links.
Quelle: Martin Rupf

In der Folge läufte es ähnlich wie bei «Vier gewinnt». Man schaut , ob man selber bald eine 5er-Reihe komplettieren kann, oder versucht, genau dies seiner Gegenspielerin zu verunmöglichen. Schnell zeigt sich, dass dies am effizientesten geht, indem man eine begonnene Reihe des Gegners mit Drauflegen seiner Karte entzweit.

Achtung Gefahr: Bald hat meine Tochter diagonal fünf gelbe Karten liegen. Ah nein, dazu müsste sie meine grüne 8er-Karte überdecken, doch beiden gelben 9er liegen ja schon auf dem Tisch.
Achtung Gefahr: Bald hat meine Tochter diagonal fünf gelbe Karten liegen. Ah nein, dazu müsste sie meine grüne 8er-Karte überdecken, doch beiden gelben 9er liegen ja schon auf dem Tisch.
Quelle: Martin Rupf

So legen und legen und legen wir unsere Karten, bis alle unsere 36 Karten auf dem Tisch liegen. Weil keiner von uns eine 5er-Reihe hingekriegt hat, gewinnt derjenige, der mehr 4er- oder 3er-Reihen legen konnte. Und siehe da: Gewonnen hat tatsächlich meine Tochter mit einer orangen, pardon, gelben 4er-Reihe.

Wir haben alle Karten gelegt. Das Spiel ist zu Ende. Weil keiner von uns eine 5er-Reihe hingekriegt hat, gewinnt meine Tochter mit der einzigen gelben 4er-Reihe.
Wir haben alle Karten gelegt. Das Spiel ist zu Ende. Weil keiner von uns eine 5er-Reihe hingekriegt hat, gewinnt meine Tochter mit der einzigen gelben 4er-Reihe.
Quelle: Martin Rupf

Hätten wir beide je eine 4er-Reihe gehabt, hätten wir die Punktzahl gezählt. Gewonnen hätte dann die Spielerin, deren Reihe weniger Punkte hat.

Hätten wir beide eine 4er-Reihe gehabt, würde man die Punkte zählen und derjenige mit weniger Punkten in seiner Reihe gewinnt. Dumm nur, dass in meinem Beispiel beide Reihen gleich viele Punkte aufweisen. Was nun passieren würde, steht in der Spielanleitung nicht. Ich denke, es gewinnt diejenige, die mehr 3er-Reihen hat.
Hätten wir beide eine 4er-Reihe gehabt, würde man die Punkte zählen und derjenige mit weniger Punkten in seiner Reihe gewinnt. Dumm nur, dass in meinem Beispiel beide Reihen gleich viele Punkte aufweisen. Was nun passieren würde, steht in der Spielanleitung nicht. Ich denke, es gewinnt diejenige, die mehr 3er-Reihen hat.
Quelle: Martin Rupf

Das Spiel kann auch in 2er-Teams gespielt werden

Mir und vor allem meiner Tochter hat das Spiel grossen Spass gemacht. So grossen Spass, dass sie noch am gleichen Abend darauf bestand, dass wir das Spiel vor dem Schlafengehen zu viert auf dem Bett spielen mussten. Das Spiel lässt sich auch mit drei oder vier Personen spielen (nach welchen Regeln dabei gespielt wird, entnimmst du der Spielanleitung). Und man kann das Spiel natürlich auch in 2er-Teams spielen.

«Punto» ist für Kinder ab sieben Jahren ideal geeignet und animiert zu logischem (Voraus)-Denken und schärft die taktischen Finessen. Und gerade jüngere Kinder werden auf spielerische Weise mit Zahlen vertraut.

Ich frage mich bei jedem Spiel grundsätzlich immer, wie gross der Anteil von Glück und Taktik ist. Nach ein paar Spielrunden behaupte ich, dass das taktische Element etwas kleiner ist als das Glücksmoment. Ok, das muss ich jetzt ja fast behaupten, nachdem ich gegen meine achtjährige Tochter verloren habe.

Titelfoto: Martin Rupf

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Zweifachpapi, nein drittes Kind in der Familie, Pilzsammler und Fischer, Hardcore-Public-Viewer und Halb-Däne. Was mich interessiert: Das Leben - und zwar das reale, nicht das "Heile-Welt"-Hochglanz-Leben.


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