3 Highlights von der Design Biennale Zürich
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3 Highlights von der Design Biennale Zürich

Pia Seidel
4-9-2023

Schon zum vierten Mal wird der Alte Botanische Garten in Zürich zum Design-Mekka. Von Skulpturen aus weggeworfenen Steinbruchabfällen bis hin zu einem mobilen Solarofen – ein Besuch lohnt sich.

Am 1. September wurde die vierte Ausgabe der Design Biennale Zürich eröffnet. Bis zum 19. September kannst du im Alten Botanischen Garten unterschiedliche Installationen erkunden, die sich rund um das diesjährige Motto «Shift» drehen. Schaukelnde Sitzbänke, im Wind wehende Vorhänge aus alten Markisen und Hocker aus Fallschirmen, die einst geflogen sind: Das sind nur drei von fünfzehn Ideen von jungen Schweizer Designerinnen und Designern, die sich kleinen und grossen Veränderungen gewidmet haben.

1. Eine frische Brise mit alten Textilien

Laurent Hermann Progin hat hinterfragt, wie wir Materialien nutzen und gebrauchte Stoffe von alten Sonnenstoren wiederverwerten können. Für gewöhnlich landen diese im Abfall, sobald die Ränder beschädigt sind. Dabei sind sie wasserfest und sehr robust. Um sie zu erhalten, setzt der Freiburger selbst die kleinsten Überbleibsel zu einem neuen Vorhang zusammen und spielt dabei mit Farben und Mustern.

Der gelernte Modedesigner Laurent Hermann Progin lebt in Zürich.
Der gelernte Modedesigner Laurent Hermann Progin lebt in Zürich.
Er möchte den Gebrauch vorhandener Ressourcen fördern – in der Mode sowie im Interior-Bereich.
Er möchte den Gebrauch vorhandener Ressourcen fördern – in der Mode sowie im Interior-Bereich.
Bei seiner Installation «Brise» bilden Vorhänge aus alten Markisen einen Pergola-artigen Raum.
Bei seiner Installation «Brise» bilden Vorhänge aus alten Markisen einen Pergola-artigen Raum.
Quelle: Pia Seidel

Die Vorhänge befestigt der Designer an einer Pergola, sodass sie zu einem temporären Raum unter freiem Himmel werden. «Die Besucherinnen und Besucher können auch einen Moment lang innehalten», sagt Laurent. Während sie zwischen den bunten Stoffbahnen hindurch spazieren, können sie trotzdem nach draussen blicken – die Lücken, die beim Weben zwischen den Bahnen entstehen, lassen das zu. Gleichzeitig können Licht und Luft eindringen. Für seine Installation greift der Modedesigner auf die traditionelle Webtechnik zurück und wendet diese in einem neuen Massstab an. Damit überträgt er Techniken aus der Modeindustrie in den Inneneinrichtungsbereich.

2. Ein Blick ins All auf alten Rädern

Produkte, Möbel und Räume entwerfen, die vertraute und dennoch unkonventionelle Erzählungen schaffen – das nimmt sich die Designerin Livia Lauber vor, wenn sie gestaltet. Auch ihre Installation «Round & Round –Thinking on circularity» für die Design Biennale verbindet Altbekanntes mit Neuem. Sie besteht aus fünf verschiedenen Hockern, die aus alten Traktoren-Pneus bestehen und mit unterschiedlichen Bezügen veredelt wurden. Darunter: ein robuster Gleitschirm, der früher durch die Lüfte schwebte. Oder aber Kletterseile, die einst Menschen vor dem freien Fall bewahrten.

Livia Lauber lebt in London und führt ihr eigenes Designstudio.
Livia Lauber lebt in London und führt ihr eigenes Designstudio.
Mit ihrer Installation möchte sie die Prinzipien des Circular Designs näherbringen.
Mit ihrer Installation möchte sie die Prinzipien des Circular Designs näherbringen.
Jeder Hocker veranschaulicht ein Prinzip eines geschlossenen Stoffkreislaufs.
Jeder Hocker veranschaulicht ein Prinzip eines geschlossenen Stoffkreislaufs.

