Kritik
Das «Silent Hill 2»-Remake ist ein überraschend gutes Horror-Abenteuer
von Domagoj Belancic
Nicht alle angekündigten Games erblicken das Licht der Welt. Diese sieben gecancelten Projekte schmerzen besonders stark.
Vorfreude ist die schönste Freude. Ich liebe es, Ankündigungstrailer von Games zu sehen und die Tage bis zum Release zu zählen. In manchen Fällen wird meine Vorfreude durch die Absage eines Spiels jäh gebremst.
Auf diese sieben gecancelten Spiele habe ich mich umsonst gefreut.
Mit «Scalebound» wagte sich das für Action-Kracher wie «Bayonetta» bekannte Studio Platinum Games erstmals an ein Rollenspiel. In diesem konntest du einen Drachen zähmen und an seiner Seite gegen andere Drachen und sonstige Monstrositäten kämpfen.
Um die Präsenz des Xbox-Brands in Japan zu steigern, sicherte sich Microsoft die Exklusivrechte am Spiel des japanischen Kult-Studios. Angekündigt wurde «Scalebound» 2014 an der E3-Pressekonferenz von Microsoft als exklusives Xbox-One-Spiel.
Die Zusammenarbeit zwischen dem eher kleinen Entwicklerstudio rund um Produzent Hideki Kamiya und dem AAA-Gigant Microsoft erwies sich in den darauf folgenden Jahren als schwierig.
Gemäss Aussagen von Mitarbeitenden hatten beide Seiten unterschiedliche Ansichten darüber, was «Scalebound» für ein Game sein sollte. Trotz Millionen investierter Dollar und grossen Fortschritten verkündete Microsoft Anfang 2017, dass die Arbeit an dem Game eingestellt wurde. Falls du dich für weitere Details zum Entwicklungsprozess interessierst, empfehle ich das ausführliche «What Happened»-Video von Youtuber Matt McMuscles:
Wir werden wohl nie erfahren, wie sich das fast fertige Game gespielt hätte. Die Rechte an «Scalebound» liegen bei Microsoft – und diese haben bereits betont, dass sie nicht vorhaben, das Game in irgendeiner Art und Weise wiederzubeleben.
Als «Silent Hills» 2014 angekündigt wurde, war ich noch in meiner Anti-Horrorspiel-Phase. Ich ging dem Genre aktiv aus dem Weg, weil ich durch Games wie «Resident Evil 4» und «Eternal Darkness» nachhaltig traumatisiert wurde. Trotzdem weckte «Silent Hills» meine Aufmerksamkeit. Der Grund dafür war die einzigartige Art und Weise, wie das Game vorgestellt wurde.
Statt den Titel mit einem schnöden Trailer und einer Pressemitteilung zu präsentieren, kündigte Konami das Spiel innerhalb eines mysteriösen Gratis-Downloads für die PS4 an. «P.T.» wurde als Demo für ein Horror-Game eines fiktiven Indie-Studios vermarktet.
Die Demo wurde aufgrund ihrer mysteriösen Präsentation in diversen Online-Foren und sozialen Netzwerken heiss diskutiert. Im Spiel läufst du in einem Endlos-Loop durch einen unheimlichen Gang eines verlassenen Hauses voller übernatürlicher Phänomene. Um den Loop zu durchbrechen, musstest du kryptische Puzzles lösen.
Am Ende der Demo wird enthüllt, dass «P.T.» für «Playable Teaser» steht und, dass es sich in Wahrheit um ein neues «Silent Hill» handelt. Der Abspann verrät auch, dass Game-Designer-Legende Hideo Kojima («Metal Gear Solid») und Kult-Regisseur Guillermo del Toro («Pan's Labyrinth», «Hellboy») hinter dem Projekt stecken. Und, dass Norman Reedus («The Walking Dead») die Hauptrolle spielt. Was zum..?!
