Hintergrund
Schweizer Urhebergesetz: Was darf ich herunterladen, was nicht?
von Florian Bodoky
Mit Auracast kann ein Gerät seine Audio-Inhalte an eine unbegrenzte Anzahl Empfänger senden. Das eröffnet viele neue Möglichkeiten. Seit Anfang 2024 erscheinen immer mehr Geräte, die die Technologie unterstützen. Aber was ist das genau und was kannst du damit machen? Ich erkläre es dir.
Auracast ist der neue «heisse Scheiss» in der Audiowelt. Immer mehr Geräte – ob Speaker, Smartphones oder Kopfhörer – unterstützen den Standard. An der CES kam Anfang 2024 die grosse Welle der Auracast-tauglichen Geräte, etwa von JBL oder Sennheiser.
Doch woher kommt der Standard und wie ist er entstanden?
Tatsächlich ist Auracast eine Fortführung eines älteren Standards: Bluetooth LE Audio. 2020 hat die SIG, die Bluetooth Special Interest Group, dann «Bluetooth LE Audio» vorgestellt, 2022 definitiv eingeführt. Dabei standen die Audiosignale im Mittelpunkt. Die Entwickler wollten die benötigte Menge an Energie für Audiosignale verringern – aber auch die Latenzzeit. Für Games, Videostreaming oder Liveübertragungen ist eine Latenzzeit im Millisekundenbereich vorteilhaft – etwa für die Synchronisation der Lippenbewegungen bei Filmen oder die Reaktionszeit bei schnellen Games wie Shootern.
Dabei entwickelten sie unter anderem eine Audio-Sharing-Funktion. Nach dem Prinzip «One-to-many» war die ursprüngliche Idee, dass ein Sendegerät mehrere Empfangsgeräte bedienen kann. «Auracast Broadcast Audio» nannte man den neuen Standard. Damit kannst du von einem zentralen Gerät, etwa einem Smartphone, einem Tablet oder einem Fernsehgerät, Audiosignale an beliebig viele Empfangsgeräte senden – so es denn Auracast-Audio unterstützt. Sofern diese ebenfalls Auracast unterstützen. Dies können wiederum Phones oder Tablets sein, aber auch andere Auracast-fähige Audiogeräte wie Kopfhörer, Speaker oder Hörhilfen.
Im Grunde genommen kannst du dir Auracast wie eine Radiosendung vorstellen. Ein zentrales Gerät sendet Audioinhalte. Alle Geräte, die Auracast unterstützen, können sich einwählen und sich die Inhalte anhören. Der grosse Unterschied: Anders als Radio, das terrestrisch via Sendeantennen verbreitet wird, basiert Auracast auf Bluetooth. Die Reichweite des Signals ist also nach wie vor begrenzt – Wände, Türen und Ähnliches schränken das Signal ein. Der (sehr) theoretische Höchstwert sind 400 Meter.
Auf der technischen Ebene kannst du es dir also mehr wie einen Hotspot oder ein öffentliches WLAN vorstellen. Auch ganz praktisch ist es vergleichbar: Wenn du nach Auracasts in deiner Nähe suchst, werden sie dir aufgelistet – jeder Auracast hat seinen eigenen Namen. Und genau wie ein öffentliches WLAN oder ein Hotspot können sie entweder frei verfügbar sein oder verschlüsselt werden. Dann benötigst du ein Passwort, um die Inhalte empfangen zu können.
Dadurch, dass du deinen Kopfhörer nicht direkt über Bluetooth mit dem Sendegerät koppeln musst, können unendlich viele Geräte mit dem Auracast verbunden werden. Wenn du zudem noch einen Speaker oder einen Kopfhörer mit deinem Smartphone verbunden hast, kann der Inhalt auch dort wiedergegeben werden – auch wenn der Kopfhörer Auracast nicht unterstützt. Übertragen wird das Signal in LC3, dem neuen «Low Complexity Communication Codec», einer Alternative zu den weit verbreiteten Audio-Codecs SBC oder AAC mit Kompressionsraten zwischen 160 und 345 kbit/s.
Auch über einen QR-Code kannst du auf Auracasts zugreifen. Wenn du also etwa NFC-fähige Kopfhörer hast, wirst du nicht mal mehr ein Smartphone benötigen, um Auracasts beizutreten. Wie etwa bei Spotify werden nebst Audiosignalen auch Metadaten über den Audiostream übermittelt. So hat ein Auracast nicht nur einen Namen , sondern kann auch weiterleiten, was aktuell übertragen wird – etwa Namen von Song und Künstler oder Informationen über eine Sendung.
