DJI Air 3
46 min, 720 g, 48 Mpx
Zwei Kameras und eine längere Flugzeit als die Vorgängerin, dafür kleinere Bildsensoren und mehr Gewicht: Die DJI Air 3 ist unter dem Strich kaum ein Fortschritt. Immerhin würfelt sie bekannte Features sinnvoll zusammen.
Die Air 3 ist DJIs neue Mittelklasse-Drohne. Sie recycelt bekannte Ideen und verpackt sie neu. Interessant ist vor allem ihre Telekamera mit 70-mm-Objektiv. Ich habe die Drohne mit in die Ferien nach Wales mitgenommen und frage mich: Ist DJI stehengeblieben?
Die Air-Serie war lange mein persönlicher Sweetspot in DJIs wucherndem Line-up: nicht zu gross, nicht zu teuer, aber trotzdem mit guter Bildqualität. Die Air 3 ist anders. Grösse und Gewicht liegen viel näher bei der grossen Mavic-Serie als früher. Gegenüber der letzten Generation hat die Air 3 ganze 125 Gramm und 2,7 Zentimeter zugelegt. Wahrscheinlich wegen der zusätzlichen Tele-Kamera und des grösseren Akkus.
Hier die wichtigsten Spezifikationen im Vergleich mit der Mini 3 Pro und der Mavic 3 Pro:
Auffällig ist nicht nur die Grösse des Fluggeräts, sondern auch die Grösse der Bildsensoren. In beiden Kameras steckt der 1/1,3 Zoll grosse CMOS, der aus der Mini 3 Pro bekannt ist. Im Vorgängermodell Air 2S hat DJI noch einen grösseren 1-Zoll-Sensor verbaut. Dieser konnte Videos mit 5,4K-Auflösung aufnehmen, die Air 3 schafft nur noch 4K, dafür immerhin mit höheren Framerates. Die Drohne hat zudem mehr Sensoren verbaut und erkennt Hindernisse in alle Richtungen.
Die Hauptkamera bietet genau die gleiche Bildqualität wie die Mini 3 Pro: Gut, wenn auch nicht herausragend. Am besten sind Fotos bei Tageslicht im Raw-Format mit 48 Megapixel Auflösung. In der 100-Prozent-Ansicht werden die Grenzen des kleinen Sensors und des Objektivs sichtbar, daran ändert die hohe Auflösung nichts. Doch es sind tatsächlich etwas mehr Details erkennbar als im 12-Megapixel-Modus. In normaler Grösse sehen Fotos sehr gut aus, auch die Farben gefallen mir.
Bei weniger Licht setzt Bildrauschen ein, ISO-Werte jenseits von 400 würde ich vermeiden. Da die Drohne sehr ruhig in der Luft stehen kann, lassen sich schlechte Lichtverhältnisse relativ lange mit der Verschlusszeit kompensieren.
Auch die 4K-Videos sehen gut aus. Neben dem Standard-Farbprofil kannst du auch in «D-Log M» filmen. Das ist ein flaches Farbprofil mit mehr Dynamikumfang, das du später beim Schneiden graden musst. Ganz so flach wie das normale «D-Log» der Mavic-Serie ist es nicht, dafür ist es sowohl für die Haupt- als auch für die Telekamera verfügbar. Wenn du mit korrektem Shutter Angle filmen willst, brauchst du mit der Air 3 fast immer einen ND-Filter. Denn anders als bei der Mavic-Serie ist die Blende auch bei der Hauptkamera fix.
Die Filter musst du extra kaufen, sie sind in keiner Combo dabei. Sie dunkeln Haupt- und Telekamera jeweils gleich stark ab. Das finde ich nicht durchdacht. Denn während die Blende bei der Hauptkamera f/1.7 beträgt, hat das Teleobjektiv nur f/2.8 – es lässt also weniger als halb so viel Licht durch. Wenn du mit konstanter ISO und Verschlusszeit filmen willst, müsstest du jedes Mal den ND-Filter wechseln, wenn du von der Haupt- zur Telekamera wechselst und umgekehrt.
Solche Wechsel sind häufig – aus einem erfreulichen Grund: Auch die Telekamera macht tolle Bilder und Videos. Es ist die gleiche wie in der Mavic 3 Pro. Die Brennweite von 70 Millimetern (Kleinbild-Äquivalent) finde ich super. Sie sorgt für eine weniger abgenutzte Perspektive aus der Luft als die ewigen Weitwinkel-Aufnahmen. Gleichzeitig ist es kein Super-Tele jenseits von 100 Millimetern, das in mikroskopisch kleinen Sensoren resultiert und kaum brauchbar ist. Stattdessen verbaut DJI hier den gleichen 1/1,3-Zoll-CMOS wie in der Hauptkamera.