Leider erblickte «Silent Hills» nie das Licht der Welt. Konami hat sich während der Entwicklung von «Metal Gear Solid V: The Phantom Pain» (2015) mit Kojima zerstritten, woraufhin er das Unternehmen verliess. «Silent Hills» wurde gecancelt, «P.T.» für immer aus dem Playstation Store entfernt.
Nach dem hervorragenden «Silent Hill 2»-Remake (2024) schmerzt der Tod von «Silent Hills» umso mehr – was für grauenvolle Horror-Momente sind uns durch Konamis Streitereien wohl verwehrt geblieben? Immerhin: Guillermo del Toro, Hideo Kojima und Norman Reedus haben es ohne Konami doch noch geschafft, zusammenzuarbeiten – wenn auch nicht im Horror-Genre («Death Stranding» 2019 und «Death Stranding 2: On the Beach» 2025).
Es gibt nichts Besseres als Ankündigungen von Konsolen. Neue Hardware, neue Spiele und ganz viel Hype. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir das «Playstation Meeting 2013», an dem die PS4 vorgestellt wurde.
Eines der gezeigten Spiele war «Deep Down» von Capcom. Ich war unheimlich geflasht von dem Gezeigten. Vor allem die Lichteffekte, das Feuer und die zerstörbaren Umgebungen haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen – das hat sich wahrlich nach «Next Gen» angefühlt. Sowas wäre auf der PS3 nicht möglich gewesen. Der Trailer sieht auch für heutige Verhältnisse ziemlich schick aus.
Der Twist am Trailer: Am Ende sind Helikoptergeräusche zu hören. Das Game spielt nicht im Mittelalter, sondern in einem postapokalyptischen New York.
Okay, zugegeben: Die Details, die Capcom im Nachgang kommuniziert hat, haben mich nicht umgehauen. So sollte das Game ein Free-to-Play-Titel mit Multiplayer-Funktionen werden. Aber ich war aufgrund des ungewöhnlichen Settings und der umwerfenden Next-Gen-Grafik hooked und konnte es kaum erwarten, mich in das düstere Drachen-Getümmel zu stürzen.
Nach der Ankündigung gab es im selben Jahr noch Gameplay-Ausschnitte an der Tokyo Games Show zu sehen. Danach wurde es still um das Game. Die letzte offizielle Aussage zu «Deep Down» stammt vom Produzenten Yoshinori Ono, der 2019 beteuerte, dass Capcom das Game «noch nicht aufgegeben» habe. Ono ist mittlerweile nicht mehr bei Capcom unter Vertrag. Das Spiel wurde nie offiziell gecancelt. Dass sich «Deep Down» nach all den Jahren der Funkstille wieder aus den dunklen Capcom-Kerkern herauskämpfen kann, scheint jedoch unwahrscheinlich.
An der E3 2016 kündigte EA unter dem Codenamen «Project Ragtag» ein neues «Star Wars»-Game an. Damals war ich noch voll im «Star Wars»-Fieber und habe mich über jeglichen neuen Output aus dem Franchise gefreut. Besonders cool fand ich die Tatsache, dass Amy Henning das Projekt beim Entwicklerstudio Visceral Games führte. Die brillante Game-Designerin war zuvor unter anderem für Naughty Dogs «Uncharted»-Reihe verantwortlich – eine meiner Lieblings-Spielserien aller Zeiten.
«Project Ragtag» sollte ein mehrheitlich lineares, narrativ getriebenes Action-Adventure werden, das von der Inszenierung und vom Gameplay her an eben jene «Uncharted»-Games erinnert. Inhaltlich ging es im Spiel gemäss Insider-Berichten um eine Gruppe von Gesetzlosen, die Überfälle planen und ausführen. Geil.
Aufgrund des grossen Erfolgs von «Star Wars Battlefront» (2015) konzentrierte sich EA in den folgenden Jahren zunehmend auf Multiplayer-Titel. Ein Singleplayer-Spiel à la «Uncharted» passte nicht mehr ins Konzept. So kam es, wie es kommen musste. Im Oktober 2017 wurde das Entwicklerstudio Visceral Games geschlossen und «Project Ragtag» gecancelt.