Die experimentellen Hocker stellen kein fertiges Produkt dar, sondern vermitteln vielmehr die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten zirkulärer Designprinzipien. «Oberstes Ziel eines geschlossenen Stoffkreislaufs ist es, Abfälle zu vermeiden, indem Produkte und Materialien möglichst lange weiter benutzt werden», sagt Livia. In der herkömmlichen Polsterindustrie kommen viele Schaum- und Klebstoffe zum Einsatz, die eine Wiederverwendung einzelner Komponenten verhindern. Deshalb verwendet sie Materialien und Techniken, die ein müheloses Entfernen der Bezüge vom Pneu ermöglichen.

Ein Ort zum Lernen und Ausruhen: Diese Sitzmöbel lenken den Blick auf Produktionsprozesse im Produktdesign und gen Himmel.
Ein Ort zum Lernen und Ausruhen: Diese Sitzmöbel lenken den Blick auf Produktionsprozesse im Produktdesign und gen Himmel.
Quelle: Pia Seidel

Gleichzeitig sollen die Sitzmöbel zum Verweilen einladen, um sich auf die Natur einzulassen, so die Designerin. «Ist der Wissensdurst erst einmal gestillt und liegt man entspannt auf einer der kreisförmigen Liegen, gleitet der Blick in den Himmel, den wir mit zahlreichen Mitmenschen und anderen Lebewesen teilen.»

3. Eine recycelbare Drei-in-Eins-Lösung

Eigentlich gestaltet Yael Anders kleine Keramikobjekte, Schreibwaren, Schmuck und illustrative Arbeiten. Für die Design Biennale hat sie zum ersten Mal ein Möbelstück entworfen, das mit einem «Shift» von der Sitzbank oder Hängematte zur Schaukel wird. Es besteht aus einem rezyklierbaren Metallgestell sowie einer Stoffbahn aus Bananatex – ein Gewebe, das aus den natürlich gewachsenen Abacá-Bananenpflanzen hergestellt wird. «Durch die Sitzfläche geht eine wellenförmige Bewegung, welche die Positionen aller Anwesenden verändert», sagt Yael. «Je mehr Leute auf der Bank aus Stoff sitzen, desto grösser ist der 'Shift', der sich im ganzen Körper spürbar macht.»

Die Illustratorin Yael Anders hat ihr eigenes Designstudio in Zürich.
Die Illustratorin Yael Anders hat ihr eigenes Designstudio in Zürich.
Ihre Sitzbank stellt mehr als ein physisches Objekt dar ...
Ihre Sitzbank stellt mehr als ein physisches Objekt dar ...
... und ist auch ein Vermittlungs-Tool.
... und ist auch ein Vermittlungs-Tool.
Indem das Designstück Menschen zusammenbringt, können Gespräche entstehen.
Indem das Designstück Menschen zusammenbringt, können Gespräche entstehen.
Quelle: Pia Seidel

Die dynamische Sitzbank soll die Besucherinnen und Besucher in Beziehung zueinander setzen, damit diese die Bedeutung der «Common Grounds» erfahren können. Sie symbolisiert kollektiv genutzte Räume und soll dabei unterstützen, Ideen über Themen wie die Nutzung des öffentlichen Raums zusammenzutragen. Deshalb befindet sich auch ein QR-Code auf dem Schild nebenan. Über diesen gelangen die Sitzenden auf eine Webseite, auf der zur Diskussion angeregt wird. Die hinterlassenen Kommentare, Bilder oder Zeichnungen vereint die Illustratorin später in einem kollektiven Moodboard.

Die Design Biennale ist ein wichtiger Bestandteil des grössten Schweizer Design Festivals «Zurich Design Weeks», bei dem Ateliers und Läden ihre Türen öffnen oder etablierte Marken sowie Newcomerinnen und Newcomer ihre Arbeiten ausstellen. Mehr Infos zum vielseitigen Programm, Führungen und Workshops findest du auf der Website.

Titelfoto: Pia Seidel

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Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit. 


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