10 Dinge, die du beim Gärtnern mit deinem Kind beachten solltest
Kinder hängen an der Spielkonsole, am Handy, vor dem Fernseher – klar. Aber genauso gern sind sie draußen im Freien. Und lassen sich von der Natur begeistern. Worauf es ankommt, wenn Kinderhände den Garten oder Balkon beackern wollen.
Wie oft sind Kinder draußen? Glaubt man den Aussagen ihrer Eltern, jeden Tag rund 1,5 Stunden. Inkludiert ist darin allerdings auch der Weg zur Schule und die Zeit auf dem Pausenhof. Zu lesen ist diese Zahl in der Anfang 2024 präsentierten Studie der Outdoor-Bekleidungsfirma Namuk. Interessantes Detail: Zwei Drittel der befragten Eltern bestätigten in der Umfrage, sie selbst hätten als Kinder mehr Zeit an der frischen Luft verbracht als ihr eigener Nachwuchs.
Die Kinder von heute sind also so selten im Freien wie keine Generation zuvor. Und wenn sie es sind, finden sie immer seltener (unbebaute) Flächen vor, auf denen sie einfach Kind sein dürfen. Vom Kontakt zu Acker und Erde, Pflanzen und Nützlingen ganz zu schweigen. Hier setzt «Acker Schweiz» an: Seit 2017 erreicht die gemeinnützige Organisation mit ihren Bildungsprogrammen «GemüseAckerdemie» und «AckerRacker» Schweizer Schulen und Kindergärten, die mit ihren Lehrkräften auf dem eigenen Feld Gemüse anbauen. An 63 Lernorten wird geackert, bislang hat das Programm mehr als 6000 Kinder zum Gärtnern gebracht.
Daniela Schneider von «Acker Schweiz» kann aus Erfahrung bestätigen, was die Outdoor-Studie in Zahlen gegossen hat: «Kinder kommen immer seltener nach draußen. Es gibt heute mehr verdichtetes Bauen und Wohnen als früher, Kinder haben weniger Naturkontakt – und das gilt nicht nur für diejenigen aus der Stadt. Dadurch herrscht auch viel weniger Wertschätzung für Lebensmittel aus der Natur. Oft haben Kinder keinen Bezug zu saisonalem und lokalem Obst und Gemüse. Wie auch, wenn sie im Supermarkt das ganze Jahr Avocados und Passionsfrüchte oder Bananen sehen, als würden die Exoten hier wachsen.»
Umso wichtiger, den Kindern Harke und Schaufel in die Hand zu drücken, um mit ihnen gemeinsam zu gärtnern. Worauf es dabei ankommt, habe ich mit der Expertin besprochen:
1. Warum es beim Gärtnern mit Kindern nicht um Perfektion geht
Tomaten, rot und prall. Karotten, knackig, gerade und ohne verfärbte Stelle – so kennen Kinder das Gemüse aus dem Supermarkt. Eines der elementarsten Dinge, die Kindern beim Gärtnern lernen: die Natur und all ihre Erzeugnisse wertzuschätzen – egal, wie sie aussehen. «Damit vermeiden wir auch Food Waste und bringen ihnen bei, Ressourcen zu schonen», sagt Daniela Schneider. «Wenn sich Kinder ihr eigenes Gemüse anbauen, ist ihre Leidenschaft riesig und sie essen auch das ganz kleine oder krumme Rüebli.»
2. Was Kinder draussen auf dem Acker alles lernen
Wer mit Kindern gärtnert, bringt ihnen natürlich bei, wie sie aus Samen Pflänzchen ziehen und worauf sie beim Pflanzen, Gießen und Ernten achten müssen. Doch ganz nebenbei geht es um weit mehr: «Kinder erfahren auf dem Acker Selbstwirksamkeit und lernen Verantwortung», sagt Daniela. «Und das fördert auch die Zusammenarbeit untereinander.» Naturzusammenhänge werden für kleine Gärtnerinnen und Gärtner umso spannender, wenn diese ganz anschaulich oder sogar zum Anfassen sind. Kleine Experimente stehen deshalb auf dem Lehrplan von «Acker Schweiz» ganz oben: «Wir fördern Marienkäfer, wenn Blattläuse die Pflanzen befallen haben, sodass Kinder hautnah miterleben, wie sie Nützlinge im Garten einsetzen können statt Pestizide zu verwenden. Und selbst wenn sich zum Beispiel bei Regenwürmern viele Kinder anfangs oft ekeln, weil sie noch nie einen angefasst haben: Am Ende der Saison haben alle eine Riesenfreude mit den Tieren und schauen, wer den größten Wurm findet.»