Dass mit «Star Wars: Outlaws» in der Zwischenzeit ein Spiel erschienen ist, das zumindest inhaltlich an «Project Ragtag» erinnert, ist für mich nur ein schwacher Trost. Amy Henning ist mittlerweile nicht mehr bei EA, sondern bei Skydance Media unter Vertrag. Dort arbeitet sie an einem neuen Marvel-Game («1943: Rise of Hydra») und einem neuen «Star Wars»-Game. Gerüchten zufolge soll es ihrem gecancelten «Project Ragtag» gar nicht mal so unähnlich sein.
Ein Jahr nach dem Launch von «GTA IV» kündigte Sony an ihrer E3 Pressekonferenz 2009 ein neues, Playstation-exklusives Game von Rockstar an. Viele Infos zum Projekt wollte oder konnte der damalige Playstation-CEO Jack Tretton nicht teilen. «Agent» wurde lediglich als weltumspannender Spionage-Thriller angepriesen, der in den Siebzigern spielt.
Der damalige Präsident von Take Two Interactive liess sich nach der Ankündigung zitieren: «Das Spiel wird, wie alles von Rockstar North, sehr, sehr cool sein. Es wird [...] das Genre neu definieren und eine ganz neue Art von Videospielerfahrung bieten [...]».
Trotz der schwammigen Ankündigung war ich extrem gehyped. Rockstar galt zu dieser Zeit als unfehlbar. Ein neues Projekt war deshalb auch ohne konkrete Infos ein Grund zur Freude. Nach der E3 wurde es aber leider still um das Game. Sehr still. Offiziell gab es von Seiten Rockstar nie mehr weitere Infos, Screenshots oder Trailer. Inoffiziell wurden einige wenige Konzeptzeichnungen und Screenshots geleakt. 2021 verschwand das mysteriöse Game ohne weiteren Kommentar von Rockstars Webseite.
Die Geschichte hinter dem Projekt bleibt bis heute grösstenteils ein Mysterium. Über die Jahre sind zumindest einige spannende Details zum Entstehungsprozess an die Öffentlichkeit geraten. So reiste ein Teil des Studios nach Kairo, um dort zu Recherchezwecken Fotos aufzunehmen. Dabei landete das Team unter der Anschuldigung, illegale Pornografie zu produzieren, fast im Gefängnis. Mithilfe der amerikanischen Botschaft schaffte es das Team aus Ägypten zu fliehen. Eine Geschichte, die selbst an einen Spionage-Thriller erinnert.
Früher war ich ein riesengrosser «Rayman»-Fan. Ubisofts skurriles Maskottchen ohne Gliedmassen hat mich in meiner Kindheit noch mehr begeistert als Nintendos schnauzbärtiger Klempner. Besonders die 3D-Games, allen voran «Rayman 2: The Great Escape», habe ich geliebt.
Nach dem dritten Teil, «Rayman 3: Hoodlum Havoc» (2003), wurde es still um die Jump'n'Run-Reihe. Umso grösser war meine Vorfreude als Ubisoft 2006 einen Nachfolger ankündigte.
Das neue Spiel hörte auf den Namen «Rayman: Raving Rabbids» und sollte gemäss Ubisoft weitläufige Fantasy-Welten bieten, in denen Rayman gegen psychopathische Häschen kämpft. Neben den bekannten Jump'n'Run-Mechaniken pries Ubisoft diverse Kreaturen mit Spezialfähigkeiten an, die Rayman auf seinem Abenteuer zähmen und reiten kann – unter anderem Haie, Adler und Spinnen.
Das «Rayman: Raving Rabbids», das Ende 2006 für Wii, PS2 und PC erschien, hat nichts mit dem zuvor angekündigten Jump'n'Run-Konzept zu tun. Ubisoft hat das vom Serienschöpfer Michel Ancel entwickelte Spiel in die Tonne geschmissen und einzelne Teile davon in einer seelenlosen Minispiel-Sammlung aufgewärmt. Dies, weil man zum Launch der Wii unbedingt ein leicht zugängliches Party-Spiel mit Bewegungssteuerung haben wollte.