Die vielseitige Doppelkamera mit konsistenter Bildqualität ist klar das Highlight der Air 3. Ich kann einerseits weite Landschaften mit der Hauptkamera einfangen. Andererseits eröffnen sich mit dem 70-Millimeter-Objektiv neue Perspektiven und Möglichkeiten wie Parallax-Effekte (siehe Video oben). Will ich Personen gross im Bild haben, muss ich nicht mehr zwingend auf wenige Meter nahe ranfliegen. Darum wäre ich in der Vergangenheit bei Klettervideos schon unzählige Male sehr froh gewesen.
Die Air 3 ist gewohnt leicht zu bedienen, wenn du etwas Übung hast. Sie kann im Sportmodus sehr schnell fliegen, was ich in der Praxis kaum nutze. Gut finde ich aber, dass sie mit 10 m/s auch schnell sinken kann. Die Vorgängerin braucht mit 6 m/s noch deutlich länger, bis sie aus grosser Höhe wieder am Boden ist.
Die lange Batterielaufzeit ist ebenfalls praktisch. Die angegebenen 46 Minuten erreichst du nur im Optimalfall. Doch selbst bei starkem Wind blieb die Air 3 bei meinen Flügen locker über eine halbe Stunde in der Luft. Das ist sehr gut und bedeutet, dass ich einen Ersatzakku weniger mitnehmen muss als früher. Eine weitere Verbesserung sind die omnidirektionalen Sensoren. Sie erkennen jetzt auch seitliche Hindernisse. Wenn du im normalen Modus fliegst, sind Kollisionen bei guten Lichtverhältnissen kaum mehr möglich.
Das ist insbesondere nützlich für die automatische Objektverfolgung. Hier kannst du neu einstellen, aus welcher Perspektive die Drohne etwas verfolgen soll – von hinten, seitlich, oder von vorne. Das funktioniert in meinen Tests mit einem Auto auf einer leeren Strasse ganz gut. Wobei die Aufnahmen bei Wind und variabler Geschwindigkeit des Objekts nicht immer perfekt flüssig sind.
Unerfreulich ist die Lautstärke der DJI Air 3. Ich messe in 30 cm Entfernung 77 Dezibel (dB) – nur etwas weniger als bei der Mavic 3, die auf 79 dB kommt. Das ist viel, wobei das Geräusch immerhin relativ tieffrequent ist. Doch eine kleine Mini 3 Pro ist um Welten leiser. Unter den gleichen Bedingungen messe ich 69 dB. Dieser Unterschied ist nicht zu vernachlässigen, da die Lautstärke massgeblich mitbestimmt, ob sich unbeteiligte Personen von einer Drohne belästigt fühlen.
Die DJI Air 3 ist eine vielseitige und ausgereifte Drohne. Die Bildqualität der Hauptkamera ist nicht herausragend, aber gut. Gegenüber der kleineren Mini 3 Pro bekommst du eine nützliche zweite Kamera mit 70 Millimeter Brennweite und eine bessere Hinderniserkennung. Was mir besonders gefällt: Die Bildsensoren der beiden Kameras sind identisch. Das erleichtert es, die Aufnahmen im Schnitt abzustimmen und miteinander zu mischen.
Das Fluggerät bleibt zwar länger in der Luft, ist aber auch deutlich grösser als die alte Air 2S. In Sachen Portabilität schmilzt der Vorteil gegenüber der grossen Mavic-Serie dahin. Immerhin kostet die Air weniger. Wenn die Grösse keine Rolle spielt, ist sie meine neue Preis-Leistungs-Empfehlung in DJIs Sortiment. Denn willst du bei der Mavic die nützliche Telekamera mit mittlerer Brennweite, musst du direkt zur «Pro»-Variante greifen. Diese hat dann zwar zusätzlich eine bessere Hauptkamera und ein Supertele mit 166 Millimeter. Doch die Qualität des grösseren Sensors ist nicht um Welten besser und das Supertele ist praktisch unbrauchbar.
Bist du zu Fuss unterwegs, würde ich weiterhin zur Mini 3 Pro raten. Der Gewichtsnachteil der Air 3 ist so gross, dass er für mich den Nutzen der Telekamera übersteigt, sobald ich die Drohne in einem Rucksack mitschleppen muss. Zudem ist die Mini 3 Pro deutlich leiser und stört unbeteiligte Personen damit weniger.
Mit der Air 3 macht DJI das, was der Hersteller am besten kann: Eine weitere Nische abdecken. Leute mit spezifischen Bedürfnissen dürften sich über die Drohne freuen, für alle anderen trägt es eher zum Choice Overload bei. Echte Innovationen suche ich vergebens – die Air 3 besteht aus bekannten Kameras und Features in einer neuen Kombination an einer ziemlich grossen Drohne. Nicht schlecht, aber uninspiriert.
Titelbild: Samuel BuchmannMein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.