40 Jahre «Terminator» – Die Entstehung einer Ikone
30-10-2024
Der Terminator hat nur 74 Wörter im ganzen Film. Doch für Arnold Schwarzenegger war es 1984 die Rolle, die ihn zur Leinwandlegende machte – und seinen Regisseur James Cameron zur festen Grösse Hollywoods. Ein Rückblick.
Alles begann mit einem Traum. Oder besser gesagt: einem Albtraum. Das Jahr? 1981. James Cameron, ein junger Regisseur am Rande des Nervenzusammenbruchs, zuckt im Schlaf zusammen. Die Dreharbeiten zu «Piranha 2» sind ein Desaster. Eine Lebensmittelvergiftung setzt ihm zu. Und nun jagt ihn auch noch eine unaufhaltsame Killermaschine in seinen Träumen – ein Sinnbild seines drohenden Versagens.
«Endet meine Karriere, bevor sie richtig begonnen hat?», könnte er sich gefragt haben.
Doch Cameron gibt nicht auf. Stattdessen klammert er sich an diesen Albtraum. Notiert sich die Bilder, die ihn verfolgen. Fast manisch beginnt er, noch ein Drehbuch zu schreiben; das Drehbuch zu seinem ursprünglich geplanten nächsten Film – «Aliens» – ist eigentlich schon halb fertig. Aber zuerst will er die Beklemmung seiner Albträume zu einer düsteren Science-Fiction-Geschichte verarbeiten. Dann, eines Nachts, findet Cameron endlich den perfekten Titel seiner neuen Story. Kurz, prägnant – und furchteinflössend.
«Terminator».
Romantik im Kampf gegen die Maschinen?
Cameron ist überzeugt: «Terminator» würde sein Meisterwerk. Voller Elan präsentiert er sein Drehbuch Orion Pictures. Doch die Studiobosse sind weniger begeistert. Als erstes streichen sie einen der beiden Widerstandskämpfer, die in Camerons Vision in die Vergangenheit reisen sollten, um Sarah Connor zu retten. Zu kompliziert, zu brutal – die Szene, in der sich einer der Kämpfer innerhalb eines festen Objekts materialisiert und qualvoll stirbt, wird entfernt. Stattdessen fordert das Studio etwas anderes. Etwas Unerwartetes:
Romantik.
Sarah Connor, dereinst Mutter des Anführers des Widerstands der Zukunft, und Kyle Reese, der aus der Zukunft kommende Widerstandskämpfer, sollen sich verlieben. «Blödsinn!», soll Camerons erste Reaktion gewesen sein. Schnulzige Liebesgeschichten passen nicht zu seiner düsteren Vision, geboren aus Albträumen und einer Lebensmittelvergiftung.
Doch je länger er über die Forderung nachdenkt, desto besser gefällt sie ihm. Was, wenn nicht irgendwer, sondern Kyle Reese der Vater des späteren Widerstandsanführers John Connor ist? Das wäre nicht nur ein gelungener Plot Twist. Das wäre sogar ein perfekt geschlossener Kreislauf – und ein höchst ironischer noch dazu! Denn John Connor wäre demnach nie geboren worden, wenn Skynet nicht aktiv versucht hätte, seine Geburt zu verhindern.
Langsam fügen sich die Teile zu einem ikonischen Puzzlestück. Aber das wichtigste von allen fehlt noch …
Ein Muskelprotz als Maschine: Camerons unerwarteter Terminator
Es ist wieder das Studio, das dem noch jungen Filmemacher dreinfunkt: Um «Terminator» mehr Starpower zu verleihen, buchstäblich, soll ausgerechnet Arnold Schwarzenegger, der muskelbepackte Österreicher mit dem – gelinde gesagt – gewöhnungsbedürftigen Akzent, die Rolle des Kyle Reese übernehmen. Frisch vom Erfolg von «Conan the Barbarian» kommend gilt Schwarzenegger als Kassengarant.
Cameron fügt sich. Zähneknirschend. Doch kampflos will er sich nicht geschlagen geben. Schwarzenegger mag er zwar nicht abweisen dürfen. Aber vielleicht kann er den Möchtegern-Schauspieler dazu bringen, das Angebot freiwillig abzulehnen?
Es kommt zum Treffen. Cameron hat nicht vor, freundlich zu sein. Im Gegenteil: Er will den österreichischen Muskelprotz mit Provokationen und Sticheleien vergraulen. Doch der Plan geht nicht auf. Denn Schwarzenegger trifft Cameron auf dem falschen Fuss: Er hat nicht nur das gesamte Drehbuch gelesen, sondern ist sogar so begeistert davon, dass er eigene Ideen mitbringt. Etwa, dass der Terminator in keiner einzigen Szene blinzeln soll. Der Terminator sei ja eine Maschine. Und Maschinen blinzeln nicht. Brillant.