Über diesen Verlust bin ich nie hinweggekommen. Im Gegenteil – Ubisoft hat über die Jahre hinweg weiter Salz in meine «Rayman»-Wunde gestreut. Die «Raving Rabbids» entwickelten sich zu einer eigenen Party-Spielserie mit unzähligen Ablegern. «Rayman» bekam hingegen nur noch zwei 2D-Spiele («Origins» 2011 und «Legends» 2013) und sonst nichts.
Ebenfalls bitter: Einige Jahre nach «Raving Rabbids» wurde bekannt, dass Ubisoft ein zweites «Rayman»-Jump'n'Run mit dem Titel «Rayman 4» gecancelt hat. Dieses Projekt wäre von einem externen Studio umgesetzt worden – es wurde aber noch vor der ursprünglichen Jump'n'Run-Version von «Raving Rabbids» verworfen. Was bleibt, sind diverse Konzeptzeichnungen und 3D-Modelle, die durch Leaks an die Öffentlichkeit gelangt sind.
Das erste «The Last of Us»-Spiel erschien 2013 für die PS3. Neben einer hervorragenden Singleplayer-Kampagne bot Naughty Dogs düsteres Abenteuer einen überraschend guten Multiplayer-Modus mit dem Namen «Factions». Dieser wird auch heute noch von vielen Fans regelmässig gespielt.
Für den Nachfolger «The Last of Us Part II» (2020) war ursprünglich auch ein Online-Modus geplant. Dieser wuchs im Entwicklungsprozess aber nach und nach zu einem eigenständigen Projekt heran. 2022 verkündete der Vizepräsident von Naughty Dog, Neil Druckmann, dass das Game genauso gross und ambitioniert sei, wie die Singleplayer-Projekte des Studios. Zudem soll es das exzellente Storytelling des Studios auf einzigartige Weise mit Multiplayer-Mechaniken verbinden.
Die Freude über diese Ankündigung dauerte nicht lange. Im Mai 2023 berichtete Branchen-Insider Jason Schreier, dass die Entwicklung von «The Last of Us Online» vorerst auf Eis gelegt wurde. Schuld daran sei Sonys neueste Akquisition Bungie. Das «Destiny»-Entwicklerstudio wurde beauftragt, alle Multiplayer-Projekte, die sich bei diversen Playstation-Studios in Entwicklung befinden, zu evaluieren. «The Last of Us Online» habe nicht genug Potenzial für eine langfristige Monetarisierung bewiesen.
Im Dezember desselben Jahres folgte dann der offizielle Todesstoss. In einem Blogpost verkündete Naughty Dog, dass die Entwicklung an «The Last of Us Online» komplett eingestellt wurde. Die offizielle Begründung ist, dass das Game als Live-Service-Titel zu viele Ressourcen verschlungen hätte, die man von Singleplayer-Projekten hätte abziehen müssen.
Ich bin immer noch verdammt enttäuscht, dass ich nie in diese storyfokussierte Multiplayer-Welt von «The Last of Us» eintauchen werde. Falls Bungie wirklich für den Tod des Projekts verantwortlich ist, werde ich das dem Studio nie verzeihen.
Wieso durfte ein «Concord» veröffentlicht werden, während ein «The Last of Us Online» eingestampft wurde? Wieso muss jedes Multiplayer-Game auf Teufel komm raus ein langjähriger Live-Service sein, der dich mit Battlepasses und sonstigem Mist zwingt, täglich zu spielen und Geld auszugeben? Wieso kann es nicht einfach ein geiles Multiplayer-Game von Naughty Dog geben, das man eine Zeit lang spielt und dann wieder weglegt? Die Welt ist unfair.
Welchen gecancelten Spielen trauerst du nach?
Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.