3. Diese Pflanzen eignen sich im eigenen Garten für Kinder
Leg deinem Kind am besten einen eigenen kleinen Acker im Garten an. Daniela empfiehlt eine Breite von 60 Zentimetern für Kindergartenkinder und 80 Zentimeter für ältere Kinder. So steigen die Kleinen beim Gärtnern nicht aufs Beet und erreichen es bequem von den Seiten aus. «Bei der Auswahl des Gemüses legen wir den Fokus auf Sorten, die man gleich im Garten essen kann und die einfach zum Anbauen sind», sagt die Acker-Expertin. «Da ist das Erlebnis nochmal viel schöner. Also Radieschen, Möhren, Zuckererbsen, Salat – bei letzterem aber nicht zu viel. Denn der schießt so schnell auf, so viel kann man davon gar nicht auf einmal essen.» Giftige Pflanzen sollten genauso wenig angepflanzt werden wie zu viele rankende und große, rät die Expertin. Sollen Blumen ins Beet, gibt es klassische Ackerbegleitflora – oft ist diese auch essbar. Dazu gehören zum Beispiel Ringelblumen und Kornblumen, die einfach zu pflegen sind. Und natürlich liebt jedes Kind Sonnenblumen. Diese können gut neben dem Acker oder im Topf gesät werden.
4. Wie gärtnert man ohne eigenen Garten?
Angenommen, jemand hat nur einen Balkon oder nicht einmal den. Was dann? «Auf dem Balkon lässt sich Gemüse gut in Töpfen anpflanzen – kletternde Gurken beispielsweise brauchen nur wenig Fläche. Auch Tomaten und Kartoffeln gedeihen dort. Für drinnen wiederum eignen sich nicht-giftige Bohnen, außerdem Zuckererbsen und Chilis. Vielleicht ist ja in der Wohnung sogar Platz für ein kleines Hochbeet am Fenster – so machen sie es in Deutschland in der «GemüseKlasse».
5. Gibt es Regeln beim Gärtnern mit Kind?
Eindeutig: Ja. «Was wir bei allen Kindern gleich zu Beginn beibringen: Rennt nicht quer durch die Beete, sondern geht immer auf den Wegen. Zudem muss jedes Gartengerät mit den Zacken nach unten zeigend abgelegt werden.» Beides gilt auch fürs private Gärtnern zu Hause. Hat euer Garten keine Wege, bringst du deinen Kindern bei, jenseits der Beet-Einfassung auf dem Gras zu bleiben.
6. Wobei brauchen Kinder Unterstützung?
Jeder Gärtner, jede Gärtnerin weiß: Es gibt ungeliebte Aufgaben, wie Verwelktes abzuzwicken, Jäten oder Gartengeräte zu säubern. Wie wichtig ist es, dass Kinder so etwas auch erledigen? «Manche Arbeiten sind schwierig für Kinder, wie etwa das Umgraben am Anfang der Gartensaison – das können viele allein vom Gewicht her nicht ohne Hilfe. Viele Aufgaben können und sollen Kinder aber selbständig schaffen. Mein Tipp: Erstellt eine Checkliste für wiederkehrende Aufgaben und schaut, dass sich die Kinder mindestens einmal pro Woche fix um ihr Beet kümmern.» Auf die Checkliste kommen To-dos wie Hacken und Gießen, aber auch weniger Beliebtes wie Beikraut wegnehmen. Leichter ist es übrigens, Kindern beizubringen, welche Pflanzen sie nicht ausreißen dürfen, sagt Daniela: «Wissen zu müssen, was alles Beikraut ist, kann überfordernd sein.» Am allerwichtigsten ist jedoch für die Expertin, dass Kinder beim Gärtnern viel entdecken und selbst erkunden. Beobachten und betrachten gehören also unbedingt zur Wochenaufgabe dazu. «Beim genauen Hinschauen erkennen die Kinder auch, ob eine Pflanze von Läusen befallen ist oder ob sie gelbe Blätter hat. Daran muss man sie manchmal erinnern. Nur das Ernten, das wird selten vergessen.»