Grundsätzlich sind die Einsatzfelder von Auracast vielfältig. Etwa bei öffentlichen Bildschirmen – im Fitnesscenter, in einer Sportsbar oder anderen öffentlichen Fernsehübertragungen. Die Bilder werden wie gehabt auf den Screens wiedergegeben, die Audiospur kommt aber bei jedem Empfangsgerät einzeln an. Aber auch für medizinische Zwecke kann Auracast verwendet werden. Insbesondere für Menschen mit beeinträchtigtem Gehör kann es Gold wert sein, wenn sie z.B. Durchsagen an Flughäfen oder Bahnhöfen über Kopfhörer empfangen können – ob und wie bald das kommt, ist noch unklar. Das Feature kann zum Beispiel auch im Kino sinnvoll sein – so können sie die Lautstärke des Films für sich erhöhen, ohne dass andere darunter leiden müssen. Zudem wäre es gerade für Kinos möglich, Tonspuren in weiteren Sprachen laufen zu lassen. Dann entfällt das nervige Lesen von Untertiteln.
Auch privat gibt es Möglichkeiten: Beim Fernsehen zu Hause, wenn du und deine Mitbewohnenden andere Vorlieben in Sachen Lautstärke habt – zudem ist es bequemer als die mühselige Pairing-Prozedur, vor allem wenn du mit der Fernbedienung durch die TV-Menüs klicken musst. Oder wenn du und ein Freund in der Öffentlichkeit zusammen die gleiche Musik hören wollt. Oder aber, last but not least: Du kannst mit deinem Smartphone Musik abspielen und das Audiosignal an mehrere Speaker schicken, ungeachtet des Herstellers. Die Party kann also beliebig gross sein (solange genügend Speaker da sind).
Wenn dein Kopfhörer Auracast unterstützt, ist es ganz einfach. Verbinde ihn mit deinem Smartphone. Tippe im Bluetooth Menü dann auf das entsprechende Gerät und auf «Auracasts scannen» (die genau Formulierung kann abweichen). Dann wird dir die Liste der verfügbaren Auracasts angezeigt und du kannst ihnen beitreten.
Der Hörgeräte-Hersteller Resound zeigt etwa in einem YouTube-Video, wie das bei ihnen funktioniert – so ähnlich wird es auch bei anderen Geräten sein.
Die Auracast-Funktion ist ab der Bluetooth-Version 5.2 technisch möglich. Es stellt sich nur die Frage, ob die Hersteller die Funktion Firmware-seitig auch aktiviert haben (und natürlich, ob das Gerät Audio-fähig ist). Die neueren Premium-Geräte von Samsung – die S23- und S24-Serie – unterstützen bereits Auracast. Auch die aktuelle Serie ihrer faltbaren Phones. Auch Sennheiser und JBL sind mit ihren neueren Geräten an der Auracast-Front dabei. Anders sieht es bei Apple aus. Zwar unterstützen sie den Bluetooth-5.2-Standard, Auracast gibt es allerdings noch nicht.
Allerdings kann der Auracast-Support nachgeliefert werden, sofern Bluetooth 5.2 unterstützt wird – egal von welchem Hersteller. Ganz sichergehen kannst du nur, wenn du dein Gerät selbst überprüfst.
Grundsätzlich richtest du einen Auracast wie einen Internet-Hotspot oder eine Bluetooth-Verbindung ein. Du verbindest den Speaker ganz normal über Bluetooth mit deinem Smartphone. Dann drückst du beim verbundenen Lautsprecher und anschliessend bei allen anderen die Auracast-Taste. Nun wird die Musik des Smartphones auf allen Speakern wiedergegeben. Dies ist allerdings aktuell noch auf JBL-Speaker, wie dem Xtrene 4, begrenzt.
Samsung hat Auracast bei seiner neuesten Edel-Smartphone-Serie, den S24-Modellen, im Bluetooth-Menü untergebracht. Hier kannst du mit wenigen Klicks einen Auracast starten. Ansonsten ist das noch schwierig – es gibt noch nicht so viele Geräte, die den Standard unterstützen.
Prinzipiell darfst du musikalische Inhalte aus dem Netz herunterladen und im engsten Kreis für «Vorführungen» nutzen. Will heissen: Wenn du einen verschlüsselten Auracast startest und sich zum Beispiel deine WG-Mitbewohner einklinken, dann kannst du auch Inhalte streamen, die allenfalls kopiergeschützt sind.
Die Ausgangslage bei öffentlich empfangbaren, ungeschützten Auracasts ist noch unklar – zumal die rechtliche Lage von Land zu Land verschieden ist.
Diese Frage ist noch gänzlich ungeklärt. Denn, anders als etwa bei Chromecast oder AirPlay, muss das Empfangsgerät nicht im selben WLAN-Netzwerk sein, um die Inhalte empfangen zu können.
Zudem kannst du bei einem öffentlichen Auracast nicht einmal genau kontrollieren, wer und wie viele Geräte sich einklinken. Ob die Entwickler der Apps den Auracast-Zugang einschränken oder wie das Problem sonst gelöst wird, ist aktuell noch nicht klar.
Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.