Dann aber die grösste Überraschung: Schwarzenegger will gar nicht, wie vom Studio angekündigt, die Rolle des Kyle Reese. Er will den Schurken spielen. Die Killermaschine.
Den Terminator.
Schwarzenegger als Terminator – eine unerwartete Wendung. In Camerons Vision ist der Terminator nämlich ein unscheinbarer, fast hagerer Typ, der sich in der Masse verlieren und blitzartig daraus hervorstechen kann – tödlich und brutal. Ähnlich wie der T-1000, den wir Jahre später in «Terminator 2» erleben werden. Schwarzenegger hingegen verkörpert das genaue Gegenteil: ein Koloss, ein fleischgewordener Felsbrocken. Mit seiner imposanten Erscheinung ist er alles andere als unauffällig.
Aber vielleicht ist genau das der Clou? Würde nicht gerade diese unaufhaltsame, rohe Kraft den Terminator noch furchteinflössender machen?
Cameron und Schwarzenegger verabschieden sich. Beide wissen bereits, dass sie sich wiedersehen werden. Die Idee ist einfach zu verlockend. «I'll be back», wird Schwarzenegger später im Film sagen.
Low-Budget, High-Stress: Camerons Kampf um «Terminator»
Trotz der starken Besetzung ist die Produktion alles andere als ein Kinderspiel. Das Budget? Extrem knapp. Gerade mal sechseinhalb Millionen Dollar darf der Film kosten – und das auch nur, weil Cameron zuvor um eine Erhöhung gebettelt hat, nachdem ihm die ursprünglichen vier Millionen genannt wurden. Doch Cameron hat seine Filmlehre bei keinem Geringeren als Roger Corman absolviert, dem «King of the B Movies». Dort hat er gelernt, wie man aus wenig viel macht. Für «Terminator» heisst das: akribische Vorbereitung, detailverliebte Storyboards, und Cameron zeichnet selbst die Entwürfe, um den Look des Films klarzumachen.
Die Dreharbeiten beginnen in Los Angeles, meistens bei Nacht und in zwielichtigen, gefährlichen Gegenden – das Budget reicht nicht aus, um sich bei der Stadt ordnungsgemäss Drehgenehmigungen zu holen. So werden etwa die Szene, in der der Terminator die «falsche» Sarah Connor tötet, oder der Epilog in der Wüste ohne Erlaubnis gefilmt. Dazu kommen harte 16-Stunden-Tage, um das ganze Ding in wenigen Wochen abzudrehen. Die Crew? So gestresst, dass einige mit T-Shirts am Set auftauchen, auf denen steht: «Du machst mir keine Angst, ich arbeite für James Cameron.»
Cameron bleibt stur – sein Perfektionismus kennt keine Grenzen. Ein Beispiel: die Anfangsszene, in der ein paar besoffene Punker auf den Terminator treffen. Im Schnitt merkt er, dass ihm die Szene nicht gefällt. Also dreht er sie einfach nochmal neu, auf eigene Kosten, mit improvisierter Beleuchtung, einem neuen Kameramann und ein paar Kumpels, die sich Punk-Outfits aus dem Schrank holen. Die Kumpels? Bill Paxton und Brian Thompson. Zwei Jahre später engagiert Cameron sie wieder – diesmal für «Aliens».
Der Siegeszug von «The Terminator»
Am Ende haben sich alle Mühen gelohnt. «The Terminator» wird ein weltweiter Erfolg und spielt weltweit fast 80 Millionen Dollar ein – mehr als das Zehnfache seines Budgets. Für Schwarzenegger hagelt es einige der besten Kritiken seiner Karriere – und «The Terminator» legt den Grundstein für eine der erfolgreichsten Actionfilm-Reihen der Kinogeschichte.
Und James Cameron? Der setzt 1991 mit «Terminator 2» nochmal einen drauf und schafft nicht nur einen weiteren Meilenstein, sondern auch den damals teuersten Film aller Zeiten. In «True Lies» wird er sogar ein drittes Mal mit Arnold Schwarzenegger vor der Kamera arbeiten. Heute gehen mit «Avatar», «Titanic» und «Avatar: The Way of Water» drei der vier erfolgreichsten Filme aller Zeiten auf sein Konto.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Titelbild: «Terminator» / Skydance
Luca Fontana
Senior Editor
Luca.Fontana@digitecgalaxus.chAbenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»