7. Wie hält man Kinder im Garten bei Laune?
«Viel zu beobachten, macht den meisten Kindern Freude – dabei wird ihnen eigentlich nie langweilig. Zu Hause würde ich empfehlen, das Kind mitentscheiden zu lassen, was angebaut wird. So kann es sich für seine Pflanzen verantwortlich fühlen.» Danielas Tipp: Sag deinem Kind nicht ständig, dass es an seine Radieschen denken soll. Geht einfach am Gartentag miteinander hinaus – und schau dann, ob sich dein Kind an seine Pflanzen erinnert. Selbstgefertigte Beet-Beschriftungen helfen bei der Orientierung und machen das eigene Beet präsenter. «Ich würde sowieso dringend dazu raten, alles zu beschriften.» Das ist für Klein und Groß nützlich.
8. Wie geht man Misserfolge im Garten um?
Sie sind auf jedem Fall unvermeidbar. Dauerhaft schlechtes Wetter mit zu viel Regen, unerkannter Schädlingsbefall, Urlaube ohne Gießen ... «Misserfolge gehören beim Gärtnern mit Kind dazu», sagt Daniela. «Wichtig finde ich, anschließend darüber zu sprechen: Was ist passiert? Was hätten wir anders machen können – und was lag nicht in unseren Händen? Hätten wir mehr Kompost einarbeiten müssen? War die Erde zu wenig locker? Zum Glück kann man fast alles noch bis in den August oder September hinein nachsäen oder pflanzen. Doch auch bei Misserfolgen ist das Wichtigste: beobachten – und akzeptieren.» Dass wirklich die ganze Ernte schief geht, kommt ohnehin sehr selten vor. Dennoch: Baut immer unterschiedliche Dinge an, um das Ausfallrisiko zu minimieren.
9. Diese Tätigkeit rund ums Gärtnern sind kein Muss
Klar kann man Kindern die Zeit bis zur Ernte vertreiben, indem sie Gartendeko basteln oder ältere Schulkinder auch Steckbriefe für ihr Gemüse erstellen oder ein Tagebuch über das Wachstum ihrer Bohnen anlegen. Beim Bildungsprogramm von «Acker Schweiz» gehören an den Schulen Lerneinheiten und Experimente dazu. Zum Beispiel: Erde in ein verschließbares Glas füllen und zwei Tage lang beobachten, was damit passiert. Einen Regenbogen sammeln – im Garten Dinge von jeder Farbe des Regenbogens finden und auf ein Blatt Papier kleben. Oder auf Entdeckungsreise gehen, verschiedene Blattformen ansehen und nachzeichnen. «Wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass Gärtnern allein auch ausreicht.» Gartendekoration basteln kann man immer noch im Winter, wenn die Saison draußen ruht.
10. Und welche Ausrüstung brauchen Kinder?
Süß anzuschauen sind sie ja, die kleinen Schaufeln und Harken für zarte Kinderhände. Oft gibt es sie im praktischen Set mit Tragetasche dazu. Doch von der Acker-Expertin gibt es eine klare Empfehlung: «Wir raten von zwei Dingen ab: von Kinder-Sets aus Plastik und von speziellem Kinder-Gartenwerkzeug. Plastik zerbröselt sehr schnell, wenn es in der Sonne liegt. Und Geräte speziell für Kinder sind nur zum Spielen oder im Sandkasten okay – oft ist das Material viel zu leicht und verbiegt schnell.» Deshalb: Setze von Anfang an auf Qualität und kaufe deinen Kindern ganz normales Gartenwerkzeug.
Ich hätte auch Lehrerin werden können, doch weil ich lieber lerne als lehre, bringe ich mir mit jedem neuem Artikel eben selbst etwas bei. Besonders gern aus den Themengebieten Gesundheit und Psychologie.